| Ein Plädoyer für offene Grenzen Zur Schrift |
|---|
Diese Seite enthält den Text von Ein Plädoyer für offene Grenzen (engl. A Case for Open Borders) aus The Elder Scrolls Online.
Inhalt
Von Sippenfürst Andurion
Werte Mitbürger, ich war so besorgt wie Ihr, als ich Königin Ayrenns Kundgebung vernahm. Die Öffnung unserer Grenzen ist keine Entscheidung ohne Konsequenzen. Auch ich hatte Angst vor den Auswirkungen, die ein derart schwerwiegender Akt auf unser geliebtes Heimatland haben würde. Würden unsere Städte heimgesucht werden von Flöhen? Würden unsere Kinder nachts aus ihren Betten entführt werden? Werte Mitbürger, ich versichere Euch, dass ich ebenso viele Bedenken bezüglich der Sicherheit unseres stolzen Sommersend hatte wie Ihr.
Als Sippenfürst hatte ich das große Privileg, diese Bedenken vor dem Hof von Sommersend vorbringen zu dürfen, und häufig fand ich mich inmitten des heiß diskutierten Themas wieder. Das war ein noch nie dagewesener Wahnsinn der wildesten Art! Ich war fest entschlossen, der Entweihung unseres geliebten Heimatlands ein Ende zu setzen. Auch ich hatte das Gefühl, dass wir die Wünsche unserer Ahnen missachten. Ja, werte Mitbürger, ich habe mich der bloßen Vorstellung vehement entgegengestellt, diesen Außenseitern, Katzen und Kannibalen, die allesamt unwürdig sind, unsere Grenzen zu öffnen.
Und dann änderte sich etwas. Ich veränderte mich. Lasst mich Euch bitte erzählen, warum ich jetzt den Erlass der Königin aus ganzem Herzen unterstütze. Lasst mich für die Rechte derer eintreten, die jetzt unsere Verbündeten und Nachbarn sind.
Diese Veränderung fing an mit den Geschichten, die ich über den Krieg hörte, da bin ich mir sicher. Wir hatten einen knappen Sieg errungen, der nur dank der Bogenschützen möglich gewesen war, die uns die Waldelfen geschickt hatten. Dank khajiitischen Agenten, die durch schlaue Spionage an entscheidende Geheimnisse kommen konnten. Schon ein Blick auf unsere Truppenstärke, egal wie erfahren oder stark diese sein mochten, verriet mir, dass es unmöglich war, diesen Krieg allein zu gewinnen. Dennoch blieb ich hartnäckig. Es würde reichen, wenn uns unsere vorläufigen Partner an der Front dienen. Wozu brauchen wir sie denn hier auf Sommersend?
Meine Überzeugung stand felsenfest, und ich hatte das Gefühl, dass nichts mich davon abbringen konnte. Erst als das Unvorstellbare eintrat, erkannte ich die Wahrheit.
Andimeril, mein leuchtender Stern und einziger Sohn, fiel auf dem Schlachtfeld. Wie oft denke ich zurück an die Nacht, in der er aufbrach. Wäre ich doch vielleicht nur ein bisschen weniger stur gewesen. Hätte ich mir doch nicht aus Gehässigkeit auf die Zunge gebissen. Hätte ich doch nur die richtigen Worte finden und ihn davon überzeugen können zu bleiben. Er war jung und töricht, und deutlich tapferer, als ich es je gewesen war. Allein der Gedanke daran, sein Gesicht nie wiederzusehen, schnürt mir noch heute so sehr die Brust zu, dass ich kaum atmen kann.
Die Nachricht vom Tod meines Sohnes erreichte mich nicht durch einen Boten oder einen Freund. Nein, ich erfuhr davon, als eine junge Waldelfin vor mir stand, mit Schlamm an den Stiefeln und Tränen in den Augen. In ihren Händen trug sie eine einfache Metallschatulle, und noch bevor sie etwas sagte, wusste ich, dass sie die Asche meines Sohnes enthielt. Ihr Name war Grenith.
„Er hat mich nie darum gebeten, das hier zu tun“, sagte sie, während ihr die Tränen über das Gesicht liefen. „Eigentlich hatte er sogar gesagt, dass er niemals hierher zurückkehren wird. Aber ich ertrug diesen Gedanken einfach nicht, versteht Ihr? Er hat es verdient, nach Hause zurückzukehren.“
Vor diesem Tag hatte ich nie auch nur mit einem Mitglied eines anderen Volkes gesprochen, hatte nie einem dieser Wesen in die Augen geschaut, von denen ich immer angenommen hatte, dass sie so weit unter mir standen. Von diesem Augenblick an konnte ich nicht mehr leugnen, was vor sich ging. An diesem Tag wurden mir endlich die Augen geöffnet, nicht durch Debatte oder Erlass, sondern schlicht durch den Kummer, den ich gemeinsam mit Grenith erlebt hatte. Das war so schmerzhaft, dass es echt sein musste.
Die Verbündeten, von denen wir so wenig halten, sterben an der Seite unserer Söhne und Töchter, und das jeden Tag. Sie essen gemeinsam mit ihnen, erzählen sich Geschichten, versuchen Gelächter und Behaglichkeit zu finden, wo immer es geht. Sie kämpfen Schulter an Schulter, sie vertrauen einander ihr Leben an. Dies ist die Realität ihres täglichen Kampfes, weit weg von unseren friedlichen Ufern.
Grenith erzählte mir von Andimerils letzten Wochen. Auch wenn sie damit vielleicht nur einen trauernden alten Mer trösten wollte, meinte sie, sie habe meinen Sohn sehr bewundert. Ihre Beschreibung seiner Tapferkeit und Güte brachten mir innere Ruhe. Mein Sohn starb für die Ideale, an der er glaubte. Für mich hätte ein Brief der Königin persönlich Andimeril nicht mehr ehren können als die freundlichen Worte seiner Waffenschwester.
So egoistisch der Gedanke auch jetzt noch ist: Diese innere Ruhe wäre mir nicht möglich gewesen ohne offene Grenzen. Die Ehre, die Grenith meiner Familie erwiesen hat, wäre nie möglich gewesen. Sie wäre behandelt worden, wie ich immer dachte, dass ihresgleichen behandelt werden sollte, als unterlegen, als unwürdig. Ohne sie hätte Andimeril nie seinen Weg zurück nach Hause gefunden; er wäre als unbekannte Leiche auf einem weit entfernten Schlachtfeld geendet. Die Ehre, meinen Sohn zu beerdigen, wäre mir nie erwiesen worden.
Werte Mitbürger, diese anderen Völker verdienen unseren höchsten Respekt. Wenn meine persönliche Geschichte nicht vermag, Euch zu bewegen, so bitte ich Euch, mit ihnen zu sprechen. Spendiert Ihnen ein Getränk in Eurer Stammtaverne oder ladet sie zum Essen zu Euch nach Hause ein. Als Kultur von Gelehrten müssen wir unseren Geist öffnen und bereit sein zu lernen. Wenn Ihr dies tut, dann werdet Ihr Kulturen finden, die unglaublich anders sind, häufig auf schockierende Weise, aber so interessant und vielfältig wie die unsere. Das verspreche ich Euch.
Verschließt nicht Euren Geist, wie wir einst unsere Grenzen verschlossen haben. Für unsere Zukunft müssen wir uns nach vorne bewegen. Macht diesen ersten Schritt mit mir, werte Mitbürger. Dann werden wir uns bald schon auf dem Weg in Richtung Morgen befinden.