Online:Die Geister des alten Turms

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Inhalt

Die Geister des alten Turms
Von der unverschleierten Azadiyeh, dem Singvogel von Satakalaam

– Lauscht nun, oh geschätzter Wesir, einer Geschichte eines verwunschenen Turms.

– Eines verwunschenen Turms? Ist das Euer Ernst? Es gibt unzählige Geschichten über Türme, in denen es spukt, ja mir scheint es, als gäbe es kaum mehr einen Turm, in dem kein Gespenst haust. Ist der Brunnen, aus dem der Singvogel seine Geschichten schöpft, nun endlich ausgetrocknet?

– Nein, aber geduldet Euch, weiser Herrscher. Denn die Geschichte des alten Turms der Ungnadödnis ist anders als alle, die Ihr bisher gehört habt.

– Dann erzählt schon, oh Zauberbinderin. Ich werde kein Urteil fällen, bis ich die Geschichte gehört habe.

– Ihr seid nicht nur weise, sondern auch geduldig! Ihr habt Euch die Lobpreisungen wahrlich verdient, mit denen Ihr überschüttet werdet, ehrbarer Wesir.

– Fangt an mit der Geschichte, Singvogel. Honigsüße Worte bekomme ich von den hündischen Speichelleckern am Hof genug.

– Wie Ihr befehlt. Es war einmal hoch auf einem Gipfel in einem verlassenen Winkel des Ungnadödnis ein hoher und hässlicher Turm, der dort schon seit Ewigkeiten stand. In den Tagen, in denen die Rothwardonen gegen das Hauervolk kämpften, wurde einem Kundschafter der Bergama-Kavaliere befohlen, diesen Turm einzunehmen und sich dort als Beobachter und Wachposten zu stationieren. Und sein Name war Abadaman mit den drei Narben.

– Und in dieser Nacht wurde Abadaman vom trauernden Geist einer Jungfer heimgesucht? Oder erschien ihm der Schatten seines längst verstorbenen Vaters, um ihn gerade noch rechtzeitig zu warnen? Ah, wartet, ich weiß: Der Geist eines Ermordeten ächzte aus der Dämmerung, dass er nicht ruhen könne, bis sein Tod gerächt sei.

– Nein, keines dieser Dinge trug sich zu. Und doch gab es eine Heimsuchung, und so seltsam es sich auch anhört, sie trug sich unter der goldenen Mittagssonne zu. Und so geschah es: Abadaman mit den drei Narben hatte seine morgendlichen Verpflichtungen erfüllt, die darin bestanden, die vielen Stufen des alten Turms zu erklimmen, in alle Himmelsrichtungen zu blicken und niederzuschreiben, was er dabei sah, was nichts Wichtiges war. Also machte er sich auf zu einem Spaziergang in der Wüste, denn dieser Abadaman dachte gern nach, und beim Nachdenken ging er gern spazieren. An diesem ganz besonderen Tag führte ihn sein Weg hinunter in die trockene Ebene unter dem Gipfel mit dem Turm, und dort wurden seine Gedanken jäh unterbrochen, denn er wurde Zeuge eines Wunders: Unter der strahlenden Mittagssonne stand da eine Gesellschaft von Geistern, die herumblickten wie in Erwartung eines unmittelbar bevorstehenden Ereignisses.

– Interessant. Das passt zu keiner der Spukgeschichten, die ich bisher gehört habe.

– Und doch versichere ich Euch, Erhabenster, dass es sich genau so zugetragen hat. Die Geister waren acht an der Zahl, und obgleich sie in der schimmernden Hitze des Tageslichts nur schwer auszumachen waren, war ihre Anwesenheit unbestreitbar. Allesamt waren sie junge Rothwardonen, allesamt gekleidet in die Rüstung von Soldaten, ähnlich der, die auch Abadaman trug, aber gleichzeitig anders. In einem dieser Geister, den ein imposantes Auftreten auszeichnete, meinte er den Offizier der anderen zu erkennen. Als das Offiziersgespenst Abadaman seinen Kopf zuwandte und ihm in die Augen blickte, stieß der eigentlich so tapfere Kundschafter einen überraschten Schrei aus.

– Ich muss zugeben, dass es mir nicht anders ergangen wäre.

– Das mag sein, aber gestattet mir, dies zu bezweifeln. Auf den Schrei des Kundschafters hin sprach der Geist in einer hallenden Stimme: „Seid gegrüßt, Kundschafter. Obwohl das Wappen auf Eurer Brust mir nicht bekannt ist, sehe ich doch, dass Ihr einer unserer Soldaten seid. Seid Ihr derjenige, der den, der uns verraten hat, zur Rechenschaft ziehen wird?“

– Aha! Eine Rachegeschichte. Hatte ich es nicht gesagt? Diese Geister sind alle gleich.

– Ihr habt recht, Eure Effizienz … Und doch auch nicht. Soll ich weitererzählen?

– So lautet mein Wille.

– Ich höre und gehorche. Als er diese Worte hörte, war der mutige Abadaman baff erstaunt, und so antwortete er: „Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht, Geist von jenseits des großen Flusses. Und doch würde ich gerne mehr erfahren.“ „Mein Name ist Hauptmann Fayda“, sagte der Geist, „und dies sind meine Soldaten, ums Leben gekommen durch Verrat. Wir wollen, dass der Verräter zur Rechenschaft gezogen wird, doch wir sind verwirrt, denn obwohl wir tot sind, sind wir ungeboren, und obwohl wir ermordet wurden, hat uns unser Mörder kein Leid zugefügt.“

– Ein Rätsel, bei Tavas leuchtendem Auge! Und was antwortete der Kundschafter darauf?

– Er sagte: „Ihr sprecht in Rätseln, oh Hauptmann, deren Lösung sich mir entzieht. Sagt mir, wie Ihr verraten wurdet, damit ich mehr weiß.“ Der geisterhafte Hauptmann nickte und sagte: „Das kann ich tun. Uns wurde befohlen, den alten Turm zu besetzen, obwohl es uns nicht so befohlen wurde. Wir wussten nicht, dass einer von uns unseren Feinden verpflichtet war, den Invasoren des Kaiserreichs, obwohl es keine Invasoren gab. Er hat sie insgeheim durch unsere Verteidigung geführt, und das war unser Ende, obwohl so etwas nie passiert ist. Und der Name des Verräters war Amil Rothand.“

– Ah, jetzt verstehe ich. Der Geist ist verrückt und kann nichts sagen, was einen Sinn ergibt.

– Nein, denn urplötzlich ergaben die Worte einen Sinn für Abadaman, und er schreckte zurück, als hätte ihn jemand geohrfeigt. „Ach je!“, rief er. „Jetzt ist mir alles klar! Ihr seid tot, und doch ungeboren, denn euer Leben und Tod finden erst noch statt! Ihr sprecht von einem Verrat, der noch nicht geschehen ist, sondern erst in vielen Jahren geschehen wird. Ihr erscheint vor mir, oh beklagenswerter Spuk, da ich und ich allein in einer Position bin, den, der Euch verraten hat, zur Rechenschaft zu ziehen. Aber das werde ich niemals tun.“

– Wie kann das sein? Erklärt mir das!

– So leid es mir tut, mein Wesir, aber eine Geschichte ist wie ein Fluss, und sie fließt so, wie sie es will. Aber diese hier nähert sich ihrem Ende. „Das werdet Ihr nie tun, obwohl Ihr ein ehrbarer Soldat seid?“, ächzte der Geist des Offiziers. „Wieso?“ „Weil der Name meines neugeborenen Sohns Amil lautet, und er ein rotes Mal auf seiner Hand trägt. Also verschwindet, aufdringliche Geister, denn ich werde euch nicht helfen, und ihr könnt eurem Schicksal nicht entrinnen.“ Und dann drehte sich Abadaman mit den drei Narben um und ging wieder hinauf zum alten Turm.