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Online:Der Fluch der Schwarzschuppen-Insel

Der Fluch der Schwarzschuppen-Insel
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Diese Seite enthält den Text von Der Fluch der Schwarzschuppen-Insel (engl. The Curse of Blackscale Island) aus The Elder Scrolls Online.

Inhalt

Kapitel 8: Die Klinge des Verräters

Obwohl von der Leere berührte Piraten aus der verfluchten Schatztruhe strömten und eine Klinge ihr Fell von der Kehle rasierte, konzentrierte Kapitän Grinsegold sich einzig und allein auf die Augen der Frau, die vor ihr stand. Auf die violetten Augen ihres ersten Maats. Plötzlich schweiften ihre Gedanken ab zu ihrer ersten Begegnung.

Eine Kneipenschlägerei, nach der sie beide in einer aldmerischen Gefängniszelle gelandet waren. Sie dachte daran, wie sie gezwungen waren, ihren Stolz zu schlucken, da sie nur fliehen konnten, wenn sie zusammenarbeiteten. Wie sie acht geknackte Schlösser und sechs überwältigte Wachen später unzertrennlich waren. Waren all diese Jahre nur auf diesen einen Augenblick hinausgelaufen? Eine Lüge, verborgen hinter diesen violetten Augen. Eine Lüge, die dazu geführt hatte, dass die verfluchte Mannschaft von Laryssa Schwarzschuppe nun wieder frei war.

„Dann habt Ihr mittlerweile also eins und eins zusammengezählt?“, sagte ihr erster Maat, als sie sich wieder dem Scharmützel zuwandte, das auf dem Deck unter ihr tobte. Grinsegold zwang sich zuzusehen, als die Mannschaft, die sie sich über die Jahre zusammengestellt hatte, auf einem brennenden Schiff gegen eine endlose Horde leerengestärkter Piraten kämpfte.

„Laryssa Schwarzschuppe“, knurrte Grinsegold, „Ihr seht gut aus für jemanden, die eigentlich tot sein sollte.“ Und erneut schweiften Grinsegolds Gedanken in die Vergangenheit ab. Sie dachte an die Fässer, die sie miteinander geleert, an die Schiffe, die sie geplündert hatten. Frustriert versuchte sie, sich wieder auf den Kampf zu konzentrieren. Auf den Verrat. Darauf, irgendwie Laryssas Klinge zu entkommen. Aber dann lachte Laryssa.

Dasselbe Lachen, das die Dunkelwasserbucht erfüllt hatte, als sie den Aschpiraten besiegt und sich sein berühmtes Schiff genommen hatten. Dasselbe Lachen, das einst Grinsegold Trost gespendet hatte, als sie durch thrassische Gewässer trieben und sich nur mit ein paar Holztrümmern und einem Fass gegorener Feigen über Wasser hielten. Dasselbe Lachen, das Grinsegolds Barthaare zum Kribbeln brachte, wenn die Monde voll waren und sie nur ihre Umarmung hatten, um sich warm zu halten.

„Die ganze Zeit über dachtet Ihr, dass Ihr einem Geist hinterherjagt“, sagte Laryssa. „Aber da habt Ihr Euch getäuscht, Kapitän“, und der Titel quoll zwischen ihren Lippen hervor wie Gift. „Das war keine Jagd. Ich habe Euch hierhergeführt wie einen Hund an einer Leine.“ Ihre Klinge drückte sich härter an Grinsegolds Kehle, und ein frischer Tropfen Blut benetzte ihren Pelz.

Das war alles zu viel. Zu viele Erinnerungen, die begraben werden mussten. Zu viele Nächte, die es zu vergessen galt. Wie konnte Evelyne … Nein. Wie konnte Laryssa einfach so ihr gemeinsames Leben verdrängen? Aber dann sah Grinsegold, wie Laryssas Unterlippe ein klein wenig zitterte. Und wie die Augen ihres ersten Maats zu dem kleinen Rinnsal Blut wanderten, das aus dem Schnitt der Klinge tropfte. Und das deutlichste aller Zeichen, das leichte Runzeln ihrer Stirn. Diese Angewohnheit hatte sie schon beim Kartenspielen immer verraten. Was jetzt kommen würde, war nicht einfach. Es könnte sogar das Schwierigste sein, was sie je tun musste.

„Ich verstehe“, sagte Grinsegold mit plötzlichem, neu gewonnenem Selbstvertrauen. Dieses Selbstvertrauen überraschte Laryssa, und der Druck ihrer Klinge ließ kaum merklich nach. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das gewesen sein muss, Laryssa. Dass Ihr über Jahre hinweg die Meere bereisen musstet in dem Wissen, dass Eure Mannschaft weggesperrt war.“

„Kein Tag verging, an dem ich nicht an sie dachte!“, schrie Laryssa mit einem leichten Zittern in der Stimme.

„Versteht mich nicht falsch. Diese meint es nicht böse. Grinsegold kann sich gar nicht vorstellen, wie schwer das gewesen sein muss. Welchen Schmerz Ihr in Euch getragen habt.“ Grinsegold bemerkte, wie Laryssa ihr Gewicht verlagerte. Grinsegold machte sich bereit für den Moment, in dem sie zuschlagen musste. „Warum habt Ihr diese Last nicht mit mir geteilt?“

„Dann hätte ich mir ja eingestehen müssen, was ich getan habe. Eingestehen, dass ich meine Mannschaft im Stich gelassen habe. Ihr hättet diesen Schmerz nie verstehen können.“

„Doch, das kann ich“, antwortete Grinsegold. Nicht voller Mitleid, sondern voller Liebe. „Und wisst Ihr warum?“

„Warum …“, begann Laryssa, aber Grinsegold bewegte sich schneller, als die Worte entstehen konnten. Mit einem Ruck hatte sie sich pfeilschnell unter Laryssas Klinge hinweggeduckt. Grinsegolds Schwanz wickelte sich um Laryssas Bein und zog es ihr weg, woraufhin ihre Kontrahentin in das Steuerrad des Schiffes stolperte. Bevor sie wusste, wie ihr geschah, schaute Laryssa über die Klinge von Grinsegold zu ihr hoch.

„Weil wir beide gute Kapitäne sind“, antwortete Grinsegold. „Wir würden beide bis ins Reich des Vergessens und zurück segeln, um unsere Mannschaft zu retten.“ Grinsegold trat einen Schritt zurück und wies Laryssa mit der Spitze ihrer Klinge an aufzustehen. „Und wenn ich meine Mannschaft nur retten kann, indem ich die Liebe meines Lebens töte …“ Sie ließ die Worte in der Luft hängen, schwerer als der Rauch, der von ihrem flammenden Schiff aufstieg. „Dann sei es eben so.“

Laryssa stand auf mit ausgestreckter Klinge. Eine Träne kullerte ihr die Wange hinunter und zerbrach an ihrem traurigen Lächeln. Sie nickte. „So sei es.“