Lore Der Nerevarine und die falschen Fleisch-Gewordenen

Dieses Thema im Forum "[TES] Tamriel-Almanach und Lore" wurde erstellt von Killfetzer, 11. Oktober 2016.

Schlagworte:
  1. Killfetzer

    Killfetzer Super-Moderator Mitarbeiter

    Mir ist da kürzlich eine interessante Idee bezüglich der Höhle des Fleisch-Gewordenen gekommen. Als ich näher darüber nachgedacht habe, ist mir dann plötzlich eine noch beunruhigendere Theorie gekommen, die ich euch nun mal vorstellen möchte. Aber der Reihe nach...

    Ich denke, es ist ziemlich unstrittig, das Azura massiv ihre Hände im Spiel hatte, bei allem, was mit Lorkhans Herz zu tun hatte:
    • Sie hat vermutlich eine ganze Rasse (die Dwemer) ausgelöscht, um zu verhindern, dass sie die Macht des Herzens anzapfen konnten.
    • Sie hat eine komplette Rasse grundlegend verändert (Chimer zu Dunmer) um drei Individuen (das Tribunal) von ihrem Argument zu überzeugen, dass man besser nicht (weiter) mit dem Herzen spielt.
    • Aus den drei Zwischensequenzen von Morrowind wissen wir, dass Azura persönlich den Pfad des Nerevarine (zumindest bis zur Höhle des Fleisch-Gewordenen) "beeinflusst" hat.
    So, nun kommt mein Aber, auf das ich gestoßen bin. Azura ist einer der mächtigsten daedrischen Fürsten. In der 1. Ära hat sie massiv eingegriffen um den Misbrauch des Herzens zu verhindern. Ich denke, dass die Auslöschung/Veränderung ganzer Rassen auch für Azura kein Kinderspiel ist. Und danach soll sie sich damit zufrieden geben 3500 Jahre auf die Reinkarnation des Nerevar zu warten?

    Meine erste Theorie war dann, wer sagt eigentlich, dass es nur eine Reinkarnation gab? In der Höhle des Fleisch-Gewordenen stehen doch schon mal sechs "falsche" Fleisch-Gewordene rum, die ja mindestens die ersten drei Prüfungen bestanden haben, sonst wären sie ja gar nicht so weit gekommen. Was wenn das auch Reinkarnationen von Nerevar waren, die einfach gescheitert sind? Was wenn das nur die sechs besten Versuche waren? Wer weiß wie viele mögliche Reinkarnationen es gar nicht bis dort hin geschafft haben. Wäre es von Azuras Standpunkt nicht logischer, 3500 Jahre lang einen potentiellen Nerevarine nach dem anderen auf die Mission zu schicken? Das wäre doch mal Hartnächigkeit!

    Natürlich ist mir dann die Frage gekommen, Azura ist mächtig, aber kann sie die Reinkarnation von Sterblichen beeinflussen? So kam ich zu meiner zweiten Theorie:
    Was wäre wenn keiner der "Nerevarines" aus meiner ersten Theorie eine Reinkarnation Nerevars war (inkl. der "echte" Nerevarine)? Was genau zeichnet den Nerevarine aus, das sonst keiner kann? Das Tragen von Mond-und-Stern. Wer vergibt Mond-und-Stern? Natürlich Azura in der Höhle des Fleisch-Gewordenen. Was ist Azuras bekanntestes Artefakt? Ein Seelenstein.
    Also trägt Nerevar einen persönlich von Azura verzauberten Ring, die auch den mächtigsten bekannten Seelenstein erschaffen hat. Die Reinkarnation von Nerevar wird erst daran eindeutig erkannt, dass er diesen Ring trägt. Wäre es denn so undenkbar, dass Azura vor 3500 Jahren Nerevars Seele in Mond-und-Stern gefangen hat und danach einfach so lange würdige Anwärter gegen Dagoth Ur geschickt hat, bis einer erfolgreich genug war, damit sie Nerevars Geist freigelassen hat?

    Was haltet ihr von den beiden Theorien?
     
    Emilia und Amneris gefällt das.
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  3. Tohawk

    Tohawk Moderator Mitarbeiter

    Ich frage mich warum sie das machen sollte. Die Manipulation des Herzens zu verhindern bringt sie nicht weiter. Das einzige, was sie wirklich weitergebracht hat war der Sturz des Tribunals. Jetzt wird sie (wieder) als Teil des wahren Tribunals von den (paar überlebenden) Dunmern verehrt. Aber auch vorher war sie nicht schlecht angesehen. Der einzige Grund, der mir einfallen würde wäre, dass sie auf die Befreiung Lorkhans hinarbeitet und deswegen das Herz zerstören wollte.
     
  4. Killfetzer

    Killfetzer Super-Moderator Mitarbeiter

    Naja, wenn das Herz so funktioniert hätte, wie es Kagrenac geplant hatte, hätte es Azura schon etwas gebracht sie zu vernichten. Wer will denn schon ein ganzes Volk von Tribunalsgöttern, dass keinen Respekt vor den Daedra hat? ;)
     
  5. Numenorean

    Numenorean Bürger

    Nein, das haben die ganz allein geschafft. Kagrenacs Lehren und eine Kultur geradezu kultischer Weltverneinung, die sich in Numidium als ihrem Versuch in Transzendenz subsumiert. Der Rest ist Eschatologie.

    Boethiah, nicht Azura als "Dunkelelfenfluch", wie es westliche Gelehrte nennen - das ist eine vereinzelnde Betrachtung, die viele Aspekte des Velothi-Exodus ignoriert, vor allem Boethiahs Rolle als quasi-lorkhanischen Herold der Transformation. Die Dunkelelfen verehren ihn nicht umsonst als ersten ihrer Art:

    The Changed Ones: [Boethiah] demonstrated the right way to wear their skin.

    Sermon Ten: Shift ye in your skin, I say to the Trinimac-eaters. Pitch your voices into the color of bruise.

    Sermon Thirty-One: The Hortator said to his wife, 'Where is Vivec, my teacher? I love him still, though he grows cold. His lamentations, if I may call them that, have changed the skin of the whole country. He is hardly to be found anywhere in Veloth of late. The people grow dark because of it.'

    Sermon Thirty-Two: 'Velothi, your skin has become the pregnant darkness. My brooding has brought this on. Remember that Boethiah asked you to become the color of bruise. How else to show yourselves people of the exodus into the vital: pain?'

    The Anticipations: Boethiah ate Trinimac and voided him. The followers of Boethiah and Trinimac rubbed the soil of Trinimac upon themselves and changed their skins.

    Approaching Vivec: These Altmer became the Chimer, or “the Changed Folk”. This was more than an ideological shift or political statement; the Chimer physically changed as well.

    Roter Berg ist dann das Finale dieses Prozesses. Ich will nicht sagen, dass die historischen Exilierten unter Véloth gleich ihre Haut veränderten, als sie Sommersend verließen, vermutlich ist das wirklich erst infolge des Roten Berges eingetreten. Ganz Morrowind hat sich an die Asche angepasst. Aber die Veränderung selbst hat ihre Wurzeln in Véloths Psijik-Bestreben oder Vivecs "in love with evil", wenn wir das auf die ganze Kultur ausdehnen wollen, nicht einer Strafe Azuras - das wären die nerevarinischen Prophezeiungen, das Versprechen einer Wiederkehr ihres ermordeten Schützlings. Natürlich fällt der Mord mit den übrigen Ereignissen am Roten Berg zusammen, die aus bestimmtem Grund so widersprüchlich und vielfältig geschildert sind. Kein Wunder also, wenn die Ursachen hier durcheinandergeraten.

    Und das die Drei das Herz lassen mussten, hängt mit dem Wiedererwachen eines alten Freundes in den turbulenten letzten Jahren der Zweiten Ära zu tun. Sie haben bis dahin regelmäßig daran "herumgespielt", auch wenn die große Apotheose im mythischen Re-enactment von 1Ä 668 natürlich nicht wiederholt werden musste. Einmal Dämmerung reicht.

    Und aus ihrer Erscheinung in der Herzkammer. Man könnte das aber auch weniger als persönliches Anliegen (im Sinne sich einmischender Olympier) als vielmehr die ambivalente, aber immer vorwärtstreibende und in gewisser Weise auch beschützende Macht der Prophezeiung lesen, unter der ein wiedergeborener Nerevar operiert.

    Wie gesagt, ich stimme da deinen Prämissen nicht zu, aber ich würde sie nicht notwendigerweise so personifizieren. Ich weiß, dass die Daedra im Umgang mit Sterblichen fast immer wie mächtige Sterbliche mit Grillen auftreten und gerade Azura aus DF die Tradition hat, als launische, eitle Diva dargestellt zu werden, aber sie beeinflussen das große Spiel doch in erster Linie über ihre Sphäre, gerade in Morrowind, das auf daedrischen Prinzipien errichtet wurde. Und Prophezeiung wirkt nun einmal sehr indirekt über lange Zeiträume. Azura wirkt über Träume und Visionen, die sich nach Sul unter den Stämmen verbreiten, dann gedeutet werden müssen, geflüstert und überliefert und in unklare, zwielichtige azurianische Halbwahrheiten verdreht werden. Man könnte sagen, dass sie ein kollektives Unterbewusstsein der Dunmer (besonders der nicht vom Tribunal kontrollierten Aschländer) beeinflusst, die daraufhin ihren eigenen Kult von der Ankunft eines prophezeiten Erlösers etablieren. Der sich allerdings noch zu beweisen hat.

    Kleiner Unterschied, über den ich auch schon gestolpert bin: Gescheiterte Fleisch-Gewordene, nicht Falsche. Es gibt in MW auch einen Falschen (False statt Failed) - der Typ in Suran, dessen man sich für den Tribunal-Tempel annehmen muss. Es geht nicht nur darum, ein richtiger Nerevarine zu sein (dazu dürfte das "bestimmte Zeichen" genügen, unter dem wir geboren werden), sondern sich als erfolgreicher Nerevarine zu beweisen. Jeder von denen ist Nerevarine, ist Fleisch-Gewordener, aber sie haben die Prüfungen nicht geschafft. "Many trials make manifest ..."

    Das mit dem Ring glaube ich deshalb nicht, weil es dazu nicht Azura braucht - ich bin in Redguard nicht so sattelfest, aber dein Vorschlag wäre quasi A'tor-im-Schwert, der Cyrus (Krone) als HoonDing vollständig macht - nur auf Morrowind übertragen. Nerevar-im-Stein, der Nerevarine legitimiert. Hmm, nein, ich glaube nicht. Die Höhle des Fleisch-Gewordenen (mitsamt Ring) scheinen selbst Teil der dritten Prüfung zu sein, ein Prüfstein unter vielen.

    Ein-Clan-unter-Mond-und-Stern und seine Verbindung zu Azura ist aber ein interessantes Thema. Ich muss spontan an Schutzmantelmadonnen denken - alle vereint unter Azuras schützendem Zwielichtsmantel. Der Zensus sagt, dass die Dunmer eine große Zuneigung zur Mutter der Immanenz hegen, und eine solche Empfindung scheint mir unter den Velothi wirklich bemerkenswert. Was war ihre Rolle beim Exodus? And while Boethiah, the so-called Prince of Plots, provided the revolutionary methods needed to bring about this transformation, Mephala was the shadowy implementer of those methods. Es bleibt interessanterweise ungesagt, aber vielleicht bestand sie darin, das ganze aus der Distanz zu beobachten und zusammenzuhalten. Ein notwendiges Drittel Immanenz bei zwei Dritteln, die auf Transzendenz abzielen. Und daher scheint mir der Ring mit Azura verbunden: Nur ihr Einfluss kann die in einer Kultur Boethiahs und Mephalas untereinander notorisch feindseligen Clans unter einem Mantel vereinen, oder eben unter dem hortatorischen Banner Nerevars.


    Zu den Fleischgewordenen gibt es ein interessantes Zitat von MK (in dem es auch darum geht, dass wir Bergstern als Charakter immer ignoriert haben): "Think Grail Knights throughout the Failed Incarnates."

    Gralsritter, die vom Artushof (der darüber zerbricht, in manchen Erzählungen) ausziehen, sich in alle Winkel der Welt zerstreuen, ohne den heiligen Gral zu finden, was nur einem vorbehalten ist (in Wolframs literarisch herausragender Variante Parcival, später Galahad oder eine ritterliche Trinität aus Galahad-Parcival-Bors, etwa bei Malory). Mir ist aus den anglo-französischen und spätmittelalterlichen Varianten besonders Lancelot in Erinnerung - der beste Ritter der Welt, und doch wegen seiner Sünde nicht in der Lage, den Gral zu gewinnen. Er mag mit aller Gewalt auf der Suche bis kurz davor kommen, vor die Kapelle oder vor die Tür, aber er kann den Gral nur ganz kurz erahnen und erst sein Sohn ihn erlangen. Ist das nicht, in einem ganz anderen Gewand natürlich, in den Grundzügen die Tragödie von Bergstern?

    Man könnte das sogar zu einer monomythischen Theorie ausweiten: Gralsmotive gibt es auch bei Hrols suchenden Rittern in der Remanada, 17 auf der Suche nach Tamriels heiligem Gral, nämlich Heilung des gespaltenen, zerrissenen Landes, was durch Herzwunde und Roten Diamant symbolisiert wird. Nur einer hat Erfolg. So wie auch 17 Daedrafürsten, in der cyrodiilischen Überlieferung, versucht haben, es Lorkhan gleichzutun und selbst zu erschaffen, womit sie natürlich gescheitert sind, weil sie ihren Egoismus der Aufopferung vorzogen. Mit ihren Schöpfungen mögen sie ähnliches im Sinn gehabt haben wie ihr padomayischer Bruder, nur dass von den Welten in der Leere aus niemals eine wirkliche Verbesserung erfolgen kann, wie es Lorkhan durch Mundus als "Testfläche der Transzendenz" (- "Geist von Nirn" u.a.) geplant hatte. Vielleicht sind damit auch die gescheiterten Suchenden monomythische Archetypen. Auch Nerevar, als Hortator, ist ein Sprössling Padomays, der wieder die Herzhöhle betreten wird. "Many fall, but one remains" - es würde mich um der Symmetrie willen nicht überraschen, wenn es bis zum Nerevarine 17 Fleischgewordene gegeben hätte (auch, wenn wir weniger in der Höhle sehen). So wären auch die Inkarnierten Gralsritter, die auf ihrer Suche nach etwas, das Land zu heilen, tragisch scheitern mussten, damit es einem gelingt.
     
    Zuletzt bearbeitet: 18. Oktober 2016
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