Nacht in Izar

Rakios

Reisender
Guten Morgen allerseits!

Meine Wenigkeit hat den Entschluss gefasst, eine neue Story zu beginnen.
Sie wird im "echten Leben" angesiedelt sein, wobei aber die Schauplätze und Charaktere fiktiv sind. Diesmal müssen wir also auf Zauber und Co verzichten. Allerdings ist durchaus Platz für den ein oder anderen Bruch mit der Realität, das sei angemerkt^^.
Schade, dass ich das nicht als Film an euch tragen kann, aber schreiben tut's ja auch, wie die Vergangenheit zeigt.
Nun ja. Teil 1 steht bereit, also kann es auch schon losgehen, denke ich!

Alle, die meine kleine Story nun lesen, seien mit einem berühmten "spartanischen" (<- ^^ '300') Zitat gewarnt:
"We're in for one wild night."


Nacht in Izar, Teil 1

Tiefe Nacht. Die große Stadt schlief.
Im Schlafzimmer von Hill Markab war alles ruhig. Die Nachttischlampe stand an ihrem Platz und unter der Decke war es warm. Hill lag in wohligem Schlaf.
Der Boden vibrierte leicht. Gegenüber ging im fünften Stock ein Licht an.
Hill drehte sich im Bett und zog seine Decke bis unters Kinn.
Eine heftige Erschütterung riss ihn aus dem Schlaf. In der Küche klirrten ein paar Teller.
Schlaftrunken setzte er sich auf. Was hatte ihn geweckt?
Er sah sich um. Alles schien normal, nichts Ungewöhnliches war im schummrigen Licht, das von draußen herein fiel, zu sehen.

Plötzlich bebte die Erde noch einmal; alles, was nicht niet- und nagelfest war, klirrte und klapperte. Jetzt war Hill schon ein ganzes Stück wacher und stand aus dem Bett auf.
War das etwa ein Erdbeben? Er hatte noch nie eines erlebt und er hatte eigentlich gedacht, im Gebiet bei Izar gäbe es gar keine Beben.
Er zog sich seine Schlafanzughose hoch, ging zum Fenster und öffnete es. Von seiner Wohnung im dritten Stock eines zwölfgeschossigen Gebäudes konnte er gut die angrenzende Straße überblicken. In den Häuserschluchten war alles ruhig und es war auch niemand auf der Straße.
Da erschütterte noch ein Stoß die Gegend. Von irgendwo her erklang ein Schrei. Nun hörte Hill auch, dass mit dem Beben auch ein tiefes Grollen einherging, das vom Stadtzentrum zu kommen schien. Ein Erdbeben konnte das gewiss nicht sein... aber was war es dann?
Ihm wurde mulmig. Er schloss das Fenster wieder und schaltete seinen Fernseher ein. Auf keinem der Kanäle gab es ungewöhnliche Meldungen.
Vielleicht war es ja doch nichts weiter...
Er drückte auf den Aus-Schalter, setzte sich auf sein Bett und sah noch einmal aus dem Fenster.
Auf ein Mal schossen Flammen hinter dem Gebäude gegenüber empor in den Nachthimmel.
Hill stand sofort wie eine Säule im Raum.
„Oh mein Gott!“, entfuhr es ihm.
Er rannte näher ans Fenster. „Ohhh, mein... Gott!“ Die Flammen verflüchtigten sich weiter oben. Es schien sich um einen gewaltigen Feuerball gehandelt zu haben. Kurz war ein lautes Getöse zu hören.

Ich muss da raus, schoss es ihm durch den Kopf. Schnell zog er sich Straßenkleidung an und stopfte sich Handy, Schlüssel und Portemonnaie in die Taschen.
Dann stürzte er zur Tür hinaus. Im Treppenhaus herrschte bereits etwas Aufregung. Zwei von Hills Nachbarn standen im Schlafgewand im Flur und riefen durcheinander, während sie wild mit den Armen gestikulierten. Sofort sprangen sie auf Hill zu.
„Was ist da los?“
„Haben Sie was gesehen?“
„Wissen Sie irgendetwas?“
„Immer mit der Ruhe“, bremste er sie aus. „Ich hab auch nur das Feuer gesehen und die Beben gespürt. Ich gehe jetzt mal raus und sehe mir die Sache aus der Nähe an.“
Damit lief er auch schon los und hüpfelte die Treppen hinab.
„Passen Sie bloß auf sich auf!“, rief ihm einer hinterher.
„Ja, ja. Ich komm schon klar.“
Sekunden später war Hill im Erdgeschoss angekommen und stieß die Tür zur Straße auf.
In den Straßen fühlte er sich plötzlich wie in einem Film. Dazu war es auch recht warm und ein ungewöhnliches Gefühl lag in der Luft. Außerdem war er normalerweise nur sehr selten nachts draußen und so hatte es immer wieder etwas Besonderes.
Doch heute Nacht hatte es den Hauch eines Abenteuers. Ein bisschen schämte er sich dafür, dass er so dachte. Denn schließlich war allem Anschein nach irgendetwas Schlimmes geschehen. Noch hatte er aber nichts dergleichen gesehen.

Einige vereinzelte Personen liefen hastig umher. Irgendwo hinter Hill versuchte jemand vergeblich, sein Auto zu starten. Ab und zu waren tiefe, mächtige Geräusche zu hören, fast wie bei Explosionen. Doch da war noch etwas... er musste näher heran.
Immer zügigen Schrittes im orangen Licht der Laternen gehend, erreichte er bald eine Kreuzung, wo er um die Häuserzeile gegenüber seiner Wohnung herum kommen und den Ort des Geschehens aufsuchen konnte.
Als er rechts abbog, glaubte er, seinen Ohren nicht zu trauen. Er hörte jetzt Schusswaffen – Maschinengewehre ratterten und irgendwelche größeren Kaliber schienen auch zu feuern.
Was war hier bloß los?
Im Laufschritt bewegte er sich durch den Durchgang zwischen den hohen Häusern und spähte dann vorsichtig um die Ecke.

Es dauerte mehrere Sekunden, bis er alles erfasst hatte.
Etwa vierhundert Meter entfernt stand die gesamte Straße in Flammen, überall lagen Trümmer auf dem Boden und Rauch machte es unmöglich, Details zu erkennen. Ihm abgewandt tummelten sich dutzende Männer in Armeekleidung auf engstem Raum zwischen einigen Militärfahrzeugen.
Und alle schossen in den Rauch hinein. Da fiel Hill auf, dass rings um ihn herum die ganze Straße soweit er sehen konnte mit Patronenhülsen übersät war. Hatte es hier etwa schon länger Kämpfe gegeben?
Eine große Bewegung im Augenwinkel ließ ihn wieder zu dem scheinbaren Gefecht hinüberblicken. Was sich dort aus dem Rauch schälte, war so abnormal, dass er gar nicht realisierte, was er da sah.
Erst, als schon sämtliche Soldaten panikartig an den Straßenrand sprinteten, konnte Hill einen Gedanken fassen.
Es war eine Kreatur – halb so hoch wie die Gebäude ringsum, etwa dreißig Meter also. Es sah fast so aus wie ein übergroßer Waran, nur ohne langen Schwanz und der Kopf sah eher aus wie der eines Dinosauriers.
Das Ungeheuer rannte auf vier mächtigen Beinen durch die Straße, die es fast in ihrer ganzen Breite einnahm. Es walzte die Armeefahrzeuge einfach über den Haufen und machte sich schwerfällig, aber schnell in Hills Richtung auf.
Die Soldaten rannten hinterher und ballerten wild in Richtung der Kreatur.

Hill sprang zurück hinter die Hauswand.
„Es gibt keine Monster!“, rief er sich selbst zu und versuchte, sich selbst zu ohrfeigen, weil dachte, das könnte helfen. Es wurde aber eher ein Streicheln und helfen tat es auch nicht.
Schon hörte er laute, schwere Schritte näher kommen. Er ging ein paar Meter rückwärts und presste sich gegen die Mauer.
Da stürmte auch schon das surreal wirkende Ungetüm in seiner unfassbaren Masse an ihm vorbei, bremste kurze Zeit später ab und verschwand in einer Seitengasse.
Die Füße waren krallenbewehrt gewesen und der ganze Körper schuppig. Nicht zu vergessen die riesigen Fänge in seinem Maul.
Hills Gedanken wurden zerstreut, als drei Militärwagen hinter dem Monster her rasten und dabei einen Höllenlärm fabrizierten. Kurz darauf nahmen gute zwei Dutzend Soldaten den selben Weg und rannten an ihm vorbei. Einer jedoch drehte sich an der Kreuzung in beide Richtungen um und entdeckte ihn dabei.
Sofort kam der Mann angerannt. Hill wich zwei Schritte nach hinten.
Der Soldat rannte fast in ihn hinein und fuchtelte mit seinem Maschinengewehr herum, während er irgendetwas von 'verletzt', 'gesehen' und 'Hilfe holen' brüllte.
Hill hob abwehrend die Hände. „Meine Güte, Hilfe!“
Nimm die Kanone weg, verdammt!
Endlich artikulierte der Kerl sich verständlich.
„Ist Ihnen was passiert?“, fragte er.
„Nein, nein, schon gut. Aber was zur Hölle war das?!“
„Das wissen wir noch nicht. Aber wir müssen es aufhalten! So, wenn Sie nicht verletzt sind, hab ich keine Zeit mehr, viel Glück!“ Damit rannte der Soldat zu seinen Kumpanen zurück und war Sekunden darauf auch weg.
'Viel Glück'? Was ging hier bloß vor sich?

Hill setzte sich erst einmal auf den Bordstein und versuchte, das Geschehene zu verarbeiten. Was sollte er jetzt tun? Wieder nach Hause? Naja, in Anbetracht der Umstände wohl kaum möglich. Den Militärleuten folgen? Aufregend, aber auch verdammt gefährlich. Irgendwo ohne Ziel umher irren? Ließ den praktischen Nutzen missen.
Er war ganz durcheinander. Darum versuchte er, sich zu beruhigen und ernsthaft zu überlegen, was zu tun sei.
Am besten würde er zuerst herausfinden, was konkret los war. Nicht weit von hier gab es ein recht seriöses Café, das immer geöffnet hatte. Dort war immer jemand und der Fernseher lief auch ständig. Das war also vorerst der Plan.

Ohne besondere Vorkommnisse erreichte Hill das Café. Es war voller Menschen.
„Ähm, hallo.“, versuchte er eine angemessene Begrüßung, als er den Raum betrat. Kaum jemand drehte sich zu ihm um. Alle starrten wie gebannt auf den Fernseher über dem Tresen. Es lief ein Sonderbericht. Die Bilder stammten offenbar von einem Hubschrauber über der Stadt. Hill fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Es war viel schlimmer, als er gedacht hatte. Ganz Izar war offenbar in Aufruhr und überall in der Stadt brannte es mal hier, mal da.
„... Schäden noch immer nicht abzuschätzen.“, tönte die Stimme eines Nachrichtensprechers. „Auch zur Zahl der Verletzten gibt es keine Informationen. Aber es sieht so aus... ja! Hier unten!“ Die Kamera schwenkte auf den Bereich direkt unter dem Helikopter. „Da ist die Kreatur, die wir vorhin schon gesehen haben. Schon ist sie wieder weg, blöder Mist. Rick, versuch mal, tiefer zu gehen. Okay, liebe Zuschauer – oh Mann! Da unten brechen welche in den Laden ein! Ich fürchte, die wollen plündern, kriminelle Bande!“

Vielleicht sollte er die Stadt verlassen. Nur wie? Ein Auto besaß er nicht und in den Nachrichten lief eine Informationszeile durch, laut der die Züge nicht fuhren.
Außerdem konnte er doch nicht einfach irgendwo hin fliehen. Dort wäre er genau so aufgeschmissen. Also würde er hier bleiben. Die anderen taten das ja auch und eigentlich hatte das Militär doch alles unter Kontrolle, oder?
Jetzt wollte er sich erstmal selbst einen Überblick verschaffen. Hill verließ das Café und machte sich auf den Weg, ein Haus zu suchen, in dem er relativ hoch hinaus kommen konnte, um einen guten Blick über die Stadt zu erhalten.
Es dauerte nicht lang, bis er einen recht hohen Gebäudekomplex betrat. Von unten hatte er gesehen, dass es lange Flure mit Fenstern gab. Ideal.
Hill bewältigte elendig viele Stufen, kam aber schließlich im obersten Stockwerk an. Tatsächlich gab es hier einen langen Gang, der auf einer Seite nur aus Fenstern bestand.
Er trat näher, öffnete eines und steckte den Kopf hinaus. So hoch war es leider gar nicht. Doch es reichte, um diverse Rauchsäulen und zwei Hubschrauber zu erkennen.
Unten auf der Straße vor dem Gebäude hatte eine ganze Kolonne Soldaten Halt gemacht.
Vier offene Fahrzeuge mit großen Geschützen darauf standen zwischen rund dreißig Soldaten. Einer, dessen Kleidung wichtig aussah, stand neben einem der Fahrzeuge und redete in ein Funkgerät, wobei er mit der freien Hand etwas an einer imaginären Schautafel zu zeigen schien.
Schon komisch, dass so viele Militärs angerückt waren, aber von einer Evakuierung oder Ähnlichem war nichts zu sehen und zu hören. Moment, das war wirklich seltsam. Anscheinend hatte man keine weiteren Maßnahmen ergriffen, als die Kreatur anzugreifen. Nicht einmal Feuerwehr war gekommen.

Die luftige Höh wehte Hill um den Kopf, während er sich fragte, was hier eigentlich wirklich das war, was nicht stimmte.
Plötzlich rumorte es unten bei der Straße. Doch es schien aus der Erde zu kommen.

Ende Teil 1


Ich hoffe, es hat euch schon zugesagt. Die Handlung wird zukünftig noch etwas weitreichender. Aber naja^^.
Ein kurzer Kommentar mit Tipps oder Eindrücken wäre mir sehr willkommen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallooo!
Ich habe es nun geschafft, den zweiten Teil dieser Story sehr zufriedenstellend niederzuschreiben.
Falls es den ein oder anderen Leser gibt (wie ich hoffe), dann möge er viel Spaß und gute Unterhaltung haben!


Nacht in Izar, Teil 2


Major Rigel sprach in sein Funkgerät, während er mit seinen Männern in einer Straßenschlucht wartete. Sein Boss, General Chertan, ließ mal wieder nicht mit sich reden.
„Aber General! Wieso können wir nicht erstmal die Passanten von den Straßen schaffen?“
„Ich habe Weisung von ganz oben, Major! Sie kriegen alle Ausrüstung, die Sie brauchen, um dieses Ding plattzumachen. Tun Sie einfach, was Ihnen gesagt wird!“
„Ja doch, Sir. Es scheint mir nur unangebracht, sich nicht die Zeit zu nehmen.“
„Ach, kommen Sie, Rigel. Das geht schon klar. Und außerdem kommt das doch echt wie gerufen, finden Sie nicht? Also machen Sie schon.“
Rigel verzog seine Miene. Wie konnte man so eine Katastrophe für willkommen halten?
„Was meinen Sie damit?“, fragte er den General.
„Na, Sie wissen doch, dass es mit unserer Wirtschaft zurzeit nicht zum Besten steht. Diese Sache könnte den Banken etwas auf die Sprünge helfen.“
„Was? Banken?!“
Plötzlich erbebte die Straße unter seinen Füßen und ein gedämpftes Brüllen erklang. Es erinnerte ihn an das der riesigen Bestie, die sie bereits seit einiger Zeit bekämpften. Doch laut seinen immer aktuellen Informationen befand sich die Kreatur gerade in mehreren Kilometern Entfernung.
Noch eine Erschütterung erfolgte. Es kam eindeutig aus dem Boden unter den Füßen der Soldaten. Dort befand sich ein Tunnel der Kanalisation.
„Hier tut sich irgendwas, General.“ Er schnappte sich mit der freien Hand seine Pistole.
„Ich muss das Gespräch beenden.“
In rund zwanzig Metern Entfernung brach der Boden langsam auf. Rigel warf das Funkgerät in den Wagen zurück und ging ein paar Schritte vor.
„Niemand schießt ohne meinen Befehl!“, rief er laut. „Stellung an den Hauswänden beziehen!“
Während die Soldaten sich an die Häuser reihten und fest ihre Waffen umklammernd die Straße hinunter sahen, schien sich etwas aus dieser hervorzuwühlen, das jetzt an die Oberfläche stieg.


Als die asphaltierte Straße aufplatzte, war Hill Markab noch in Gedanken versunken gewesen. Doch nun war sein Blick starr nach unten auf den Ort des Geschehens gerichtet.
Wie ein Maulwurfshügel sah die Straße aus. Erschrocken verfolgte er, wie ein fleckiger weißer Arm daraus hervorstieß. Kurz darauf folgte ein breitschultriger, riesiger Körper.
Ein grässliches Wesen stützte seine beiden langen dürren Arme auf und zog sich aus dem Loch heraus.
Zögerlich platzierte die Kreatur ihre kurzen Beine auf der Straße und besah sich die Militärfahrzeuge vor sich aus ihren dunklen Augen. Fast menschlich hätte der Kopf des Monsters gewirkt, wären Pupillen oder Ohren zu erkennen gewesen.
Hill sah hinüber zu den Militärmenschen, die unruhig an den Mauern zitterten, aber nichts unternahmen. Die Kreatur ihrerseits schien ebenfalls abzuwarten und zu versuchen, die Soldaten als Freund oder Feind einzuordnen.
Die Situation war so angespannt, dass selbst das Röhren der fernen Hubschrauber leiser zu werden schien.

Unvermittelt hörte Hill plötzlich, wie im Stockwerk direkt unter ihm ein Fenster geöffnet und irgendetwas hinaus gehalten wurde. Er riss seinen Blick von der Szene auf der Straße schaute auf das, was sich unterhalb von ihm abspielte.
Er konnte nur eine Silhouette erkennen... doch schon bald erkannte er, dass es ein modernes Maschinengewehr mit aufgesetztem Schalldämpfer sein musste.
Verunsichert beobachtete er die Bewegungen eines linken Armes an dem Gewehr.
Klick-klack.
Die Mündung der Waffe wurde nach unten zur Straße, genau auf die Kreatur, gerichtet.
Ein einzelner Schuss wurde abgefeuert und traf offenbar das Ziel.
Das Gewehr wurde zurück ins Gebäude gezogen, das Fenster klappte zu. Auf der Straße brach die Hölle los: Laut brüllend stürmte die Kreatur in Richtung der Soldaten und schlug mit seinen großen Pranken um sich.
Sofort ratterten die Gewehre und Geschütze wieder los, versuchend, das Monster im Vorbeirennen zu vernichten.
Von irgendwo dort unten kam auf ein Mal eine Rakete geflogen, die für Hills Geschmack viel zu nah an seiner Position vorbei flog.
Schnell schloss er das Fenster und ging so lange rückwärts, bis er an die Wand stieß.
Gestern Abend hatte er nicht einmal im Traum ahnen können, dass so etwas geschehen würde.
Hill versuchte, sich zu beruhigen, doch er war zu aufgewühlt und draußen erklangen immer noch Schüsse. Gab es etwa noch mehr Monster? Und was hatte es mit dem Schützen auf sich, den er gesehen hatte? Der hatte doch schließlich kaum annehmen können, dass ein Schuss ausreichen würde, um dieses Ding zu töten. Und der Schalldämpfer war auch nicht gerade unverdächtig. Der Typ musste noch im Haus sein. Hill beschloss, ihn zu suchen und zu schauen, was es mit ihm auf sich hatte.

Er begab sich also wieder den Gang entlang und stieg möglichst lautlos die Treppe hinunter.
Schon auf halber Höhe hörte er eine Tür zufallen, gefolgt von eiligen Schritten durch den Korridor. Hill machte sich so klein wie möglich und presste sich auf die Stufen. Zwar konnte er kaum noch etwas vom Gang sehen, aber so würde er selbst wenigstens nicht entdeckt.
Tatsächlich schob sich ein Mann in einem langen schwarzen Mantel durch Hills begrenztes Sichtfeld. Der Kerl trug eine Tasche in der linken Hand und hielt sich mit der Rechten ein Handy ans Ohr.
Sofort konnte Hill ihn nicht mehr sehen, hörte aber die Stimme des Mannes, während dieser die Treppe direkt unter ihm herabstieg.
„Ich mach hier meinen Job genau wie geplant. Meine Leute und ich sind nur hier, weil Sie zahlen. Aber wenn Sie denken, Sie könnten einfach irgendwie an der Vereinbarung rumschrauben, haben Sie sich getäuscht! Es geht weiter wie abgemacht, nicht anders.“
Das war alles. Zweifellos eine zwielichtige Gestalt. Hill stand auf und schlich instinktiv hinterher.
Er folgte dem Mann bis hinaus zum Ausgang und auf die Straße. Von dem Militär und der Kreatur war keine Spur zu sehen. Der ominöse Mann ging zielstrebig die Straße entlang und blickte stur geradeaus. Unauffällig und aufgeregt folgte Hill ihm.
Hoffentlich drehte der Typ sich noch eine ganze Weile lang nicht um. Im Laufen holte der Schütze wieder sein Handy hervor und tippte etwas ins Nummernfeld. Wenig später wurde Hill Zeuge eines weiteren Gesprächs.
„Ich bin's. Alles nach Plan. Noch keine Schwierigkeiten. Vorhin musste ich bei Nummer Eins ein bisschen nachhelfen, aber nun ist alles klar.“
Kurz Stille. Der Mann war kurz davor, an einer Kreuzung links um den Block zu biegen.
„Nein, ich muss no-“ Als er um die Ecke bog, leuchtete plötzlich ein grelles warmes Licht die Straße entlang und ein ohrenbetäubender Knall ertönte.
Der nicht geheuer wirkende Mann hastete sofort wieder hinter die Ecke zurück und lehnte sich an die Wand.
„Verdammt!“, sagte er ins Handy, „Beinahe wäre ich in eine Rakete gerannt. Nummer Zwei ganz in der Nähe. Warte mal, ich...“ Sein Blick fiel auf Hill, der in zwanzig Metern Entfernung mitten auf dem Gehweg stand und herüber sah.
Er erstarrte. Dieser Typ hatte sich umgedreht und ihn entdeckt! Was nun?!
Der Mann im Mantel klappte sein Handy zusammen und steckte es ein. Dann kam er langsam, aber sicher auf Hill zu.
Sich nach allen Richtungen nach einem Fluchtweg umsehend ging er ein paar Schritte rückwärts und versuchte dann, sich einfach über die Straße unauffällig aus dem Staub zu machen.
„He Sie!“, hörte er jedoch die bekannte Stimme von hinten. „Hier geblieben.“
Hill bekam es mit der Angst zu tun, hielt inne und wand sich um.
Erschrocken stellte er fest, das der seltsame Mann direkt vor ihm stand. Obwohl nicht sonderlich groß, wirkte er doch einschüchternd. Sein Gesicht schien ihn als rauen Kerl zu kennzeichnen.
„Sind Sie mir etwa gefolgt oder so was?“
„Nein, nein!“, stotterte Hill, „Wieso denn das? Ich hab Sie doch noch nie gesehen.“
Der Mann schien nicht überzeugt. Dennoch sagte er:
„Nun gut. Aber bleiben Sie mir vom Leib, sonst werden Sie's bereuen.“
„Oh, keine Sorge!“, versicherte Hill, während er versuchte, zu verbergen, dass er am ganzen Leib zitterte. Erleichtert atmete er auf, als die beunruhigende Gestalt sich zum Gehen wandte. Jedoch nicht, ohne noch zwei mal zurückzublicken. Dann war er hinter der Ecke verschwunden.

Hill atmete tief durch. Das hätte auch übel enden können.
Doch nun war zweifellos klar, das mit diesem Typen irgendetwas nicht stimmte. Und zwar ganz gewaltig. Weiter hinterher spionieren wollte er aber auch nicht.
Wenn er also die Sache richtig einschätzte, dann hatte diese Person irgendwas sehr Unlauteres mit den Kreaturen zu tun. Und den Telefonaten nach zu urteilen waren noch mehr Leute darin verwickelt.
Vielleicht musste Schlimmes verhindert werden. Aber allein konnte er nichts ausrichten, zumindest nicht, würde er auf ganz eigene Faust handeln.
Er beschloss, die Polizei anzurufen und dann weiter vorzugehen. Nur für den Fall der Fälle war das garantiert eine sichere und vernünftige Sache.
Gut, dass er sein Handy noch mitgenommen hatte. Er tippte den Notruf ein und wartete.
Während er da stand, kam ihm der Gedanke, dass er vielleicht aufgrund von Überlastung gar nicht durchkommen würde. Doch es klingelte und schließlich hob auch jemand ab.
Hill erklärte dem Beamten, der offenbar noch fünf weitere Dinge gleichzeitig tat, seine Situation. In einiger Entfernung fuhr ein Feuerwehrwagen vorbei. Die waren also doch gekommen. Würde man aber seinen Notruf auch ernst nehmen?
In Filmen kam es oft vor, dass die Polizisten solchen Anrufen keinen Glauben schenkten.
Als man ihn danach fragte, ob der Mann noch in der Nähe sei, zerstreuten sich Hills Sorgen diesbezüglich.
„Naja, ich muss mal nachsehen.“ Schnellen Schrittes ging er bis zur Hausecke und schaute ohne viel nachzudenken herum.
Der Mann war noch da. Er stand in rund einhundert Metern Entfernung auf dem Gehweg. Dummerweise sah er gerade über die Schulter und blickte Hill genau in die Augen.
Ihm gefror das Blut in den Adern, als der bullige Mann sich ruckartig umdrehte und festen, schnellen Schrittes auf ihn zu hielt.
Der Polizeibeamte erkundigte sich, ob noch jemand dran sei. Hill hörte ihn nicht.
Schon griff der Mann unter seinen Mantel und holte Augenblicke später sein Maschinengewehr hervor, woraufhin er es sofort an der Schulter abstütze, seinen Kopf nah daran hielt, um auf Hill zu zielen.
Letzterer stand wie eine Statue an der Hausecke, das Handy noch am Ohr. Der Mann war schon äußerst nah.
Da erklang ein unterdrücktes Peng, woraufhin Hills Mobiltelefon zerfetzt wurde und sich über die Straße verteilte. Wie von der Tarantel gestochen sprang er jetzt hinter die Ecke zurück.
Blitzschnell hastete er über die leere Straße und machte instinktiv auf der Suche nach Schutz einen Satz in die nächste Seitengasse.
Kaum war er darin verschwunden, hörte er hinter sich ein Projektil einschlagen, was ihm sofort ein eisiges Gefühl ihm Magen bescherte.
Ohne sich umzusehen, rannte er durch Hinterhöfe und enge Gassen, die er nie zuvor gesehen hatte. Nach einer Weile hielt er erschöpft an und stützte sich auf seine Knie.
Während er nach Atem rang, wurde ihm klar, dass er jetzt richtig Ärger am Hals hatte. Ein waschechter Killer war ihm auf den Fersen, monströse Bestien suchten die Stadt heim und nirgends jemand, den man ansprechen könnte.

Doch immerhin hatte er den Killer wohl abgehängt. Nur war er jetzt sonstwo in den Eingeweiden der Stadt gelandet. Hier konnte er kaum etwas sehen, nur selten hatte er das Glück, an einer Laterne vorbei zu kommen. Der von den Lichtern der Stadt hell erleuchtete Himmel reichte aber aus, wenigstens ein wenig von der Umgebung erkennen zu können.
Zum Glück waren die Straßen von Izar generell recht simpel und rechtwinklig angelegt, weshalb er die Orientierung noch nicht verloren hatte.
Jedoch war keine Menschenseele im näheren Umkreis zu sehen. Er musste unbedingt jemanden finden und wieder Kontakt mit der Polizei aufnehmen. Allein konnte er sich nicht lange durchschlagen, so viel stand fest.
Sich immer wieder nach allen Seiten, besonders nach hinten, umblickend, durchquerte Hill noch eine Gasse, die durch eine Häuserreihe führte.
Wieder Fehlanzeige. Niemand auf der Straße. Dafür gab es hier mehr Gebäude, die nach alten Fabrikhallen aussahen. Mit den vielen Hochhäusern der Stadtmitte hatte diese Gegend allerdings kaum noch etwas gemein.

Noch einmal erreichte er eine neue Straße. Links war niemand, und rechts... tatsächlich!
Gar nicht weit entfernt öffnete jemand eine eiserne Tür zu einer der alten Fabrikhallen.
Das Licht einer nahen Laterne ließ ihn an der Statur und den langen roten Haaren erkennen, dass es sich um eine Frau handeln musste.
„Hey!“, rief er hinüber. Doch sie war schon im Gebäude verschwunden und hatte ihn wohl nicht mehr gehört. Die Tür war jedoch nicht ins Schloss gefallen. Voller Hoffnung lief er hinüber zu der Halle und betrat das Gemäuer ebenfalls.
Er fand sich im Eingangsbereich einer Halle wieder, die offenbar ein Stockwerk tief in die Erde gebaut worden war. Direkt voraus zog sich ein Geländer über die ganze Breite des riesigen Raumes. Man konnte fast das ganze untere Stockwerk überblicken. Es war kreuz und quer mit seltsamen Geräten und Kisten voll gestellt.
Was ihn aber eigentlich hier interessierte, war die Frau, die er kaum fünf Meter entfernt erblickte. Sie trug einen schwarzen Mantel und dünne Handschuhe, während sie stehend an einem Schreibtisch hantierte, der nur von einer einzigen Tischlampe erhellt wurde. Sie mochte anscheinend etwa Mitte zwanzig sein.
Als sie Hill bemerkte, erschrak sie und stopfte sich schnell etwas Kleines in die Taschen.
„Was machen Sie denn hier? Und wer sind Sie?“, fragte sie überrascht.
So kurz und knapp wie möglich schilderte er seine Situation und bat inständig um ein wenig Hilfe.
„Der Kerl hat also versucht, Sie umzubringen und nun vermuten Sie da eine Art Verschwörung, oder wie?“
„Ach, ich weiß auch nicht.“ Er schritt an ihr vorbei, lehnte sich weiter vorn auf das Geländer und sah sich in der Halle nach einem zweiten Ausgang oder sonst etwas Nützlichem um.
„Ich weiß nur“, fuhr er fort, „dass ich auf jeden Fall wieder die Polizei verständigen muss.“
„Schon echt unfassbar.“, sagte die Frau in seinem Rücken. „Da begegnen Sie diesem Mann, der versucht, Sie zu töten und dann kommen Sie für Hilfe ausgerechnet zu mir.“
„Wie meinen?“, antwortete er, ohne seine Studien der anderen Hallenseite zu unterbrechen. „Das ist doch nicht so abwegig.“, fand er.
„Das nicht... mir scheint nur, Sie haben heute einfach kein Glück mit den Leuten.“
Hill drehte sich um und kniff sofort die Augen zusammen, als ihn ein kleines, aber grelles rotes Licht blendete. Im ersten Moment hatte er keine Ahnung, was es war, dachte dann aber zuerst an einen Laserpointer. Doch was die Frau da in der Hand hielt und auf sein Gesicht richtete, war kein Laserpointer, wie Hill gleich darauf erkannte.
Es war eine Zielmarkierung. Und zwar montiert auf eine Pistole mit Schalldämpfer.


Ende Teil 2


Wie immer wäre ich über jede Art der Resonanz erfreut. Es macht Spaß, die Geschichte zu schreiben und ich gebe mir auch wirklich Mühe.
Darum tut ihr mir mit einem ganz kurzen 30-Sekunden-Kommentar einen größeren Gefallen, als ihr glaubt. Und seien es nur ein, zwei Zeilen!

Rakios
 
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Hi,

bis hier gefällt mir deine Geschichte, erinnert mich irgendwie ein Bisschen an den Film Cloverfield^^
Bin gespannt auf weiteres =)

roobsi
 
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Reaktionen: Rakios
erinnert mich irgendwie ein Bisschen an den Film Cloverfield^^
Ahh :D

Erstens: danke für das Lob.
Zweitens: Mich auch^^. Sehr gut zu wissen, dass jemandem das aufgefallen ist. Ich liebe die Stimmung in Cloverfield und dachte mir, dass das "monstermäßige" Potenzial noch nicht erschöpft ist. Die Gedanken eines Monsterfilms habe ich weiter gesponnen und wollte sowieso mal irgendwas mit einem Haufen fieser Leute schreiben, deren Waffen Schalldämpfer drauf haben xD. Verschwörungen sind auch immer gut. Aber echt. Schon mal aufgefallen? Ist immer so: nur die Bösen haben Schalldämpfer^^.

Naja gut. Bis zum nächsten Mal! Ich freu mich schon.
 
Schönen Abend allen!
Teil 3 ist fertig! Ich freue mich, ihn euch präsentieren zu können.


Nacht in Izar, Teil 3


Hill starrte in die Mündung der Pistole. Damit hatte er beim besten Willen nicht gerechnet.
Wären der Schock und die Angst im Moment nicht so groß gewesen, wäre er wohl wütend geworden. Jetzt ging es jedoch ums Überleben.
Er hob den Blick zu den Augen seines gutaussehenden Gegenübers.
„Nichts zu machen“, sagte sie und strich sich Haare aus dem Gesicht, „Die Feinde meiner Partner sind auch meine Feinde.“
Als Hill verfolgte, wie sie den Arm ausstreckte und sich anschickte, zu feuern, übernahmen die Reflexe seine Handlungen. Schnell sprang er zur Seite und wich so tatsächlich einem Geschoss aus.
Ohne einen klaren Gedanken fassen zu können oder die Umgebung richtig wahrzunehmen, stürzte er vor und stieß heftig mit der Frau zusammen. Sofort packte er ihren rechten Arm mit der Waffe, bevor Gegenwehr zu erwarten war.
Kurz darauf rangen beide um das Gleichgewicht, während sie hin und her stolperten. Sekunden später drängte Hill seine Gegnerin gegen den einsamen Schreibtisch. Schnell zeichnete sich ab, dass sie die Balance verlieren würde. Noch einmal drückte er sie von sich weg, wodurch sie an der Ecke des Tisches abglitt und schließlich auf den Boden klatschte.
Regungslos blieb sie da liegen.
Entgeistert starrte Hill nach unten. Während er langsam wieder klar denken konnte, schlugen seine Gefühle von einem Extrem ins andere um.
Sie war doch nicht etwa… Er beugte sich hinunter. Nein, nein, die Frau atmete eindeutig noch, war aber gewiss bewusstlos.
Eigentlich waren diese Gedanken doch absurd. Beinahe hätte sie ihn umgebracht.
Aber als Hill die Fremde nun so liegen sah, konnte er es sich gar nicht mehr vorstellen. Was nun? Die Pistole war noch von ihren Fingern umschlossen. Schnell stieß Hill die Waffe mit dem Fuß weg.
Sein Blick blieb darauf geheftet. Sollte er sich das Ding vielleicht besser aneignen? Nur was, wenn man ihn damit erwischte? Und außerdem hatte er keine Ahnung, wie man mit so etwas umging. Die Vorstellung, auf jemanden zu schießen, konnte er auch auf keinen Fall akzeptieren.
Andererseits wollte er auch nicht plötzlich selbst erschossen werden, falls die Frau bald wieder aufwachte. Er grübelte und grübelte.
Die Pistole lag entsichert und mit aktivem Laserfadenkreuz auf der Erde. Nur einen Handgriff weit entfernt…
Hill kickte die Waffe schwungvoll unter dem Geländer durch. Sie fiel klappernd ins untere Stockwerk und verschwand aus jeder Reichweite.

Er musste hier weg. Schleunigst irgendeine vertrauenswürdige Person finden, am besten mehrere. Vielleicht konnte er draußen eine Stelle finden, von der aus er die Hochhäuser sehen und als Orientierung benutzen konnte.
Er blickte über den Schreibtisch. Aktenstapel und lose Zettel vermischten sich zu einem einzigen Katastrophengebiet. Wie man daran arbeiten sollte, war nicht erkennbar.
Hill durchwühlte das Papier nach etwas, das ihm Erklärungen liefern würde. Doch es schienen alles nur gewöhnliche Dokumente über Grundbesitz und alltägliche Rechnungen zu sein. Nichts, was verdächtig erschien.
Die Fremde lag noch genau so auf dem Rücken am Fuße des Schreibtisches, wie sie gefallen war. Was hatte sie hier gesucht? Da stöhnte sie kurz und drehte den Kopf zur Seite, Hill bekam einen riesigen Schreck. Mehr tat sich jedoch nicht.
Jetzt aber schnell. Er wusste noch genau, dass sie sich etwas in die Tasche gesteckt hatte. Blöd fand er nur, dass sie beim Sturz genau auf die nämliche Tasche ihres offenen Mantels gefallen war. Hervorziehen ging auch nicht.
Leicht errötend hob er sie oberhalb der Hüfte an und zerrte schnell den Mantel hervor. Ohne weitere Zeit zu verlieren, fischte er den dubiosen Gegenstand heraus.
Es war ein USB-Stick. Äußerst vielversprechend.

Während er aus der Tür trat, ließ Hill den Datenträger in die Tasche seiner Jeans gleiten.
Er befand sich nun in einer weiteren dunklen und engen Gasse. Nach einigen Sekunden des Herumirrens fand er ein Fleckchen, von dem aus die Wolkenkratzer des Stadtzentrums zu sehen waren. Endlich mal ein Lichtblick.
So gut es ging, steuerte er also darauf zu. Schon bald veränderte sich die Umgebung und er war wieder in etwas zivilisierteren Kreisen. Aber auch hier war absolut niemand mehr auf der Straße. Wahrscheinlich hatten sie sich alle in ihren Wohnungen verkrochen.
Kurz darauf entdeckte Hill erleichtert in einiger Entfernung ein Gebiet, das gleißend weiß von Scheinwerfern ausgeleuchtet war.
„Ja, zu guter Letzt mal Menschen!“, frohlockte er.
Er beschleunigte seine Schritte und ging die lange Gerade auf das Licht zu. Nur noch rund zwei Minuten, dann würde er in Sicherheit sein und seine Erlebnisse verantwortungsbewussten Menschen mitteilen können.
Plötzlich trat direkt vor ihm ein bulliger Mann rückwärts aus einer Nebengasse.
Hill hielt abrupt an sah an dem Mann herunter. Langer schwarzer Mantel. Ein Maschinengewehr baumelte lustlos gehalten in der rechten Hand.
Das konnte doch nicht wahr sein. Der Killer machte große Augen, als er Hill sah. Dann wirbelte er herum und feuerte eine Salve aus seinem Gewehr ab. Hill sprang zurück und rannte sofort los. Der Kerl, jetzt hinter ihm, konnte die Waffe mit nur einer Hand nicht richtig beherrschen, sodass etliche Fenster in der Straße zu Bruch gingen.
Haken schlagend sprintete Hill den Weg entlang. Er hörte jetzt einzelne leise Schüsse hinter sich, zweifellos genauer gezielt. Wie lange konnte das nur so gehen mit seinem Glück? Er war noch nicht getroffen worden.
Die Lichter kamen näher. Nur noch wenige Meter! Hill rief laut nach vorn um Hilfe.
Vor ihm standen dutzende Kisten, Lagerzelte und Scheinwerfer. Er sah schon, wie die Geschosse, die ihn verfehlten, in den Gegenständen einschlugen.
Jetzt war er auf dem lichtgefluteten Platz angekommen. Weiter hinten war alles überlaufen mit Militär – die Rettung! Hastig und schreiend sprintete er auf die Leute zu.
Nur ein Soldat befand sich in unmittelbarer Nähe. Ein junger Kerl, der offenbar auf seine Schreie aufmerksam geworden war.
„Hilfe!“, japste Hill und deutete auf die Bedrohung hinter sich, „Da ist einer, der schießt!“ Sofort kam er sich wegen seiner Wortwahl lächerlich vor.
Das war vergessen, als der bullige Mann mit dem Gewehr im Anschlag hinter der Ecke hervortrat. Hill warf sich ungelenk auf den Boden und rollte mit geschlossenen Augen zur Seite, betend, es möge gleich vorbei sein.
Er hörte nahezu gleichzeitig zwei Schüsse aus dem Gewehr mit Schalldämpfer, einen Schmerzensschrei, der offenbar von dem Soldaten kam und eine laute Maschinengewehrsalve.

Als er die Augen wieder öffnete, lehnte der Soldat von eben an der nächsten Hauswand und hielt sich unter Schmerzen seine rechte Schulter. Der Angreifer aber lag leblos auf der Erde.
Hill raffte sich auf und trat näher heran. Der Mann war tot.
Wahrscheinlich war es Zeit, seinem Retter etwas zu sagen. Aber er war noch sprachlos.
Und ehe er wusste, wie ihm geschah, standen auch schon etliche Soldaten um ihn herum, von denen ihn manche abtasteten und an seiner Kleidung zerrten. Wieder andere drängten sich um den verwundeten Menschen.
Kurz darauf teilte sich die Menge ein wenig und ein Soldat von offenbar höherem Rang stellte sich stramm vor Hill.
„Ich bin Sergeant Ain. Sie sollten vorläufig mit mir kommen. Ich bringe Sie zum Major, dann können wir alles klären, was zu klären ist. Außerdem muss ich Sie dringend bitten, sich nicht ohne Erlaubnis wieder zu entfernen. Wenn Sie mir bitte folgen würden.“
Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte der Sergeant sich um 180 Grad und ging auf ein großes offenes Zelt zu. Es erinnerte Hill an einen dieser Pavillons, die man im Garten aufstellte. Darunter sah es aus wie eine kleine Kommandozentrale. Und ebendort stand ein Mann in besonderer Kleidung, der Hill bekannt vorkam.


Wütend feuerte Major Rigel sein Funkgerät zum wiederholten Male ins Fahrzeug. Das Schrottding hatte den Geist aufgegeben. Er hasste es, wenn die Technik nicht funktionierte.
Er trat zurück zur provisorischen Kontrollstation. Und jetzt hatte es auch noch einen Schusswechsel gegeben, direkt vor seiner Nase! Wenn jetzt auch noch irgendwelche größenwahnsinnigen Banditen die Straßen unsicher machten, sollten sie vielleicht einfach die ganze verdammte Stadt in Grund und Boden bomben.
Schnell ging er zu seinem Laptop und prüfte die aktuelle Situation sowie neue Nachrichten.
Was er las, machte ihn nur noch wütender.

Nachricht von Gruppe 9:
Angriff auf vierbeinige Kreatur fehlgeschlagen. Alle stationären Geschütze zerstört.

Nachricht von General Chertan:
Lagebericht schnellstmöglich einzureichen. Verstärkung verspätet.


Rigel atmete tief durch. Das wird schon noch, sagte er sich. Ganz bestimmt. Nur glauben konnte er das irgendwie nicht.
Sergeant Ain betrat das Kommandozelt und salutierte. Im Schlepptau hatte er einen Zivilisten. Ein Mann von etwa 30 Jahren, kurze braune Haare und durchschnittliche Kleidung.
„Sir“, begann Ain, „Dies ist der Mann, der vor dem Angreifer zu uns geflohen ist. Er sagt, er habe wichtige Informationen.“
Seit wann hatten Zivilisten wichtige Informationen?
„Na gut. Danke Ain, Sie können wieder wegtreten. Und Sie…“, er deutete auf den Neuankömmling, „Setzen Sie sich.“ Rigel zog einen einfachen Bürostuhl heran.
Der Mann blickte erst verwirrt um sich, dann kam er der Einladung nach. Rigel setzte sich auf seinen eigenen, weicheren Stuhl.
„Also, wie heißen Sie?“
„Äh, Hill Markab.“, kam zögerlich die Antwort.
„Ich bin Major Rigel, guten Abend. Was bringt Sie hierher und wer schießt auf Sie?“
Markab schien mehrere Dinge auf einmal sagen zu wollen. Stockend kam er in die Gänge und erzählte beunruhigende Geschichten von einem mysteriösen Schützen, der die zweibeinige Kreatur zum Angriff gebracht und danach ihn selbst gejagt habe.
Dann kam auch noch eine Frau ins Spiel, die irgendwo in einer Halle zwielichtigen Geschäften nachging und sich auch noch als feindlich entpuppte. Sie liege immer noch in der heruntergekommenen Halle.
Danach wieder der Schütze vom Anfang, der jetzt tot daniederlag.
Sehr verworren. Rigel versuchte, aufmerksam zuzuhören und wenigstens ein Mal in Betracht zu ziehen, das könnte wirklich alles so wichtig sein, wie es schien.
„Sie erwähnten einen USB-Stick…“, übernahm er wieder das Ruder, als Markab geendet hatte.
„Ja, hier ist er!“, sagte dieser und zog das dunkle Gerät aus der Tasche.
„Na, das ist doch schon mal klasse.“ Er schnappte den Stick aus den Fingern seines Gegenübers.
„Ich sehe mir den jetzt mal an. Danach werden wir entscheiden, ob und wie wir weiter vorgehen. Warten Sie bitte draußen.“
Rigel bugsierte seinen Besucher mit etwas Nachdruck hinaus und setzte sich dann wieder vor seinen Laptop. Er drehte den USB-Stick in der Hand hin und her. Ein ganz gewöhnliches Modell, aber völlig ohne Aufschrift oder Ähnliches.
Er steckte den Datenträger in den Anschluss des Laptops. Wie erwartet war er mit einem Passwort geschützt. Es war eine Frage von Sekunden, mithilfe von speziellen Programmen, die dem Militär zur Verfügung standen, jegliches Passwort zu knacken.
Wenige Klicks später lief das Programm an. Rigel stand auf und holte sich eine Thermoskanne mit Kaffee. Wenigstens mangelte es nicht an der Versorgung.
Gemächlich goss er sich eine Tasse voll und setzte sich wieder auf seinen Stuhl.
Das Passwort war nicht länger geheim. Es gab nur einen Ordner auf dem Stick.
Darin befand sich wiederum nur eine Textdatei. Rigel schlürfte etwas Kaffee. Er öffnete die Datei und sah sich den Inhalt an.
Beinahe hätte er den Kaffee wieder ausgespuckt. Er stellte die Tasse ab und überflog hastig die Zeilen. Unfassbar!


Ungeduldig wartete Hill auf dem hellen Platz voller Militärs auf einem Metallschemel. Es war unbequem und ständig musste er vorbeilaufenden Soldaten Platz machen.
Der kühle Nachtwind wehte kaum wahrnehmbar durch die Straßen. Wenigstens war es nicht kalt oder gar nass.
Er blickte zu dem seltsamen Kommandozelt. Was der Major wohl auf dem USB-Stick finden würde? Vielleicht waren es ja geheime Beweise für die Landung von UFOs in Area 51, schmunzelte er. Oder aber, und das wäre mehr als peinlich, es war nur ein privater Datenträger, der überhaupt nichts von Belang enthielt. Das wäre wirklich ein starkes Stück.
Aber nein, das war ja eigentlich unmöglich. Doch was nun tatsächlich darauf zu finden war, würde er ja bald erfahren. So lange konnte es ja nicht dauern, oder?
Er saß noch geschlagene 10 Minuten auf dem harten Hocker.
Dann stiefelte irgendwann der Major aus dem Zelt heraus. Sein Gesichtsausdruck verhieß Nervosität und Unbehagen. Hill stand auf und ging dem Major ein paar Schritte entgegen.
„Haben Sie etwas herausgefunden?“, fragte Hill.
„Allerdings. Tut mir leid, falls ich Sie vorhin nicht völlig ernst genommen habe.“
Rigel trat noch näher und hielt den Stick hoch.
„Was hier drauf ist, wäre definitiv ein Grund, zu töten.“


Ende Teil 3


Soviel für heute! Der nächste Teil ist schon in Arbeit. Bis dahin noch eine schöne Zeit!
Und wie immer möchte ich um einen kurzen Kommentar bitten, wäre echt sehr nett! Danke. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Huhu! ;)

Hab den Teil jetzt gelesen und muss sagen, dass der mir wieder schön gefällt. :)
Hast wieder Spannung aufgebaut und dein Schreibstil spricht mir zu.

Gruß
roobsi
 
Danke für den Beitrag, roobsi! Ich bin über jeden froh. Und natürlich darüber, dass die Story sich verbessert hat^^.
Und außerdem... hab ich Teil 4 fertig! Ich wünsche viel Vergnügen!


Nacht in Izar, Teil 4


„Réka, wo bleibst du?“

„Verdammt, melde dich!“

Die Frau in der Halle kam zu sich und setzte sich auf. Der Schädel brummte ihr und die roten Haare verdecken ihr die Sicht. Sie tastete ihren Hinterkopf ab, während sie sich umsah. Der Übergabeort für die Zahlungsnachweise.
Es fiel ihr wieder ein. Ein Mann war plötzlich aufgetaucht… der Kampf…
Die Pistole war weg. Wahrscheinlich hatte der Typ sie mitgenommen. Aber viel wichtiger – sie langte in die Manteltasche. Der Stick mit den Nachweisen war verschwunden!

„Hey! Mensch, sag doch mal was, Réka!“Ihr Partner Morten meldete sich über das kleine Funkgerät in ihrem Ohr.
„Ja, bin da.“, antwortete sie brummend.
„Gott sei Dank“, Morten atmete hörbar auf, „Ist alles in Ordnung?“
„Ich denke schon. Aber, hm…“ Réka besah sich ihre Finger. Am Hinterkopf war Blut gewesen. „Blute ein bisschen. Nicht so schlimm. Allerdings ist hier irgend so ein Typ hergekommen. Offenbar hatte er schon Stress mit einem von uns und hat etwas Kritisches herausgefunden. Hab versucht, ihn auszuschalten, dummerweise hat er mich irgendwie KO gehauen. Und jetzt ist der Stick, den ich hier holen sollte, weg.“
„Meine Güte! Tut mir leid, wenn ich noch mehr schlechte Nachrichten habe. Deine Bekanntschaft hat sich wohl mit Pavel angelegt. Und der ist jetzt tot.“
Sie horchte auf. Pavel war tot? Er war der Kopf der der Gruppe gewesen.
„Ich hab bei denen vom Militär selbst seine Leiche gesehen. Dann fängt Nummer Eins auch noch an zu schwächeln. Und die Auftraggeber wollen mehr Zerstörung. Es lohnt sich für sie noch nicht. Wenn wir die Sache ordentlich beenden wollen, müssen wir uns ganz schön anstrengen.“
Diese Auftraggeber hingen ihr zum Halse raus. Unsympathische Leute war man da ja gewohnt, aber diese Bankenchefs, die sich heimlich, still und leise zusammengerottet hatten, waren so arrogant und anmaßend, dass sich sogar Pavel nach den Treffen darüber beklagt hatte. Normalerweise hatte er über die Ecken und Kanten der Auftraggeber hinweggesehen.
„Ach ja, wenn ich mich nicht irre, dürftest du nach Pavels Tod jetzt das Kommando haben.“
„Oh… Da hast du wohl Recht. Ich werd’s versuchen.“ Eine unwillkommene Ehre. Pavel hatte die Position hervorragend besetzt. Sie würde ihn nicht ersetzen können und hatte das auch nie gewollt.
„Wo bist du eigentlich im Moment?“, fragte Morten.
„Mist, ich hock hier immer noch an der Übergabestelle. Ich glaube nicht, dass wir riskieren können, dass jemand zurückkommt und das ganze Geld da unten findet.“
Sie hatten die nicht unerhebliche Anzahlung im unteren Geschoss der Halle verstaut.
„In diesem Fall komme ich wohl besser zu dir rüber. Ich bin ja gleich in der Nähe, brauche nur eine Minute. Dann klären wir das gemeinsam. Zwar wollte ich eigentlich Nummer Eins zum Militärlager lenken, aber in dem Fall geht das klar. Außerdem sieht es so aus, als würde er es auch allein schaffen.“
„Ähm, ich glaub, der Typ hat auch meine Waffe mitgehen lassen, könntest du…“
„Ja klar. Ich bring eine mit. Bis gleich.“
Es raschelte kurz, dann war die Verbindung weg. Réka stand auf und richtete ihre Kleidung. Morten würde schnell kommen, dann würden sie beide die entstandenen Schwierigkeiten wieder wettmachen. Nur Pavels Tod konnte man nicht so einfach wettmachen. Doch Morten war nicht nur ein begabter Partner, sondern auch so etwas wie ein guter Freund. Mit seiner Hilfe würde sie den Tod ihres Anführers überwinden. Ja, auf ihn war Verlass.


Nachdem der Major geschildert hatte, was er auf dem USB-Stick gefunden hatte, versuchte Hill die Tragweite von dem zu erfassen, was er gerade gehört hatte.
Offenbar hatten eine Menge renommierter Banken gemeinsame Sache gemacht und unter höchster Geheimhaltung riesige Beträge auf dubiose Konten überwiesen. Beträge, die ihnen die heutige Nacht mit Leichtigkeit wieder hereinspielen würde. Fest stand, dass die monströsen Bestien, die die Stadt heimsuchten, nicht einfach aus dem Nichts aufgetaucht waren. Irgendjemand hatte dafür Sorge getragen.
„Also“, begann Major Rigel noch einmal, zu Hill gewandt, „Sie führen mich und ein paar Männer gleich mal zu dieser ominösen Halle.“
Er nickte bestätigend, achtete jedoch auf etwas anderes. Sie standen immer noch draußen auf dem Platz, und im Moment beobachtete er eine Person in einem schwarzen Mantel, die sich etwas abseits des Gedränges unauffällig an den Häusern vorbei zielstrebig in die Richtung bewegte, aus der er vorhin gekommen war.
„Wenn Sie nicht völlig neben der Spur waren, haben Sie sicher dafür gesorgt, dass die Frau dort nicht abhauen kann, richtig?“, fuhr der Major fort.
Hill blickte weiter misstrauisch der Gestalt nach, die sich, offenkundig bemüht, nicht aufzufallen, an dem Militärplatz vorbei schob. Er sah genauer hin. Es war ein Mann mit äußerst kurzem Haar, der da mit großen Schritten entlang lief.
„He!“ Major Rigel tippte ihm auf die Schulter. „Hören Sie überhaupt zu?“
Er wandte sich wieder um. „Oh, Verzeihung, was sagten Sie?“
„Ich habe gefragt, ob Sie Maßnahmen getroffen haben, die Frau, von der Sie sprachen, in der Halle festzuhalten.“
Er sah betreten zu Boden. „Hätte ich sollen?“
Der Major gab ein Seufzen von sich. „Na super. Was soll’s, warten Sie hier, während ich meine Leute hole.“
„Ist gut.“
Hill sah wieder dahin, wo er den seltsamen Mann gesehen hatte. Er war verschwunden.

Wenige Minuten später kehrte Major Rigel mitsamt Bewaffnung und drei anderen Männern zurück. Einer war Sergeant Ain, die anderen beiden wohl gewöhnliche Soldaten.
Man trug Hill auf, die Gruppe zu der alten verlassenen Halle zu führen, in der er um ein Haar ums Leben gekommen wäre.
Er versuchte, sich an den Weg zu erinnern. Wirklich gemerkt hatte er sich die Strecke nicht, konnte aber wenigstens an einigen Orientierungspunkten den Pfad wiederfinden.
Schließlich gelangten sie an den Zielort. Hill führte seine Begleiter durch den Eingang, den auch er beim ersten Betreten genommen hatte. Er war kaum zwei Sekunden im Gebäude, da wurde ihm schon angst und bange. Keine Menschenseele befand sich an dem Fleck, wo er die Frau zurückgelassen hatte.
„Verdammt, sie ist verschwunden.“, vermeldete er.
„Na klar ist sie nicht mehr da, wenn Sie sie nicht einmal festmachen.“, meckerte Ain.
„Genau hier lag sie“, überging er den Kommentar, „wo ein bisschen Blut neben dem Tisch ist.“
„Eine Suche ist wohl zwecklos.“, stellte Rigel fest. „Also los, suchen wir da unten nach der Kiste, die auf dem USB-Stick erwähnt wurde. Danach wissen wir mehr.“
Die kleine Gruppe stieg eine rostige eiserne Treppe hinunter und gelangte so ins schummrige Untergeschoss der Halle. Es war ein wahres Labyrinth aus Paletten- und Kistenstapeln, undefinierbaren länglichen Maschinen und Trägersäulen.
Hier irgendetwas finden zu wollen, kam für Hill der berühmten Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleich. Zusätzlich dazu, dass die vielen Gegenstände kein bisschen Sicht erlaubten, tat die Dunkelheit ein übriges. Die Hand vor Augen war kaum auszumachen.
Er folgte den vier Militärs, die sich durch das Gewirr schlängelten.
Zuerst kamen sie nur an blanken Metallgerippen vorbei, dann aber mehrten sich übermannshohe Kistenstapel.
Einer der Soldaten machte unvermittelt Halt und tastete einen Stapel Kisten ab.

„Hier sieht’s ganz gut aus“, sagte er. „Hat mal jemand eine Taschenlampe?“
Hill stand direkt daneben. Plötzlich sauste irgendetwas an seinem Ohr vorbei. Im nächsten Moment erklang ein dumpfer Schlag, der Soldat neben ihm prallte zurück und ging dann zu Boden.
„Alle runter!“, brüllte Sergeant Ain.
Kurz hörte Hill Schritte von weiter vorn, die aber schnell verstummten. Er blickte zu dem Soldaten auf dem Boden. Dieser röchelte und zitterte am ganzen Körper. Hill spähte angestrengt in die Dunkelheit vor ihnen, konnte jedoch niemanden ausmachen. Schon wieder war er in einen Schusswechsel geraten!
Sekunden nach der Attacke sah er den Sergeant aufspringen und in die Richtung rennen, aus der der Angriff gekommen war. Er selbst wollte auch nicht an Ort und Stelle verweilen, wo er bestimmt ein leichtes Ziel war, also ging er einfach hinterher.
Kurz blickte er zurück. Major Rigel kniete bei dem Verwundeten, der zweite Soldat hatte sich aufgemacht, eine andere Richtung auszukundschaften.
Als Hill sich umwandte, machte Ain einen Ausfallschritt nach vorn um die Ecke herum und feuerte einige Schüsse aus seinem großen Gewehr ab.
„Verdammt!“, sagte er gleich darauf zu Hill, „Beinahe hätte ich ihn erwischt!“
Offenbar war dort jemand zu erkennen gewesen.
Von einer Sekunde zur anderen tanzte plötzlich ein kleiner roter Punkt um die Nase des Sergeant. Hill überfluteten Gedanken von möglichen Reaktionen, doch er schaffte es nicht einmal mehr, Luft für eine Warnung zu holen.
Aus dem Augenwinkel sah er das Feuer eines Pistolenschusses. Der Kopf von Sergeant Ain flog zurück, Blut spritzte Hill entgegen. Schlaff fiel der Körper auf die Erde. Entsetzt starrte er hinterher. So etwas hatte er nie auch nur im Ansatz erlebt.
Da drängte ihn ein Unterarm von der Leiche weg in Deckung. Major Rigels Blick war ebenfalls gezeichnet, doch seine militärische Ausbildung schien ihn den Schock unterdrücken zu lassen.
Hill wollte etwas sagen, doch Rigel legte eindringlich den Finger auf den Mund.
Kein Mucks jetzt.
Kurz spähte Rigel um die Ecke. Im nächsten Moment zog er Hill zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren und kniete sich dort in die Nähe des Verwundeten.
Danach gab er Hill knappe Handzeichen. Hill interpretierte darin die Aufforderung, angrenzende Ecken und Gänge zu überwachen.
Er ging möglichst lautlos durch die Dunkelheit, an jeder Biegung machte er Halt und äugte vorsichtig herum. Ein Mal glaubte er ein Geräusch gehört zu haben. Er blieb stehen und versuchte, etwas zu erkennen. Kurze Zeit lang tat sich gar nichts.
Dann trat eine Gestalt aus den Schatten hervor, feuerte gedämpfte Schüsse auf Hill und verschwand wieder hinter den Gegenständen.
Keuchend sprang er zur Seite und fluchte. Das war knapp gewesen!
Sekunden darauf hörte er eindeutig Geschosse in Metallobjekten einschlagen. Das Geräusch kam sicher nicht aus seiner Nähe. Die Schüsse an sich waren auch unhörbar gewesen, also musste dort derjenige sein, der den Sergeant auf dem Gewissen hatte.
Doch wie hatte er sich so schnell bewegt? Hill versuchte, wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren, nachdem er noch einen Gang überprüft hatte. Das Vorankommen gestaltete sich natürlich schwierig, da er große Vorsicht walten lassen musste. Überall konnte der Mörder auftauchen. Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gedacht, erkannte er hinter der nächsten Biegung schemenhaft den Umriss eines Menschen. Und einer der Soldaten war es unter Garantie nicht. Indem er einfach die Beine anzog, ließ er sich zu Boden fallen. Die Gestalt hatte noch nicht gefeuert, jedoch näherten sich rasch Schritte.
Änderte der Killer seine Taktik und verschwand nicht sofort wieder? Er raffte sich schnell auf und hastete so weit zurück, wie er konnte, bis er mit dem Rücken an einen Kistenstapel stieß. Mit rasendem Herzen blickte er dorthin, wo er gleich den Feind erwartete. Er hatte leider nur ein paar Schritte Abstand gewinnen können.
Da schob sich die Gestalt aus der Finsternis, Hill sah den roten Laser. Sofort stürzte er zur nächsten Deckung, als sich erste Projektile in das Holz rammten. Im Rennen formten sich die Schüsse für ihn zu einem surrealen Rhythmus.
Hinter der nächsten Biegung presste er sich gegen die Wand und versuchte leise durchzuatmen. Wieder kamen Schritte näher. Der Killer mochte wissen, wohin er geflohen war, jedoch nicht, wo genau er stand.
Hill fasste sich ein Herz und nahm sich vor, sofort kräftig zuzuschlagen, wenn sein Verfolger um die Ecke trat. Zitternd wartete er auf das Ereignis. Die leisen, verhaltenen Schritte waren jetzt sehr dicht bei ihm. In der nächsten Sekunde bog die schattenhafte Gestalt um die Ecke, nur erkennbar als schwarzer Umriss vor einem nahezu schwarzen Grund.
Hill ließ seine Faust dahin sausen, wo er das Gesicht vermutete. Dem Gefühl nach zu urteilen hatte er eine Wange getroffen. Eine Frauenstimme schrie überrascht auf.
Die gewonnene Zeit nutzte er zur Flucht. Er sprintete durch das dunkle Labyrinth und hielt so bald wie möglich an, um keine Geräusche mehr zu machen. Fast befürchtete er, nun ginge es ihm an den Kragen, doch er hörte nur, wie sich schnelle Schritte rasch entfernen.
Langsam beruhigte er sich und atmete durch. Das eben war ganz sicher eine Frau gewesen. Aber dann konnte es ja eigentlich nur eine sein…

Sein weiterer Plan war, wieder zu den anderen aufzuschließen. Aufmerksam unter Beachtung jeder eventuell bedrohlichen Kleinigkeit, verließ er sein Versteck und schlich in die Richtung, aus der er hoffte, gekommen zu sein. Ständig musste er mit einem Angriff rechnen, doch er hatte diesmal Glück. Bald schon erkannte er markante Stücke aus dem großen Lager wieder und fand so zurück zu Major Rigel. Dieser hockte immer noch neben dem liegenden verletzten Soldaten und hatte das Maschinengewehr umklammert. Als er Hill bemerkte, riss er die Waffe hoch und hätte beinahe geschossen, erkannte ihn jedoch noch rechtzeitig.
„Hier rüber.“, dirigierte Rigel und wandte sich gleich wieder um, die Waffe im Anschlag.
Der Soldat, der vorhin angeschossen worden war, regte sich jetzt nicht mehr und lag mit geschlossenen Augen auf dem Boden. Hill hoffte, dass es nicht so war, wie es aussah.
Er kniete sich hin und sah sich in den Richtungen um, die nicht von Rigel überwacht wurden. Augenscheinlich war dort im Moment alles sicher. Aber wo war eigentlich der zweite Soldat? Unvermittelt peitschten Geschosse neben ihm auf den Betonboden. Postwendend ratterte des Majors Gewehr.
In der Stille der Halle hatte es unheimlich laut gewirkt. Nachdem der Krach verklungen war, kam der gebückt gehende Rigel eilig herüber gelaufen.
„Zur Seite, schnell!“, rief er.
Hill tat wie geheißen und bewegte sich zügig ein paar Schritte weg. Kurz darauf krachten Pistolenkugeln gegen die Wand, wo er eben noch gestanden hatte. Sie kamen aus einer ganz anderen Richtung. Wenige Augenblicke wanderte noch der rote Punkt des Ziellasers suchend daran entlang, dann verschwand auch der. Rigel krabbelte zu ihm hinüber und lehnte sich dann neben ihm an die Wand.
„Das kann nie und nimmer nur einer sein.“, knurrte der Major.
„Ich glaube auch, dass es zwei sind.“, bestätigte Hill.
„Einen müssen wir auf jeden Fall loswerden, sonst sind wir verloren. Wir müssen jetzt offensiv handeln. Und dazu brauche ich Sie.“
„Ach du Schreck, was soll ich denn tun?“
„Keine Sorge“, sprach Rigel beruhigend, „nichts Großartiges. Wir arbeiten nur eng zusammen. Sie gehen gleich da lang“, er deutete in die Dunkelheit geradezu, „und ich da drüben hin. Sobald Sie einen der Mistkerle finden, machen Sie sich bemerkbar, dann komme ich und hau Sie raus. Wenn ich einen erwischt habe, ist der andere ein Kinderspiel.“
„Übrigens, wo ist eigentlich der andere Mann, den Sie mitgebracht haben?“, fragte Hill.
„Ganz ruhig, der ist noch da, das garantiere ich Ihnen. Also, haben Sie ihre Aufgabe verstanden? Alles bereit?“
„Ja, ich denke schon.“ Unsicher erhob er sich.
Dann trennten sich die beiden und gingen auseinander, um den Plan umzusetzen. Hill betete, der Major würde zuerst auf einen der Killer stoßen. Da fiel ihm ein, dass er ganz vergessen hatte, zu erwähnen, dass er einen Angreifer identifiziert hatte. Im Moment war es bestimmt nicht so wichtig, also nahm er es sich für später vor. Später, wenn ein Angreifer erschossen auf dem Boden lag. Er schluckte und besann sich lieber auf seine Aufgabe.
Stück für Stück bewegte er sich durch die Schatten. Stets lauschte er angestrengt und ging keinen Meter, ohne vorher angrenzende Wege gründlich zu überprüfen.

Irgendwann schob er sich um noch einen der massiven Stapel von Kisten. Er hielt inne. Hatte er eben ein Rascheln gehört? Als er gerade glaubte, sich geirrt zu haben, krachte direkt zu seinen Füßen ein Gewehrschuss. Genau geradeaus brach eine Gestalt zusammen, die Hill bisher gar nicht bemerkt hatte.
Der Mann, der neben ihm unsichtbar auf dem Boden gelegen hatte, stand jetzt auf. Es war der vermisste Soldat.
„So macht man das.“, sagte er mit etwas Stolz. Dann ging dahin, wo er die Person niedergeschossen hatte.
Hill war noch blass vom Schreck und folgte dem Soldaten erst nach einigen Sekunden des Zögerns. Er sah dem Mann über die Schulter, der sich heruntergebeugt hatte und eine Taschenlampe hervorfingerte, um die Gestalt am Boden zu beleuchten.
Im grellen Licht erschien das Gesicht eines jungen Mannes mit Stoppelfrisur. Ihm war eindeutig nicht mehr zu helfen.
„Den hab ich schon mal gesehen!“, platzte Hill erstaunt heraus. „Der hat sich schon an dem großen Platz rumgetrieben, von dem wir kommen!“
„Das ist wichtig zu wissen.“, vermeldete eine Stimme von hinter ihnen.
Hill sah das Licht herumschwenken. Major Rigel stieß zu ihnen. Er klopfte dem Soldaten auf die Schulter.
„Sehr gute Arbeit, Wezen! Und auch Ihnen vielen Dank“, er wandte sich an Hill, „dass Sie die gefährliche Aufgabe übernommen haben.“
„Na ja, das war doch selbstverständlich…“, entgegnete Hill verlegen.
„Ach ja!“, ergänzte er, „Ich weiß, wer die zweite Person ist!“
Die beiden Militärs schauten erstaunt. „Ja, dann raus mit der Sprache!“
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass es die Frau ist, die mich hier bereits angegriffen hatte. Die, von der ich schon erzählt habe.“
„Alles klar.“, sagte Rigel und lud laut vernehmbar sein Gewehr durch, „Dann mal los.“


Ende Teil 4


Ich wage zu hoffen, dass es wieder ansprechend war. Vorbeugend sage ich gleich mal, dass ich in Teil 5 wieder die Monster auftreten lasse, die ja jetzt eine Pause engelegt hatten. Also ich meine damit, dass mir schon bewusst ist, dass man nicht vom eigentlichen Thema abweichen sollte^^.

Als Letztes würde ich gern zusätzlich zu der normalen Bitte um ein Kommentar noch eine direkte Frage stellen, nämlich ob ihr findet, dass die Figuren ausreichend charakterisiert wurden, also ob sie lebendig wirken und man sie sich vorstellen kann. Das wäre dann so eine kleine Information für mich zu meinem Fortschritt als "Gelegenheitsautor".
 
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