Leider kann ich mir meine Kommentare dazu nur aus den Fingern saugen, da ich keine Einsicht via Studium/Studien habe.
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Die Frage ist jetzt, ob Beziehungen zu Medienfiguren wirklich qualitativ dasselbe sind wie Beziehungen zu "realen" Menschen - also ob man die Beziehung zur Lieblingsfigur z.B. mit der zum Lieblingslehrer vergleichen kann. Oder handelt es sich um eine komplett andere Beziehungsqualität? Die Studie soll u.a. da etwas mehr Licht ins Dunkel bringen.
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Ich denke, dass Authentizität und Distanz viel an der Qualität der Beziehung ändern – und das geht weiter als nur zur Frage, ob das Bezugssubjekt faktisch bzw. gefühlt real/virtuell ist.
[TABLE="class: grid, width: 78%"]
[TR]
[TD]
Beispiel[/TD]
[TD]
Distanz[/TD]
[TD]
Authentizität (extern)[/TD]
[TD]Empfindung:
Virtuell/Real?[/TD]
[/TR]
[TR]
[TD]Sheogorath*[/TD]
[TD]Virtuelle Figur, große Distanz, begrenzte Interaktionsmöglichkeit[/TD]
[TD]Spielt eine Rolle[/TD]
[TD]Virtuell[/TD]
[/TR]
[TR]
[TD]Nebenfigur einer Serie[/TD]
[TD]Virtuelle/Reale Figur je nach Kontext, sehr große Distanz, keine Interaktionsmöglichkeit[/TD]
[TD]Spielt eine Rolle[/TD]
[TD]Virtuell/Real[/TD]
[/TR]
[TR]
[TD]Cyrus*[/TD]
[TD]Virtuelle Figur, große Distanz, keine Interaktionsmöglichkeit, dafür aber das Gefühl, vermittels der Steuerung Cyrus' näher an ihm dran zu sein[/TD]
[TD]Vorgegebene Rolle, die letztlich man selbst spielt[/TD]
[TD]Virtuell[/TD]
[/TR]
[TR]
[TD]Hauptfigur einer Serie[/TD]
[TD]Virtuelle/Reale Figur je nach Kontext, sehr große Distanz, keine Interaktionsmöglichkeit[/TD]
[TD]Spielt eine Rolle[/TD]
[TD]Virtuell/Real[/TD]
[/TR]
[TR]
[TD]Namenloser Held*[/TD]
[TD]Die Frage nach der Distanz zum Namenlosen Helden finde ich sehr interessant. Der Spieler weiß, dass die Figur virtuell ist, doch handelt es sich hier offensichtlich um eine besondere Beziehung zu ihr: Er kennt ihr Innenleben zur Gänze und schließlich besser als der Namenlose Held selbst (Rollenspiel sprengt Computerspiel). Alles Handeln der Figur geschieht vermittels der Steuerung durch den Spieler, somit könnte gar das Gefühl entstehen, er handele selbst bzw. sei der Namenlose Held. Dass manche Spieler den Namenlosen Helden als Projektionsfläche nutzen und ihn somit zum Erfüllungsgehilfen ihrer eigenen Wünsche in einer virtuellen Welt machen, ist denkbar. Immer gegeben ist aber, dass der Charakter des Namenlosen Helden über seine Erschaffung durch den Spieler aus diesem hervorgeht – wenn auch vermutlich nicht als Abbild. Er ist also in seiner Art sehr nah beim Spieler, aber aufgrund des Zustandekommens der Art gleichzeitig unnahbar, zumal er letzten Endes ja doch eine ungreifbare virtuelle Figur bleibt.[/TD]
[TD]??? (vermutlich eingeschränkt – so wurde ich zum Beispiel noch nie von meinem Namenlosen Helden in irgendeiner Hinsicht überrascht. Er ist insofern tot und unauthentisch, als er zwar eine äußere Figur darstellen soll, letztlich aber doch aus meinen Gedanken entspringt.)[/TD]
[TD]Virtuell besonderer Qualität[/TD]
[/TR]
[TR]
[TD]Marionetten[/TD]
[TD]Reale Figur, Distanz hängt vom Kontext ab. Eine Marionette in einer Fernsehübertragung bedeutet eine größere Distanz als im der heimischen Puppentheater. Denn dort kann man die Figur im Zweifel anfassen, man kann sie aus einem anderen Winkel betrachten und je nachdem, wer hinter den Kulissen steht, kann die Figur auch auf spontane Fragen/Rufe der Zuschauer reagieren.[/TD]
[TD]Spielt eine Rolle[/TD]
[TD]Virtuell höheren Grades/Virtuell/(real)[/TD]
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[TR]
[TD]Der eigene Lehrer beruflich[/TD]
[TD]Eher gering: Interaktion ist schließlich vorhanden, dennoch bleibt die (soziale) Rolle und damit Distanz, höchstwahrscheinlich beeinflusstes Verhalten. Dennoch kann ich mich an keinen Lehrer erinnern, der nicht zumindest ab und an aus Versehen ein wenig seinen eigenen Charakter durch seine Berufstätigkeit hat durchblitzen lassen
😉[/TD]
[TD]Füllt eine (soziale) Rolle aus, in welcher der Charakter nicht (zwingend) vom "tatsächlichen" Charakter abweicht, das sei hier der im Privatleben; entsprechend eingeschränkt authentisch.[/TD]
[TD]Real[/TD]
[/TR]
[TR]
[TD]Der eigene Lehrer privat[/TD]
[TD]Eher gering: Abhängig davon, wie weit man in den Rollen Lehrer-Schüler verharrt.[/TD]
[TD]Eingeschränkt authentisch.[/TD]
[TD]Real[/TD]
[/TR]
[TR]
[TD]Enge Kontakte
(Internet)[/TD]
[TD]Da die Vorgabe ist, dass es sich um einen engen Kontakt handelt, tendenziell gering. Dennoch bleibt die in diesem Kontext nur mit Hilfsmitteln (Videoübertragung, Ferngespräch, ...) überwindbare Distanz. Bevor ihr fragt, ja, ich kenne konkrete Beispiele und nein, ich werde nicht näher darauf eingehen.[/TD]
[TD]Mäßig eingeschränkt authentisch[/TD]
[TD]Deutlich überwiegend real[/TD]
[/TR]
[TR]
[TD]Enge Kontakte[/TD]
[TD]Gering/sehr gering[/TD]
[TD]Authentisch[/TD]
[TD]Real[/TD]
[/TR]
[TR]
[TD]Flüchtige Bekannte, die meisten Internetbekanntschaften, ...[/TD]
[TD]Da es hier um die Qualität der Beziehung geht und man keine Beziehung zu flüchtigen Bekannten aufbaut, nicht von Interesse.[/TD]
[TD]<--[/TD]
[TD]<--<--[/TD]
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*Als kleine Erklärung für Frau Wilken: Sheogorath, Cyrus und der Namenlose Held sind Figuren aus dem TES-Universum, das hier im Forum Hauptthema ist. Der Namenlose Held ist die steuerbare Spielerfigur in den meisten TES-Spielen, der nur eine sehr dünne Rahmenhandlung vorgeschrieben ist. Name, Persönlichkeit und das tatsächliche Handeln bestimmt der Spieler selbst. Cyrus ist zwar auch eine der steuerbaren Figuren, allerdings merkt man schon bei der Bezeichnung, dass hier mehr Vorgaben herrschen. Nicht nur sein Name, auch seine Geschichte ist vorgegeben. Sheogorath schließlich ist eine nicht steuerbare Figur innerhalb der Spiele.
Ganz pauschal gesprochen: Große Distanz und geringe Authentizität behindern den Aufbau einer tiefergehenden Beziehung. Das Gefühl, dass das Bezugssubjekt nur virtuell ist, dürfte ebenfalls ein großes Hindernis beim Aufbau einer Beziehung darstellen.