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|Buchname                    = Zufalls Fehler
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|Morrowind                    = Das Spiel mit dem Schicksal
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|Online                      = Zufalls Fehler, Teil 1
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|Inhalt                      =
[[Datei:M Buchstabe Skyrim.png|60px|text-bottom]] it sechzehn war Minevah Iolos schon ein unwillkommener Gast in jedem Geschäft und jeder Villa in Balmora gewesen. Manchmal nahm sie alles von Wert mit; ein andermal reichte ihr schon das Vergnügen, einen Weg vorbei an Schlössern und Fallen zu finden. Jedes Mal hinterließ sie als Visitenkarte ein paar Würfel an einer gut sichtbaren Stelle, um die Eigentümer wissen zu lassen, wer sie ausgeraubt hatte. Bei den Einheimischen wurde der mysteriöse Spuk als "Zufall" bekannt.
[[Datei:M Buchstabe Oblivion.png|45px|text-bottom]] it sechzehn war Minevah Iolos schon ein ungebetener Gast in jedem Geschäft und auf jedem Anwesen in Balmora gewesen. Manchmal stahl sie sämtliche Wertsachen, ein andermal reichte ihr schon das Vergnügen, einen Weg vorbei an all den Schlössern und Fallen zu finden. Jedes Mal hinterließ sie als Visitenkarte ein paar Würfel an einer gut sichtbaren Stelle, um die Eigentümer wissen zu lassen, wer sie ausgeraubt hatte. Bei den Einheimischen wurde der mysteriöse Spuk als „Zufall“ bekannt.


Eine typische Unterhaltung in Balmora verlief zu jener Zeit etwa so:
Unterhaltungen wie diese waren zu der Zeit in Balmora an der Tagesordnung:


„Meine Liebe, was ist denn nur aus Eurer schönen Kette geworden?“
„Was ist denn nur aus Eurer schönen Kette geworden, meine Liebe?“


„Meine Liebe, die hat Zufall mir genommen.“
„Die hat der Zufall mir genommen, meine Liebe.“


Die einzigen Zeiten, in denen Zufall ihr Zeitvertreib missfiel, war, wenn sie sich verrechnete und auf einen Eigentümer oder eine Wache stieß. Sie war noch nie gefangen oder auch nur gesehen worden, aber ein paar Dutzend Male war sie nur knapp entwischt. Irgendwann war sie so weit, dass sie ihren Arbeitsbereich ausweiten wollte. Sie dachte daran, nach Vivec oder Gnisis zu gehen, aber dann hörte sie eines Abends im Acht Teller vom Heran-Ahnengrab, einem alten Grab, das mit Fallen gespickt war und in dem sich Familienschätze der Heran aus vielen Jahrhunderten häuften.
Zufall fand nur dann nicht Gefallen an ihrem Zeitvertreib, wenn sie sich verschätzte und auf einen Eigentümer oder eine Wache stieß. Sie war noch nie gefasst oder auch nur gesehen worden, aber ein paar Dutzend Male war sie nur knapp entwischt. Eines Tages fühlte sie die Zeit gekommen, ihren Arbeitsbereich auszuweiten. Sie dachte daran, nach Vivec oder Gnisis zu gehen, aber dann hörte sie eines Abends im Acht Teller vom Heran-Ahnengrab, einem alten Grab, das mit Fallen gespickt war und in dem sich Familienschätze der Heran aus vielen Jahrhunderten häuften.


Die Vorstellung, den Zauber des Heran-Grabes zu durchbrechen und sich den Schatz darin zu holen, gefiel Zufall, doch sie hatte keine Erfahrung mit der direkten Konfrontation von Wachen. Während sie ihre Optionen überdachte, sah sie an einem Nachbartisch Ulstyr Moresby sitzen - allein, wie gewöhnlich. Er war ein Riesenkerl von einem Bretonen mit dem Ruf eines sanften Exzentrikers, ein großer Krieger, der den Verstand verloren hatte und mehr auf die Stimmen in seinem Kopf als auf die Welt um ihn herum achtete.
Die Vorstellung, den Zauber des Heran-Grabes zu durchbrechen und sich den Schatz darin zu holen, gefiel Zufall, doch sie wusste nicht, wie sie die Wächter besiegen sollte. Während sie ihre Optionen überdachte, sah sie an einem Nachbartisch Ulstyr Moresby sitzen – wie immer allein. Er war ein Riesenkerl von einem Bretonen, mit dem Ruf eines sanften Exzentrikers, ein großer Krieger, der den Verstand verloren hatte und mehr auf die Stimmen in seinem Kopf als auf die Welt um ihn herum achtete.


Wenn sie schon einen Partner in dieser Unternehmung haben musste, beschloss Zufall, dann wäre dieser Mann perfekt. Er würde keinen gerechten Anteil an der Beute verlangen, ja, er würde nicht einmal wissen, was das war. Niemand würde ihn vermissen, falls es zum Schlimmsten käme und die Bewohner des Heran-Grabes zu viel für ihn würden. Oder falls Zufall seiner Gesellschaft überdrüssig würde und sie beschließen würde, ihn zurückzulassen.
Wenn sie schon einen Partner in dieser Unternehmung haben musste, beschloss Zufall, dann wäre dieser Mann perfekt. Er würde keinen angemessenen Anteil an der Beute verlangen, ja, er würde nicht einmal wissen, was das war. Niemand würde ihn vermissen, falls es zum Schlimmsten käme und die Bewohner des Heran-Grabes zu viel für ihn würden. Oder falls Zufall seiner Gesellschaft überdrüssig würde und sie beschlösse, ihn zurückzulassen.


„Ulstyr, ich glaube, wir kennen uns noch nicht; ich heiße Minevah“, sagte sie, als sie an seinen Tisch kam. „Ich würde gern einen Ausflug zum Heran-Ahnengrab machen. Wenn Ihr glaubt, dass Ihr mit den Monstern fertig würdet, könnte ich die Schlösser aufbrechen und die Fallen deaktivieren. Was meint Ihr?“
„Ulstyr, ich glaube, wir kennen uns noch nicht; ich heiße Minevah“, sagte sie, als sie an seinen Tisch trat. „Ich würde gerne einen Ausflug zum Heran-Ahnengrab machen. Wenn Ihr glaubt, dass Ihr mit den Monstern fertig werdet, könnte ich die Schlösser aufbrechen und die Fallen entschärfen. Was meint Ihr?“


Der Bretone brauchte einen Moment für die Antwort, als würde er auf die Ratschläge der Stimmen in seinem Kopf hören. Schließlich nickte er und murmelte: „Ja, ja, ja, Steinstopper, heißer Stahl. Chitin. Wände hinter Türen. Dreiundfünfzig. Zwei Monate und zurück.“
Der Bretone brauchte einen Moment für die Antwort, fast als würde er sich erst die Meinungen der Stimmen in seinem Kopf anhören.  


„Bestens“, sagte Zufall, die sein zusammenhangloses Gebrabbel nicht störte. „Gleich morgen früh brechen wir auf.“
Schließlich nickte er und murmelte: „Ja, ja, ja, Steinstopper, heißer Stahl. Chitin. Wände hinter Türen. Dreiundfünfzig. Zwei Monate und zurück.“


Als Zufall am nächsten Morgen Ulstyr traf, trug er eine Chitin-Rüstung und hatte sich mit einer ungewöhnlichen Klinge bewaffnet, die durch eine Verzauberung schwach glühte. Als sie ihre Reise begannen, versuchte sie mit ihm ins Gespräch zu kommen, aber seine Antworten waren so sinnlos, dass sie ihre Versuche bald aufgab. Ein plötzlicher Regenschauer wehte über die Ebene und ergoss sich über sie, aber da sie keine Rüstung trug und Ulstyr geschmeidiges Chitin, ließen sie sich davon nicht aufhalten.
„Hervorragend“, sagte Zufall, die sein zusammenhangloses Gebrabbel nicht störte. „Wir brechen morgen in aller Frühe auf.


Sie stiegen hinab in die dunklen Schlupfwinkel des Heran-Grabes. Ihr Instinkt hatte sie nicht getrogen - sie gaben ein hervorragendes Team ab.
Als Zufall am nächsten Morgen Ulstyr traf, trug dieser Chitinrüstung und eine ungewöhnliche Klinge, deren schwaches Glühen auf ihre Verzauberung hinwies. Sie begannen ihre Reise, und sie versuchte, sich mit ihm zu unterhalten, aber seine Antworten waren so unsinnig, dass sie den Versuch schon bald aufgab. Ein plötzliches Gewitter fegte über die Ebene und durchnässte sie bis auf die Knochen, aber da sie keine Rüstung trug und Ulstyr nur seinen glatten Chitinpanzer, hielt sie das nicht weiter auf.


Sie erkannte die alten Sprengdrahtfallen, Totschlagfallen und spröden Rückseiten, bevor sie auslösten, und brach alle möglichen Schlösser auf: einfache Zuhalteschlösser, Kombinationsschlösser, gedrehte Riegel, Doppeltverschlüsse, antike Varianten, für die es keine Namen mehr gab, sowie verrostete Dinger, die zu öffnen selbst mit dem richtigen Schlüssel gefährlich gewesen wäre.
Sie stiegen hinab in die finsteren Hallen des Heran-Grabes. Ihre Intuition hatte sie nicht im Stich gelassen: Sie gaben sehr gute Partner ab.


Ulstyr dagegen erschlug Dutzende bizarrer Gegner, wie sie das Stadtkind Zufall noch nie gesehen hatte. Der Feuerzauber seiner verzauberten Klinge war besonders wirkungsvoll gegen die Eis-Atronachen. Einmal rettete er sie sogar, als sie den Halt verlor und beinahe in einen schattenhaften Spalt im Boden gestürzt wäre.
Sie erkannte die uralten Stolperdrahtfallen, Fallgruben und Trittplatten, bevor sie ausgelöst wurden, und knackte die verschiedensten Arten von Schlössern: einfache Buntbartschlösser, Kombinationsschlösser, Doppelschnapper, verschiedene antike Arten ohne Bezeichnung, verrostete Ungetüme, die man auch mit dem Schlüssel nur unter Gefahr hätte öffnen können.


„Dass Ihr Euch nicht wehtut“, sagte er, und sein Gesicht zeigte echte Sorge. „Es sind Wände hinter Türen und dreiundfünfzig. Entzugsring. Zwei Monate und zurück. Steinstopper. Kommt, Mutter Zufall.
Ulstyr hingegen schlachtete unzählige groteske Unholde ab, deren Gleichen Zufall, ein Mädchen aus der Stadt, noch nie erblickt hatte. Die Feuerverzauberung seiner Klinge war besonders hilfreich gegen die Frostatronachen. Er rettete ihr sogar das Leben, als sie ausrutschte und fast in einen finsteren Spalt im Boden fiel.


Zufall hatte Ulstyrs Gemurmel kaum beachtet, aber als er „Zufall“ sagte, horchte sie auf. Sie hatte sich ihm als Minevah vorgestellt. Hatten die Bauern womöglich Recht, dass Verrückte mit dem daedrischen Fürsten Sheogorath sprachen, der ihnen Ratschläge und Informationen gab, die sie gar nicht wissen konnten? Oder war es eher so - was auch vernünftiger schien -, dass Ulstyr nur wiederholte, was er in Balmora gehört hatte, wo „Zufall“ in den letzten Jahren zu einem Synonym für das Aufbrechen von Schlössern geworden war?
„Nicht Euch wehtun“, sagte er; sein Gesicht zeigte ernsthafte Besorgnis. „Da sind Wände hinter Türen und dreiundfünfzig. Entzugsring. Zwei Monate und zurück. Steinstopper. Kommt schon, Mutter Zufall.“


Während die beiden tiefer ins Grab eindrangen, dachte Zufall über Ulstyrs Gemurmel nach. Er hatte „Chitin“ gesagt, als sie sich trafen, als wäre es ihm gerade eingefallen, und die Chitin-Rüstung, die er trug, hatte sich als nützlich erwiesen. Ebenso „heißer Stahl“. Was könnte „Wände hinter Türen“ bedeuten? Oder „zwei Monate und zurück“? Wovon gab es „dreiundfünfzig“?
Zufall hatte Ulstyr Gebrabbel nur mit einem Ohr zugehört, aber als er „Zufall“ sagte, schreckte sie auf. Sie hatte sich ihm als Minevah vorgestellt. Hatten die Bauern vielleicht recht, und sprachen Wahnsinnige ihre Worte direkt zum Daedrafürsten Sheogorath, der ihnen Rat und Wissen jenseits ihres Horizontes verlieh? Oder, weniger weit hergeholt, wiederholte Ulstyr einfach nur das, was er in Balmora aufgeschnappt hatte, wo in den letzten Jahren „Zufall“ gleichbedeutend mit „Schlösser knacken“ geworden war?


Die Vorstellung, dass Ulstyr geheimes Wissen über sie und das Grab besaß, in dem sie sich befanden, begann Zufall zu verunsichern. Sie beschloss, ihren Begleiter zurückzulassen, sobald sie den Schatz gefunden hatten. Er hatte die lebenden und untoten Wächter des Grabes beseitigt; wenn sie das Grab einfach auf demselben Weg verließ, auf dem sie hineingekommen waren, würde sie auch ohne Beschützer sicher sein.
Als die beiden weitergingen, dachte Zufall über das Gemurmel von Ulstyr nach. Bei ihrem ersten Treffen hatte er „Chitin“ gesagt, als wäre es ihm eben erst eingefallen, und seine Chitinrüstung hatte sich als nützlich erwiesen. Ebenso „heißer Stahl“. Was könnte „Wände hinter Türen“ bedeuten? Oder „zwei Monate und zurück“? Was ist „dreiundfünfzig“?


Mit einem Wort, das er gesagt hatte, konnte sie durchaus etwas anfangen: „Entzugsring“. In einer der Villen in Balmora hatte sie einen Ring mitgehen lassen, einfach weil sie ihn hübsch fand. Erst später entdeckte sie, dass man damit anderen Personen Gesundheit entziehen konnte. Könnte Ulstyr das wissen? Würde sie ihn überrumpeln können, wenn sie ihn bei ihm benutzte?
Die Vorstellung, dass Ulstyr geheimes Wissen über sie und das Grab haben könnte, beunruhigte Zufall. Und so entschloss sie, sich von ihrem Begleiter zu trennen, sobald sie den Schatz gefunden hatten. Er hatte sich durch die lebenden und toten Wächter der Gruft geschlagen; sie musste nur auf demselben Weg zurückgehen, um vor den Verteidigern sicher zu sein.


Sie machte einen Plan, wie sie den Bretonen am besten zurücklassen könnte, während sie weiter durch die Halle gingen. Abrupt endete der Gang an einer großen Metalltür, die mit einem goldenen Schloss gesichert war. Mit ihrem Dietrich öffnete Zufall die beiden Zuhaltungen und den Riegel und schwang die Tür auf. Sie hatten den Schatz des Heran-Grabes gefunden.
Eine seiner Äußerungen verstand sie eindeutig: „Entzugsring“. Aus einem der Häuser in Balmora hatte sie einen Ring mitgenommen, der ihr besonders gut gefallen hatte. Erst später stellte sie fest, dass man mit seiner Hilfe anderen Leuten die Lebenskraft entziehen konnte. Wusste Ulstyr etwa davon? Würde er überrascht sein, wenn sie den Ring gegen ihn verwendete?


Im Hineingehen streifte Zufall unauffällig ihren Handschuh ab, so dass der Ring offen lag. Im Raum befanden sich dreiundfünfzig Säcke voller Gold. Als sie sich umdrehte, schloss sich die Tür zwischen ihr und dem Bretonen. Auf ihrer Seite sah es nicht mehr wie eine Tür aus, sondern wie eine Wand. Wände hinter Türen.
Während Sie den Gang hinuntergingen, überlegte sie sich, wie sie den Bretonen am besten zurücklassen konnte. Plötzlich endete der Durchgang an einer großen Metalltür mit einem goldenen Schloss. Mit ihrem Dietrich überwand sie die beiden Stifte und den Riegel, und die Tür öffnete sich. Der Schatz des Heran-Grabes lag vor ihr.


Viele Tage lang schrie Zufall sich die Seele aus dem Leib, während sie versuchte, einen Ausweg aus dem Raum zu finden. Danach hörte sie einige Tage lang ermattet dem Gelächter Sheogoraths in ihrem Kopf zu. Als Ulstyr zwei Monate später zurückkehrte, war sie tot. Er hielt die Tür mit einem Stein offen, während er das Gold hinausschaffte.
Zufall streifte lautlos ihren Handschuh ab, als sie den Raum betrat; darunter kam der Ring zum Vorschein. Im Raum befanden sich dreiundfünfzig Goldsäcke. Als sie sich umdrehte, schloss sich die Tür zwischen ihr und dem Bretonen. Auf ihrer Seite war keine Tür mehr zu sehen, nur eine Wand. Wände hinter Türen.
 
Viele Tage lang schrie und schrie Zufall, während sie versuchte, einen Ausgang aus dem Raum zu finden. Im Anschluss lauschte sie einige Tage lang dem dumpfen Lachen von Sheogorath in ihrem Kopf. Als Ulstyr zwei Monate später zurückkehrte, war sie tot. Er benutzte einen Stein als Türstopper und holte sich das Gold.
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Aktuelle Version vom 26. Mai 2025, 09:04 Uhr

Auflagen des Buches

Diese Seite enthält die Schrift Zufalls Fehler (Originaltitel: Chance's Folly).

Inhalt

Zufalls Fehler
von Zylmoc Golge

it sechzehn war Minevah Iolos schon ein ungebetener Gast in jedem Geschäft und auf jedem Anwesen in Balmora gewesen. Manchmal stahl sie sämtliche Wertsachen, ein andermal reichte ihr schon das Vergnügen, einen Weg vorbei an all den Schlössern und Fallen zu finden. Jedes Mal hinterließ sie als Visitenkarte ein paar Würfel an einer gut sichtbaren Stelle, um die Eigentümer wissen zu lassen, wer sie ausgeraubt hatte. Bei den Einheimischen wurde der mysteriöse Spuk als „Zufall“ bekannt.

Unterhaltungen wie diese waren zu der Zeit in Balmora an der Tagesordnung:

„Was ist denn nur aus Eurer schönen Kette geworden, meine Liebe?“

„Die hat der Zufall mir genommen, meine Liebe.“

Zufall fand nur dann nicht Gefallen an ihrem Zeitvertreib, wenn sie sich verschätzte und auf einen Eigentümer oder eine Wache stieß. Sie war noch nie gefasst oder auch nur gesehen worden, aber ein paar Dutzend Male war sie nur knapp entwischt. Eines Tages fühlte sie die Zeit gekommen, ihren Arbeitsbereich auszuweiten. Sie dachte daran, nach Vivec oder Gnisis zu gehen, aber dann hörte sie eines Abends im Acht Teller vom Heran-Ahnengrab, einem alten Grab, das mit Fallen gespickt war und in dem sich Familienschätze der Heran aus vielen Jahrhunderten häuften.

Die Vorstellung, den Zauber des Heran-Grabes zu durchbrechen und sich den Schatz darin zu holen, gefiel Zufall, doch sie wusste nicht, wie sie die Wächter besiegen sollte. Während sie ihre Optionen überdachte, sah sie an einem Nachbartisch Ulstyr Moresby sitzen – wie immer allein. Er war ein Riesenkerl von einem Bretonen, mit dem Ruf eines sanften Exzentrikers, ein großer Krieger, der den Verstand verloren hatte und mehr auf die Stimmen in seinem Kopf als auf die Welt um ihn herum achtete.

Wenn sie schon einen Partner in dieser Unternehmung haben musste, beschloss Zufall, dann wäre dieser Mann perfekt. Er würde keinen angemessenen Anteil an der Beute verlangen, ja, er würde nicht einmal wissen, was das war. Niemand würde ihn vermissen, falls es zum Schlimmsten käme und die Bewohner des Heran-Grabes zu viel für ihn würden. Oder falls Zufall seiner Gesellschaft überdrüssig würde und sie beschlösse, ihn zurückzulassen.

„Ulstyr, ich glaube, wir kennen uns noch nicht; ich heiße Minevah“, sagte sie, als sie an seinen Tisch trat. „Ich würde gerne einen Ausflug zum Heran-Ahnengrab machen. Wenn Ihr glaubt, dass Ihr mit den Monstern fertig werdet, könnte ich die Schlösser aufbrechen und die Fallen entschärfen. Was meint Ihr?“

Der Bretone brauchte einen Moment für die Antwort, fast als würde er sich erst die Meinungen der Stimmen in seinem Kopf anhören.

Schließlich nickte er und murmelte: „Ja, ja, ja, Steinstopper, heißer Stahl. Chitin. Wände hinter Türen. Dreiundfünfzig. Zwei Monate und zurück.“

„Hervorragend“, sagte Zufall, die sein zusammenhangloses Gebrabbel nicht störte. „Wir brechen morgen in aller Frühe auf.“

Als Zufall am nächsten Morgen Ulstyr traf, trug dieser Chitinrüstung und eine ungewöhnliche Klinge, deren schwaches Glühen auf ihre Verzauberung hinwies. Sie begannen ihre Reise, und sie versuchte, sich mit ihm zu unterhalten, aber seine Antworten waren so unsinnig, dass sie den Versuch schon bald aufgab. Ein plötzliches Gewitter fegte über die Ebene und durchnässte sie bis auf die Knochen, aber da sie keine Rüstung trug und Ulstyr nur seinen glatten Chitinpanzer, hielt sie das nicht weiter auf.

Sie stiegen hinab in die finsteren Hallen des Heran-Grabes. Ihre Intuition hatte sie nicht im Stich gelassen: Sie gaben sehr gute Partner ab.

Sie erkannte die uralten Stolperdrahtfallen, Fallgruben und Trittplatten, bevor sie ausgelöst wurden, und knackte die verschiedensten Arten von Schlössern: einfache Buntbartschlösser, Kombinationsschlösser, Doppelschnapper, verschiedene antike Arten ohne Bezeichnung, verrostete Ungetüme, die man auch mit dem Schlüssel nur unter Gefahr hätte öffnen können.

Ulstyr hingegen schlachtete unzählige groteske Unholde ab, deren Gleichen Zufall, ein Mädchen aus der Stadt, noch nie erblickt hatte. Die Feuerverzauberung seiner Klinge war besonders hilfreich gegen die Frostatronachen. Er rettete ihr sogar das Leben, als sie ausrutschte und fast in einen finsteren Spalt im Boden fiel.

„Nicht Euch wehtun“, sagte er; sein Gesicht zeigte ernsthafte Besorgnis. „Da sind Wände hinter Türen und dreiundfünfzig. Entzugsring. Zwei Monate und zurück. Steinstopper. Kommt schon, Mutter Zufall.“

Zufall hatte Ulstyr Gebrabbel nur mit einem Ohr zugehört, aber als er „Zufall“ sagte, schreckte sie auf. Sie hatte sich ihm als Minevah vorgestellt. Hatten die Bauern vielleicht recht, und sprachen Wahnsinnige ihre Worte direkt zum Daedrafürsten Sheogorath, der ihnen Rat und Wissen jenseits ihres Horizontes verlieh? Oder, weniger weit hergeholt, wiederholte Ulstyr einfach nur das, was er in Balmora aufgeschnappt hatte, wo in den letzten Jahren „Zufall“ gleichbedeutend mit „Schlösser knacken“ geworden war?

Als die beiden weitergingen, dachte Zufall über das Gemurmel von Ulstyr nach. Bei ihrem ersten Treffen hatte er „Chitin“ gesagt, als wäre es ihm eben erst eingefallen, und seine Chitinrüstung hatte sich als nützlich erwiesen. Ebenso „heißer Stahl“. Was könnte „Wände hinter Türen“ bedeuten? Oder „zwei Monate und zurück“? Was ist „dreiundfünfzig“?

Die Vorstellung, dass Ulstyr geheimes Wissen über sie und das Grab haben könnte, beunruhigte Zufall. Und so entschloss sie, sich von ihrem Begleiter zu trennen, sobald sie den Schatz gefunden hatten. Er hatte sich durch die lebenden und toten Wächter der Gruft geschlagen; sie musste nur auf demselben Weg zurückgehen, um vor den Verteidigern sicher zu sein.

Eine seiner Äußerungen verstand sie eindeutig: „Entzugsring“. Aus einem der Häuser in Balmora hatte sie einen Ring mitgenommen, der ihr besonders gut gefallen hatte. Erst später stellte sie fest, dass man mit seiner Hilfe anderen Leuten die Lebenskraft entziehen konnte. Wusste Ulstyr etwa davon? Würde er überrascht sein, wenn sie den Ring gegen ihn verwendete?

Während Sie den Gang hinuntergingen, überlegte sie sich, wie sie den Bretonen am besten zurücklassen konnte. Plötzlich endete der Durchgang an einer großen Metalltür mit einem goldenen Schloss. Mit ihrem Dietrich überwand sie die beiden Stifte und den Riegel, und die Tür öffnete sich. Der Schatz des Heran-Grabes lag vor ihr.

Zufall streifte lautlos ihren Handschuh ab, als sie den Raum betrat; darunter kam der Ring zum Vorschein. Im Raum befanden sich dreiundfünfzig Goldsäcke. Als sie sich umdrehte, schloss sich die Tür zwischen ihr und dem Bretonen. Auf ihrer Seite war keine Tür mehr zu sehen, nur eine Wand. Wände hinter Türen.

Viele Tage lang schrie und schrie Zufall, während sie versuchte, einen Ausgang aus dem Raum zu finden. Im Anschluss lauschte sie einige Tage lang dem dumpfen Lachen von Sheogorath in ihrem Kopf. Als Ulstyr zwei Monate später zurückkehrte, war sie tot. Er benutzte einen Stein als Türstopper und holte sich das Gold.