Am Abgrund

Am Abgrund

Marik rennt. Er weiß er wird nicht entkommen. Doch kampflos aufzugeben war für ihn keine Alternative. Mit schnellen Schritten spurtet er den dunklen Gang entlang. Die Schritte des Verfolgers trommeln in seinen Ohren und lassen sein Herz schneller schlagen. Plötzlich bleibt sein Fuß an einer Wurzel hängen und er schlägt der Länge nach hin. Der Verfolger kommt näher. Er rappelt sich wieder hoch und rennt weiter. Doch ein höllischer Schmerz in seinem Fuß hindert ihn daran, so schnell wie zuvor zu laufen. Der Verfolger holt auf. Der Gang macht eine scharfe Biegung nach rechts und Marik steht plötzlich vor einem dunklen Abgrund. Gerade noch kommt er zum Stehen. Kleine Steine lösen sich vom Rand und purzeln in die Tiefe. Ein Aufschlag ist nicht zu hören. Hinter ihm sind die Schritte des Verfolgers nun verklungen. Hat er etwa seine Spur verloren und ist umgekehrt? Wenn es doch nur nicht so dunkel wäre. Er erinnert sich an die Fackel, die sein Freund dabei gehabt hat. Was würde er jetzt dafür geben, eine von diesen wunderbaren Fackeln in seinem Rucksack zu haben. Doch er hatte keine und so musste er sehen, dass er aus diesen ausweglosen Situation ohne Licht heraus kam. Er erinnert sich zurück, wie er überhaupt in diese missliche Lage geraten war. Sein Freund Taran hat ihn dazu überredet. Der hatte in einer Spelunke den Fetzen eines Gerüchtes aufgeschnappt. Dem Gerücht zu folge, soll es in einer Höhle nordöstlich des Arodquells, der Ursprung des Flusses Arod, der im Westen entspringt und das Land von West nach Ost durchzieht, einen alten Schatz geben, den ein Pirat dort versteckt hat. Der Kapitän hatte den Schatz mit seiner Crew von einem kaiserlichen Schiff geraubt, so heißt es, und war auf der Flucht vor dem Rest Flotte auf dem Arod unterwegs und fuhr Richtung Westen. Unterwegs holte die kaiserliche Flotte auf und griff das Schiff an. Doch wie ein Wunder überstand das Schiff den Angriff und die kaiserliche Flotte ließ sich zurück fallen. Die Piraten segelten weiter. Doch als eines Nachts wieder die Schiffe der kaiserlichen Flotte in sicht kamen, erdolchte der zweite Maat des Piratenschiffs, ein habgieriger Mann, den Kapitän und nahm die Schatztruhe und den dazu gehörigen Schlüssel an sich. Er war der einzige, der die feindlich Flotte bisher bemerkt hatte und machte sich heimlich in einem kleinen Beiboot davon. Immer noch Richtung Arodquell. Als er weit genug von dem Piratenschiff weg war, drehte er sich um und konnte mit ansehen, wie die kaiserliche Flotte das Piratenschiff unter lauten Kanonendonner versenkte. Schnell ruderte er weiter, auch wenn er schon außer Sichtweite war. Nach einige Tagen erreichte er schließlich den Arodquell. Völlig erschöpft kletterte er aus dem Boot, nahm die Schatztruhe auf die Schultern und watete durch das seichte Wasser an das leuchtend grüne Ufer. Vögel zwitscherten munter, ein fleißiges Summen von einem Bienenstock, der von einem Ast herab hing, war zu vernehmen und die Luft war geschwängert vom Duft tausender Blüten in leuchtenden Farben. Doch für diese Schönheit hatte der gestrandete Pirat keine Augen. Er schleppte sich zu der nahen Quelle und nahm einige kräftige Schlucke des kühlen Wassers. Dann sank er erschöpft neben der Quelle zu Boden und schlief ein.

Einige Stunden später wachte er wieder auf und blickte sich hektisch um, bis er merkte, dass er sich ja in Sicherheit gebracht hat. Sein Blick fällt auf die Schatztruhe. Gerade will er den Schlüssel hineinstecken und drehen, als er plötzlich die Stimmen von Männern und ein Krachen und Knacken im Unterholz hört. Er packt die Truhe und blickt sich panisch um. Wohin? Da sieht er zu seiner Erleichterung eine dunkle Felsspalte, gerade groß genug, um sich hindurch zu zwängen. Er rennt darauf zu und quetscht sich durch den Spalt. Und das keine Sekunde zu früh. Aus dem Gebüsch treten einige Soldaten der kaiserlichen Flotte. Sie schauen sich um, doch sie übersehen die Felsspalte und suchen weiter das Ufer ab.
Im Inneren des Spalts ist es angenehm kühl und der Pirat läuft ein wenig in der Höhle, in die der Spalt geführt hat, herum. Schnell merkt er, dass aus der kleinen Höhlen ein kleiner Gang heraus führt. Weiter in die Tiefe. Der Mann entschließt sich trotz der vollkommenen Dunkelheit dazu, den Tunnel zu erkunden. Immer weiter führt ihn der Gang hinab in die Tiefe. Er kommt an mehreren Abzweigungen vorbei, doch er hält sich an den Haupttunnel und kommt schließlich in eine weite Höhle. Er stellt die Schatztruhe, die er, ohne es zu merken, die ganze Zeit mit sich herumgetragen hat, auf den kalten Steinboden und tastet sich an den Wänden entlang, um ein wenig ein Gefühl für die Größe des Gewölbes zu bekommen. Seine Händen tasten über rauen Stein. Plötzlich fühlt er etwas feuchtes, glitschiges an der Wand. Er schreit auf und macht einen hektischen Schritt zurück und stolpert dabei über etwas, dass am Boden liegt. Etwas weiches. Er fällt nach hinten und schlägt mit seinem Hinterkopf auf den Boden. Das letzte was er wahrnimmt, ist ein widerlicher Gestank, nach Fäulnis und Blut. Dann wird alles schwarz...

Der Mann, der das erzählt hat, muss ein guter Geschichtenerzähler gewesen sein, sonst hätte er seinen Freund Taran nicht davon überzeugen können, dass es lohnenswert ist diesen Schatz zu suchen, nachdem er vom Ende dieses Piraten gehört hat. Und er Idiot war genauso begeistert gewesen wie sein Freund, als dieser im die Geschichte erzählt hat. Sie hatten am darauf folgenden Tag ihre Sachen gepackt und waren in Richtung des Arodquells losgezogen. Ihr Dorf war nur ein paar Tagesmärsche von dem Ursprung des Flusses entfernt und die beiden Freunde kamen nach sechs Tagen am Ziel ihrer Reise an. Dort hatten sie versucht, die Situation des Piraten nachzustellen und den ungefähren Weg zur Quelle zu gehen wie er. Nach drei Tagen hatten sie den Eingang immer noch nicht gefunden und sie wollte schon enttäuscht abreisen, als sie durch Zufall darauf stießen. Marik rannte gerade einem kleinen Wildschwein, welches er als Mittagessen auserkoren hatte hinterher. Das Tier rannte quiekend kreuz und quer durchs Unterholz und er hatte alle Mühe es zu verfolgen. Schließlich sah er den geringelten Schwanz gerade noch in einer Felsspalte verschwinden. Wütend stampfte er mit dem Fuß auf, da ihr Mittagessen soeben entwischt war, als er merkte, dass er wieder in der Nähe der Quelle war und mit einem Freudenschrei rief er seinen Freund Taran und zeigte ihm seinen Fund. Plötzlich hatte keiner der beiden mehr Hunger und sie beschlossen die Höhle sofort zu erkunden. Sie verliefen sich ein paar mal in den Seitengängen aber schließlich fanden sie auch das große Gewölbe. Taran hatte an eine Fackel gedacht und sie konnten erkennen, wo sie hinlaufen. Die Höhle war aus grauem, unbehauenem Stein und schien natürlichen Ursprungs. Sie gingen ein paar Schritte und stießen auf die Truhe des Piraten. Jubelnd beugte sich Marik über die Truhe und versuchte sie zu öffnen. Doch sie war abgeschlossen. Er wunderte sich, wieso sein Freund noch nichts dazu gesagt hatte und drehte sich um. Hinter ihm stand sein Freund und schaute ihn an, doch etwas stimmte nicht. Taran hatte die Fackel fallen gelassen und schaute ihn nicht an, er schaute durch ihn hindurch. Er nahm ihn garnicht war. Marik blickte an ihm herunter und keuchend sah er auch den Grund dafür. Aus der Brust seines besten Freunde ragten fünf blutverschmierte Krallen. Er stieß einen panischen Schrei aus und rannte los in die Dunkelheit. Er blickte über die Schulter und sah ein Paar stechend rote Augen und blitzende Klauen. Doch die Bestie war zu weit weg und hat ihn nicht erwischt. Er rannte weiter und strauchelte ab und zu über eine Wurzel oder einen Stein. Schließlich blieb er an einer Wurzel hängen und fiel hin. Danach hat er sich wieder aufgerappelt und ist weiter durch die Dunkelheit gerannt, bis er schließlich an diesem Abrund stand. Von der Bestie ist nun nichts mehr zu sehen. Doch plötzlich schnellt eine Gestalt aus der Dunkelheit und durchbohrt ihn mit Blicken aus den stechend roten Augen und mit den blitzenden Klauen. Er spürt wie sie in seine Brust eindringen. Unglaublicher Schmerz entwickelt sich in seinem Brustkorb. Sein Atem geht stockend, er spürt wie er fällt. Sein ganzes Leben zieht vor seinem geistigen Auge nocheinmal vorbei. All die schönen Momente mit seinem Freund Taran. Er spürt wie der Wind im Fallen seine Haare zerzaust. Wie damals seine Mutter, wenn er wieder mal einen Streich gespielt hat. Er fällt durch die Dunkelheit und wartet bis es vorbei ist. Die Bestie ist mit ihm über den Rand gestürzt und an ihm vorbei in die Dunkelheit gefallen. Er wartet auf den Aufschlag. Plötzlich platscht es laut. Marik ist auf die Wasseroberfläche eines Flusses, der am Boden des Abgrundes fließt, aufgeschlagen und reißt die Augen auf...

Er liegt in einem weißen Bett. Um ihn herum gibt es noch mehr dieser Betten. Eine leichte Brise streift sein Gesicht. Er riecht den Duft tausender Blüten. Er hört das Zwitschern der Vögel und das Summen der Bienen. Über sich erkennt er den klaren blauen Himmel. Plötzlich dringt ein Gewirr von Stimmen an sein Ohr. Er blickt sich um und erst jetzt erkennt er, wo er ist. Er liegt in einem Krankenabteil in seinem Dorf. Diese Abteile bestehen aus fünf weißen Betten umgeben von geflochtenen Trennwänden. Er liegt in einem dieser Betten. Am Fuß des Bettes sitzen seine Mutter und sein Vater. Beiden haben Tränen in den Augen. Neben ihnen steht der Alchemist und Dorfarzt Trako. Und neben ihm steht sein Freund Taran. Wie kann das sein? Er hat doch gesehen, wie er getötet wurde. Ist er auch tot? Ist das hier das Paradies? Er öffnet seinen trockenen Mund und fragt mit rauer Stimme, was passiert ist. Sein Freund erzählt ihm, dass er und Marik auf der Jagd waren, um vor dem Aufbruch zu der Schatzhöhle, noch eine leckere Mahlzeit einzunehmen. Marik ist einem kleinen Wildschwein hinterher gelaufen. Der Frischling ist zu seiner Mutter geflüchtet. Und Marik ist hinterher gerannt. Die Mutter hat das Leben ihres Frischlings und das ihre in Gefahr geglaubt und ist auf ihn los gegangen. Das Wildschwein hat Marik mit den Hauern gerammt. Er hat sich ein paar Rippen gebrochen. Taran hat das Muttertier mit seinem Speer erlegt und Marik zurück zum Dorf getragen. Jetzt wird wohl nichts mehr aus ihrem gemeinsamen Ausflug, meint Taran schließlich und Marik ist erleichtert und freut sich auch wenn er sich die Rippen gebrochen hat...


Ich hatte einfach mal spontan Lust zum Schreiben. Schreibt doch, wie es euch gefallen hat und wenn ihr Rechtschreibfehler findet, wäre es schön, wenn ihr mich darauf hinweisen würdet. ;)
 
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Gefällt mir gut und am besten gefällt mir die Ungewissheit was die Bestie ist
Aber man findet auch keine Leiche des Piraten oder Knochen, nur die Truhe
Der Pirat ist Werwolf:lol:

Aber es ist eine gute Geschichte, auch wenn sie ich an ein Buch aus Nehrim erinnert hat (Irgendetwas mir Garik oder so)
 
Habe aber so gut wie kein Buch in Nehrim gelesen. :p Also Ideenklau war es nicht. Und was wird wohl eine Bestie mit einem Happen Fleisch anstellen? Rischtösch, sie schickt die Reste an zurück an die Angehörigen. ;)
 
Die Geschichte gefällt mir. Besonders dieses Swichten zwischen der Vergangenheit (Schatz, Pirat) und der Gegenwart (Verfolungsjagd) finde ich hast du gut hingekriegt. Die Verfolgungsjagd finde ich sehr spannend, du kannst gut formulieren, musst dich aber noch auf ein Tempus festlegen.

Einige Stunden später wachte er wieder auf und blickte sich hektisch um, bis er merkte, dass er sich ja in Sicherheit gebracht hat. Sein Blick fällt auf die Schatztruhe. Gerade will er den Schlüssel hineinstecken und drehen [...]

Hier zum Beispiel. Kam noch öfter vor. Sonst aber wie schon gesagt ziemlich gut. :)

Grüße,

peecee
 
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