Oblivion:Die Türen in das Reich des Vergessens

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Diese Seite enthält den Text von Die Türen in das Reich des Vergessens aus The Elder Scrolls IV: Oblivion (Originaltitel: Die Türen von Oblivion).

Inhalt

Die Türen in das Reich des Vergessens
von
Seif-ij Hidja

Wenn Ihr in Oblivion eindringt, dringt Oblivion in Euch ein.

Nai Tyrol-Llar


Der größte Magier, der je gelebt hat, war mein Meister Morian Zenas. Ihr kennt ihn als den Verfasser des Buchs "Über das Reich des Vergessens", des Standardtextes für alle Daedra-Fragen. Trotz zahlreicher Bitten im Lauf der Jahre weigerte er sich, sein klassisches Buch mit seinen neuen Entdeckungen und Theorien zu überarbeiten, da er herausgefunden hatte, dass man, je weiter man in diese Reiche vordringt, desto unsicherer wird. Er wünschte keine Mutmaßungen, er wünschte Tatsachen.


Jahrzehnte vor und nach der Veröffentlichung von "Über das Reich des Vergessens" stellte Zenas eine riesige Privatbibliothek zum Thema Oblivion zusammen, der Heimat der Daedra. Er teilte seine Zeit zwischen dieser Forschung und persönlichem magischen Wachstum, in der Annahme, dass er, sollte es ihm gelingen, einen Weg in die gefährliche Welt jenseits und hinter der unseren zu finden, große Macht benötigen würde, um ihre dunklen Pfade zu beschreiten.


Zwölf Jahre, bevor Zenas die Reise antrat, auf die er sich sein ganzes Leben lang vorbereitet hatte, stellte er mich als seinen Gehilfen ein. Ich besaß die drei Eigenschaften, die er für die Stelle voraussetzte: ich war jung und begierig, ohne Fragen zu helfen, ich konnte jedes Buch einmal lesen und mich an seinen Inhalt erinnern, und - trotz meiner Jugend - ich war bereits ein Meister der Beschwörung.


Zenas war ebenfalls ein Meister der Beschwörung - genau genommen ein Meister aller bekannten und unbekannten Schulen - doch er wollte sich bei der gefährlichsten seiner Studien nicht allein auf sein Können verlassen. In einem unterirdischen Gewölbe beschwor er Daedra, um sie über ihr Heimatland zu befragen, und dafür brauchte er einen weiteren Beschwörer, um sicherzustellen, dass sie ohne Zwischenfälle kamen, gebunden und wieder fortgeschickt wurden.


Ich werde dieses Gewölbe niemals vergessen, nicht wegen seines Aussehens, das schlicht und schmucklos war, sondern wegen dessen, das man nicht sehen konnte. Da gab es Gerüche, die noch lange in der Luft hingen, nachdem die beschworenen Kreaturen wieder verschwunden waren, nach Blumen und Schwefel, Sex und Verwesung, Macht und Wahnsinn. Sie verfolgen mich bis zum heutigen Tage.


Beschwörung - für den Laien, der sich nicht mit ihren Werken auskennt - verbindet den Verstand des Beschwörers mit dem des Beschworenen. Es handelt sich um eine schwache Verbindung, die nur locken, halten und entlassen soll, doch in den Händen eines Meisters kann sie wesentlich stärker sein. Die Psijics und Dwemer können (im Falle der Dwemer sollte ich wahrscheinlich sagen, konnten) sich mit dem Geist anderer verbinden und über Meilen hinweg unterhalten - eine Fähigkeit, die mitunter Telepathie genannt wird.


Im Laufe meiner Anstellung entwickelten Zenas und ich eine solche Verbindung untereinander. Dies geschah zufällig, das Ergebnis der engen Zusammenarbeit zwischen zwei mächtigen Beschwörern, doch wir sahen, dass uns dies von unschätzbarem Wert sein würde, sollte es ihm gelingen, nach Oblivion zu reisen. Da die Bewohner jenes Landes selbst vom Können eines stümperhaften Beschwörers berührt werden konnten, war es möglich, dass wir weiterhin in Kommunikation bleiben konnten, während er dort war, so dass ich seine Entdeckungen aufzeichnen konnte.


Die „Türen nach Oblivion”, um den Begriff von Morian Zenas zu benutzen, sind nicht leicht zu finden, und wir probierten zahlreiche Möglichkeiten, bevor wir eine fanden, zu der wir den Schlüssel hatten.


Die Psijics von Artaeum haben einen Ort, den sie die Träumende Höhle nennen und von dem es heißt, dass man von dort aus die Reiche der Daedra betreten und wieder verlassen könne. Iachesis, Sotha Sil, Nematigh und viele andere sollen dieses Mittel laut Aufzeichnungen benutzt haben, doch trotz zahlreicher Bitten an den Orden wurde uns seine Benutzung verweigert. Celarus, der Anführer des Ordens, teilte uns mit, der Ort sei aus Gründen der Sicherheit für alle versiegelt worden.


Wir hatten die Hoffnung, die Ruinen von Battlespire zu benutzen, um nach Oblivion zu gelangen. Das Wehrtor steht noch, obwohl der alte Übungsplatz der Kaiserlichen Kampfmagier[1] selbst vor einigen Jahren zu Zeiten Jagar Tharns zerstört wurde. Leider mussten wir nach einer ausführlichen Suche durch die Trümmer zu dem Schluss kommen, dass bei seiner Zerstörung auch jeder Zugang zu den jenseitigen Reichen, Seelenmark, Lauerschatten und Chaosborn, der Vernichtung anheim gefallen war. Das war wahrscheinlich auch besser so, doch es durchkreuzte unsere Pläne.


Der Leser mag von anderen Türen gehört haben - es sei versichert, dass wir versuchten, sie alle zu finden.


Einige sind reine Legende, oder jedenfalls aufgrund der überlieferten Informationen nicht zu finden. In alten Sagen gibt es Hinweise auf Marukhs Abgrund, den Corryngton-Spiegel, das Mantellan-Kreuz, den Scheideweg, den Mund, das Rätsel einer Alchemisten-Formel mit Namen Jacinth und Aufgehende Sonne und viele andere Orte und Gegenstände, die Türen sein sollen, die wir aber nicht finden konnten.


Manche existieren, können jedoch nicht gefahrlos benutzt werden. Der Strudel in der Abeceanischen See, der Bals Malstrom genannt wird, kann Schiffe verschlingen und könnte ein Tor zu Oblivion sein, doch eine Fahrt auf diesen Wassern würde gewiss niemand überleben. Ebenso hielten wir es nicht des Risikos wert, von der Säule des Thras, einer eintausend Fuß hohen Korallenspirale, zu springen, obwohl wir Zeugen der Opfer wurden, die dort von den Sloads dargebracht wurden. Manche Opfer wurden durch den Sturz getötet, doch andere schienen in der Tat zu verschwinden, bevor sie auf den Felsen zerschmettert wurden. Da die Sloads nicht sicher zu wissen schienen, warum einige fortgetragen wurden und andere starben, war uns der Sprung dann doch zu unsicher.


Der einfachste und zum Verrücktwerden komplizierteste Weg nach Oblivion war, schlicht aufzuhören, hier zu sein, und zu beginnen, dort zu sein. Im Verlauf der gesamten Geschichte gibt es Beispiele von Magiern, die anscheinend nach Belieben in die Reiche jenseits der unseren reisten. Viele dieser Reisenden sind schon lange tot, wenn es sie jemals wirklich gegeben hat, doch wir konnten einen finden, der noch am Leben war. In einem Turm vor der Zafirbel-Bucht auf der Insel Vvardenfell in der Provinz Morrowind gibt es einen sehr alten, äußerst zurückgezogen lebenden Zauberer namens Divayth Fyr.


Es war nicht einfach, ihn zu erreichen, und er teilte das Geheimnis der Tür von Oblivion nur zögerlich mit Morian Zenas. Glücklicherweise beeindruckte ihn, wie gut sich mein Meister in der Überlieferung auskannte, und so lehrte er ihn den Weg. Ich würde mein Versprechen an Zenas und Fyr brechen, wenn ich das Verfahren hier erklären würde, und ich würde es auch nicht verraten, selbst wenn ich es könnte. Ein gefährliches Wissen als dieses gibt es nicht. Doch ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass Fyrs Plan darauf beruhte, eine Reihe von Portalen zu verschiedenen Reichen zu benutzen, die ein Telvanni-Zauberer erschaffen hatte, der seit langem vermisst ist und für tot gehalten wird. Gegen den Nachteil dieser begrenzten Anzahl von Zugangspunkten wogen wir die relative Zuverlässigkeit und Sicherheit des Weges ab und waren der Meinung, mit unserem Informanten Glück gehabt zu haben.


Anschließend verließ Morian Zenas diese Welt, um seine Erforschung zu beginnen. Ich blieb in der Bibliothek zurück, um seine Informationen aufzuzeichnen und ihm bei allen Recherchen zu helfen, die er brauchte.


„Staub”, flüsterte er mir am ersten Tag seiner Reise zu. Trotz der Trübsal, die dieses Wort vermittelt, konnte ich in seiner Stimme die Aufregung hören, die in meinem Verstand widerhallte. „Ich kann von einem Ende der Welt zum anderen in einer Million Schattierungen von Grau sehen. Es gibt keinen Himmel oder Erdboden oder Luft, nur Partikel, um mich herum schwebend, fallend, wirbelnd. Ich muss mit Hilfe der Magie schweben und atmen...”


Zenas erforschte das nebulöse Land eine Zeitlang, wobei er auf dunstige Kreaturen und Paläste aus Rauch stieß. Obwohl er den Fürsten nie traf, kamen wir zu dem Schluss, dass er sich in Aschengrube befand, dem Land, das die Heimat von Malacath sein soll, wo Qual, Betrug und gebrochene Versprechen die bittere Luft wie Asche füllen.


„Der Himmel steht in Flammen”, hörte ich ihn sagen, als er zum nächsten Reich weiterging. „Der Boden ist schlammig, doch begehbar. Ich sehe geschwärzte Ruinen überall um mich herum, als ob hier in der fernen Vergangenheit ein Krieg gefochten wurde. Die Luft ist eisig kalt. Ich beschwöre Blüten der Wärme um mich herum, doch ich habe immer noch das Gefühl, als ob von allen Seiten Eisdolche auf mich einstechen.”


Dies war Kalthafen, wo Molag Bal der Fürst war. Es erschien Zenas, als sei es ein künftiges Nirn, unter der Herrschaft des Königs der Plünderung, verwüstet und öde, erfüllt von Leiden. Ich konnte Morian Zenas weinen hören wegen der Bilder, die er sah, und zittern beim Anblick des Kaiserpalasts, der mit Blut und Exkrementen beschmiert war.


„Zu viel Schönheit”, keuchte Zenas, als er in das nächste Reich kam. „Ich bin halb geblendet. Ich sehe Blumen und Wasserfälle, majestätische Bäume, eine Stadt aus Silber, doch alles ist verschwommen. Die Farben verlaufen wie Wasser. Nun regnet es, und der Wind duftet wie Parfüm. Dies muss Mondschatten sein, wo Azura herrscht.”


Zenas hatte Recht, und er erhielt überraschend sogar eine Audienz bei der Königin von Morgen- und Abenddämmerung in ihrem Rosenpalast. Sie lauschte lächelnd seiner Erzählung und sprach zu ihm vom Kommen des Nevevarine. Mein Meister fand Mondschatten so wunderschön, dass er am liebsten, halb blind, für immer dort geblieben wäre, doch er wusste, dass er weiterziehen und seine Entdeckungsreise abschließen musste.


„Ich befinde mich in einem Sturm”, sagte er zu mir, als er das nächste Reich betrat. Er beschrieb eine Landschaft mit dunklen gekrümmten Bäumen, heulenden Geistern und wogenden Nebeln, und ich glaubte, er sei vielleicht in den Totenländern von Mehrunes Dagon angekommen. Doch dann sagte er rasch: „Nein, ich bin nicht mehr im Wald. Es blitzte, und nun bin ich auf einem Schiff. Der Mast ist zerschmettert. Die Mannschaft ist niedergemetzelt. Etwas kommt durch die Wellen... oh, Götter... Moment, jetzt bin ich in einem feuchten Kerker, in einer Zelle...”


Er war nicht in der Totenländern, sondern in Modderfenn, dem Alptraumreich von Vaernima. Alle paar Minuten gab es einen Blitzschlag, und die Realität veränderte sich, wurde jedes Mal noch grauenvoller und erschreckender. Im einen Augenblick ein dunkles Schloss, einr Höhle voll lechzender Bestien im nächsten, ein mondheller Sumpf, ein Sarg, in dem er lebendig begraben war. Die Furcht gewann die Oberhand über meinen Meister, und er ging rasch zum nächsten Reich weiter.


Ich hörte ihn lachen: „Jetzt habe ich das Gefühl, daheim zu sein.”


Morian Zenas beschrieb mir eine endlose Bibliothek, Regale, die sich in jede Richtung erstrecken, Stapel auf Stapeln. Seiten schwebten auf einem mysteriösen Wind daher, den er nicht fühlen konnte. Jedes Buch hatte einen schwarzen Einband ohne Titel. Er konnte niemanden sehen, spürte jedoch die Präsenz von Geistern, die sich durch die Stapel bewegten, Bücher durchblätterten, immer auf der Suche.


Es war Apocrypha. Die Heimat von Hermaeus-Mora, wo man alles verbotene Wissen finden kann. Ich fühlte einen Schauder in meinem Geist, doch ich konnte nicht sagen, ob er von mir selbst oder meinem Meister kam.


Morian Zenas reiste niemals in ein anderes Reich, so weit ich weiß.


Bei seinen Besuchen in den ersten vier Reichen hat mein Meister ständig mit mir gesprochen. Nach seiner Ankunft in Apocrypha wurde er stiller, während er in die Welt der Forschungen und Studien gelockt wurde, der Leidenschaften, die sein Herz auf Nirn beherrscht hatten. Ich konnte verzweifelt versuchen, ihn zu rufen, doch er hatte seinen Geist vor mir verschlossen.

Hin und wieder flüsterte er: „Das kann nicht sein...”


„Niemand käme jemals auf die Wahrheit...”


„Ich muss mehr erfahren...”


„Ich sehe die Welt, den Schimmer einer letzten Illusion, sie zerbröckelt um uns herum...”


Ich rief nach ihm, flehte ihn an, mir zu sagen, was geschah, was er sah, was er erfuhr. Ich versuchte sogar, Beschwörung zu benutzen, um ihn zu rufen, als sei er selbst ein Daedra, doch er weigerte sich zu gehen. Morian Zenas war verloren.


Zuletzt hörte ich vor sechs Monaten ein Flüstern von ihm. Davor waren es fünf Jahre, und davor drei. Seine Gedanken sind in keiner Sprache mehr verständlich. Vielleicht ist er immer noch in Apocrypha, verloren, aber glücklich, in einer Falle, der er sich weigert zu entfliehen.


Vielleicht ist er zwischen die Stapel geschlüpft und in das Irrenhaus von Sheogorath gekommen und hat seinen Verstand für immer verloren.


Ich würde ihn retten, wenn ich könnte.


Ich würde sein Flüstern zum Schweigen bringen, wenn ich könnte.

Anmerkungen

  1. Im Original: Schlachtmagier
  • Namensnennung 2.5
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