Online:Die Elfin, das Ei und der Fast-ein-Drache

Aus Tamriel-Almanach
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Diese Seite enthält den Text von Die Elfin, das Ei und der Fast-ein-Drache aus The Elder Scrolls Online.

Inhalt

Die Elfin, das Ei und der Fast-ein-Drache

Die junge Iori verbrachte ihre Nächte damit, den Geschichten ihres Großvaters über die uralten Drachen zu lauschen, und tagsüber suchte sie in den Sümpfen der Umgebung nach Zeichen der legendären Kreaturen. Einmal brachte sie ein Stück bunte, glänzende Schuppe mit; sie war überzeugt, dass diese einem Drachen gehörte. Ihre Großmutter sagte, das sei nur ein Stück Wamasupanzerung, und sie verpasste ihr eine Kopfnuss, weil sie so weit weg vom Haus gewesen war.

Aber davon ließ Iori sich nicht entmutigen. Sie wollte einen Drachen finden, also suchte sie weiter. Iori wanderte immer weiter weg von der Hütte ihrer Großeltern, bis sie eines Tages in ein Gewitter geriet. Sie suchte in einer Höhle in der Nähe Unterschlupf, aber der Boden dort war von Brackwasser überflutet. Iori ging um den Teich herum in den hinteren Teil der Höhle, wo sie auf etwas stieß, womit sie nie gerechnet hätte: ein großes, grünes Ei!

Das halb im warmen Schlamm vergrabene Ei pulsierte vor Leben. Iori wusste, dass das ein Drachenei sein musste. In allen Geschichten ihres Großvaters waren Dracheneier groß und hart und warm. Dieses Ei war sehr, sehr warm.

Und es war allein. Keine Spur von der Drachenmutter oder sonst jemandem. Iori wusste: Wenn das Ei jetzt schlüpfen würde, wäre niemand hier, der sich um das Drachenkind kümmern würde, und es würde sterben.

„Ich kann es nicht mit nach Hause nehmen“, sagte sie. „Oma wird es zerschlagen oder kochen!“ Ihre Oma glaubte nicht an Drachen, und in ihrer Welt waren Eier nur zum Essen da.

„Ich kann aber auch nicht hierbleiben“, meinte sie angesichts der Tracht Prügel, die auf sie wartete, wenn sie nach Einbruch der Dunkelheit zurückkommen würde. „Was soll ich denn nur tun?“

Iori setzte sich hin und dachte nach, während der Regen niederprasselte. „Das Gewitter wird immer schlimmer“, dachte sie bei sich. „Ich kann jetzt nicht zurückgehen; ich werde mich verlaufen oder krank werden. Oma wird das schon verstehen.“ Und so überredete Iori sich selbst, über Nacht zu bleiben. Und das tat sie auch.

Am nächsten Morgen wurde Iori von Sonnenstrahlen geweckt, die durch den Höhleneingang blinzelten. Sie war hungrig wie ein Wolf, hungriger, als sie es je gewesen war, aber ihr erster Gedanke galt dem Ei. Iori grub es aus seinem warmen Schlammnest und besah es sich genauer. Das Ei war heiß!

„Es schlüpft sicher schon bald aus!“, rief sie. Fast wie als Antwort darauf hörte sie ein Knurren von außerhalb der Höhle. „Vielleicht ist das die Drachenmutter?“, dachte Iori bei sich. Aber der Gedanke, in einer Drachenhöhle festzusitzen, gefiel ihr ganz und gar nicht.

Iori hörte wieder das Knurren, gefolgt von einem Schnüffeln. Das war gar kein Drache da draußen! Es war ein Guar! Mit dem Ei in einer Hand und einem Stein in der anderen kroch Iori aus der Höhle. Dort sah sie einen wilden Guar, mit der Nase am Boden. Er sah sie und schnüffelte.

„Du kriegst es nicht!“, rief Iori und warf den Stein auf den Guar. Aber dieser Guar war anders als die zahmen bei ihr zu Hause. Sie hatte noch nie einen gezähmten Guar knurren hören, und der hier fing an, wütend zu scharren.

Iori lief davon. Der Guar verfolgte sie ein Stückchen, und das junge Mädchen bekam es mit der Angst zu tun. Sie drückte das Ei an ihre Brust, um es vor den Ästen der Bäume und gelegentlichen Stürzen zu beschützen. Sie rannte noch lange nachdem der Guar die Verfolgung aufgegeben hatte, so sehr hatte sie Angst. Irgendwann, als sie zu erschöpft war, um noch weiter zu laufen, fiel sie auf ihre Knie.

„Ich glaube, wir sind in Sicherheit, kleiner Drache“, sagte sie … Aber dann überkam sie blankes Entsetzen. Sie schaute hinunter auf das Ei, und es hatte einen Sprung! „Oh nein!“, wehklagte Iori. Sie musste es zu fest gehalten haben, oder ein Ast hatte es getroffen. Oder …

Da tat sich ein weiterer Sprung auf, und dann noch einer. Erste Stücke der Schale sprangen ab; sie wurden von innen weggeschoben.

„Du schlüpfst!“, sagte Iori. Sie schaute aufgeregt umher und wusste nicht, was sie tun sollte. Erst wollte sie das Ei auf den Boden legen, aber dann zögerte sie; was, wenn der Drache weglaufen würde? Aber sie wollte ihm auch nicht wehtun, also setzte sie sich im Schneidersitz hin und formte eine Hängematte aus ihrer schmutzigen Schürze. Iori legte das Ei in ihren Schoß.

Es vibrierte weiterhin, und noch immer sprangen Stücke ab, und bald schon lugte eine Drachennase durch ein Loch! Sie war hellgrün und sah ein wenig schleimig aus, aber dann öffneten sich die Augen und schauten zu ihr hoch. Eine gespaltene Zunge züngelte aus dem keilförmigen Kopf, und Iori war von Aufregung überwältigt. Der Drache schlüpfte aus!

Dann fiel der Rest des Eis ab, und zu ihrer Überraschung stellte Iori fest, dass der „Drache“ keine Klauen hatte … genauer gesagt überhaupt keine Füße oder Beine. Er war eine Schlange, aber eine Schlange mit winzigen Flügeln. Die meisten ihrer Freundinnen wären entsetzt gewesen, wenn ein Schlangenjunges in ihrem Schoß sitzen würde, aber Iori war fasziniert. Sie kannte Geschichten über Drachen, aber keine einzige über Schlangen mit Flügeln!

Nachdem sich die Kreatur mühsam aus ihrer Schale befreit hatte, entfernte Iori vorsichtig die Reste, bevor sie ihre Hände um die geflügelte Schlange legte. Sie fühlte sich ein wenig kalt an, aber Iori spürte, wie sie wärmer wurde, als sie sich in ihre Hände kuschelte. Mit schläfrigen Schlangenaugen schaute das kleine Geschöpf hoch zu ihr. Es blinzelte zwei Mal und schlief dann ein.

„Nun ja, du bist ja fast ein Drache, nicht wahr?“