Wolfman Adventures: Im Namen Sithis'

Dieses Thema im Forum "Literaturforum" wurde erstellt von Wolfman23, 1. Juli 2009.

  1. Wolfman23

    Wolfman23 Abenteurer

    Im Namen Sithis'

    Was bisher geschah:
    Sarnek, Agent der Mythischen Morgenröte und ehemaliges Mitglied der Dunklen Bruderschaft in Cheydinhal, erhält den Auftrag, in den geheimen Katakomben unter der Kaiserstadt Kaiser Uriel Septim VII zu ermorden und ihm das Amulett der Könige zu entreißen. Dies schlägt jedoch fehl, als sich ihm eine geheimnisvolle Bosmerin entgegenstellt und Sarnek kurzzeitig außer Gefecht setzt.​

    Nach seinem Erwachen ist sie samt Amulett spurlos verschwunden, und Sarnek kehrt mit leeren Händen zurück. Wütend über sein Versagen sendet Ruma Camoran in erneut hinaus, das Amulett in seinen Besitz zu bringen.​

    Während seiner Suche gerät er auch an seine alten Kameraden aus der Bruderschaft, wo er in Erfahrung bringt, dass die Bosmerin Cascada heißt und auf den Weg nach Chorrol sei. Zudem lernt er später den Sprecher Lucien Lechance kennen, der ihm sogleich die Bosmerin Teleandril als Begleiterin zur Seite stellt.​

    Über den in Corrol stationierten Morgenröte-Agenten Eugal Belette erfahren sie, dass Cascada zuletzt in der Weynon-Priorei gesichtet worden sei und machen sich noch in der selben Nacht auf den Weg dorthin.​

    Im Innern konnten Sarnek und Teleandril ein Gespräch zwischen zwei Mönchen belauschen, in dem es unter anderem um Kvatch und Uriels Thronerben geht.​

    Die Nacht endet in einem Streitgespräch zwischen Sarnek und seiner Begleiterin, und so kehrt der Agent alleine ins Hauptquartier der Morgenröte zurück, um seine Erfahrungen an seine Anführerin weiterzugeben. Gleichzeitig stürmen Teleandril und einige Söldner die Höhle und greifen die Agenten an. Teleandril selbst wird gefangengenommen. Ruma befiehlt Sarnek, sie zu töten, doch der besinnt sich eines Anderen und ersticht stattdessen Ruma, ehe er sich mit der Bosmerin aus der Höhle teleportiert und genau vor den Toren des zerstörten Kvatch landet.​

    In einem Traum erscheint Sithis und erklärt dem nun Heimatlosen, dass er, Teleandril und sogar Cascada Teil eines gemeinsamen Schiksals seien, das er ihnen erdacht habe. Nur mit Sarneks und Teleandrils Hilfe könne Cascada ihren Teil dazu beitragen, damit "das Rad der Zeit sich weiterdreht."​

    So schließen sich die beiden der kampferprobten Bosmerin an und unterstützen sie bei der Befreiung der Stadt und der Rettung Bruder Martins, dem letzten Thronerben des Kaisers. Zur selben Zeit griff die Morgenröte die Priorei an und eroberten das Amulett der Könige. Allein Bruder Jauffre, der sich als Großmeister der Klingen herausstellt, überlebt und führt die Gruppe zu deren Festung: dem Wolkenherrscher-Tempel.​

    Viel Zeit, die neue Freundschaft zu feiern, bleibt allerdings nicht, denn ein unerwarterter Besucher taucht plötzlich vor Sarnek und Teleandril auf und verkündet ihnen eine entsetzliche Neuigkeit.​

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    Soweit erst einmal. Das erste Kapitel erfolgt morgen. Solange müsst ihr euch also noch gedulden. ;)
     
    Zuletzt bearbeitet: 2. Mai 2010
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  3. Wolfman23

    Wolfman23 Abenteurer

    Die Nacht legte sich über das Land wie ein schwarzes Tuch. Kein einziger Stern funkelte am Himmelszelt, und selbst der Mond wollte sich nicht zeigen. Ein Unwetter kündigte sich mit lautem Donnergrollen an. Doch Regen allein war nicht ausreichend, um ein komplettes Volk in Panik zu versetzen. Es lag etwas viel Bösartigeres in der Luft, dies spürte man sogar unter der Erde.

    Auf den ersten Blick war Cheydinhal ein ruhiger Ort voller friedfertiger und fleißiger Menschen, wäre da nicht im Osten der Stadt diese kleine verlassene Hütte, deren Keller ein düsteres Geheimnis barg, genauer gesagt eine Geheimtür.

    Hinter dieser Tür lebte die Dunkle Bruderschaft - von den Unwürdigen abfällig als Mördergilde bezeichnet. Die Bruderschaft tötete im Namen ihres Gottes Sithis', doch sie töteten nicht einfach so. Nein, ihre Opfer waren zumeist Menschen, die Anderen in irgendeiner Form unliebsam geworden und somit zu einem verfrühten Ableben quasi auserwählt waren. Solang solche Menschen existierten, würde die Bruderschaft weiterbestehen.

    In dieser unheiligen Nacht jedoch lag etwas gar Grauenvolles in der Luft. Die Geschehnisse der letzten Tage waren ein weiteres Zeichen. Davon waren alle überzeugt - besonders Antoinetta Marie.

    Erst tauchte nach fünf Jahren der Verräter Sarnek wieder auf und verkündete etwas von einer Mission, auf der er sich befände und erdreistete sich dann sogar, an jenem Ort, an der er nur Verderben und Chaos hinterließ, Informationen in Erfahrung bringen zu wollen.

    Um ein Haar hätten Gogron und die Anderen ihn endgültig zu Sithis geschickt. Antoinetta selbst hätte ihn persönlich den Dolch ins Herz gejagt, wären da nicht die Erinnerungen an eine Liebe, die sie beide einmal geteilt hatten. Eine in blut getränkte Liebe, aber in jeder Hinsicht echt und greifbar. Sein Verrat - die Hinrichtung Vladimir Veranes - hatte diese Liebe zerstört, und doch zeigte Sithis Gnade mit seiner Seele. Also ließ auch sie ihn laufen in der Hoffnung, dass er sich auf seiner Reise selbst zugrunde richten möge.

    Kaum war er jedoch verschwunden, tauchte auch gleich Lucien Lechance, Veranes Nachfolger, auf und nahm Teleandril mit sich. Sie sei dazu auserwählt, Sithis auf ganz besondere Art zu Diensten zu sein. Nicht einmal sie, ihre beste Freundin Antoinetta Marie, durfte erfahren, worum es ging.

    So lag sie wach und in ihren Gedanken versunken auf ihrem Bett, als plötzlich Geschrei vor der Tür zu vernehmen war.
    "Eindringling!", hörte sie Teeinavas Stimme. Lauter werdende Kampfgeräusche und berstendes Holz.

    Vor der Tür des Wohnbereiches bot sich dem Mädchen ein grauenvolles Schauspiel.
    Ein in eine garstige rote Rüstung gehülltes Wesen war irgendwie in ihren Unterschlupf gelangt und schlug nun alles kurz und klein. Der Untote Wächter lag in seine Einzelteile zerlegt in der Ecke, und der Argonier Teeinava wurde am Hals gepackt und gegen eine Wand gedrückt.

    "Wo ist Sarnek?", fragte eine unwirklich klingende Dämonenstimme, "Wo ist die Bosmerin?"
    "Ich...ich kenne keinen Sarnek", keuchte der Argonier nach Luft ringend.
    "Du lügst. Wir wissen,dass er hier war. Und wir wissen, dass er einer von euch ist. Verrate uns, wo er ist, oder stirb."
    "Ihr irrt euch. Wir haben keine Ahnung, wo er ist. Wir haben ihn verjagt, und er zog weiter."

    Darauf schleuderte der Dämon ihn mit voller Wucht gegen die Wand. Das Brechen seiner Knochen und ein letzter Aufschrei waren Teeinavas letzte Laute.
    "Niemand belügt die Mythische Morgenröte!", gab ihm der Krieger zum Abschied mit.

    Entsetzt betrachtete Antoinetta dieses Grauen, als der Attentäter nun auf sie zukam. Wo waren die anderen? Wo waren Ocheeva, Vicente und M'raaj-Dar?

    Wie aufs Stichwort kam der magiebegabte Khajiit in diesem Moment aus dem Trainingsraum gestürzt und warf einen Kugelblitz auf den Eindringling, doch der schien sich daran nicht besonders zu stören und lachte nur.
    "So schnell lässt sich ein Streiter des Fürsten Dagon nicht erledigen, sterblicher Narr."

    Er packte den Magier und das Mädchen am Kragen und hielt sie ein paar Meter in die Luft. Sein Gesicht war nicht zu erkennen, doch seine Stimme klang wie ein überlegendes Grinsen.
    "Ich wiederhole meine Frage - Wo ist Sarnek?"

    Ja,wo war der Verräter eigentlich? Wenn sie das wüsste. Telaendril hatte erwähnt, dass die Bosmerin, die er suche, in Richtung Kaiserstadt oder Chorrol unterwegs sei. Das war vor ein paar Tagen, aber wo war er jetzt?

    "Wir wissen nur", entschloss Antoinette wahrheitsgemäß zu antworten, "dass er einer Bosmerin folgte, die auf dem Weg in den Westen war. Seitdem haben wir nichts mehr von ihm gehört"
    "Ihr wagt es immer noch, mich zu belügen?", dröhnte die Stimme bedrohlich, "Eine von euch, eine junge Waldelfe, war bei ihm und hat Söldner in unser Hauptquartier gelockt. Sarnek hat unsere Anführerin getötet und ist dann mit dem Mädchen spurlos verschwunden, und ihr behauptet noch immer, nicht zu wissen, wo er steckt?"

    Er drückte dem Mädchen mit seiner großen Pranke die Kehle zu, ihre Sicht war benebelt, aber sie konnte den fauligen Atem des Todes spüren, als er mit seinen Lippen näher an ihr Gesicht kam.
    "Was nützt es euch, ihn zu schützen? Euer Untergang ist nah, und niemand kann das verhindern. Weder der Verräter Sarnek, noch die Bosmerin, die er für uns finden sollte und sich stattdessen auf ihre Seite schlug."

    In der Zwischenzeit hatte sich der Khajiit soweit erholt und nutzte die Ablenkung, um den Krieger einen weiteren Blitz entgegenzujagen. Der tötete ihn nicht, aber zumindest ließ er seine beiden Gefangenen überrascht los. Wütend holte er zu einem Schlag aus, doch M'raaj-Dar war schnell und sprang zur Seite. Auf diese Weise lenkte er den Streiter ab, während Antoinetta ihren Dolch hervorholte.

    Seit Sarnek fort war, hatte sie ihn nicht mehr benutzt. Ihre Mordlust war mit ihm verschwunden, ihre Seele war durch seinen Verrat in Stücke gerissen, doch die letzten Worte dieses Dämonen änderten alles. Sarnek hatte also für diese Monster gearbeitet, war einer von ihnen. Sie kannte diese Mythische Morgenröte nicht, aber ihr Interesse galt offensichtlich der Zerstörung allen Lebens, und Sarnek hatte dieses Interesse wohl geteilt, warum auch immer. Und Telaendril war bei ihm. Dies war also ihre geheimnisvolle Mission. Wenn sie ihn hätte töten sollen, dann hätte sie dies schon längst erledigt. Antoinetta hatte keine Ahnung, wie das alles zusammenhing, aber Sarnek lebte, und ihre beste Freundin war an seiner Seite, wie Sithis es ihr aufgetragen hatte. Und plötzlich hatte das Mädchen das Gefühl, dass auch sie ihren Beitrag leisten müsste - wie eine Stimme, die leise und nur zu ihr sprach: "Es wird dich das Leben kosten, aber du musst es tun. Du musst es tun, im Namen Sithis!"

    "M'raaj-Dar, verschwinde von hier!", schrie Antoinetta dem Khajiit zu, "Rette dich und hol Hilfe!"

    Darauf packte sie das Heft ihres Dolches noch fester und rannte auf den Dämon zu. Der jedoch war schneller, drehte sich mit seinem mächtigen Claymore um die eigene Achse und schlug die junge Kaiserliche mit einem Streich entzwei. Ihr Blut tränkte die Steinwände und den zerfetzten Läufer unter ihr.

    Der Magier war wie erstarrt angesichts dieses sinnlosen Blutbads. War ihr Opfer wirklich nötig?

    M'raaj-Dar hatte nicht die Zeit, lange darüber nachzudenken, denn der Krieger kam nun wieder zornig brüllend auf ihn zugerannt, den Zweihänder genau auf ihn gerichtet.

    Er versuchte mit aller Kraft, das Entsetzen aus seinem Gedächnis zu bannen und sich stattdessen zu konzentrieren, wie man es ihm einst in der Magiergilde beigebracht hatte, ehe er sich entschloss, seine Fähigkeiten in die Dienste Sithis' zu stellen.

    Die blutgetränkte Schneide des Claymores raste unaufhaltsam auf ihn zu, doch sie verfehlte ihr Ziel. An der Stelle, an der eben noch der Khajiit stand, befand sich nur noch Luft. M'raaj-Dar war verschwunden ...

    ... und tauchte nur wenige Sekunden später vor den erschrockenen Gesichter zweier Gestalten auf, die er nur zu gut kannte - Sarnek und Telaendril.

    Ende Kapitel I
    Dann kam die Finsternis. Mit letzter Kraft japste er noch ein "Hilfe!", ehe er erschöpft im ewigen Winter der Jerall-Berge zusammenbrach.

    Man hatte M'raaj-Dar umgezogen, gewaschen und dann im Gästequartier untergebracht und ins Bett gelegt. Telaendril und Sarnek standen daneben und blickten einander entgeistert an.

    "Armer Kerl!", seufzte die Bosmerin angesichts des scheinbar völlig verausgabten Magiers, "Er muss seine gesamten Kraftreserven für den Sprung hierher verbraucht haben."
    "Sieht so aus. Umsonst ist er auf jeden Fall nicht hier. Irgendwas muss geschehen sein."

    In selben Moment öffnete sich hinter ihnen die schwere Holztür, und Cascada, die blauhaarige Bosmer-Kriegerin trat herein, in ihren Händen ein Tablett mit einem Becher Wein und zwei Milchsemmeln.
    "Ist unser Patient schon aufgewacht?", fragte sie leise.
    "Bis jetzt noch nicht, aber er ist schon ruhiger geworden",antwortete Sarnek und blickte den Bewusstlosen gedankenverloren an.

    Als er vor dem Wolkenherrscher ankam, sah er schrecklich aus. Sein Gewand war zerfetzt und voller Flecke. Sein pelziger Körper war mit Wunden und Dreck übersäht, als wäre er direkt aus einer Schlacht gekommen. Doch soweit Sarnek wusste, verließ M'raaj-Dar niemals die schützende Dunkelheit ihres Unterschlupfs. Nachdenklich massierte er sich sein stoppeliges Kinn.

    Telaendril bemerkte die geistige Abwesenheit ihres Gefährten und legte ihre Hand wie zum Trost auf seine schlanke Schulter, doch eigentlich fühlte sich nicht unbedingt besser und musste unwillkürlich an ihre Kameraden aus der Bruderschaft denken und daran, was mit ihren Freunden in Kvatch geschehen war.

    Cascada stellte das Tablett auf dem Nachttisch neben dem großen Bett ab und musterte den seltsamen Besucher misstrauisch. Sie kannte den Khajiit nicht, aber ihre neuen Freunde offensichtlich umso besser. Sie hatten bisher noch nicht viel von sich preisgegeben, was ihr im Grunde nicht allzu viel ausmachte. Schließlich hatte auch sie selbst so ihre Geheimnise, welche sie möglichst für sich behalten wollte. Und doch war, als könnte auch sie eine gewisse Verbundenheit zu diesem M'raaj-Dar spüren, obwohl sie sicher war, ihm noch nie begegnet zu sein, weder in Cyrodiil noch sonst irgendwo im weiten Tamriel.

    Es dauerte zwei volle Tage, ehe M'raaj-Dar endlich zu sich kam. Die ganze Zeit über wälzte er sich auf dem Bett hin und her, rief um Hilfe und nach seinen Kameraden. Mit einem panischen Aufschrei saß er plötzlich im Bett und blickte sich verwirrt und am ganzen Körper zitternd um. Telaendril, die neben seinem Bett auf einem Stuhl eingeschlafen war, erwachte und schaute begeistert zu dem Khajiit hinüber.

    "Endlich, du bist wach", rief sie begeistert und schloß ihren pelzigen Freund in die Arme wie ein Kind, das sein Kuscheltier wieder gefunden hat.
    "Telaendril?", erinnerte der Magier sich langsam, "Wo sind wir hier?"
    "Dies, mein Dunkler Bruder, ist der Wolkenherrscher-Tempel in den Jerall-Bergen, die Festung der Klingen des Kaisers. Du bist vor ein paar Tagen genau vor unseren Füßen gelandet und zusammengebrochen, aber dank unserer neuen Freunden konnten wir dich wieder zusammenflicken. Wie hast du uns überhaupt gefunden?"

    "Purer Zufall!", antwortete M'raaj-Dar noch geschwächt, "Ich hatte nicht viel Zeit, mir einen bestimmten Ort zu suchen, also bin ich blind gesprungen, was natürlich ein gewisses Risiko birgt. Aber dann hab ich deine geistige Nähe gespürt und hab mir einen Weg zu dir gebahnt. Du sagst, wir sind im Norden? Kein Wunder, dass ich von eisger Kälte umgeben war."

    Dann fiel ihm auf, dass Telaendril allein war.
    "Wen meinst du mit 'uns'?", fragte er neugierig.
    Telaendril atmete tief durch und antwortete vorsichtig: "Sarnek ist in der Großen Halle bei den anderen. Es ist einiges vorgefallen. Zuviel, um dir das jetzt alles auf einmal zu erzählen."

    Nun trat auch Sarnek herein und erkannte sofort, dass der Khajiit wach war. Sie warfen sich einander misstrauische Blicke zu, ehe sich Sarnek langsam näherte.

    "Na, endlich wieder unter den Lebenden?", bemerkte Sarnek gespielt freundlich, "Du hast lange geschlafen. Knapp zwei Tage, um genau zu sein."
    "Ja, du Schwätzer. Und um ein Haar wäre ich genauso gestorben wie die anderen..."

    Plötzlich verblasste M'raaj-Dars Zorn ob dieser Erkenntnis, die mit einem Mal auf ihn einstürzte, und übrig blieb nur noch schmerzhafte Trauer.
    "Bei Sithis, sie sind alle tot", seufzte er und senkte sein pelziges Haupt.

    Telaendrlil blickte verzweifelt zu Sarnek herrüber und ergriff seine Hand.
    "Was ist geschehen, M'raaj-Dar?", fragte Sarnek besorgt und von einer düsteren Vorahnung erfüllt.
    "Wir sind angegriffen worden", erzählte der Khajiit, "Ein einziger Krieger in einer angsteinflössenden Rüstungen drang in unser Versteck und schlug alles kurz und klein. Aber er war so stark wie ein ganzes Heer - ZU stark"
    "Ein Dremora!", murmelte Sarnek, seine Vermutung war bestätigt.

    "Dass DU die kennst, war mir schon klar", zischte der Magier wütend, "Nach dir Bastard hat er schließlich gesucht."
    "Erzähl bitte weiter!", besänftigte Telaendril den Khajiit, der darauf etwas stockender fortsetzte.

    "Gogron und Ocheeva waren die ersten. Nicht einmal der große Ork mit seiner Axt war diesem Dämon gewachsen. Vicente konnte ihn einen kurzen Augenblick in Schach halten, während ich versuchte,ihn mit Zaubern zu traktieren, aber es war, als würde man Trolle mit Weintrauben bewerfen."

    M'raaj-Dar schluckte kurz, ehe er Tränen unterdrückend weitererzählte:
    "Er erschlug den Vampir, schleuderte mich gegen eine der Strohpuppen und verließ dann den Trainingsraum. Es dauerte ein Weilchen, bis ich mich wieder aufrappeln und ihm folgen konnte. In der Zwischenzeit lag auch Teeinava mit gebrochenem Genick am Boden."

    Telaendril schluchzte verzweifelt. Sie legte den Kopf in ihre Hände und begann lauthals zu weinen. Ihre Freunde waren tot, alle waren sie Opfer der Mythischen Morgenröte geworden, und Sarnek fühlte sich mehr als schuldig.

    "Und Antoinetta?", fragte dieser vorsichtig. Die Erinnerung an sie waren während seiner Zeit mit Telaendril mehr und mehr verblasst, doch nun kehrte sie schlagartig zurück. Seine Hoffnung jedoch, sie könne noch am Leben sein, war schnell wieder zunichte.

    "Er fragte uns nach dir aus", antwortete M'raaj-Dar verächtlich, "Er wollte wissen, wo du steckst. Er erzählte uns sogar einige interessante Dinge über dich. Scheint so, als hättest du Einiges durcheinander gebracht. Herzlichen Glückwunsch auch!
    Er wollte uns natürlich nicht glauben und war nun drauf und dran, uns zu zu erledigen . Ich schaffte es zum Glück, uns aus seinem Griff zu befreien und lenkte ihn ab in der Hoffnung, Antoinetta retten zu können. Doch sie forderte mich nur auf, zu verschwinden und raste dann mit gezücktem Dolch auf den Krieger zu. Ich konnte nichts tun. Es war völlig sinnlos. Er erschlug sie ganz ohne Mühe. Ich hatte keine andere Wahl,als zu verschwinden. Ich befürchte, von unserem Unterschlupf ist nur noch eine rauchende Ruine übrig."

    Völlig leer saß M'raaj-Dar nun auf seinem Bett und hatte nicht mehr die Kraft, noch irgend etwas zu fühlen. Weder den Hass auf Sarnek, noch die Trauer um seine verlorenen Brüder und Schwestern.
    Sarnek war verzweifelt auf die Knie gegangen und krallte seine Hände in den weichen Teppich unter seinen Beinen.
    "Was hab ich nur angerichtet?" murmelte er, seinen Blick auf den Boden gerichtet, während Telaendril neben ihm noch immer weinte.

    Ende Kapitel II
    Die Haupthalle des Tempels war ein großer Aufenthaltsraum mit Kamin, einigen Tischen und Stühlen. An jenem Abend jedoch hatte man die Tische zusammengeschoben. Es wurde Kriegsrat gehalten, und alle - einschließlich Sarnek, Telaendril und M'raaj-Dar - waren daran beteiligt. Nur Cascadas Geliebter Baurus war nicht dabei, da er vergangene Nacht in die Kaiserstadt aufgebrochen war.

    "Die letzen Ereignisse haben uns klar vor Augen geführt", berichtete Cascada, "dass es keine Sicherheit mehr gibt. Der Feind ist ganz klar in die Offensive gegangen und drängt uns nach und nach in die Ecke. Der Kaiser ist tot und Kvatch dem Erdboden gleich. Zudem ist das Amulett der Könige nun auch in den Händen der Mythischen Morgenröte. Was dies für uns und Tamriel bedeutet, wisst Ihr. Wir brauchen einen Plan, und zwar einen verdammt guten!"

    "Zunächst einmal müssen wir in Erfahrung bringen, wo sich das Versteck dieser Agenten befindet", erklärte Jauffre besonnen, "In der Kaiserstadt finden wir vielleicht Hilfe. Baurus ist ja bereits dorthin aufgebrochen. Möglicherweise konnte er schon etwas in Erfahrung bringen. Jemand sollte ihn dort aufsuchen."

    Das ursprüngliche Versteck der Morgenröte - der geheime Dagon-Schrein über dem Arrius-See, war nach dem Angriff der Söldner nicht mehr ganz so geheim. Sarnek befürchtete, dass die Agenten dieses Mal etwas vorsichtiger sein würden.

    "Ich werde selbst gehen!"
    Cascada war eine geborene Anführerin; das war nicht zu übersehen. Tapfer und kampfbereit schritt sie jeder Gefahr entgegen. Sarnek bewunderte sie für ihre Tatkraft. Schon lange hatte er vergessen, dass sie bis vor Kurzem noch seine erbitterte Feindin war. Seine Vergangenheit war Geschichte, und er würde sie am liebsten wieder ungeschehen machen.
    "Und Sarnek wird mich begleiten!", fügte die Bosmerin hinzu. Sarnek schreckte auf und blickte zu ihr hinüber.
    "Ich?"
    "Sarnek, kein Mensch kennt die Daedra so gut wie du. Ohne dich hätte ich dieses verdammte Tor niemals schließen können. Zudem sollst auch die eine Chance haben, deine Freunde aus dem Rebellenlager zu rächen."

    Rebellenlager! Bei dem Wort schmunzelte Sarnek kurz, obwohl es da wohl wirklich nichts zu lachen gab. Er hatte Cascada erklärt, seine ehemaligen Kameraden wären Rebellen gewesen, die im offenen Kampf gegen die Daedra gefallen wären. Dass sie in Wirklichkeit allesamt Meuchelmörder waren, konnte sie nicht ahnen. Dennoch befürchtete Sarnek, dass die Bosmerin es eines Tagen herausfinden könnte oder gar, dass er es war, dem sie damals den Feuerball entgegenschleuderte.

    "Ich stehe dir zur Verfügung!", antwortete Sarnek etwas unwillig.
    "Und was ist mit M'raaj-Dar und mir?"
    Telaendril war von dem Gedanken, in der Festung zurückbleiben zu müssen, alles Andere als angetan. Schon lange hatte sie keine Mordaufträge mehr ausführen können und war dementsprechend unausgelastet. Sie brauchte etwas zu tun. Etwas - bei dem Blut floss.

    "Euch sende ich nach Anvil. Ich habe dort ein Haus in Besitz genommen, dass ich aber leider noch nicht begutachten konnte. Da wir alle von den Daedra gejagt werden, sollten wir den Wolkenherrscher vorerst verlassen, damit sie nicht zu schnell auf Martin aufmerksam werden. Haus Benirus wird also unser neues Hauptquartier werden."

    "Seid aber vorsichtig!", fügte Sarnek hinzu, "es gibt in jeder Stadt mindestens einen Agenten der Morgenröte, auch in Anvil. Sobald sie euch erkennen, werden sie euch angreifen."

    So war es also beschlossene Sache. Noch vor Sonnenaufgang des nächsten Tages würden sie zu Viert den Schutz des mächtigen Wolkenherrschers verlassen uns sich mittlerweile wie gewohnt in tödliche Gefahr begeben. Bis vor die Brücke zur Kaiserlichen Insel würden Cascada, Sarnek, Telaendril und M'raaj-Dar gemeinsam reisen, doch dann würden die junge Bosmerin und der Khajiit weiter Richtung Anvil aufbrechen, was für sie eine längere Reise bedeutete, da der Magier, seit er sich beim letzten Mal dermaßen verausgabt hat, den Teleportationszauber nicht mehr ausführen konnte, wie er unter Fluchen und Jammern hatte feststellen müssen. Sarnek war sich auch nicht sicher, ob es eine gute Idee war, M'raaj-Dar nun auch noch in den Krieg hineinzuziehen, aber er hatte wohl keine andere Wahl, als sich damit abzufinden.

    Es gab ohnehin kein Zurück mehr. Das Abenteuer begann ...

    Ende Kapitel III
    "Bei Sheogoraths grün getupfter Unterhose!" fluchte M'raaj-Dar aus Leibeskräften, "Wie kommt DER denn hierher?"

    Die Frage war durchaus berechtigt. Die Morgendämmerung war noch nicht einmal teilweise zu erkennen, als sich die vier Recken zum Stall der Klingenfestung aufmachten und dort unter den Reittieren der Soldaten ein pechschwarzes Ross entdeckten, dessen alleinige Anwesenheit schon ausreichte, um die anderen Pferde nervös zu machen.

    "Wessen Pferd ist das?", fragte Cascada verwirrt, ohne auf eine brauchbare Antwort zu hoffen. Sarnek lief an ihr vorbei und vorsichtig auf das Tier zu.
    "Ich hab da so eine Ahnung!", murmelte er.

    Die feurigen Augen blitzten bedrohlich, seine lange schwarze Mähne flatterte im kalten Wind der Jerall-Berge. Doch das Tier selbst rührte sich nicht. Es stand nur fertig gesattelt an seinem Platz zwischen den anderen Tieren und beobachtete die kleine Gruppe erwartungsvoll.

    Sarnek überprüfte die Satteltaschen, die außer einem beschriebenen Pergament nichts enthielten. Der Brief war an Sarnek gerichtet:

    "Sei gegrüsst, Sarnek. Wenn du dies hier liest, hast du mein kleines 'Präsent' für dich gefunden. Sein Name ist Shadow, und er ist der Sohn meiner Schattenstute. Er wird dir auf deiner Reise sicher noch gute Dienste leisten.

    Ich habe erfahren, was im Unterschlupf geschehen ist und bin ebenso entsetzt wie du. Es scheint, als hätten deine ehemaligen Kameraden die Dunkle Bruderschaft zu ihrem neuen Feind erklärt. Das lässt die Schwarze Hand natürlich nicht auf sich beruhen. Bevor wir allerdings eine Gegenoffensive starten können, brauchen wir mehr Informationen. Ich hoffe hierbei auch auf deine Unterstützung und werde schon bald wieder mit dir in Kontakt treten. Bis dahin wünsche ich dir und deinen Kameraden viel Glück bei eurer Mission. Unser Leben für Sithis, mein Freund!

    L.L."

    Sarnek rollte das Pergament wieder zusammen und steckte es zurück in den Sattel.
    "Scheint so!", sagte er gelassen, "als hätte man uns einen weiteren Kameraden zur Seite gestellt."

    So machten sich also drei Pferde auf, um ihre Reiter an ihre jeweiligen Ziele zu bringen. Sarnek ritt auf Shadow, Cascada auf ihrer Schimmelstute Beauty, und der Khajiit und Telaendril teilten sich einen Rotfuchs, den ihnen Hauptmann Steffan zur Verfügung stellte.

    "Ich will dir ja nicht zu nahe treten", bemerkte Cascada beiläufig, "aber du hast schon seltsame Freunde."
    "Wenn du wüsstest!", antwortete der Kaiserliche mit einem bitteren Grinsen im Gesicht.

    Nur wenige Stunden später erreichten sie die große Brücke über dem Rumare-See, der die Insel der Kaiserstadt umgab. Die Sonne schickte sich bereits an, am Himmel zu erscheinen, was diesen in ein verblassendes Rot färbte.

    "Ab hier trennen sich unsere Wege!", richtete sich die Bosmerin mit dem blauen Pferdeschwanz an Telaendril und den Magier, "Folgt einfach der Goldenen Straße weiter vorbei an Skingrad bis nach Anvil, aber hütet euch. In dieser Zeit lagern viele Banditen in der Nähe. Sobald wir in der Kaiserstadt fertig sind, werden wir zu euch stoßen. Passt bis dahin auf euch auf."
    "Ihr auch!", antwortet Telaendril, "Besonders du, Sarnek. Wenn du nicht heil zu mir zurückkehrst, bring ich dich um."

    Sie lächelte Sarnek noch einmal hinterher und gab dann ihrem Pferd die Sporen, den vor sich hin grummelnden M'raaj-Dar hinter sich. Kaum waren sie hinter der nächsten Biegung verschwunden, atmete Sarnek tief durch und folgte seiner Begleiterin dann in die Kaiserstadt, wo einst das ganze Übel begann - Sithis' Schicksalsspiel, dessen Inhalt ihm noch nicht ganz geläufig war. Er dachte an Antoinetta, die für M'raaj-Dar ihr Leben opferte und vielleicht auch für Sarnek. Er dachte an Telaendril, die ihm anfangs auf Luciens Wunsch - auf Sithis' Wunsch - folgte und nun aus Liebe zu ihm sogar ihre Bestimmung als Mörderin aufgab zugunsten einer viel größeren Aufgabe, die noch mehr Leben kosten würde, als es bisher der Fall war. Und dann war da noch die anmutige Cascada, die von all dem noch nichts wusste und selbst ein enormes Geheimnis mit sich zu führen schien.

    Die Mauern der kreisrunden Kaiserstadt waren dicker als die jeder anderen Stadt in Cyrodiil. Der Weißgoldturm erstreckte sich majestisch gen Morgenhimmel in die Höhe, als wolle er die Sonne mit einem grüßenden Kuss empfangen.

    "Wo befindet sich Baurus genau?", fragte Sarnek, um seine Gedanken zu verscheuchen.
    "Er wollte sich in Luther Broads Pension im Elfengarten-Bezirk ein Zimmer nehmen und von dort seine Untersuchungen durchführen. Dort werden wir beginnen."

    Im Zentrum der Stadt befand sich der gewaltige Kaiserpalast, in welchem der Ältestenrat tagte. Um den Palast herum waren die einzelnen Bezirke angelegt, sechs an der Zahl. Der Elfengarten befand sich im nordöstlichen Bezirk und wurde flankiert vom Marktbezirk und vom Talosplatz, der zugleich als Eingangsbereich der Hauptstadt fungierte. Die ganze Stadt war so angelegt, dass es relativ schwer viel, sich zu verlaufen. Sarnek war schon oft in der Kaiserstadt, meistens für irgendeinen Auftrag, die er entweder für die Bruderschaft oder später auch für Ruma Camoran auszuführen hatte. Doch nie zuvor war ihm aufgefallen, wie faszinierend die Baukunst der Ayleiden war, wie perfekt sie ihr Handwerk verstanden. Wenn die Mythische Morgenröte ihre Pläne durchsetzen könne, würde von all dem nicht mehr übrig bleiben als Schutt und Asche und ein brennender Himmel. Bis vor Kurzem glaubte er dieses Paradies des Todes noch selbst erleben zu wollen, nun aber war alles anders. War es vielleicht schon immer.

    Ende Kapitel IV
    Wie die meisten anderen Bezirke war auch der Elfengarten durch eine breite Straßenkreuzung in vier gleichmäßige Häuserblöcke unterteilt, hauptsächlich Wohngebäude. Es gab gleich zwei Herbergen im Bezirk, die sich einander gegenüber standen - das "Zum König und zur Königin" auf der einen Seite, und Luther Broads Pension auf der anderen Seite.

    Zu jener Tageszeit jedoch war es in den Gaststätten eher ruhig. Nur ein Mann saß an einem Tisch in der Ecke und las Zeitung. Ein weiterer - ein Rothwadone in dunklen Hosen und einem einfachen Wollhemd gekleidet, saß an der Theke. Baurus hatte es vorgezogen, nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und verzichtete daher auf seine Klingenrüstung.

    Baurus erkannte seine Geliebte und ihren Begleiter auf Anhieb, versuchte sicher aber nichts anmerken zu lassen. Er blickte sich kurz nach dem Herrn mit der Zeitung um und gab Cascada dann mit einem vorsichtigen Nicken zu verstehen, dass sie sich zu ihm setzen sollten.

    "Verhaltet euch ganz ruhig!", flüsterte er, "Dieser Mann dort hinter uns kommt mir sehr verdächtig vor. Er folgt mir schon eine ganze Weile. Passt auf, ich werde jetzt aufstehen und in den Keller laufen. Sollte der Kerl mir wieder folgen, dann folgt ihr ihm."

    Baurus erhob sich und ging so unauffällig wie möglich auf die Kellertreppe der Pension zu. Kaum war er verschwunden, erhob sich der Andere tatsächlich und begab sich ebenfalls in den Keller.
    Sarnek und die Bosmerin schauten sich fragend in die Augen und liefen hinterher, die Schwerter sicherheitshalber schon griffbereit.

    Im selben Augenblick rief der Fremde eine daedrische Rüstung herbei und stürzte sich auf den Rothwadonen. Cascada und Sarnek waren sofort zur Stelle. Schnell war der Feind niedergestreckt. Baurus durchsuchte das Gepäck des Agenten und entdeckte darin ein Buch mit rotem Einband einem stilisierten Sonnenaufgang bedruckt.
    "'Erläuterungen zum Mysterium Xarses' - Band Eins'", las Baurus. Sarnek kannte die Bücher.

    "Tut mir leid, dass ich euch nicht angemessener begrüssen konnte, aber ihr seid in einem ungünstigen Moment aufgetaucht."
    "Hast du denn schon etwas Brauchbares herausgefunden?", fragte Cascada den Rothwadonen ungeduldig.
    "Nur, dass dieses Mysterium Xarxes, um das es hier in diesem Buch geht, in irgendeinem Zusammenhang zur Morgenröte steht. Angeblich gibt es insgesamt vier Bände. Vielleicht weiß man in der Geheimen Bibliothek Rat. Tar-Meena beschäftigt sich meines Wissens sehr häufig mit Daedrischer Literatur. Kann nicht schaden, bei ihr einmal vorbeizuschauen. Ich werde in der Zeit weiter die Ohren offenhalten."

    Er überreichte Sarnek das Buch und begab sich gähnend die Treppe hinauf zu seinem Zimmer, ohne auch nur eine Antwort abzuwarten. Vermutlich hatte er seit seinem Aufbruch kein Auge mehr zugetan und war nun durch nichts mehr davon abzuhalten.

    Sarnek wusste, wo das Rätsel, dass sich in diesen Büchern verbarg, hinführen würde - in diese verdammte Höhle über dem Arrius-See nahe Cheydinhal - und fragte sich, welchen Sinn es machte, dort hin zu gehen. Sollten Dagons Anhänger tatsächlich noch dort sein oder zumindest irgendetwas hinterlassen haben, was in ihrer Situation hilfreich sein konnte?

    Letztendlich hatte er nur zwei Möglichkeiten:
    Entweder kürzte er den Weg ab und erzählte Cascada alles, was er wusste, womit er zwangsläufig auch seine düstere Vergangenheit würde preisgeben müssen.
    Oder er ließ es darauf ankommen und riskierte es, dass sie die Höhle am Ende verlassen und nutzlos vorfinden oder - im schlimmsten Fall - in einen Hinterhalt geraten.

    Für Sarnek war dies eine Entscheidung zwischen zwei Todesurteilen.

    Ende Kapitel V
    Es waren erst wenige Stunden vergangen, als sie Skingrad hinter sich gelassen hatten und nun durch die Westebene ritten. Das Gebiet war gezeichnet von zahlreichen Goblinhöhlen und ein paar Ruinen. Banditen hatten sich bislang noch keine blicken lassen.

    Das Pferd trottete gemächlich dahin und schien seine beiden Passagiere auf seinem kräftigen Rücken nicht zu registrieren. M'raaj-Dar hasste das Reiten. Bei jedem Schritt des Tieres schmerzte der Sattel unter dem Khajiit. Doch dies waren bei Weitem nicht seine größten Sorgen.

    "Wie kannst du diesem Verräter nur trauen?", brach er das erdrückende Schweigen, "Seinetwegen wurde unsere ganze Familie getötet. Er stürzt uns alle ins Verderben."
    "Sarnek kann nichts dafür,M'raaj-Dar. Gewiss, er hat Vladimir getötet. Wen er es nicht getan hätte, dann vielleicht ein anderer. Sogar ich hatte öfters mit diesem Gedanken gespielt. Was das angeht, sind wir im gewissen Sinne alle des Verrates schulidg."
    "Und was ist mit diesen Dämonen? Sarnek gehörte zu ihnen, hat sie bei ihren finsteren Plänen unterstützt."
    "Und er hat den Kaiser für sie getötet, ja. Sogar mit Vergnügen, wie er mir erzählt hat. Wie viele Menschen haben wir auf dem Gewissen? Wie viele töteten wir für Geld und für Anerkennung?"
    "Wir töten für Sithis und nicht für die Daedra. Der Bruderschaft liegt nichts an der Zerstörung Tamriels. Das ist meiner Meinung nach gewaltiger Unterschied."
    "Sarnek hat mir das Leben gerettet, verdammt nochmal. Ich dachte, mit einer Handvoll Söldner könnte ich alles in Ordnung bringen, aber ohne Sarnek wäre ich nie lebend aus dieser Höhle rausgekommen. Nur deshalb jagen sie jetzt nach ihm. Er ist nicht mehr unser Feind, jedenfalls nicht meiner."

    Der Magier gab es auf, auf die junge Bosmerin einzureden und hoffte nur, dass sie entweder Recht hatte oder die Wahrheit erkannte, ehe es zu spät wäre. Brummend blickte er die lange Straße entlang, die sich vor ihnen erstreckte. Über ihnen lag die abgebrannte Ruine des einst so stolzen Kvatch. Sie wurde zerstört, weil sich der letzte Sohn dort versteckte. Sarnek hatte geholfen, die Stadt zu befreien, aber das wäre vielleicht nicht nötig gewesen, hätte Sarnek nivht für den falschen Gott gemordet. Es war alles seine Schuld. Er war das Übel und müsse für seine Taten büßen, und mit ihm alle, die auf seiner Seite stünden. Und M'raaj-Dar war dafür auserwählt, nur deshalb war er noch am Leben - um Rache zu üben. "Im Namen Sithis'!", murmelte der Khajiit entschlossen.

    Die Straße für hinab zur Küste. Dort lagen die Hafenstadt Anvil, die Heimat der Seeleute und Hafendirnen. Wie in jeder Stadt lauerte auch hier die eine oder andere Legende. Und eine davon handelte von jener verfallenen Villa im Osten Anvils, in der Nähe der Kapelle von Dibella.

    Cascada erhielt Haus Benirus zu einem ungewöhnlich günstigen Preis von einem gewissen Velwyn Benirus - vermutlich ein Nachfahre des ursprünglichen Besitzers. Kurz darauf war der Mann abgereist und ward nie wieder gesehen.

    Die Bosmerin konnte einen kurzen Blick in das Haus erhaschen, hatte allerdings für eine genauere Inspektion keine Zeit und beschloss daher, dies auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

    Telaendril stellte das Pferd im Stall ab und passierte mit ihrem Begleiter das Stadttor. Reges Treiben herrschte auf dem großen Vorplatz rund um dem Brunnen. Passanten unterhielten sich angeregt über die Ereignisse der vergangenen Tage oder spazierten umher. M'raaj-Dar fühlte sich und so vielen Menschen nicht wohl. Er vermisste die dunkle Abgeschiedenheit seines Unterschlupfes.

    Hinter dem prachtvollen Brunnen befanden sich die beiden Gilden. Einst war der Khajiit Mitglied der Magiergilde, für die Geheime Bibliothek allerdings nicht talentiert genug. So gab er es irgendwann auf, tötete in seinem Frust einen anderen Lehrling und flüchtete. Schließlich nahm man ihn in der Bruderschaft auf, deren Katakomben seitdem sein ständiges Zuhause waren.

    Das Haus war einem mitleiderregenden Zustand. Das einst strahlende Weiß des Gebäudes war zu einem schmutzigen Grau geworden. Hier und da blätterete bereits der Putz von den Wänden.
    Die Fenster waren gesprungen, die Tür halbmorsch. Selbst die Säulen, die das obere Stockwerk trugen, wirkten, als müssten sie jeden Moment zu Staub zerfallen. Alles in allem keinen ermutigender Anblick.

    "Ganz schön baufällig, die Bude!", grummelte M'raaj-Dar, "Würde mich nicht wundern, wenn die gleich über uns zusammenbricht."
    "Ach, da fehlt nur eine weibliche Hand, dann wird das schon wieder", witzelte Telaendril vergnügt.

    Im Garten hinter der Villa wuchsen in besseren Zeiten sicher die herrlichsten Blumen, doch nun stand dort nur ein alter knorriger Baum in einem Meer aus Unkraut. In dem ehemaligen Gemüsebeet stand nur nóch eine alte Vogelscheuche traurig in der Ecke und ließ den Strohkopf hängen, als wenn sie den Anblick des Haus nicht ertragen könne.

    Ende Kapitel VI (1/2)
    Das Innere wirkte nicht weniger heruntergekommen. Alte Holzmöbel lagen morsch oder zerbrochen herum, ein alter Kronleuchter war irgendwann von der hohen Decke gekrachte und begrub die Überreste eines großen runden Tisches unter sich. Der einst so wertvolle Teppich war von Ratten zerfressen, und im Kamin lag noch feuchtes und vom letzten Feuer verkohltes Brennholz.

    Über all das legte sich fingerdicker Staub wie ein schmutzig graues Leichentuch. Das letzte bisschen Leben ging von den zahlreichen Spinnen aus, die sich in in den Ecken unterhalb der Decke ihre Netze gesponnen hatten und dort ihre Nahrung - verweste Fliegen, verirrte Schmetterlinge und sogar kleinere Käfer - lagerten. Telaendril schüttelte sich unwillkürlich.

    Vom Wohnbereich aus führte eine brüchige Treppe ins Obergeschoss. Ihre Stufen knirschten bei jedem Schritt. Es war fraglich, wie viel Belastung sie wohl ertragen würde.

    Diese Etage war ein wenig besser erhalten. Im Schlafzimmer stand ein staubiges Doppelbett und eine wackelige Gaderobe, die noch das eine oder andere mottenzerfressene Kleidungsstück enthielt.

    Auf dem Schreibtisch in der Arbeitsstube lag noch etwas vergilbtes Pergament und ein Tintenfässchen mit einem Rest vertrockneter Schreibflüssigkeit. Das letzte verfasste Dokument war augenscheinlich ein alter Liebesbrief, der noch unfertig und mittlerweile verblasst auf der Schreibfläche.

    Zum Schluss inspizierten Telaendril noch den großen Keller, in dem sich Vorratskisten, Bierfässer und Weinregale mit dem ein oder anderen wertvollen Tropfen darunter aneinanderreihten - im ersten Augenblick nichts Ungewöhnliches. Doch merkten sie, dass sich der geräumigere Bereich am Ende des Kellergangs sich durch ein wesentliches Detail unterschied. Ein Teil der Wand passte nicht zum restlichen Bild. Das Stück war glatt und mit kryptischen Zeichen versehen.

    "Was - beim zerzausten Schwanz meiner Großmutter - ist das?", fluchte M'raaj-Dar erstaunt und streichelte vorsichtig über die Symbole. Unter seinen haarigen Fingern leuchteten die Symbole und surrten leise.
    "Von diesem Wandstück gehen magische Schwingungen aus, oder doch von dem Raum dahinter?"

    "Ein Raum?" fragte die Bosmerin verwirrt, "Du meinst, das ist eine Art Geheimtür?"
    "Möglich, aber kann sie nicht öffnen? Diese Symbole sind mir völlig fremd, aber ich vermute, dass sie etwas mit dem Öffnungsmechanismus zu tun haben."
    "Und jetzt?"
    "Wir haben genug gesehen. Lass und wieder hinausgehen und uns ein wenig umhören. Dieses Haus ist mir unheimlich."

    Kaum hatte er ausgesprochen, tauchten sie plötzlich auf - die Geister.
    Sie kreisten Telaendril und den Magier ein und attackierten sie mit Eiszaubern.
    "Ich verstehe, was du meinst!", antwortete die Waldelfe trocken und griff zu ihrem Dolch, doch die Schneide ging einfach durch die körperlosen Kreaturen durch.
    "Normale Waffen wirken bei Geistern nicht!", rief M'raaj-Dar ihr zu und warf ihr sein Kurzschwert entgegen. "Das ist mit einem Stillezauber belegt. Damit solltest du ihre Magie ein wenig eindämmen können."

    Die Geister waren zahlreich, aber die beiden unfreiwilligen Abenteurer kämpften tapfer und verringerten ihre Zahl recht schnell, bis es schließlich vorbei war. Das letzte Gespenst löste sich unter dem Feuerball aus den magischen Händen des Khajiits in Luft auf.
    "Verfluchte Villa!", keuchte er, "Hier verbringe ich jedenfalls so schnell keinen weiteren Tag, geschweige denn eine Nacht."

    Wieder an der frischen Luft suchten sie die Herberge "Des Grafen Waffen" im östlichen Wohnbereich. Der Wirt - Wilbur sein Name - kannte wie die meisten anderen Bürger von Anvil lediglich zahlreiche Legenden von Haus Benirus zu berichten - eine verworrener als die andere:

    "Angeblich soll sein ehemaliger Besitzer Logren Benirus ein berüchtiger Totenmbeschwörer gewesen sein und grausame Experimente durchgeführt haben, was der örtlichen Magiergilde ein Dorn im Auge war. Irgendwann konnte diese den Nekromanten endlich stellen und töteten ihn. Von diesen Moment an begann die Villa langsam zu verfaulen. Dieser Zustand hält bis heute an. Zahlreiche Versuche wurden unternommen, das Gebäude zu restaurieren, doch spätestens einen Tag später war alles wieder wie vorher."

    Wilbur setzte einen kurzen Moment aus, ehe er weitersprach:
    "Sein letzter Nachfahre Velwyn Benirus versuchte seitdem, die Villa günstig zu verkaufen. Vor einigen Tagen erst hatte er tatsächlich ein ahnungsloses Opfer gefunden. So ein blauhaariges Spitzohr - eine Waldelfe, glaub ich."
    "Cascada!", murmelte Telaendril.
    "Ihr kennt sie wohl, was?",grinste der Wirt, "Jedenfalls hat er ihr das Haus verkauft und ist kurz darauf verschwunden. Sie selbst ist einen Tag später auch wieder weiter gezogen, ohne auch nur einen Blick in ihren neuen Besitz geworfen zu haben, das naive junge Ding."

    "Wisst ihr zufällig auch, wo dieser Velwyn hingegangen ist?", unterbrach M'raaj-Dar den Alten.
    "Ich glaube, er wollte in die Kaiserstadt."
    "Na großartig!"

    Ende Kapitel VI (2/2)
    Die Geheime Universität war - wie es dem Baustil der Kaiserstadt entsprach - ein großes rundes Gebäude im Südosten der Stadt. Sie war vom Baumgarten-Bezirk , der wie ein kleiner Park angelegt war, aus über eine kurze Steinbrücke zu erreichen.
    Rund um die Universität erstreckte sich der Kräutergarten, in dem die Magier ihre Kräuter anbauten. Der größte Teil des Gartens befand sich allerdings hinter den verschlossenen Gattern links und rechts des Gebäudes. Nur das zentrale Haubtgebäude war auch für Nichtmagier zugänglich. Und dort wartete bereits Tar-Meena.

    Die alte und dennoch rüstig wirkende Argonierin erhob sich von ihrer Sitzbank und begrüsste Sarnek und Cascada herzlich.
    "Ihr müsst die beiden Recken sein, die sich für die ... Bücher interessieren."

    Verlegen blickte Tar-Meena um sich und sprach dann etwas leiser: "Ihr müsst verstehen, dass man es nicht sehr gerne sieht, wen sich ein Magier der Geheimen Universität mit 'zweifelhafter' Literatur befasst. Zu selbiger zählen auch die Erläuterungen. Doch Camorans Ausführungen über Mehrunes Dagon sind auf abartige Weise faszinierend. Da verwundert es mich nicht, dass sich so viele törichte Seelen bekehren lassen."

    "Es heißt, es gäbe vier Bände", unterbrach Cascada die Argonierin, "Stimmt das?"
    "Das ist richtig. Die ersten beiden Bände sind recht häufig zu finden. Band Drei kann man mit etwas Glück bei einem gut sortierten Buchhändler erstehen. Das letzte Buch jedoch erhalten angeblich nur angehende Anhänger des Fürsten Dagon. Wer bereit ist, sich seiner Sache anzuschließen und die Bände Eins bis Drei bereits in seinem Besitz hat, wird als würdig betrachtet. Wie genau das aber vonstatten geht, kann ich selbst nicht so genau sagen."

    "Das heißt, wir brauchen zuerst einmal die nächsten beiden Bände", kombinierte Cascada.
    "Korrekt. Das zweite Buch könnt ihr von mir haben. Ich hab es bereits gelesen. Für Band Drei solltet ihr einmal in der 'Erstausgabe' im Marktbezirk anfragen. Unter seinen Bücher befindet sich so manche Kostbarkeit."
    "Wir danken Euch, Magierin", antwortete die Bosmerin höflich, doch die Argonierin lachte heiter.
    "Nichts zu danken, junge Dame. Ich wünsche euch beiden viel Erfolg. Mögen die Neun Euch gewogen sein."

    Mit diesen Worten verließ sie die große und reich verzierte Empfangshalle durch eine Holztür hinter sich. Auch Cascada und Sarnek machten sich wieder auf den Weg, diesmal zum Marktbezirk im Nordosten.

    Ein Geschäft reihte sich links und rechts der gebogenen Hauptstraße ans nächste. Für jeden Geschmack war hier etwas dabei. Sarnek vermutete, dass Telaendril sich hier durchaus wohlfühlen könnte, und hoffte, dass es ihr gutginge. Zumindest war M'raaj-Dar bei ihr. Der mürrischer alte Khajiit war trotz seiner mangelhaften Manieren ein äußerst fähiger Magier, solang er nüchtern war, was in früheren Zeiten leider nicht immer der Fall war.

    In einer kleinen Seitenstraße standen sich gleich zwei Geschäfte gegenüber. Das eine war der Gemischtwarenladen "Zum Fruchtbaren Münzbeuten", der laut einiger Gerüchte mit Waren fragwürdiger Herkunft handelte. Auf der anderen Seite befand sich die "Erstausgabe". Sein Besitzer hieß Phintias.

    "'Erläuterungen zum Mysterium Xarses' - Band Drei?'", sprach der Buchhändler überrascht, "Tatsächlich hab ich genau eine Ausgabe hier, aber die hab ich bereits reserviert. Ein interessierer Sammler kommt für dieses Buch extra aus Valenwald zu mir."
    "Und wie viel hat er für dieses Buch bezahlt?", fragte Cascada neugierig.
    "Zweitausend Septime!"
    "Zweitausend? Das ist ein schöner Batzen."
    "Das stimmt. Aber für den Käufer schien der Preis keine Rolle zu spielen. Er hat ohne Murren im Voraus bezahlt. Er müsste jeden Moment kommen. Dann können sie ihn ja selbst fragen."

    Tatsächlich betrat kurz darauf ein blonder Waldelf - Sarnek gab es mittlerweile auf, sie zu zählen - in rotem Gewand den Buchhandel, nahm glücklich sein Buch entgegen und wollte sich bereits aufmachen, als Cascada ihn sogleich ansprach.

    "Guter Mann, dürften wir Euch um einen kurzen Moment Eurer kostbaren Zeit bitten?", sprach sie in höflichem Ton, "Es wäre wichtig."
    "Mein Name lautet Gwinas, wenn es Euch auch nichts angeht. Wie Ihr bereits selbst bemerkt habt, ist meine Zeit sogar sehr kostbar. Ich möchte schnellstens in mein Hotel zurück und dieses Buch lesen. So fasst Euch also kurz."
    "Nun, Gwinas. Wir haben soeben festgestellt, dass dieses Buch, das Ihr soeben erstanden habt, auch für meinen Freund hier und für mich von äußerster Wichtigkeit ist und wollten Euch bitten, es uns für die Dauer unserer Studien zu überlassen."
    "Es euch überlassen? Ich kenne euch ja noch nicht einmal. Und ich glaube kaum, dass eure Interessen über den meinen stehen. Und nun lasst mich meiner Wege gehen und belästigt andere mit euren 'Studien'."
    Mit diesen Worten stapfte der Bosmer zur Tür hinaus und ließ Sarank und die Kämpferin einfach stehen.

    "So ein Trottel!", schnaufte Cascada mürrisch, als sie wieder auf der Straße standen. Fast hätte man sie für eine ferne Verwandte M'raar-Dars halten können.
    "Mach dir nichts daraus", tröstete Sarnek die Frau, "Er wohnt im Tiber-Septim-Hotel."
    "Woher weißt du das?"
    "Die Adresse steht auf dem Zettel, die ich ihm gerade aus seiner Tasche genommen habe, während er abgelenkt war."

    "Langsam wirst du mir sympatisch!", kicherte die Bosmerin, "Na,dann wollen wir dem guten Gwinas doch mal einen kleinen Besuch abstatten - heute Nacht."
    "Warum heute Nacht?"
    "Och, ich hab da so eine Idee."
    Nach dem Misserfolg in der Buchhandlung haben sich Sarnek und die Kämpferin den restlichen Tag über ein wenig in der Stadt umgeschaut. Besonders die Arena erweckte ihre Neugier. Wenn es so etwas wie "Legalen Mord" gab, dann gewiss dort. Wer es sich leisten konnte, verwettete sein Geld bei einem der spektakulären Überlebenskämpfe der beiden ansässigen Teams.
    Man konnte sogar selbst in der Arena antreten, doch nur die Wenigsten waren dazu bereit. Verlieren konnte man in der Arena jeweils nur einmal, doch dies gleich in doppelter Hinsicht. Man verlor nicht nur seine Würde, sondern auch das Leben.

    Die Nacht kam ohne große Vorkommnisse. Entegen Sarneks Befürchtungen sind sie keinem Agenten der Mythischen Morgenröte begegnet, was aber nicht viel heißen musste. Die Kaiserstadt war groß. Früher oder später würde man sie aufspüren.

    Das Tiber-Septim-Hotel befand sich im Zentrum des Talosplatz-Bezirks, genau an der großen Drachenstatue von Akatosh. Faszinierend und furchteinflössend zugleich reckte sich der Drache gen Himmel und riss das mit scharfen Reißzähnen bewaffnete Maul auf. Der polierte Fels, aus dem die Statue bestand, glitzerte im Mondschein wie Kristall.

    Das Hotel war ein prachtvolles Bauwerk, in dem besonders Hochadlige und Neureiche sich wohlfühlen sollten. Die Empfangshalle war sehr geräumig und von verschwenderischer Eleganz. Im Essbereich nahmen gerade einige Nachtschwärmer ihren Imbiss ein, während ein paar Andere in der Leseecke zubrachten.

    Im Zentrum des Raumes befand sich die Empfangstheke. Eine junge Frau blickte von dort mit müden Augen zu ihnen herüber.
    "Guten Abend und herzlich willkommen im Tiber-Septim-Hotel. Ich heiße Augusta Calidia. Wie kann ich ihnen helfen?"
    "Wir suchen einen Mann namens Gwinas", antwortete Cascada, "Er soll angeblich hier wohnen."
    "Das ist richtig. Sein Zimmer befindet sich ein Stockwerk höer gegenüber der Treppe. Allerdings pflegt er um diese Zeit zu schlafen."
    "Nun, in diesem Fall nehmen wir uns ein Zimmer. Was macht das?"
    "Vierzig Septime, junge Dame!"

    Cascada nahm den Schlüssel entgegen und begab sich mit Sarnek die breite Treppe zum ersten Obergeschoss hinauf. Ihr Zimmer lag zwei Türen von Gwinas entfernt an der gegenüberliegenden Wand.

    "Und was machen wir nun?", wollte Sarnek wissen.
    "Nun erfährst du ein paar unschöne Details aus meiner Vergangenheit.", antwortete die Bosmerin und nahm aus dem Beutel, der an ihrem Waffengürtel hing, ein paar Dietriche hervor.
    "Nicht umsonst fand ich mich zum Schluss im Kaiserlichen Gefängnis wieder."
    "Du willst in Gwinas' Zimmer einbrechen und ihm das Buch einfach wegnehmen?" fragt der Kaiserliche entsetzt und fragte sich im Nachhinein, warum er so reagierte. Bis vor einigen Stunden hatte er dem selben Mann die Adresse seines Hotels aus der Tasche stibitzt. Zudem hatte er sein Leben lang ohne Reue gemordet, zuletzt den Regenten von Tamriel. Doch diesen Abschnitt wollte er vergessen. Er wollte nicht mehr morden - weder für die Bruderschaft, noch für irgendjemanden.
    Diebstahl hingegen schien da noch recht harmlos.

    "Wir haben keine Wahl, Sarnek!", widersprach Cascada entschlossen, "Wir brauchen diese Erläuterungen, wenn wir dieser Morgenröte auf die Spur kommen wollen."
    "Einverstanden!", fügte er sich, "Aber ich übernehme das. Mit Dietrichen magst du umgehen können, aber für Schleichgänge bist du in deiner Rüstung viel zu laut. Du stehst Schmiere!"

    So bearbeitete Cascada das schwierige Schloss mit ihren Dietrichen. Sie musste mehrmals ansetzen, aber beim dritten Versuch klappte es dann doch. Sie öffnete ihm die Tür, und ihr Kamerad schlich in die Dunkelheit des Zimmers.

    Im schwachen Mondschein, der durchs Fenster drang, konnte Sarnek leichte Konturen der Einrichtung ausmachen. In der Mitte stand ein breites Bett, in dem sich Gwinas seufzend wälzte. Vermutlich wurde von er Alpträumen gequält.
    Links und rechts vom Bett standen zwei kleine Nachttische, jedoch waren diese leer. Auch der große Schreibtisch am Fenster enthielt lediglich ein wenig Pergament und das obligatorische Tintenfass. Wo konnte Gwinas dieses Buch nur versteckt haben?

    Ein dunkler Verdacht machte sich in Sarnek breit, der sich im nächsten Moment bestätigte.
    Es war nur ein kurzes Aufblitzen im Mondlicht, aber das reichte völlig.
    Das Buch lag direkt unter dem Kopfkissen, auf dem wiederum der schwere Kopf des Waldelfs ruhte. Nun wurde es schwierig.

    Sarnek blickte sich um. An der Wand neben dem Schreibtisch stand ein Bücherregal mit mehreren Städeführern und anderen literarischen Werken. Er nahm sich das erstbeste und schlich zurück zum Bett. Mit ein wenig Geschick würde es ihm gelingen, die beiden Bücher gegeneinander auszutauschen. Und tatsächlich schien sein Plan aufzugehen.

    Doch kaum war das Werk vollbracht, erwachte Gwinas auch schon.
    "Was geht hier vor?", konnte er noch sagen, ehe ihn eine Faust ins Gesicht traf und er bewusstlos zusammensackte.

    Sarnek nahm das Buch an sich und verschwand mit Cascada so schnell wie möglich aus dem Hotel. Nun fehlte nur noch das letzte Band.

    Ende Kapitel VII (2/3)
    Der Zufall meinte es gut mit ihnen. Als Sarnek das Buch aufklappte, segelte ihm ein gefaltetes Stück Pergament vor die Füße - eine kurze Notiz über Band Vier und eine skizzierte Wegbeschreibung.

    "Wenn mich nicht alles täuscht", erklärte Cascada, "ist das ein Abschnitt der Kanalisation. Dort unten wimmelt es von Ratten und Schlammkrabben. Wahrscheinlich haben sich dort auch einige Goblins eingenistet."
    "Zudem sprechen wir hier von einem Treffen mit der Morgenröte", fügte Sarnek besorgt hinzu, "Keine Ahnung, wie dieser Gwinas an sie geraten ist, aber er hatte offensichtlich keine Ahnung, worauf er sich einlässt."
    "Wir sollten Baurus aufsuchen. Er kennt sich dort unten besser aus."

    So machten sie sich noch in der selben Nacht auf zur Pension, in der die Klinge untergebracht war. Sein Zimmer war nicht das schönste, aber als Soldat ist man Entbehrungen ja gewohnt.

    "Dieser Abschnitt befindet sich unter dem Elfengarten!", erklärte der Rothwadone, als er sich die Notiz betrachtete. "Ist ein gutes und nicht ganz ungefährliches Stück bis zum Treffpunkt. Allerdings wäre es keine gute Idee, wenn wir alle drei da hinuntersteigen. Wir brauchen jemanden, der uns den Rücken frei hält, falls es eine Falle ist."

    "Ich bin mir nicht so sicher, dass mir die Idee gefällt!", lenkte Sarnek ein, aber Cascada erwiderte: "Baurus hat Recht. Zu Dritt fallen wir zu sehr auf. Bleib du an der Oberfläche und ruh dich aus. Sobald wir das Buch haben, treffen wir uns wieder hier."
    "Also gut!", seufzte der Kaiserliche, "Aber passt zumindest auf euch auf."

    Cascada umarmte Sarnek noch einmal herzlich zum Abschied und folgte Baurus dann in die Nacht.

    Sarnek blieb allein in der Pension zurück und ließ sich erst einmal einen Wein bringen. Die letzte Flasche hatte er sich vor fast einer Woche gegönnt, als er noch nicht ahnte, wohin ihn die Suche nach dem Amulett der Könige führen würde. Zu jenem Zeitpunkt war er noch Angehöriger eben jener Sekte, die er nun fürchtete. Sie jagten nicht mehr nur Cascada und die Klingen, sondern nun auch die Dunkle Bruderschaft, die einst seine Familie war. Seine Freunde in Cheydinhal waren tot. Ein einziger Daedra hatte sie gnadenlos niedergestreckt, und Sarnek war schuld, denn er nahm ihnen ihre Anführerin und wurde dadurch erneut zum Verräter, auch wenn er diesmal nicht aus Größenwahn tötete, sondern um Telaendril zu beschützen. Sie und M'raaj-Dar waren die beiden Einzigen, die von seiner Vergangenheit noch übrigblieben. Hoffentlich ging es ihnen gut.

    Es war schon faszinierend, welche Gedanken und Emotionen eine einzige Flasche Wein in einem Menschen auslösen konnten; wie sie einem die Wahrheiten vor Augen führten, die einem nüchtern nie aufgefallen wären.

    Sarnek hasste die einfühlsamen und stets heiteren Bosmer, die sich in der Kaiserstadt zuhauf niedergelassen hatten. Er hasste Cascada, weil sie nicht den Feind in ihm erkannte und ihn so freundschaftlich umarmte, dass er es nicht übers Herz brachte, ihr die Wahrheit über sich zu erzählen. Es war viel leichter, als er sie noch als die Feindin betrachtete, die es auszuschalten galt. Und nun sorgte er sich um ihr Leben, weil sie seine Gefährtin war und obendrein ihr bisher noch unscheinbares Schicksal teite.

    Er hasste auch Telaendril, weil sie ihn trotz allem liebte, anstatt ihn für seinen Verrat zu hassen, für Antoinettas grausamen Tod, der ihn von allen am meisten schmerzte. Einst war sie es, die an seiner Seite ging und ihn mit der Liebe überschüttete, die er letztendlich gar nicht verdient hatte, doch nun nahm Telaendril ihren Platz ein, und Sarnek ließ es zu, nahm ihre Zuneigung in sich auf und gab sich ihr hin.

    "Ich sollte das Saufen aufgeben!", lallte Sarnek und lachte verzweifelt in sich hinein. "Warum bin ich in diesem verdammten Loch nicht einfach gestorben? Warum hat diese Bosmerin mir nicht einfach das Herz durchbohrt, statt mir nen lächerlichen Feuerball an die Birne zu klatschen. Ich war ihr Todfeind,verflucht. Feinde lässt man nicht am Leben. Man tötet sie, solange man noch die Möglichkeit hat."

    Sarneks Stimme wurde lauter, und seine Sicht verschwamm nach und nach. Als er aufstehen wollte, stürzte er rückwärts über seinen Hocker und schlug mit seinem Hinterkopf fest auf den harten Boden der Kneipe. Etwas Feuchtes breitete sich unter seinem Kopf aus, und vor seinen Augen wurde es finster.
    Um ihn herum war Stimmengewirr, darunter eine junge Männerstimme, die sich nach ihm zu erkundigen schien. Er spürte noch, wie man ihn am Oberkörper anhob und über den Boden schleifte, dann übermannte ihn die Bewusstlosigkeit wie ein Mantel aus Stille und absoluter Dunkelheit.

    Ende Kapitel VII (3/3)
    Nur das Licht ihrer Fackeln erhellte die dunklen und feuchten Gänge der Kanalisation ein wenig. Der Geruch war eine Mischung aus Schimmel, Exkremente und Tod und schnürte Cascada beinahe die Kehle zu.

    Mit den Schwertern in Anschlag wateten sie durch knietiefes Abwasser, immer auf einen Hinterhalt gefasst. Baurus ging voran, Cascada folgte mit ein wenig Abstand, um ihn im Notfall besser decken zu können.

    Sie lernte Baurus damals unter der Kaiserstadt kennen, als man versuchte, den Kaiser heil aus selbiger herauszubringen. Als Einziger vertraute er der ehemaligen Gefangenen von Anfang an und zeigte sich erstaunt von ihren Kampfkünsten. Und sie bewunderte ihn. Es war Liebe auf den ersten Blick, das spürten sie beide, doch die Zeit war zu kurz, die Umstände zu unpassend.

    "Hinter der nächsten Biegung liegt ein längerer Gang!", sprach der Rothwadone, "Die Schleuse am Ende führt uns zum Wasserhaus. Leider haben sich gerade dort die meisten Goblins niedergelassen."
    "Mit Goblins werde ich schon fertig. Ich hatte ja genug Gelegenheit zum üben."

    Cascada grinste und gab Baurus einen Kuss auf die Wange. Der errötete und räusperte sich. In so einer Situation an so etwas wie Romantik überhaupt zu denken, erschien ihn absurd. Dennoch lächelte er sie an, ehe sie ihren Weg fortsetzten.

    Das Wasserhaus war ein weiterer langer Gang mit mehreren mit abgestandenen und dreckigen Wasser gefüllten Becken, jene die Goblins als Lagerstätten benutzten.

    Kaum erblickten sie die beiden Eindringlinge, griffen sie auch schon zu ihren Knüppeln und Streitkolben und stürmten auf sie zu. Cascada schätzte sie auf etwa zwanzig bis dreißig und stürzte sich gleich ins Gefecht. Das Einzige Verwunderliche war, dass sie nirgendwo eine Schamanin ausmachen konnte, von der die Goblins für gewöhnlich angeführt wurden.

    "Die werden immer lästiger!", rief der Rothwadone, während er einem Goblin mit seinem Schwert gegen eine Wand schleuderte, "Sie spüren wohl, das sich etwas Großes anbahnt."

    Feind um Feind fiel tot zu Boden. Sie waren flink und hinterhältig, doch der Kampferfahrung der Bosmerin und ihres Geliebten nicht gewachsen. Dennoch wurden sie von Wunden nicht verschont. Baurus, der auf eine Rüstung verzichtet hatte, hielt sich seine blutende Schulter, während Cascada einige Kratzer im Gesicht davon getragen hatte. Wenn es eine Schamanin gab, so hatte sie - aus welchen Gründen auch immer - nicht eingegriffen.

    Der Ausgang zu den südlichen Kanälen und damit zum erwähnten Treffpunkt befand sich in einem großen leeren Raum. Zwei Türen tat sich vor ihnen auf, die linke befand sich oberhalb einer Treppe.

    "Die Türen führen beide in diesen seltsamen Raum", erklärte Baurus, "Die Tür über der Treppe führt zu einer Brücke, von der du das Ereignis wirst überblicken können, während ich mich an den Tisch setze und mit etwas Glück das Buch ausgehändigt bekomme."
    "Mit etwas Glück? Und was, wenn wir kein Glück haben?"
    "Dann wird ein Kampf unumgänglich sein, fürchte ich. Wie dem auch sei, wir haben nur diese eine Chance."
    "Und warum übernimmst du nicht die Rückendeckung?"
    "Die Sache ist auch so schon gefährlich genug. Ich möchte nicht, dass dir etwas zustößt, verstehst du?"
    "Du meinst, du möchtest den Helden spielen!", erwiderte Cascada schnippisch.

    "Jetzt mach dich bitte nicht lächerlich, Liebes. Die ganze Zeit über reist du durch Cyrodiil und stürzt dich von einem Abenteuer ins nächste, während ich im Wolkenherrscher-Tempel um dein Leben bangen muss. Nur dieses eine Mal möchte ich keine Angst um dich haben müssen, verstehst du? Also tu mir bitte den Gefallen und lass mich diese Aufgabe übernehmen."

    Cascada seufzte und antwortete: "Na, meinetwegen! Aber sei vorsichtig, ich wittere eine Falle."
    "Ich verstehe, was du meinst", antwortete er knapp und küsste sie noch einmal. Dann wandt er sich wortlos zur Tür und ging hindurch.
    Cascada stieg ihrerseits die rutschige Steintreppe hinauf und trat auf die kurze Steinbrücke.

    Am anderen Ende versperrte ein Fallgitter den Weg, und unter ihr erstreckte sich ein kleiner Raum mit einem weiteren Gitter neben dem Holztisch, an dem sie nun Baurus Platz nehmen sah.

    Cascada zog es vor, einen Unsichtbarkeitstrank zu sich zu nehmen, der hoffentlich lang genug anhalten würde. Kaum war sie mit ihrer Umgebung verschmolzen, wurde sie auch schon von beiden Seiten von zwei Personen in dunkelroten Roben und Fackeln flankiert, die ihre Anwesenheit aber nicht zu bemerken schienen.

    Das untere Gitter öffnete sich, und ein weiterer Kuttenträger trat herein, offensichtlich hochrangiger als die beiden Männer an ihrer Seite. Es war ein junger Altmer - ein Hochelf - namens Rabe Camoran, der nun um Baurus herumging und ihn mit einem scheinbar auswendig gelernten Text begrüsste, ehe er innehielt.

    "Ich erkenne dich!", sprach Rabe plötzlich, "Meine Spione haben mir von dir berichtet. Wachen!!"

    Sofort riefen die beiden Kuttenträger auf der Brücke ihre Rüstungen und stürzten sich auf Baurus, der sofort sein Schwert zückte.
    Cascada gab ihre Tarnung auf und griff ebenfalls zu ihrer Klinge, um Baurus zur Hilfe zu eilen.
    Der Rothwadone wurde bereits von den Dreien eingekreist und hatte Mühe, sich zu verteidigen. Zu mächtig waren sie.

    "Wenn haben wir denn da?", sprach Rabe vergnügt, als er die Waldelfe erblickte. Er ließ sie mit einem Eiszauber auf der Stelle festfrieren und grinste.

    "Du bist doch die Kameradin des Verräters, der meine Schwester ermordete, anstatt ihre Befehle auszuführen. Zu dumm, dass er sich auf die Seite unserer Feinde geschlagen hat. Dabei hatte unserer Vater soviel Hoffnung in ihn gesetzt. Tja, die Bezahlung hat er ja schon erhalten."

    "Wozu zum Teufel redest du?",erwiderte Cascada zornig und versuchte sich krampfhaft zu befreien, während Baurus von den beiden Wächtern festgehalten wurde.

    "Ach, dann hat er es dir gar nicht erzählt? Das sieht diesem Feigling ähnlich, sich einfach so aus der Affäre zu ziehen."
    "Was erzählt? Sprich dich endlich aus, bevor ich es aus dir herausprügle!"

    "Gib dir keine Mühe, Bosmerin. Du hast gegen die Macht des Fürsten Dagon keine Chance", antwortete Rabe Camoran und blickte seine Gefangene nun fast mitleidig an.
    "Hast du dich nie gefragt, woher Sarnek all sein Wissen über die Mythische Morgenröte und über Oblivion hatte? Woher konnte er sonst wissen, wo er dich finden würde?"
    "Du meinst ... ?"
    "Damals in den Katakomben der Kaiserstadt hatte er ganze Arbeit geleistet. Wer hätte gedacht, dass ihn ausgerechnet eine einfache Gefangene außer Gefecht setzen würde. Und dass er sich dann auch noch mit ebendieser Frau zusammentun würde, um den Schein zu wahren, dieser Narr."

    "Du lügst!", brüllte Cascade ihm entgegen, "Sarnek ist keiner von euch. Das hat er oft genug unter Beweis gestellt."
    "Natürlich hat er das. Weil er kalte Füße bekommen hat. Statt sich seiner Verantwortung zu stellen, wurde er schwach und verkroch sich bei unseren Feinden. Doch schon bald wird er seine Entscheidung bereuen, wenn er mit all den anderen Unwürdigen von dieser Welt gespült wird. Und ihr beide werdet ihm voranschreiten."

    "Hör nicht auf ihn, Cascada", rief Baurus in der Gewalt der beiden Agenten, "Lass dich nicht beirren!"
    "Hier erhälst du nun eine kleine Kostprobe der Macht unseres Fürsten Dagon!", sprach der Hochelf extatisch zu Cascada gerichtet und streckte seine Faust in Baurus' Richtung.
    Seine Hand öffnete sich, und sofort schoss ein weißer Strahl auf den Rothwadonen zu und durch ihn hindurch.

    Sein Gesicht erstarrte zu einem verwunderten Blick, seine Augen wurden glasig und leer. Cascada sah ihren Geliebten so langsam zu Boden gehen, als würde jemand absichtlich den Zeitfluss bremsen, um ihr diesen grauenvollen Anblick bis in alle Ewigkeit zu bewahren.
    Ein Schrei voller Entsetzen, Trauer und Zorn entfuhr den Lippen der Waldelfe, während Rabe sich an ihrem Schmerz zu ergötzen schien und dabei übersah, dass dieser diabolische Zauber viel Kraft kostete und Cascadas eisige Fesseln nicht länger aufrecht erhalten wurden.

    Sie entgegen hatte ihre Starre längst vergessen und stürzte sich nun wie ein Berserker auf Camoran und schlug ihm den Kopf ab, der von einer blutigen Fontäne verfolgt zu Boden fiel.
    Erst als auch die beiden Wächter in ihrem Blut schwammen, ließ Cascada das Schwert sinken und fiel neben Baurus auf die Knie. Tränen benebelten ihre Sicht, als sie Baurus die Augen schloss. Sie nahm ihre Klinge, trennte ihren langen blauen Zopf ab und legte ihn dem Toten auf die Brust, auf das ein Teil von ihr immer bei ihm sein mochte.

    "Dafür sollen sie bezahlen!", zischte sie verzweifelt, "Sie werden noch bereuen, dass sie ihre Gesichter aus ihrer Hölle herausgestreckt haben. Im Namen aller Bewohner Tamriels! Im Namen Uriel Septims! Im Namen der Neun!"

    "Im Namen Sithis'!", flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf. Eine Stimme, die ihr fremd und doch so vertraut zu sein schien. Sithis! Sie hatte den Namen noch nie in ihrem Leben gehört, und doch war ihr, als kennte sie ihn.
    "Im Namen Sithis'!", fügte sie entschlossen hinzu.

    Zum Abschied küsste sie Baurus noch einmal auf seine kalte Stirn, entriss Rabes kopfloser Leiche das vierte Buch der "Erläuterungen zum Mysterium Xarses'" und machte sich dann wieder auf den Weg an die Oberfläche, begleitet von der unerträglichen Finsternis ihrer Trauer.

    In der Pension erwartete sie eine böse Überraschung. Wo war Sarnek?

    Ende Kapitel VIII
    Sie verbrachten die Nacht in "Des Grafen Waffen". Seit der Begegnung mit den Geistern verspürten Telaendril und M'raaj-Dar keine Lust, die verfluchte Villa noch einmal zu betreten.
    Der ehemalige Besitzer Velwyn Benirus befand sich just in diesem Moment in der Kaiserstadt, und Cascada ahnte vermutlich noch nicht einmal was davon.

    "Vielleicht sollten wir in die Hauptstadt reisen und ihn suchen", meinte Telaendril zum Magier, als sie am nächsten Morgen im Gasthaus frühstückten. M'raaj-Dar blickte ernst zu ihr hinüber.
    "Das kommt ja gar nicht in Frage, Waldelfe!", erwiderte er bestimmend, "Sie hat gesagt, wir sollen hier auf sie warten. Und genau das werden wir auch tun."
    "Aber irgendwie müssen sie doch erfahren, was hier los ist. Wir können wohl kaum darauf hoffen, dass sie diesem Benirus rein zufällig über den Weg laufen."

    Der Khajiit legte seine haarige Stirn in Falten und dachte nach.
    "Ich kenne da einen kleinen Zauber, der nicht allzu verbreitet ist. Hab ihn mal in einem alten Zauberbuch der Dwemer gefunden. Mit ihm kann man Nachrichten versenden."
    "Hast du ihn denn schon einmal verwendet?"
    "Bisher nur einmal. Hab meiner Schwester das Rezept für Milchsemmeln zukommen lassen. In Elsweyr kennt man so etwas nämlich nicht."
    Telaendril sah den alten Griesgram zum ersten Mal in ihrem Leben grinsen.

    M'raaj-Dar ließ sich von der Bosmerin einen Pfeil geben, befestigte eine Nachricht daran und murmelte eine kurze Zauberformel.
    "Jetzt musst du nichts weiter tun, als den Pfeil senkrecht in den Himmel zu schießen. Er wird seinen Weg zu Cascada oder Sarnek finden. Je nachdem, wer näher dran ist."

    Telaendril nickte, legte den Pfeil an und zielte genau in den noch rosanen Morgenhimmel. Schuss!
    Ein gewöhnlicher Pfeil wäre auf halber Strecke umgekehrt und zu Boden gegangen, doch dieser tat, wie M'raaj-Dar ihm aufgetragen hatte und schwenkte in östlicher Richtung ab - auf die Kaiserstadt zu.

    "Und nun?", fragte die Bosmerin.
    "Nun können wir nur abwarten, ob sie die Nachricht erhalten. In der Zwischenzeit könnten wir uns ein wenig in der Stadt umschauen. Unser Proviant geht allmählich zur Neige."

    So schlenderten sie gemütlich durch das rege Treiben der Hafenstadt Anvil. Ihr erstes Ziel waren Docks. Zwei Schiffe lagen derzeit vor Anker. Eines der Schiffe sah aus, als wäre es schon eine ganze Weile hier, als gäbe es keine Crew.
    Der einzige Gemischtwarenhandel der Stadt, "Lelles' Qualitätswaren", befand sich ebenfalls an den Docks. Sein Besitzer Norbert Lelles war ein freundlicher alter Kauz, der seine beiden Kunden ständig darauf aufmerksam machte, dass das Schild vor der Tür ein Irrtum sei.

    Sie füllten ihre Vorräte auf und wollten gerade wieder gehen, als plötzlich zwei weitere Personen ins Geschäft kamen. Kaum hatten sie die Bosmerin und den Khajiit entdeckt, riefen sie auch schon ihre Rüstungen herbei.
    "Agenten!", rief M'raaj-Dar verflucht und zauberte sofort einen Schutzschild um sich und seine Kameradin"Ihr schließt Euch am besten in Eure Kammer, mein Herr", beschwor Telaendril Lelles und schupste ihn die Treppe hoch. Dann sprang sie selbst auf die Treppe hoch und zückte ihren Bogen.

    Es war ein ungleicher Kampf. Ohne Cascada und Sarnek hatten die beiden kaum eine Chance gegen die schwerbewaffneten Krieger der Morgenröte. Telaendrils Pfeile schienen an den Rüstungen nur so abzuprallen, und M'raaj-Dar brauchte es gar nicht erst mit Kampfzaubern zu versuchen. Seit der Geschichte im Unterschlupf wusste er, dass es reinste Kraftverschwendung war.

    "In Kvatch waren sie noch nicht so mächtig!", bemerkte die Waldelfe beiläufig, "Ich fürchte, langsam wird es wirklich ernst."
    "Was du nicht sagst!", spottete der Khajiit abschätzig, während er gleichzeitig damit beschäftigt war, die beiden Angreifer auf Distanz zu halten, doch lange konnte er das Schild nicht mehr stabilisieren. Es flackerte schon bedrohlich. Wenn es erst komplett verschwunden war, war alles aus.

    Dieser Moment kamen nur wenige Sekunden später. M'raaj-Dar zitterte am ganzen Leib, seine Sicht war völlig verschwommen. Wenn er nicht in Ohnmacht fallen wollte, hatte er keine andere Wahl. Er löste das Schild auf und fiel völlig erschöpft auf die Knie.
    "Das war's!", keuchte er, "Es ist vorbei!"

    Sie hatten bereits mit ihrem Leben abgeschlossen und wollten sich ergeben, als im selben Moment die Tür aufgestossen wurde und zwei weitere Personen eintraten und den Kampf gegen die beiden Agenten aufnahmen, die in ihrer Überraschung gar nicht schnell genug reagieren konnten und schnell besiegt waren.

    "Hast du mir diesen Pfeil in den Hintern gejagt, Spitzohr?", drang eine bekannte und vergnügt klingende Stimme zu Telaendril herüber.
    "Sarnek!", kreischte die Waldelfe hysterisch warf sich ihrem Geliebten sofort an den Hals. Beinahe wäre er gestolpert.

    Als sie sich wieder beruhigt hatte, ließ sie ab von ihm und schaute ihn seine müden Augen. Er hatte eine harte Nacht hinter sich.
    "Was ist in der Kaiserstadt geschehen? Wo ist Cascada? Und wer ist dein Begleiter?"
    "Eins nach dem Anderen, Liebes!", beruhigte Sarnek die Waldelfe, "Ich werde dir nachher alles erklären."

    Dann ließ er den zweiten Mann näherkommen. Es war ein schlanker Kaiserlicher in roter Kleidung, wie sie die Adligen zu tragen pflegen.
    "Darf ich vorstellen?", verkündete Sarnek feierlich, "Velwyn Benirus!"

    Ende Kapitel IX
    Er war umgeben von Finsternis, wie schon so oft. Das einzige Licht drang durch die verschlossenen Fensterläden an der gegenüberliegenden Wand. Wohin hatte man ihn gebracht?

    Das letzte, woran er sich erinnerte, war ein dumpfer Aufschlag, dann Stimmengewirr. Schließlich jemand, der ihn nach draußen schleifte. Sein Kopf schmerzte wie verrückt. Vorsichtig tastete er ihn. Jemand hatte ihn verbunden.

    Sarnek versuchte sich aufzusetzen und erkannte dabei, dass er in einem weichen Bett lag. Das Zimmer schien nicht allzu groß zu sein. Wem mochte es gehören?

    Plötzlich hörte er Schritte vor der Tür. Sie konnten nicht mehr als einer Person gehören, dennoch legte er sich schnell wieder hin und stellte sich schlafend.
    Die Tür ging leise auf. Tageslicht flutete den Raum und drang sogar durch Sarneks geschlossene Lider.

    "Seid Ihr wach?" sprach eine junge schüchterne Männerstimme, die Sarnek kurz vor seinem Zusammenbruch am Vortag schon einmal gehört zu haben glaubte. Er schlug die Augen auf.

    "Willkommen im Reich der Lebenden, mein Freund!", sprach der Fremde, "Ihr habt verdammtes Glück gehabt, wenn ich das mal so sagen darf."
    "Dann habt Ihr mich hierher gebracht? Wer seid Ihr?"
    "Entschuldigt meine Unhöflichkeit. Velwyn Benirus, letzter Nachfahre meine Geschlechts. Nicht, dass ich darauf unbedingt stolz müsste. Und ihr seid?"

    "Sarnek!", antwortete er knapp und musterte sein Gegenüber genau. Er gehörte zu den Kaiserlichen, seiner Gaderobe nach zu den besser Betuchten. Er schien nicht zu den Leuten gehörten, die sich gern Gefahr brachten. Wenn jemand wie er den Mut besaß, einen wildfremden Trunkenbold mitzunehmen und obendrein zu pflegen, dann tat er das wohl aus reiner Nächstenliebe."

    "Wo sind wir hier?"
    "Immer noch in der Kaiserstadt. Eigentlich hab ich ein Zimmer im "Zum König und zur Königin, aber es wäre zu auffällig gewesen, Euch dahin zu schleifen. Ich hab Euch auf nen Karren geladen und ins Hafenviertel gebracht. Diese Hütte hier steht leer, und die Wachen wagen sich hier kaum her. Ist ja auch kein Wunder, bei dem Gesindel, dass hier rumtreibt." Velwyn schüttelte sich.

    "Und wer sagt Euch, dass ich nicht zu diesem Gesindel gehöre?", unterbrach Sarnek ihn, "Warum habt Ihr mir geholfen?"
    "Euch, Sarnek, kenne ich tatsächlich, aber die Bosmerin, in deren Begleitung ich Euch gestern durch die Stadt gehen sah. Ihr Name lautet Cascada, nicht wahr?"
    "Und woher kennt Ihr sie?"
    "Ich verkauft Ihr vor einiger Zeit die Villa meines Großvaters Lorgren. Zuerst dachte ich ja, Ihr wärt wegen mir in die Kaiserstadt gekommen, aber dann ..."
    "Wegen Euch?", wiederholte Sarnek verwundert, "Warum wegen Euch?"
    "Das ist eine etwas kompliziertere Geschichte!", antwortete Benirus verlegen. Sarnek hatte ein ungutes Gefühl.

    "Bei allen Göttern Tamriels, so sprecht Euch doch endlich aus!", fuhr er den jungen Kaiserlichen an.
    Velwyn atmete tief durch und sagte:
    "Also gut! Da Ihr offensichtlich noch nicht das 'Vergnügen' hattet, Haus Benirus zu besichtigen, werde ich Euch sein dunkles Geheimnis eben verraten."

    Er erzählte ihm von seinem Großvater, der sich zu Lebzeiten als Totenbeschwörer in Anvil einen Namen machte, was die hiesige Magiergilde natürlich nicht duldete. Schließlich sah sich zum Eingreifen gezwungen. Die Magier drangen bis in die Geheimkammer seines Haus ein und bekämpften den Nekromanten, der sich inzwischen zum Lich erhoben hatte.
    Letztendlich konnten sie ihn besiegen und ließen seine Leiche auf seinem Altar zurück.

    "Seine Überreste liegen immer noch da unten. Seit seinem Tod spukt es in der Villa, was er mir natürlich nicht gerade einfach machte, es zu verkaufen. Doch eben diese Bürde wurde mir von meiner Familie auferlegt, wenn Anvil jemals verlassen wollte. Es war falsch von mir, Eurer Kameradin nichts davon zu erzählen. Ich hatte wohl gehofft, die Sache würde sich von selbst erledigen, aber ich hab mich geirrt."

    "Moment!", rief Sarnek plötzlich hellwach, "Ihr wollt damit sagen, das meine Freunde in Anvil möglicherweise gerade in Lebensgefahr schweben?"
    "In der Tat!"

    Sarnek sprang sofort aus dem Bett und legte sich seine Rüstung an. Vergessen war der Kater, nun war Eile geboten.

    "Ich werde Euch begleiten, Sarnek. Ich hab meine Verpflichtung schon viel zu lange vor mir hergeschoben. Aber, was ist mit der Bosmerin?"
    "Wir haben keine Zeit, auf sie zu warten. Ich werde bei Luther Broad eine Nachricht für sie dalassen, damit sie Bescheid weiß. So, wie ich sie kenne, steckt sie mittlerweile kenne, steckt sie gerade mitten in einem Gefecht, aber sie kann auf sich alleine aufpassen."

    Kaum sah er Sarnek um die Ecke kommen, wieherte Shadow aufgeregt. Lucien hatte ihm den jungen Rappen zum Geschenk gemacht, der seiner Mutter Schattenstute zum Verwechseln ähnlich sah.
    Sarnek und Velwyn sprangen auf seinen Rücken und galoppierten über die breite Steinbrücke, welche die Kaiserlichen Inseln mit dem Festland verband. Wenn alles gutging, würden sie Anvil noch vor der Dämmerung erreichen.

    Sarnek ließ Cascada nicht gern allein zurück, aber er hatte keine andere Wahl. Die Bosmerin war eine großartige Kämpferin, zudem war Baurus an ihrer Seite. Er würde auf seine Kameradin schon aufpassen. Telaendril und M'raaj-Dar hingegen waren auf ihrem Gebiet zwar unübertroffen, aber gegen den Fluch eines Nekromanten höchstwahrscheinlich machtlos. Hoffentlich war es noch nicht zu spät.

    Plötzlich lag ein Misston in der Luft - wie das Surren eines Pfeiles. Sarnek spitzte die Ohren und versuchte sich auf die Richtung zu konzentrieren, aus der das Geräusch kam. Es schien genau auf sie zuzurasen - von hinten.

    Blitzschnell schubste er Velwyn vom Pferd und sprang dann hinterher. Eine Sekunde später zischte tatsächlich ein Pfeil an ihnen vorbei - das Pferd nur knapp verfehlt. Doch, statt weiterzufliegen oder zu fallen, machte der Pfeil einfach kehrt und zischte abermals auf Sarnek zu. Er suchte ihn.

    Sarnek sprang zur Seite, doch dieser seltsame Pfeil gab nicht auf.
    "Könntet Ihr mir mal bitte helfen, Velwyn?", rief Sarnek, während er diesem verfluchten Geschoss unter Kontrolle zu bringen versuchte.

    Velwyn nahm einen der Proviantsäcke vom Sattel und warf ihm Sarnek zu. Der reagierte sofort und hielt ihn dem Pfeil entgegen, als er wieder im Anflug war. Er blieb tatsächlich im Sack stecken.

    Jemand hatte ein Pergament mit einer Nachricht angebracht:
    "Hallo Sarnek! Hallo Cascada!
    Wenn ihr dies hier lest, dann hat mein Zauberpfeil euch gefunden, was in unserer derzeitigen Lage auch dringend erforderlich wäre.
    Wir haben uns die Hütte ein wenig genauer betrachtet und festgestellt, dass sie mal ordentlich entstaubt gehört. Nebenbei haben wir auch die Bekanntschaft einiger Geister gemacht, die sich als alles andere als gastfreundlich herausstellten. Muss wohl an dem kleinen Fluch liegen, von dem uns keiner was gesagt hat.
    Wenn ihr also nichts dagegen habt, könntet ihr mal nach einem gewissen Velwyn Benirus Ausschau halten und ihn nach Anvil bringen, damit ich ihm erstens die Augen auskratzen kann, nachdem er uns diesen Fluch vom Hals geschafft hat.
    Mit den allerfreundlichsten Grüßen,
    M'raaj-Dar

    PS: Jetzt legt endlich dieses verdammte Pergament weg und schwingt die Hufe!"

    "Scheint so, als ging es ihnen gut!", murmelte Sarnek ironisch. So setzten die beiden Kaiserlichen ihre Reise nach Anvil fort.

    Ende Kapitel X
    "Liebe Cascada,
    es tut mir leid, dass ich dich allein zurücklassen musste, aber gewisse Ereignisse zwangen mich zum sofortigen Aufbruch.
    Während Baurus und du in den Kanälen nach dem Buch suchtet, hab ich Velwyn Benirus getroffen, der mir einige beunruhigende Neuigkeiten über deine Neuerwerbung zu berichten hatte.

    Anscheinend ist sein Großvater Urheber eines gefährlichen Fluches, der nun auf der Villa lastet und jedem zur Bedrohung wird, der es zu betreten wagt. Du kannst dir sicher vorstellen, dass mir die Sorge um unsere Kameraden keine Ruhe ließ. Daher bin ich zusammen mit Velwyn sofort nach Anvil gereist, um nach Möglichkeit dass Schlimmste zu verhindern. Bitte verzeih mir meine Entscheidung.

    Ich bin mir sicher, den Rest dieser Mission wirst du auch ohne mich schaffen. Schließlich ist Baurus an deiner Seite.

    Wir sehen uns in Anvil. Bis dahin viel Glück!
    Sarnek"

    "Verdammt!", entfuhr es der Bosmerin, während sie wütend die Faust auf den Holztisch in der Pension knallen ließ. Diese Nachricht war das letzte, was sie in ihrer Verfassung gebrauchen konnte. Erst verlor sie in der Kanalisation ihren Geliebten, und nun war auch noch Sarnek verschwunden. Dabei warf ihre Begnung mit diesem Rabe Camoran so viele Fragen auf, die sie mit ihrem Gefährten gerne besprochen hätte.
    War er wirklich der Mörder des Kaisers, den sie getötet zu haben meinte?

    Leider hatte Cascada keine Zeit, ihm nach Anvil zu folgen, obwohl auch sie natürlich besorgt war wegen des angeblichen Fluchs. Die Suche nach dem Amulett der Könige hatte für sie oberste Priorität. Dann würde sie das Hauptquartier dieser Sekte eben allein finden. In der Hoffnung, bei Tar-Meena Unterstüzung zu erfahren, machte sie sich sofort auf zur Geheimen Universität.

    Ungewöhnlich viele Stadtwachen patroillierten an diesem Morgen durch Stadtbezirke. Es war allseits bekannt, dass der Legionärshauptmann Hieronymus Lex sich schon vor langer Zeit in den Kopf setzte, den sogenannten "Graufuchs" - den Anführer der hiesigen Diebesgilde - endlich ins Gefängnis zu bringen, welcher in den Augen der meisten seiner Kollegen nichts weiter ist als ein Hirngespinst. Über all in der Kaiserstadt hängen Steckbriefe des vermeintlichen Graufuchses - ein Mann mit einer seltsamen Haube auf dem Kopf, doch weder seine Existenz, noch die einer Diebesgilde konnte bisher bestätigt werden. So ging Lex wohl auch an diesem Morgen wieder allein auf die Jagd nach einem Phantom.

    Cascada mocht die Legionäre nicht unbedingt. Immer wieder befürchtete sie, von einem von ihnen erkannt zu werden und wieder im Gefängnis zu enden, und das zurecht.
    Wenn Sarnek tatsächlich ein Mörder war, dann konnte sie es ihm kaum übel nehmen, wenn sie ihre nicht weniger unlöbliche Vergangenheit bedachte. Wann könnte sie diesen Abschnitt ihres Lebens endlich hinter sich lassen, ihn aus ihren Gedächnis streichen?
    Unbehaglich strich sie sich über die Stelle ihres blauen Haarschopfes, an dem einst ihr ihr ganzer Stolz hing - ihr langer Pferdeschwanz - und den sie zusammen mit Baurus im Wasserhaus unter dem Elfengarten zurückgelassen hatte. Diesen Teil ihrer Vergangenheit hatte sie bereits verloren.

    Tar-Meena erwartete sie bereits in der Empfangshalle der Universität. Für die alte Argonierin war es nicht schwer zu erraten, dass etwas Entsetzliches vorgefallen sein musste, die blassen Augen der hübschen Kriegerin sprachen Bände, doch für Gefühlsausbrüche blieb nur wenig Zeit.
    So nahm sie in verstohlener Begeisterung die vier Bücher entgegen und überflog sie kurz.

    "Hmm!", brummte die Magierin nachdenklich, "So etwas hatte ich mir schon gedacht. Wirklich interssant!"
    "Wovon redet Ihr?"
    "Es scheint so, als beinhalteten diese Texte eine Art Rätsel, dessen Lösung Euch vermutlich zum Versteck dieser Bastarde führt."
    "Und was macht Euch da so sicher?"
    "Verschiedenes! Betrachte die verdrehte Schreibweise verschiedener Textstellen, die Form der Absätze und ähnliches. Als hätte ein Legastheniker diese Bücher verfasst, doch Mankar Camoran war auf seine Art ein genialer Kopf. Wenn mich nicht alles täuscht, sind eben diese Stellen der Schlüssel zur Mythischen Morgenröte.
    "Das heißt also, wir müssen nur noch herausfinden, wie dieses Puzzle zusammenzusetzen ist, damit sich ein Bild ergibt, richtig?"
    "Ich hätte es besser nicht formulieren können, junge Bosmerin."

    Die Magierin lächelte kurz, doch dann wurde sie wieder ernst und fügte hinzu:
    "Leider werde ich dir dabei keine große Hlife leisten können. Ich hab schon zu viel Aufmerksamkeit auf mich gelenkt. Meine Kollegen beäugen mich bereits misstrauisch. Ich sollte ihnen keinen weiteren Grund geben, mich vor den Rat zu zitieren. Du verstehst?"
    "Dann werde ich Euch nicht weiter behelligen. Ich werde die Kaiserstadt verlassen und nach Anvil reisen. Meine Kameraden erwarten mich bereits. Vielleicht kann ich mit ihrer Hilfe Licht ins Dunkel bringen."
    "Dabei wünsch ich dir viel Glück, Cascada. Pass gut auf dich und deine Freunde auf. Es sind dunkle Zeiten, die da auf uns zukommen, oh ja!"

    Cascada verabschiedete sich von der Magierin und nahm ihr obendrein das Versprechen ab, den Leichnam ihres Geliebten zu bergen und ihn auf dem Grünen Kaiserweg würdevoll zur letzten Ruhe kommen zu lassen. Dann schwang sie sich auf ihren Schimmel und ritt gen Westen in der Hoffnung, ihre Kameraden wohlbehalten wiederzusehen.

    Ende Kapitel XI
    Als die Stadtwache im Laden eintrafen, fanden sie nur noch die toten Überreste der beiden Agenten vor. Sarnek, Telaendril, M'raaj-Dar und der junge Benirus saßen in der Zwischenzeit an einem Tisch im "Des Grafen Waffen" und besprachen die Lage.

    "Dann hast du also Cascada allein zurückgelassen?" fragte die Bosmerin, nachdem Sarnek geendet hatte.
    "Ich hatte keine andere Wahl. Auch ich fühle mich nicht wohl bei dem Gedanken, aber ich weiß, dass sie auf sich aufpassen kann. Mir war es in diesem Moment wichtiger, dich heil wiederzusehen ... und M'raaj-Dar natürlich."
    "Du bist süß, Sarnek, aber zum Glück haben wir es auch ohne dich geschafft."

    "Ja, aber viel hätte nicht gefehlt, und wir wären hinüber gewesen!", mischte sich der Khajiit grimmig ein, "Ich hoffe, unser neuer Freund hier weiß wirklich, wie wir diese verdammte Hütte entfluchen können, sonst setze ich keinen Fuß mehr da hinein."

    "Einfach wird es definitiv nicht!", erklärte Velwyn Benirus nun, "Zuerst einmal müssen wir in Lorgrens geheimen Altarraum kommen. Der Eingang befindet sich im Keller und kann nur von einem Benirus geöffnet werden, und ich bin der Letzte. Da der Raum wahrscheinlich bewacht wird, werdet ihr mir den Rücken freihalten müssen. Ich geh davon aus, dass in der Kammer mein Großvater persönlich auf uns wartet - oder das, was von ihm noch übrig ist. Außerdem gibt es da noch ein Problem."

    "Ein Problem?", fragte Sarnek entgeistert, "Was für ein Problem?"
    "Wenn wir diesen Fluchen brechen wollen, dann muss das heute Nacht geschehen. Am Tag kann die Kammer selbst von mir nicht geöffnet werden. Ihr könnt euch bestimmt denken, dass die Geister nachts dafür umso verbissener kämpfen werden."

    "Wie gut stehen die Chancen, dass wir heute Nacht alle drauf gehen?" fragte M'raaj-Dar bemüht gelassen in die Runde. Sarneks Antwort:
    "Ziemlich gut, würde ich sagen!"
    Der Khajiit seufzte.

    Inzwischen wurde es Abend, und man traf die letzten Vorbereitungen. Sie hatten ihre Ausrüstung beim hiesigen Schmied auf Vordermann bringen lassen, die Kosten hierfür übernahm Velwyn.
    Sarnek war von der langen Reise und dem anschließenden Kampf gegen die Agenten völlig erschöpft und hatte sich noch ein wenig aufs Ohr gelegt, Telaendril trainierte im Hinterhof der Kämpfergilde am Schießstand, und M'raaj-Dar meditierte am Stadtteich in der Nähe der Villa, als zur selben Zeit eine junge Waldelfe in Kampfmontur und mit schulterlangen blauen Haaren müde durch das Stadttor trat und auf die Herberge zumarschierte.

    Velwyn saß allein an der Theke und gönnte sich einen Krug Bier, als Cascada eintrat und sich zu ihm gesellte.
    "Schön Euch heil wiederzusehen, junge Kriegerin", grüßte er sie ein wenig angeschwipst, "Ich hoffe, Ihr hattet eine angenehme Anreise."
    "Wo sind die Anderen?" fragte Cascada nur knapp.
    "Sie sind auf ihren Zimmern und ruhen sich aus. Für den Wahnsinn, den wir vorhaben, ist das auch dringend notwendig."
    "Der Fluch?"
    "Jawohl! Bei Sonnenuntergang schlagen wir los."
    "Gut, ich werde bereit sein!"

    "Wir werden alle sterben!", murmelte der Kaiserliche und nahm noch einen letzten kräftigen Schluck, ehe er den Kopf auf die Theke sinken ließ. Cascada schaute ihm nur mitleidvoll an und schüttelte dann den Kopf. Dieser Mann würde ihnen wohl kaum ein große Hilfe sein.

    Endlich war der Augenblick gekommen. Sarnek, M'raaj-Dar und Telaendril hatten sich längst vor der nun noch gespentischer wirkenden Villa versammelt, als sich endlich auch Velwyn Benirus hinzugesellte. Er war noch ein wenig blass um die Nase, machte ansonsten aber einen nüchternen Eindruck.
    Zum Schluss bog auch Cascada um die Ecke.

    "Du bist auch hier?" fragte Sarnek überrascht, "Wann bist du denn angekommen?"
    "Vor ein paar Stunden, offensichtlich gerade noch rechtzeitig. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn ich dieses kleine Schauspiel hier verpasst hätte."

    Plötzlich fühlte sie Sarnek recht unbehaglich. Irgendetwas war vorgefallen, und Sarnek fühlte sich schuldig.
    "Hör zu, Cascada. Ich ...", stotterte er, doch die Bosmerin unterbrach ihn ruhig.
    "Es gibt so einiges, über das wir zu reden hätten, Sarnek!", sprach sie trocken, "Aber das sollten wir auf später verschieben. Zuerst sollten wir versuchen, diesen unliebsamen Hausbesetzer aus meiner neuen Villa zu vertreiben."
    "Falls es danach noch ein 'Später' gibt!", gab M'raaj-Dar zu denken.

    Ende Kapitel XII(1/3)
    Als sie endlich eintraten, stand der Vollmond bereits hoch am Himmel und trauchte das Haus Benirus in ein blutiges Rot.
    Wie erwartet, wurden die fünf Helden sofort von einer Vielzahl Geister angegriffen, die sich nur mit Mühe bezwingen ließen.

    "Verdammt!", fluchte der Khajiit, "Beim letzten Mal waren sie noch nicht ganz so stark und auch nur halb so viel."
    "Das ist kein Wunder!", erwiderte Velwyn keuchend, während er Abstand zu den Gespenstern zu gewinnen versuchte, "Ihr seid bei Tag in das Haus gekommen. Der magische Schutz, der zu der Zeit wirkt, macht eine übermäßige Bewachung unnötig."

    Kaum war der erste Ansturm bewältigt, folgte auch schon der nächste.
    "So kann das nicht weitergehen!", rief Cascada, "Wir müssen Velwyn in den Keller schaffen, damit er den Weg freimacht. Sarnek, du M'raaj-Dar übernehmt. Ich und Telaendril geben euch Rückendeckung.

    Ohne lange zu fackeln, kämpften sich Sarnek und der Magier zum Keller vor, den jungen Benirus im Schlepptau. Ein Geist nach dem anderen raste auf sie zu und machte ihnen zu schaffen. Einmal schoss ein riesiger Feuerball genau auf das Trio zu, doch sofort jagte der Khajiit diesem einen Eiszauber entgegen und verwandelte die Flammen einfach in Wasserdampf.
    "Verdammt knapp!", keuchte er.

    "Sie sollten sich langsam mal beeilen!", fluchte Cascada, "Allzu lange halt ich das nicht mehr aus."
    "Meine Pfeile gehen auch langsam zur Neige", jammerte Telaendril von der Ballustrade im oberen Stockwerk aus. Nasser Schweiß rann ihr von der Stirn über das ganze Gesicht.

    Eine dritte Geisterwelle griff die beiden Bosmerinnen an. Inzwischen hatten sich auch ein paar mächtigere Vertreter dieser Gattung eingereiht und setzten der Kriegerin mit Gespenstersäbeln zu.
    "Verfluchter Mist!", entfuhr es Cascada und Telaendril wie aus einem Mund."

    Endlich hatten Sarnek, M'raaj-Dar und Velwyn das Ende des Kellers erreicht. Vor ihnen erstreckte sich die Wand mit den seltsamen Symbolen, die der Khajiit und Telaendril erst kürzlich entdeckt hatten.

    "Ich werde jetzt versuchen, die Geheimtür zu öffnen. Ihr macht euch besser auf heftigen Widerstand gefasst."
    "Und das sagt er uns erst jetzt?", murmelte der Magier grimmig.
    "Wie steht es um deine Mana-Reserven?"
    "Ich hab noch einen letzten Trank, wieso?"
    "Den solltest du jetzt zu dir nehmen, es geht los."

    Was nun auf das Trio zukmarschierte, waren keine körperlosen Geister mehr, sondern eine Horde schwer bewaffneter Skelettkrieger, die mit Schwertern, Äxten, Keulen und Bögen angriffen.
    "So langsam hab ich den Verdacht, dass wir hier nicht willkommen sind."

    Im Aufenthaltsraum wurde es endlich ruhig. Man hatte es aufgegeben, Geister zu entsenden. Anscheinend hatten Sarnek und die Anderen das Ziel erreicht. Das war ihre Chance, sich ihnen anzuschließen.
    "Wir beeilen uns besser!", drängte Cascada, "Dass hier nun Ruhe herrscht, heißt nicht, dass es schon überstanden ist."

    Zusammen mit Telaendril hastete die Kriegerin in den Keller, als sie sie erkannte - die Skelettarmee.

    Statt eines geordneten Kampfes wurde es ein einziges Gemetzel. Die Skelette waren flink und hinterhältig und zahlenmäßig weit überlegen. Sarnek schätzte sie auf gut und gerne hundert Stück. Und doch schafften die vier Recken es, die Untoten in Schach zu halten.
    M'raaj-Dar hatte den Großteil seiner übrigen Kraft dafür verwendet, ein paar Flammen-Atronachs zu beschwören, doch wirklich mächtig waren sie nicht.

    "Wäre es eventuell möglich, dass du dich ein wenig beeilst?", rief der Magier Velwyn zu, der hinter ihm die Wand bearbeitete.
    "Ich hab es gleich, nur einen kurzen Moment!"

    Seine Hände fuhren wie in Trance über die magischen Runen, leuchteten bei jeder Berührung hell auf und surrten. Wie eine uralte Melodie erfüllte es den Raum, als plötzlich ein lautes Klicken zu vernehmen war.

    Unsichtbare Schlösser schnappen auf, das Wandstück klappte in der Mitte auseinander und gab den Blick auf einen großen Raum frei.
    Gleichzeitig verschwanden auch die Skelette, zerfielen einfach zu Staub.

    Langsam trat die Gruppe ein und blickte sich um. Die Halle war sehr geräumig und ebenso verfallen wie das restliche Haus. Staub und Schmutz bedeckten den Boden und die zerstörten Möbel. Zwischen alten Truhen und Fässern standen und lagen auch zertrümmerte Särge samt Inhalt in den Ecken herum, menschliche Überreste und Blut, das Wände und Boden tränkte.

    Und dann war da noch der steinere Altar in der Mitte des Raumes. Von einigen brennenden Kerzen umgeben lag dort ein gut erhaltenes Skelett auf der Oberfläche. Das auffälligste Merkmal war, dass ihm eine Hand fehlte.

    "Ich schätze mal, dies ist dein Großvater!", kombinierte Telaendril. Benirus nickte stumm.
    "Und nun?"

    In diesem Moment ertönte aus dem Nichts eine helle rauchige Stimme, die seine Zuhörer in den Bann zu ziehen schien.
    "Herzlich Willkommen, edle Recken!", sprach sie höflich, "Ich habe lange auf Euch gewartet. Ich bin Lorgren Benirus!"

    Ende Kapitel XII(2/3)
    Von dem Sprecher war nichts zu sehen, doch seine unheilige Stimme nahm den ganzen Raum ein. Velwyn schlotterten die Knie, und sogar der griesgrämige Khajiit M'raaj-Dar war für einen kurzen Moment starr vor Schreck.

    "Wo bist du?", rief Sarnek, "Zeig dich!"
    "Oh, du brauchst mich nicht zu sehen, denn meine Stimme ist Beweis genug für meine Gegenwart. Meine sterblichen Überreste jedoch liegen genau vor Euch auf diesem Altar, von der Magiergilde zerstümmelt und von Ratten und Würmern zerfressen. Dies war die gerechte Strafe für meinen Verrat an den Neun, für meine frevelhaften Experimente."

    Einen kurzen Moment hielt Lorgren inne, dann sprach er weiter:
    "Ja, ich gebe es zu. Man tat gut daran, mich zu töten. Ich bereue all die Grausamkeiten, die ich den Menschen und der Natur antat und möchte nur noch meinen Seelenfrieden finden.
    Doch leider bin ich an diesem Ort hier gefangen. Die Hand, die man mir abhackte, ist der Schlüssel zu meiner Freiheit. Bitte bringt sie mir, damit ich die Welt der Sterblichen endlich verlassen kann. Ich sehne mich nach Frieden."

    "Meinst du vielleicht diese Hand?", trat nun Velwyn nach vorne und hielt Lorgrens Knochenhand hoch. Sein Großvater klang erfreut.
    "Ah, du musst Velwyn sein. Wie lange hab ich gewartet. Ja, mein Junge, dass ist sie. Schnell, leg sie auf den Altar."

    Velwyn wollte diesem Wunsch gerade nachkommen, als Sarnek ihn zurückhielt.
    "Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist", raunte er, doch der Junge antwortete: "Ich auch nicht, aber irgendwas sagt mir, dass es keine andere Möglichkeit gibt. Ich muss es tun!"

    "Ich hab schon wieder eine ganz üble Vorahnung", brummte M'raaj-Dar und ging ein paar Schritte zurück, als er den jungen Benirus mit der Skeletthand auf den Altar zulaufen sah.

    Vorisichtig legte er die Hand an die Stelle, an der sie einst gehört hatte, als das Skelett plötzlich verschwand. Lorgrens Stimme jedoch war noch immer gegenwärtig, doch nun klang sie amüsiert. Er lachte.

    "Es ist immer das selbe Spiel mit euch sterblichen Narren. Viel zu leicht lass ihr euch beeinflussen. Endlich kann ich mein Werk vollenden. Und nichts und niemand kann mich aufhalten. Ihr jämmerlichen Menschen am allerwenigsten!"

    Mit einem Schlag viel die Geheimtür hinter ihnen zu.Velwyns Versuch, sie wieder zu öffnen, endete mit einem kräftigen Blitzschlag, der ihn bewusstlos zu Boden gehen ließ. Sie waren eingeschlossen.
    Lorgrens Skelett, dass eben noch auf dem Altar lag, tauchte nun am Ende des Raumes wieder auf und ging sofort zum Angriff über. In seiner Hand hielt er einen langen Zauberstab, mit dem er sogleich einige Untote beschwor und sie auf die kleine Gruppe hetzte.

    "M'raaj-Dar! Telaendril!", rief Sarnek hastig, "Ihr gebt uns Rückendeckung! Und passt auf Velwyn auf."
    Mit diesen Worten stürmte er mit Cascada auf die Untoten los und erledigte sie nacheinander. Doch Lorgren Benirus ließ sich nicht lumpen und beschwor gleich eine neue Welle. Überlegen erklang sein bösartiges Lachen. Tatsächlich schien es so, als hätte die Macht des Nekromanten keine Grenzen.

    "So kommen wir nicht weiter!", erkannte Cascada, "Wir müssen Lorgren direkt angreifen."
    "Das ist Wahnsinn. Wie sollen wir an den rankommen?"

    Lorgren verbarg sich hinter einem mächtigen Schutzschild, dass sich durch nichts durchdringen ließ. Alles, was mit ihm ihn Berührung kam, ging sofort in Flammen auf. Es war aussichtslos.

    Auch M'raaj-Dar erkannte das Problem und hatte nun eine schwere Entscheidung zu treffen. Seine Zauberkraft war beinahe aufgebraucht, aber für einen kräftigen Spezialzauber würde er noch reichen. Sofern er funktioniere, könnte es ihnen einen entscheidenden Vorteil bringen, wenn nicht ... .

    "Ist alles in Ordnung mit dir?", fragte Telaendril besorgt, doch der Khajiit überhörte ihre Frage.
    "Es gibt wohl keinen anderen Weg!" murmelte er und lief selbstsicher auf den Altar zu und stellte sich darauf.
    "Telaendril", sprach er ruhig, "Du wirst mich gleich auffangen müssen. Am besten machst du dich schon einmal bereit."

    "Was hast du vor?", fragte die Bosmerin verwirrt und stellte sich hinter dem Magier auf.
    "Das wirst du gleich sehen. Hoffen wir, dass es funktioniert. Sonst sehen wir uns in der Hölle wieder."

    M'raaj-Dar stellte sich breitbeinig auf den Altar und streckte die Arme zur Seite aus. Dann schloss er die Augen und murmelte einige magische Worte.
    Eine tiefblaue Aura umgab den Khajiit nun, gleißendes Licht verließ seinen Körper und erfasste Lorgrens magische Kuppel.

    Lorgren bemerkte diesen Angriff natürlich und jagte dem Magier sofort einen Zauber entgegen, welcher jedoch an seiner Aura abprallte.
    "Verdammter Magier!", fluchte der untote Nekromant, "Glaubst du ernsthaft, dein lächerlicher Zauber ist meiner Macht gewachsen? Du bist schon so gut wie tot."

    "Was bei Oblivion macht M'raaj-Dar?", staunte Sarnek, "Hat der jetzt völlig den Verstand verloren?"
    "Sarnek, schau!"

    Cascada verwies ihn auf die Kuppel. Unter dem Zauber des Magiers begann sie leicht zu flackern. Seine Kraft ließ nach.

    "Damit hast du nicht gerechnet, Sarnek!", zischte M'raaj-Dar angestrengt, "Dass ich ausgerechnet dir mal den Hintern retten würde. Glaub nur nicht, dass wir deswegen Freunde sind. Meine Chance wird kommen, und dann werde ich dich töten."

    Der Zauber zerrte inzwischen an M'raaj-Dars Gesundheit. Lange würde er ihn nicht mehr aufrecht erhalten können, ehe es gefährlich für ihn werden würde. Telaendril beobachtete ihn entgeistert.

    Schließlich war es geschafft. Lorgrins Schutzschild fiel in sich zusammen, und auch der Nekroment war geschwächt von den Beschwörungen und dem Kampf gegen den Khajiit, der ihm ein ebenbürtiger Gegner war.

    Doch auch M'raaj-Dar war am Ende. Ohnmächtig klappte er in sich zusammen und fiel von Telaendril gestützt zu Boden.

    "Das war euer letzter Fehler!", drohte Lorgren, "Meinen Schild mögt ihr gestürzt haben, doch ich stecke immer noch voller Überraschungen!"

    In diesem Moment attackierte er Sarnek,Cascada und Telaendril mit Blitzzaubern. Unmenschliche Schmerzensschreie erfüllten den Raum. Nun würden sie sterben. Ein sinnloser Tod durch einen untoten Nekromanten, der seine Villa nicht verlassen wollte.

    Nur langsam fand er sein Kraft wieder. Von weitem hörte er entsetzte Schreie - und das Lachen dieses Monsters, der zu Lebzeiten sein Großvater war.
    Velwyn schlug die Augen auf und erhob sich mit letzter Kraft vom Boden. Nun erkannte er, was geschehen war. Die Schreie kamen von seinen neuen Freunden, die unter Lorgrens grausamer Macht Todesqualen erlitten und sich dennoch nicht geschlagen geben wollten. Und er - Velwyn - hatte sie da hineingezogen.

    Vorsichtig stand er auf, er war noch recht wacklig auf den Beinen. Es musste etwas geschehen, sonst war alles verloren. Lorgren war zu sehr mit Sarnek und den anderen beschäftigt, als dass er auf andere Dinge achten könnte. Vielleicht war das seine Chance, endlich einmal tapfer zu sein, seinen Wert zu beweisen. Vor allem aber galt es, die Menschen zu retten, die sich gewissermaßen für ihn aufopferten.

    "Schluss, Lorgren!", brüllte er seinem Großvater zu, "Lass von ihnen ab!"

    Lorgren wandt sich überheblich grinsend seinem Enkel zu und sprach: "Du wagst es, mir Befehle zu erteilen, du Narr?"
    "Ich bin Velwyn Benirus, Blut von deinem Blut. Und du hast meiner Familie Schande bereitet. Ich bin hier, um dir endgültig das Handwerk zu legen."

    "Velwyn, was tust du da?", röchelte Sarnek. Sein Körper war wie der seiner Kameraden völlig geschunden und mit Brandspuren übersät. Es war nicht abzusehen, wie lange sie Lorgrens Folter noch überstehen könnten. Telaendril war längst bewusstlos geworden.

    "Er wird dich umbringen!", fügte Cascada hinzu, doch Velwyn schreckte nicht zurück.
    "Wir werden alle hier drin sterben, wenn ihn keiner bezwingt. Es gibt kein Zurück mehr."

    "Und was willst du nun tun, mein Junge?", entgegnete Lorgren amüsiert, "Willst du mich mit deinem mickrigen Schwert in deiner Hand niederstrecken? Oder besitzt du etwa eine Fähigkeit, von der ich noch nichts weiß?"
    "Ich besitze etwas viel Mächtigeres - meine Ehre!"

    In diesem Moment brachte er sein Schwert in Anschlag und stürmte mit Kampfgeschrei auf Lorgren zu. Der antwortete sofort mit einem Kugelblitz, aber bemerkte viel zu spät, dass der Angriff gar nicht ihm selbst galt, sondern seinem Stab - seiner mächtigsten Waffe.

    Im letzten Moment wich Velwyn aus, riss gleichzeitig die Klinge hoch und ließ sie auf den Stab fahren. Ein sauberer Schnitt durchtrennte das schlanke verzierte Holz, womit seine Macht zunichte war.

    Lorgren schrie wütend auf. Sein eigener Enkel hatte ihn besiegt, doch unter keinen Umständen wollte er diesen Verrat ungesühnt lassen.
    Mit seiner letzen Kraft packte er Velwyn und rammte ihn die scharfkantigen Überreste seines Zauberstabes in die Brust.

    "Wenn ich zur Hölle fahre, wird mich der Letzte der Benirus ebenfalls begleiten!", raunte Lorgren dem sterbenden Velwyn zu, doch der lächelte nur schwach.
    "Zu spät!", röchelte Velwyn zufrieden, "Meine Frau ist wohlauf und erwartet in den nächsten Tagen ein Kind. Ich bin nicht mehr der Letzte."

    Darauf löste sich Lorgren endgültig in Luft auf, und Velwyn ging schwer atmend zu Boden.
    "Geschieht mir Recht!", keuchte Velwyn, "Was muss ich auch den Helden spielen." Er lachte mit schmerzverzerrtem Gesicht.

    Sarnek ging neben ihm auf die Knie und schaute ihm in die Augen. Es war zu spät für ihn. Kein Heilmittel der Welt konnte ihn jetzt noch retten.
    "Warum nur hast du das getan?" fragte er.
    "Weil es mein Schicksal war. Euer Leben ist kostbarer als meines. Auf diese Weise konnte ich zumindest meinen Teil dazu beitragen."
    "Du bist ein tapferer Mann, Velwyn Benirus!", entgegnete Cascada und küsste dem Kaiserlichen sacht auf die Stirn, "Deine Familie würde gewiss stolz auf dich sein."
    "Ihr solltet jetzt gehen, Freunde. Sobald der Fluch vom Haus fällt, wird es hier ein ordentliches Chaos geben, aber danach dürfte es wieder bewohnbar sein. Sarnek, dies ist übrigens für dich."

    Velwyn streckte Sarnek seine Klinge entgegen. Es war ein silbernes Kurzschwert mit einem brüllenden Löwenkopf in sein Heft eingeritzt.
    "Dies ist die Ehrenklinge der Benirus. Keine andere Waffe hätte Lorgrens Stab zerstören können. Lange Zeit wusste ich nichts von der Macht des Schwertes, doch dann erkannte ich die Wahrheit. Ihre Macht wird von deiner Ehre und deiner Tapferkeit gespeist. In deinen Händen wird sie zu einer mächtigen Waffe im Kampf gegen deine Feinde."

    "Ich danke dir!", entgegnete Sarnek und nahm das Schwert entgegen.
    Plötzlich begann es unter seinen Füßen zu vibrieren. Auch Cascada und Telaendril blickten verdutzt.

    "Es ist soweit!", sprach Velwyn, "Ihr müsst hier raus, sofort!"

    In diesem Moment wurde das Erdbeben gewaltiger. Ein riesiger Strudel tat sich im Boden auf und verschlang alles, was ihm in die Nähe kam.
    "Raus hier!", wiederholte Velwyn noch einmal, ehe er ebenfalls vom Strudel verschluckt wurde.

    Sarnek schulterte den noch immer ohnmächtigen Khajiit und folgte den beiden Bosmerinnen, die sich mit aller Kraft an den Wänden festkrallten und gegen den Sog des Strudels ankämpften. So arbeiteten sie sich Schritt für Schritt Richtung Ausgang hin, ehe sie endlich wieder im Freien standen. Die Sonne war bereits aufgegangen.

    Das Erdbeben hatte aufgehört, aber das Haus stand noch immer an seinem Platz. Allerdings hatte es sich verändert. Es sah aus, als hätte man es eben erst frisch renoviert. Es war wieder das schönste Haus in Anvil. Der Fluch war gebannt.

    Ende Kapitel XII (3/3)
    Es war wie ein Wunder. Haus Benirus - eben noch verfallen und heimgesucht - wirkte nun wieder so stolz und prächtig, als hätte es niemals einen Fluch gegeben.

    Die Außenwände erstrahlten in einem Weiß, dass sich die Sonne darin spiegelte. Die Tür war wieder ganz, die Fenster nicht mehr gesprungen. Selbst der tote Garten erblühte in den schönsten Farben.

    Auch das Innere zeugte von seiner magischen Wiedergeburt. Die Spuren des Kampfes waren verschwunden, Staub und Schmutz wie weggefegt. Die Möbel standen an ihren Plätzen, der Kronleuchter hing wieder über dem großen runden Tisch, und im Kamin brannte ein warmes Feuer.
    "Einfach erstaunlich!", raunte Telaendril ehrfürchtig.

    Es vergingen einige Tage, in denen sich die vier Abenteurer einrichteten. Cascada überließ das große Schlafzimmer Sarnek und Telaendril, da ihr das Bett ohnehin viel zu groß war. Stattdessen richtete sie sich im Arbeitszimmer nebenan eine einfache Liegestatt her.

    M'raaj-Dar hingegen bezog Lorgren Benirus' altes Laboratorium im Keller. Auch er war von den Spuren des Verfalls befreit und für den Khajiit das reinste Paradies. Hier schlief er, experimentierte mit den Kräutern aus dem Garten und gab sich seinen Metitationen hin. Seit er aus seinem geliebten Unterschlupf fliehen musste, sehnte er sich zurück in die Geborgenheit der Finsternis, die er hier endlich fand.

    Eines Abends fanden sich alle im Großen Saal ein. Cascada saß in einem großen gemütlichen Sessel vorm Kamin und schnitzte mit einem Dolch an einem Stück Holz herum. Seit ihrer Ankunft in Anvil war sie ungewöhnlich ruhig und nachdenklich. Sarnek wusste, dass die tapfere Bosmerin etwas bedrückte, aber bisher konnte er sie noch nicht zum Sprechen bewegen. Doch schließlich war sie es selbst, die das Schweigen brach.

    "Baurus ist tot!" verkündete sie trocken und mit dem Blick zum Kamin gerichtet, "Ein gewisser Rabe Camoran hat ihn ermordet."

    Bei diesem Namen zuckte Sarnek zusammen. Er kannte Rabe. Von ihm erfuhr er von der Mythischen Morgenröte. Von ihm erhielt er eines der ersten Bände der "Erläuterungen zum Mysterium Xarxes". Er war der Bruder von Ruma Camoran, seiner einstigen Anführerin, ehe er sie erstach.

    "Er hat er mir einige interessante Dinge erzählt", fuhr Cascada fort und drehte sich nun zur Gruppe um.
    Sarnek wurde nervös. Nun war es also soweit. Warum nur musste sie die Wahrheit ausgerechnet von Rabe erfahren, warum hatte er selbst es so lange aufgeschoben?

    "Ich bin aber nicht bereit, den Worten aus dem Mund des Feindes zu akzeptieren, und seien sie noch so wahr. Darum frage ich dich, Sarnek: Wer bist du?"

    Sarnek schwitzte, seine Stirn und seine Hände waren völlig nass. Sanft löste er sich von Telaendril, die sich bis eben noch ebenso nervös an ihm festhielt, und stand auf.

    "Also gut", seufzte er, "ich werde dir nun eine Geschichte erzählen, die ich dir am liebsten erspart hätte, weil sie so grauenvoll und verstörend ist, dass ich sie am liebsten selbst vergessen hätte.

    Wisse zuerst, dass ich nacheinander zwei Wesen diente, welche für die einen der jeweils mächtigste aller Götter ist, für die anderen aber ein Dämon, der von Tamriel vertrieben werden müsse und mit ihm alle seine Anhänger.

    Der erste Gott oder Gottgleiche - in diesem Fall ist man sich nicht ganz einig - wird Sithis genannt oder Fürchterlicher Vater von seinen Anhängern. Er ist sozusagen der oberste Anführer der Bruderschaft. Die Bruderschaft, der außer mir auch M'raaj-Dar und Telaendril angehörten, ist eine Gemeinschaft von Mördern. Wir mordeten für Geld, für Ruhm und besonders für Sithis, dem wir die Seelen unserer Opfer darboten.
    Aber wir töteten nicht aus reiner Willkür irgentwelche Menschen. Von anderen Menschen erhielten wir über ein geheimes Ritual - das sogenannte Schwarze Sakrament - unsere Aufträge.

    Die Bruderschaft ist überall in Tamriel verbreitet. Wir hatten unseren Unterschlupf zum Beispiel in Cheydinhal, aber unter anderem auch in Kvatch befand sich vor seiner Zerstörung ein solcher."

    So erzählte Sarnek von seiner Kindheit, von seinem ersten Mord in Chorrol, von seiner Liebe zu Antoinette Marie, die für ihn inzwischen nur noch eine schwache Erinnerung war. Schließlich erzählte er von seiner Ermordung an Vladimir Verane, seinem Mentor. Cascada war eine Weile tatsächlich sprachlos.

    "Nach meiner Flucht irrte ich eine Zeitlang planlos umher und lebte von Einbruch und Diebstahl. Eines Tages jedoch traf ich auf Rabe Camoran, der mir von der Morgenröte erzählte."
    "Dann ist es also wahr!", kombinierte Cascada ruhig.

    "Ja, ich wurde einer ihrer Agenten, sogar einer der besten. Und so unterwarf ich mich dem zweiten 'Gott' - Mehrunes Dagon, dem Prinzen der Zerstörung. Ich kämpfte in seinem Namen, mordete mit seinen Liedern auf den Lippen. Ich ebnete für ihn den Weg, auf dass er Tamriel endgültig vernichten möge. Ob du es glaubst oder nicht, aber sehr lange war ich sehr glücklich bei dem Gedanken, dabei mitwirken zu dürfen, dass meine Heimat in ein Reich aus Lava und Asche zu verwandeln. Doch dann erhielt ich den wichtigsten aller Aufträge - und versagte. Zum ersten Mal in meiner Agentenlaufbahn versagte ich. Du weißt, welchen Auftrag ich meine, nicht wahr?"

    "Die Ermordung des Kaisers!", antwortete Cascada mit gesenktem Blick. So hatte Rabe also die Wahrheit gesprochen. Es war tatsächlich Sarnek, der Uriel Septim samt Thronfolger tötete.

    "Und die Beschaffung des Amuletts der Könige!", fügte Sarnek hinzu.
    "Zu meinem Glück - oder auch Pech - konnten Zauber meiner daedrischen Rüstung nicht viel anhaben, so dass dein Feuerball gerade einmal dazu ausreichte, mich für kurze Zeit außer Gefecht zu setzen. Da du aber samt Amulett entkommen konntest, machte es keinen großen Unterschied. So war es nun mein Auftrag, dich zu finden und das Amulett in meinen Besitz zu bringen.
    Doch seit meinem Versagen hatte sich meine Welt auf den Kopf gestellt. Ich begann zu zweifeln, wurde immer wieder mit meiner Vergangenheit bei der Bruderschaft konfrontiert, ehe ich schließlich eine Entscheidung zu treffen hatte - für oder gegen die Mythische Morgenröte."

    Mit diesen Worten blickte er zu Telaendril hinüber und antwortete: "Dies war, meiner Meinung nach, die erste Entscheidung, die ich nicht bereute."

    Sarnek erzählte von seiner Begegnung mit Lucien Lechance, von dem er auch seinen Shadow erhielt, von der anfangs unfreiwilligen Zusammenarbeit mit Telaendril und von dem Vorfall im Hauptquartier der Morgenröte. Schließlich kam er auf seine Begegnung mit Sithis zu sprechen.

    "Ich traf ihn in einem Traum, als ich kurz nach unser Ankunft in Kvatch das Bewusstsein verlor. Er eröffnete mir, dass mein ganzes bisheriges Leben nur nach seinem Willen verlaufen sei, dass er mein Schicksal vorhergesehen habe, und nicht nur meines."
    "Wie soll ich denn das verstehen?", wunderte sich Cascada, und Sarnek seufzte.

    "Sithis deutete an, dass auch du nur seinem Willen folgen würdest, dass du gewaltige und auch grausame Dinge zu tun hättest, bei der ich dich unterstützen müsse. Sithis war es, der Telaendril an meine Seite stellte und M'raaj-Dar überleben ließ, während alle anderen niedergemetzelt wurden. Für Sithis ist der ganze Krieg gegen Mehrunes Dagon nicht mehr als ein Spiel, deren Regeln er selbst aufgestellt haben will."

    "Das ist doch völlig absurd!", keifte der Khajiit und sprang zornig aus seinem Sessel.
    "Wie kannst du es wagen, die Ehre des Fürchterlichen Vaters derart zu beschmutzen?"

    "Beruhige dich, M'raaj-Dar!", entgegnete Sarnek, "Ich mag zwar kein Mörder mehr sein, aber im gewissen Sinne diene ich Sithis noch immer. Es war sein Wille, dass ich Cascada bei ihrer Mission unterstütze, und dem komme ich nur zu gerne nach, sofern sie mich noch lässt, nachdem sie nun die Wahrheit kennt."

    "Das ist wirklich die merkwürdigste Geschichte, die ich jemals gehört habe", antwortete Cascada nachdenklich, "Aber du wirst überrascht sein - ich glaube dir. Denn die Geschichte, die ich euch nun erzähle, ist nicht weniger geheimnisvoll und erschreckend."

    Sie drehte sich zurück zum Kamin und blickte nachdenklich in das flackernde Feuer im Kamin, ehe sie erneut ihre Stimme erhob.

    "Also, es begann alles vor etwa fünfzehn Jahren ... "

    Ende Kapitel XIII
    Es war mitten in der Nacht, als die Banditen angriffen. Torin und die anderen Männer des Dorfes waren gerade vom Feld gekommen und auf dem Weg nach Hause, als sie kommen sahen - eine Horde bewaffneter Nord. Keiner wusste, wass die Bewohner Skyrims antrieb, doch schon seit Tagen zerstörten sie ein Dorf nach dem anderen. Grasnaab war nur eine weitere Etappe ihrer Invasion.
    Torin wusste, dass die Nord ein raues und schlagkräftiges Volk waren, aber diese Menschen waren wie Raubtiere.

    "Die Nord kommen!", stürzte Torin in die Küche, in der seine Frau Melissa gerade das Gemüse fürs Abendessen schnitt. Sofort sprang sie auf blickte durchs Fenster in den Nachthimmel. Sie hatten das Dorf noch nicht erreicht, aber bereits außer Ferne war der Schein ihrer Fackeln schon gut zu erkennen.

    "Hol Cascada, wir müssen von hier verschwinden!", riss Torin seine Frau aus ihren Gedanken und machte sich daran, ihre Habseligkeiten zusammenzupacken, vor allem Lebensmittel und Kleidung.

    Cascada war gerade acht Jahre alt geworden und so gertenschlank wie ihr Vater, das lange stahlblaue Haar jedoch, dass sie am liebsten zu einem Pferdeschwanz geflochten trug, und die Augen hatte sie von ihrer Mutter.
    "Du bist das schönste achtjährige Bosmermädchen in ganz Valenwald", hatte ihr Vater ihr gesagt, und darauf war sie stolz.

    Als Melissa ins Zimmer kam, schlief ihre Tochter bereits tief und fest. Den ganzen Tag war sie mit ihren Freunden draußen herumgetollt und Geburtstag gefeiert. Doch die Zeit des Feierns war nun vorbei.
    "Wach auf, Kind!", rief sie aufgeregt und schüttelte Cascada sanft, "Du musst aufstehen."

    Es dauerte einen kurzen Moment, ehe Cascada begriff, was los war, doch dann war sie hellwach.
    "Mama, was ist los?", fragte das Mädchen, "Wo ist Papa?"
    "Stell nicht so viele Fragen und beeil dich. Dein Vater bereitet alles für unsere Flucht vor. Das Dorf wird angegriffen."

    Cascada wusste von ihren Freunden, dass Männer aus dem Norden in die Wälder gekommen seien und ihre Dörfer überfielen, aber sie hatte immer geglaubt, dass sie sich das nur ausdachten. Sie hatte so viele Geschichten über die anderen Völker Tamriels gelesen, besonders die Nord hatten sie fasziniert, weil sie freiwillig im ewigen Winter der Berge lebten. Was wollten sie dann ausgerechnet in Valenwald?

    Sie zog sich eilig an und folgte ihrer Mutter nach unten, wo ihr Vater bereits die Pferde vor das Fuhrwerk spannte. Mittlerweile liefen auch die anderen Dörfler hektisch umher. Die ersten Hütten brannten bereits, und aus der Ferne ertönte Kampfgeschrei.

    "Los, auf den Wagen mit euch!", trieb Torin seine Familie zur Eile und setzte die beiden Pferde in Bewegung.
    "Den Haupteingang haben sie schon abgeriegelt", erklärte er, "Unsere einzige Chance ist das Südtor am anderen Ende des Dorfes. Hoffen wir, dass die Banditen es noch nicht entdeckt haben."

    Die Kutsche breschte quer durch Grasnaab. Das kleine idyllische Dörfchen im Süden Valenwalds war noch recht jung, Siedler aus den größeren Ortschaften hatten sich hier zusammengefunden, unter anderem Torins Großeltern, die aus der Hauptstadt Falinesti stammten.
    Nun würde diese Idylle schon bald nur noch eine wage Erinnerung sein.

    "Verdammt!", fluchte Torin und stoppte die Pferde. Auch das Südtor war von den Nord verbarrikadiert worden. Sie hatten das Dorf tatsächlich umstellt. Eine unbemerkte Flucht war unmöglich, aber was konnten sie jetzt noch tun?

    "Hier!", sprach er und reichte Melissa die Zügel. Dann stieg er vom Fuhrwerk zog Schwert, Bogen und ein paar Pfeile aus dem Waffenbündel auf der Ladefläche.
    "Was hast du vor?", wollte seine Frau wissen, und auch Cascada blickte ihn entgeistert an.Torin ignorierte die Frage und antwortete stattdessen:
    "Sobald ich dir ein Zeichen gebe, reitest du los. Ich werde die Banditen so lange ablenken."

    Er gab ihr gar nicht erst die Gelegenheit, etwas zu erwidern, küsste sie noch einmal und lief dann auf das Tor zu. Als ihm einer der Nord entgegenkam, fackelte er nicht lange. Er nahm den Bogen, lud ihn und schoss. Der Pfeil traf sein Zeil in den Kopf und tötete ihn sofort.
    Kurz darauf sah der Bosmer die restlichen Nord auf sich zurennen. Das war der Moment, auf den gewartet hatte.
    "Jetzt!", brüllte er Marissa zu nahm sein Schwert zur Hand, ehe er sich von fünf kampferprobten Krieger umstellt sah.

    "Halt dich fest!", rief Melissa ihrer Tochter zu und ließ die Pferde die Zügel spüren. Sofort galoppierten sie los, genau auf das nun freie Tor zu,
    während Torin gerade dabei war, sein Leben für seine Familie zu opfern. Doch zum Trauern war keine Zeit. Jeden Moment würden sie den Ausgang erreicht haben. Dann wären sie frei.

    In diesem Moment erreichte einzelner Bandit das Fuhrwerk und sprang auf.
    Melissa versuchte mit allen Mitteln, ihn wieder abzuschütteln, aber er war zu stark.
    "Aber nicht doch, meine Süße!", sagte er belustigt, und packte sie von hinten, "Ihr seid ja ein trolliges Völkchen, Tarok wird begeistert sein."

    "Lass meine Mutter in Ruhe!", kreischte Cascada verzweifelt und biss und kratzte den Nord in ihrem unbändigen Zorn.
    Der Nord schüttelte sie ab und verpasste ihr eine so kräftige Ohrfeige, dass sie um ein Haar von der Kutsche geflogen wäre.
    In der ganzen Hektik hatten sich die Pferde losgerissen und galoppierten nun ohne ihre Herren in den Wald.

    Der Band packte die beiden störrischen Bosmerinnen - Melissa über der Schulter und Cascada unterm Arm - und brachte sie zu seinen Kameraden.
    "Schau nur, Tarok, wer uns gerne Gesellschaft leisten möchte."
    "Gut gemacht!, Jeggel!", antwortete Tarok zufrieden, "Pack sie zu den anderen Weibsbildern auf den Karren und schmeiß den da ins Feuer. Bosmer brennen gut."

    Mit diesen Worten zeigte er auf Torin, der tot im Gras lag, sein eigenes Schwert noch in der Brust. Melissa schloss die Augen, und Cascada schluchzte leise.

    Der Konvoi machte sich beim Morgengrauen auf den Weg. Zurück ließen sie nur ein brennendes Dorf und den Tod.
    An die fünfzig Bosmerinnen hatten sie gefangengenommen, darunter Melissa und ihre Tochter Cascada. Die Nord würd sie nach Skyrim bringen, um sie dort ihren Häuptlingen zum Geschenk zu machen. Ofiziell war die Sklaverei spätestens seit den Vorfällen in Morrowind längst abgeschafft, aber seit wann hielten sich Banditen an Gesetzte?

    Ende Kapitel XIV
    Schon seit Tagen stapfte er fernab seines Dorfes durch knietiefen Schnee, aber der verdammte Sturm wollte und wollte einfach nicht nachlassen. Dabei hatte der Winter erst begonnen. Wenn es nach ihm ginge, säße er jetzt zu Hause vor seinem Kamin - bei einem Krug heißen Met. Im Gegensatz zu den meisten anderen Nord hasste er die Kälte.
    Aber er durfte nicht schon wieder ohne Beute noch Hause kommen. Schon viel zu lange litten seine Leute Hunger, ihm selbst knurrte schon seit seinem Aufbruch der Magen.

    Holger Starkherz war der beste Jäger des Tiger-Clans und kannte Skyrim wie kaum ein Anderer. Doch dieser Sturm machte selbst ihm mächtig zu schaffen. Festgefrorener Schnee klebte überall an seiner Pelzrüstung und sogar an seinem dunkelroten Zottelbart - seinem ganzen Stolz. Zudem nahm der Wind ihm die Sicht.

    Irgendwann jedoch entdeckte Holger eine große Höhle im Fels. Von denen gab es in Skyrim einige, und meistens hausten Bären und anderes Getier darin, doch der Nord riskierte lieber eine Auseinandersetzung mit einem ausgewachsenen Grizzly, als draußen zu erfrieren. So nahm Holger seine Breitaxt zur Hand, zündete eine Fackel an und trat in die Finsternis der Höhle.

    Er war noch nicht weitgekommen, als er schon ungewöhnliche Geräusche zu vernehmen glaubte - da atmete etwas.
    Aber es klang nicht wie ein Tier, eher menschlich.

    Mit der Fackel leuchtete Holger die Wände ab, als er schließlich das Ende der Höhle ausmachen konnte und in einer Ecke einen Stapel Pelze, die wohl jemand hier zurück gelassen hatte. Aber Pelze konnten nicht atmen, und gewiss konnten sie sich auch nicht bewegen. Doch dieser Stapel tat beides. Womöglich war es ein verdammter Goblin, der unter den Fellen sein Schönheitsschläfchen hielt, oder Schlimmeres.

    Vorsichtig näherte sich der Nord dem Haufen und zog dann ruckartig den obersten Pelz weg.
    "Wie kommen die denn hierher?", brummte er überrascht.

    Es war eine Frau mit spitzen Ohren und blauem Haar - eine Waldelfe.
    Sie hatte wohl versucht, sich unter den ganzen Pelzen vorm Erfrieren zu bewahren, offensichtlich ohne Erfolg. Ihr Körper war war völlig starr und leblos.
    In ihren Armen hielt sie ein junges Mädchen, möglicherweise ihre Tochter. Doch im Gegensatz zu der Frau schien das Kind noch zu leben. Es atmete schwer und unregelmäßig, aber noch bestand Hoffnung für sie.

    Es war nicht so einfach, die steifgefrorenen Arme der Frau zu lösen, zumal es ihm so gar nicht behagte, sich an einer Toten zu vergreifen. Doch, wenn er das Kind retten wollte, hatte er keine andere Wahl.

    Schließlich gelang es ihm tatsächlich, das Mädchen aus ihrer Umarmung zu befreien.
    Er wickelte es wieder in den Pelz ein und deckte es mit den anderen bis zum Kinn zu. Schließlich sammelte er einige trockene Zweige vom Höhlenboden auf und legte sie auf einen Haufen.
    Aus seinem Rucksack holte er ein mit Met gefülltes Trinkhorn, nahm einen Schluck und kippte den Rest über den Stapel, den er schließlich mit seiner Fackel anzündete. Schon bald durchströmte die mollige Wärme den ganzen Bau, während es vor der Höhle immer noch stürmte.

    Holger setzte sich ans Feuer und wärmte sich auf, während seine Blicke neugierig auf dem jungen Mädchen ruhten. Er hatte noch nie eine Waldelfe gesehen, aber in seinem Dorf erzählte man sich viele Geschichten über dieses Volk, dass angeblich im perfekten Einklang mit der Natur lebte. Doch ihre Heimat war Valenwald und lag weit im Süden Tamriels, was also verschlug diese beide Bosmerinnen ausgerechnet in eine Höhle mitten ins raue Klima der Berge?

    Dann kam den Nord ein Gedanke. Könnte womöglich Tarok etwas damit zu tun haben?
    Vor etwa zwei Wochen war der Älteste des Bären-Clans mit einer größen Gruppe seiner Rabauken ausgezogen, um "Ruhm und Ehre zu erlangen", was nur bedeuten konnte, dass sie durch die Gegend zogen und wie üblich Unruhe stifteten. Er würde diesem Pack alles zutrauen, sogar die Entführung dieser beiden Bosmerinnen.

    Holger beschloss, die Nacht über hierzubleiben. Mit etwas Glück hätte der Sturm bis zum Morgen nachgelassen, dann würde er das Mädchen ins Dorf bringen. Vielleicht könnte man ihm dort helfen, wieder nach Hause zu kommen. Denn dort war es defintiv besser aufgehoben als in dieser Saukälte.

    So legte sich der Nord in voller Rüstung neben das Feuer auf den Rücken und klemmte sich seinen Rucksack unter den Kopf. Schon bald schlief er ein und träumte von einer grünen Sommerwiese im wärmsten Land Tamriels - und von heißem Met.

    Ende Kapitel XV (1/3)
    Als das Mädchen erwachte, war der neue Tag längst herangebrochen. Der Sturm hatte sich endlich gelegt und ließ sogar die Sonne wieder am Himmel erscheinen.

    Noch völlig benommen blickte sie sich um und erkannte, dass irgend etwas nicht stimmte. Sie lag eingewickelt in einem Stapel stinkender Pelze in einer kahlen Felsenhöhle, mutterseelenallein.

    Mit dieser Erkenntnis wurde sie schlagartig hellwach. Was war geschehen und wie war sie hierher gekommen? Das Mädchen erinnerte sich noch daran, dass ihr Heimatdorf angegriffen wurde und ihr Vater dabei starb. Danach wurden sie und ihre Mutter zusammen mit den anderen Frauen des Dorfes auf einen Wagen geladen und abtransportiert. Und danach?

    So sehr Cascada sich auch bemühte, sie konnte sich nicht erinnern. Dann entdeckte sie noch etwas. An einer Ecke neben ihrer Schlafstätte schauten unter einem weiteren Fell zwei schlanke Füße heraus. Das Mädchen ahnte Schreckliches und humpelte mit pochendem Herz auf die Stelle zu. Vorsichtig kniete sie auf dem nackten Felsboden nieder und ließ ihre Finger über den Pelz gleiten. Sie konnte die schlanken Konturen eines Gesichtes darunter spüren, so geschmeidig wie das einer Königin.
    Insgeheim wusste sie schon, wen sie unter der Decke vorfinden würde, doch um nichts in der Welt würde sie es wahrhaben wollen, ohne es mit eigenen Augen gesehen zu haben.

    Mit zittrigen Händen und Tränen in den Augen schob sie den großen weichen Pelz ein Stückchen zur Seite und blickte kurz darauf in das Gesicht ihrer Mutter. Sie wirkte so friedlich und befreit, als würde sie nur schlafen.

    Bitterlich schluchzend ließ das Mädchen ihren Blick sinken. Ihre Mutter war tot, und sie wusste nicht einmal, was geschehen war. An einem einzigen Tag hatte sich ihr ganzes Leben komplett verändert, kaum dass ihr Geburtstag vorbei war.

    "Guten Morgen!", hörte sie plötzlich jemanden sagen und drehte sich erschrocken um. Der Mann, der da im Höhleneingang stand, war ein Riese mit rotem verfilztem Haar und einem ebenso roten Bart, mit dem er noch furchteinflößender wirkte.
    Die Pelzrüstung, die er trug, war die selbe, die sie auch bei den Banditen gesehen hatte. War er einer von ihnen?

    "Scheint so, als hätte ich dich in einem sehr privaten Augenblick gestört", fügte er verlegen hinzu, "Sie war deine Mutter, nicht wahr?"

    Das Mädchen nickte traurig, doch als der Fremde Anstalten machte, in die Höhle zu treten, flüchtete sie sich rückwärts zu ihrem Lager.
    "Was willst du von mir?", schrie sie in panischer Angst, "Lass mich in Ruhe!"

    Der Riese blieb stehen und blickte sie ganz ruhig an. Dann brummte er verständnisvoll:
    "Ich kann verstehen, dass du Angst vor mir hast. Scheint so, als wäre deine erste Bekanntschaft mit den Nord nicht gerade die freundlichste gewesen, aber ich verspreche dir, dass ich dir nichts tun werde. Man nennt mich Holger Starkherz, aber du kannst Holger zu mir sagen. Und wie lautet dein Name?"

    "Cascada!", stotterte die junge Bosmerin noch immer ängstlich; zu furchterregend wirkte der Nord mit seinem Hornhelm auf dem Kopf und der mächtigen Breitaxt an seinem Gürtel. Er kam wohl gerade von der Jagd, denn in der rechten Hand zog er einen toten Hirsch hinter sich her, ein geheiligtes Geschöpf der Natur. Solch eine Tat würde man in Valenwald strengstens bestrafen.

    "Also, Cascada", unterbrach Holger diese beunruhigende Stille, "ich werde jetzt hereinkommen, aber du brauchst keine Angst zu haben. Es war reiner Zufall, dass ich euch in dieser Höhle gefunden habe. Der Schneesturm letzte Nacht trieb mich während meiner Jagd hierher.
    Für deine Mutter konnte ich leider nichts mehr tun, aber offensichtlich hat sie dir das Leben gerettet."

    Der Riese setzte sich neben ihren Schlafplatz an die erloschene Feuerstelle und ließ den toten Hirsch sinken.
    "Das Fleisch brauch ich für meine Leute im Dorf. Seit ein paar Tagen herrscht dort eine Hungersnot, weil die Tiere bei dieser übermäßigen Kälte in ihren Löchern bleiben. Kann ich ihnen beim bestem Willen nicht verübeln."
    Holger bemühte sich um einen heiteren Gesichtsausdruck, doch die kleine Waldelfe war noch viel zu eingeschüchtert. Sie musste wirklich Schreckliches durchgemacht haben.

    "Weil ich keine Ahnung habe, ob Waldelfen Fleisch essen", setzte der Nord geduldig fort und fügte dann hinzu: "Du bist doch eine Waldelfe, oder?"
    Cascada nickte, und Holger lächelte zufrieden.
    "Dachte ich es mir doch. Jedenfalls hab ich dir etwas mitgebracht, was dir eventuell mehr zusagt."

    Er nahm einen kleinen Lederbeutel von seinem breiten Waffengürtel und hielt ihn der Bosmerin entgegen.
    Nervös streckte sie ihre schlanken Finger danach aus und griff zu. In dem Beutel waren einige kleine dunkle Früchte.

    "Das sind Brombeeren.", erklärte Holger feierlich, "Ganz in der Nähe hab ich einen ganzen Strauch voll entdeckt. Es nicht gerade ein üppiges Mahl, aber immerhin bekommt dein Magen was zu tun."
    "Und was isst du?", fragte das Mädchen einigermaßen ruhig. Es war der erste vernünftige Satz, den sie an ihn richtete, und Holger lächelte.

    "Mach dir wegen mir mal keine Sorgen, Mädchen.", beruhigte er sie und klatschte sich mit der flachen Seite seiner großen Pranke gegen den Bauch.
    "Ich kann ruhig einmal eine Mahlzeit ausfallen lassen. Was mir viel mehr Kopfzerbrechen bereit, ist, wie ein junges Geschöpf wie du ausgerechnet nach Skyrim kommt."

    Und so erzählte Cascada erst stockend, dann aber immer flüssiger von dem Überfall der Banditen, von ihrem verhängnisvollen Fluchtversuch und dem Gefangenentransport. An die Zeit danach konnte sie sich immer noch nicht erinnern, und das schmerzte sie am meisten. Sie begann wieder zu weinen.

    Tröstend drückte der Nord das Mädchen an seine Brust, und sie ließ es geschehen. Sein bäriges Aussehen bereitete ihr noch immer ein wenig Angst, aber er konnte ja nichts dafür. Und schließlich hatte er sie gerettet.

    Holger überlegte kurz und erklärte schließlich:
    "Die Nord, die euch angriffen, gehörten zum Bären-Clan. Schon lange liegen wir - der Tiger-Clan - mit Tarok uns seinen Männern in Fehde. Ständig protzte er mit seiner Überlegenheit und sehnte sich die Zustände der ersten Ära zurück, als noch König Harald regierte und Skyrim noch den ganzen Norden Tamriels einnahm. Schließlich verließ er mit seiner Bande die Berge. Wir wussten nicht, wohin er wollte, und interessierten uns auch nicht dafür. Wir waren froh, dass er weg war.

    Wenn sie tatsächlich nach Himmelsrand zurückgekehrt sind, dann wahrscheinlich über eine andere Route. Im Dorf haben wir sie jedenfalls nicht mehr gesehen. Vielleicht haben sie die Frauen nach Winterfeste gebracht. Das ist unsere Hauptstadt und liegt sehr weit draußen im Norden. Ich war selbst noch nie dort."

    Gegen Nachmittag verließen Holger und Cascada ihren Unterschlupf. Der Nord hatte ihr aus einigen Pelzen und mithilfe seines Flickzeugs einen warmen Kapuzenumhang geschneidert, damit sie das kalte Wetter einigermaßen überstehen konnte. Es war nicht mehr als eine Notlösung, aber besser als nichts. Im Dorf würde er ihr etwas Vernünftiges zum Anziehen besorgen, aber bis dahin war es ein weiter weg.

    "Im Dorf gibt es einen Heiler namens Gunther. Vielleicht kann er dir deine Erinnerung zurückgeben. Und vielleicht finden wir auch jemanden, der dich wieder nach Hause bringen kann."
    "Ich hab kein Zuhause mehr!"

    Ende Kapitel XV (2/3)
    Das Dorf - Felsheim genannt - lag in einem kleinen Talkessel irgendwo zwischen Falkreath und Witherun und war so klein, dass es auf keiner Karte der Welt eingezeichnet war.

    Die Bewohner des Dorfes waren in zwei Gruppen aufgeteilt - in den Tiger-Clan, der hauptsächlich aus Jägern und Sammlern bestand, und in den Bären-Clan, den Clan der Krieger.
    Beide Clans hatten einen eigenen Anführer, die ständig in Fehde miteinander lagen.

    Der Häuptling des Tiger-Clans hieß Hektor und war ein imposanter und bärenstarker Nord mit langen grauen Windzöpfen und einem ebenso grauen Vollbart, wie er bei den Nord weit verbreitet war. Als Anführer jedoch war er stets besonnen und um eine friedliche Lösung bemüht, ganz im Gegensatz zu seinem Bruder.

    Tarok, der Anführer der Bären hielt nichts von Diplomatie. Er pflegte seine Probleme mit der Axt zu lösen. Vor allem aber betrachte er das Volk der Nord als allen anderen Völkern weit überlegen, was er immer wieder gerne zu demonstrieren versuchte.

    Seit dem Einbruch des Winters in das ohnehin schon kalte Skyrim gab es für die Jäger des Dorfes kaum noch Beute und somit auch kein Fleisch.
    Tarok hatte darauf bestanden, hinauszuziehen und einen Eroberungsfeldzug gegen die anderen Länder zu starten, um das Nahrungsproblem ein für allemal zu lösen, doch Hektor war dagegen, sich mit dem Kaiser anzulegen und womöglich einen Krieg heraufzubeschwören, zumal eine solche Entscheidung noch immer dem Rat von Winterfeste oblag.

    So entbrannte zwischen den beiden Brüdern mal wieder ein Streit, der damit endete, dass Tarok mit seinem Clan das Dorf verließ und sich in den Süden aufmachte, um seine törichten Pläne in die Tat umzusetzen.

    Da die Lebensmittelknappheit damit aber nicht behoben war, entsandt man kurz darauf Holger Starkherz, den besten Jäger des Tiger-Clans, in die Wildnis, um doch noch an das dringend benötigte Fleisch zu gelangen. Nun wartete man bereits drei Tage ungedulig auf seine Rückkehr.

    Mitten in der Nacht schließlich erkannte man in der Ferne den Schein einer Fackel näherkommen. Dann ertönte das Brüllen eines Jagdhorns, der den Torwächtern des Dorfes verkündete: "Öffnet das Tor! Ich bin zurück!"
    Niemand Geringeres als Holger Starkherz konnte so kräftig in das Horn blasen.

    Sofort entriegelten die Wachen das mächtige Holztor, als sich auch schon der rothaarige Riese näherte, ein breites Grinsen in seinem zottelbärtigen Gesicht. Endlich war er wieder daheim.

    In einer Hand zog er den toten Leib eines prächtigen Hirsches hinter sich her, dessen Fleisch wohl zumindest für eine Woche reichen dürfte, wenn man es einteilte.
    Und dann saß da noch etwas in einen Pelzumhang gewickelt auf seinen Schultern, dass wie ein schlafendes Kind aussah. Unter der Kaputze schaute ein Büschel blaues Haar heraus - eindeutig kein Nord.

    "Sag mal, Holger, ...", kam der Torwächter - ein junger bartloser Bursche namens Knut, neugierig auf den Jäger zu, doch Holger ließ ihn gar nicht erst ausreden, drückte ihm mit einem schroffen "Da!" das tote Tier in die Arme und setzte dann vorsichtig das Kind ab. Müde gähnend streckte es die kleinen Arme von sich. Sie brachte kaum die Augen auf, so erschöpft war sie.

    "Das ist Cascada, eine Waldelfe aus Valenwald. Ich werde dir später alles berichten, aber zuerst muss ich zu Hektor. Ist er da?"
    "Er sitzt im Haupthaus. Seit Taroks Abreise ist der Alte nur noch am Grübeln. Ich glaube nicht, dass ihn deiner magerer Hirsch wirklich erheitern kann."
    "Mach dir deswegen keine Gedanken. Das, was ich ihm zu berichten habe, ist viel wichtiger. Würde es dir etwas ausmachen, solang auf das Mädchen aufzupassen? Es wird nicht lange dauern."
    "Aber ich ..."
    "Ich wusste ja, auf dich kann man sich verlassen."

    Mit diesen Worten ließ er den verdatterten Torwächter mit dem seltsamen Menschenkind allein und eilte zum großen Haupthaus im Zentrum des Dorfes - das einzige Gebäude, das für beide Clans zugänglich war.

    Das Haupthaus bestand aus zwei Etagen. In der unteren Etage befand sich der große Konferenzraum mit einem ebenso großen runden Tisch, an dem sich die Anführer mit ihren Männern berieten und bei besonderen Anlässen Bankette stattfanden.
    Über eine stabile Holztreppe gelangte man in die Privaträume der Staatsoberhäupter. Hierhin zog sich Hektor gerne zurück, wenn er in Ruhe nachdenken wollte oder sich nicht wohlfühlte.

    In dieser Nacht ließen ihn die Sorgen keinen Schlaf finden. Nicht nur, dass das Essen knapp war, nun musste auch noch sein eigener Bruder seinen Willen durchsetzen.
    Nichts als Scherereien machte er einem, so war Tarok schon als Junge.

    Ihr Vater Olaf gehörte zu den Siedlern, die Felsheim vor gut fünfzig Jahren hier errichteten, und hatte die letzten zwanzig Jahre selbst regiert. Damals gab es keine Clans, das Dorf war geeint, und seine Bürger lebten in Eintracht miteinander.
    Doch dann starb Olaf eines Tages unerwartet, ohne einen seiner Söhne zum Nachfolger ernannt zu haben, was den ersten großen Streit heraufbeschwor.

    Man einigte sich letztendlich darauf, dass Dorf aufzuteilen, doch damit waren die Streitigkeiten noch lange nicht beseitigt.
    Immer wieder waren Entscheidungen zu treffen, bei denen die Meinungen der beiden ungleichen Brüder weit auseinander gingen. Doch letztendlich konnte Hektor immer irgendwie die Oberhand behalten. Bis zuletzt!

    Das Klopfen riss Hektor aus seinen Gedanken. Ihm war sofort klar, war da vor der Tür stand. Nur seinen engsten Vertrauten war es gestattet, seine Privaträume zu betreten. Holger Starkherz war einer von ihnen.

    "Komm nur rein, Holger!" rief Hektor von seinem mit Pelz überzogenen Sessel aus - den Blick in den sternklaren Nachthimmel vor seinem Fenster gerichtet.

    Zügig marschierte der Riese durch das kleine Arbeitszimmer und ließ sich erleichtert in einen weiteren Sessel fallen, während er darauf wartete, dass sich der Häuptling ihm zuwandte.

    "Wir haben dich bereits erwartet, mein Freund!", sprach Hektor ruhig, "Hattest du Erfolg bei der Jagd?"
    "Erfolg würde ich nicht sagen. Einen altersschwachen Hirsch konnte ich erlegen, mehr ließ sich nicht machen. Tut mir leid."

    "Ein einzelner Hirsch wird uns nicht lange sattmachen können, aber immerhin bist nicht ganz mit leeren Händen heimgekehrt. Dafür danken wir dir."

    Hektor lehnte sich müde seufend in seinen breiten Sessel zurück und sprach dann:
    "Aber ich sehe, dass es da noch etwas gibt, worüber du mit mir reden möchtest. Also sprich dich aus."

    Langsam erhob sich der Jäger, lehnte sich zum Anführer hinüber und legte eine verschwörerische Mine auf.
    "Ich hab eventuell Neuigkeiten von Tarok!"

    Ende Kapitel XV (3/3)
    Nach der langen Unterredung mit dem Häuptling und der mühseligen Heimreise davor sehnte sich Holger Starkherz nur noch nach seinem weichen Bett. Er hatte beschlossen, Cascada für die Dauer ihres Aufenthaltes in Skyrim bei sich aufzunehmen. Er mochte das Mädchen und fühlte sich für sie verantwortlich.

    Kaum war Holger zur Haustier rein, fiel ihm auch schon seine Frau Tritta erleichtert um den Hals und küsste ihn, was bei seiner Größe nicht unbedingt die leichteste Übung war. Tritta war einen ganzen Kopf kleiner als ihr Mann, aber nicht weniger kräftig gebaut. Trotz ihres Alters spiegelten sich in ihren klaren blauen Augen die Frische und die Agilität einer jungen Frau wider.

    "Wo hast du dich so lange rumgetrieben?", schimpfte Tritta gespielt, "Weißt du, wie viele Männer in der Zwischenzeit um meine Hand angehalten hatten, weil sie dich für tot hielten?"
    "Och, du hättest denen schon die Freude an dir verdorben", konterte Holger grinsend, "Ich hab übrigens noch jemanden mitgebracht."

    Tritta war sofort hin und weg von der kleinen Waldelfe. Wie lange hatte sie schon davon geträumt, einmal eines dieser anmutigen Geschöpe mit eigenen Augen zu sehen. Viele Bosmer lebten auch in Cyrodiil und anderen Ländern Tamriels, soweit sie wusste. Doch wie die meisten Nord im Dorf hatte Tritta Skyrim noch nie verlassen.

    In Windeseile hatte die Nord ein deftiges Mahl auf den Esstisch gezaubert. Holger schätzte, dass sie dafür die letzten Reste aus ihrer Speisekammer kratzen musste, und war besorgt. Wenn es ihm nicht schnell gelänge, mehr Wild aufzutreiben, müsste das Dorf verhungern. Der Sturm hatte nachgelassen, also standen die Chancen gar nicht einmal so schlecht.

    So siegte schließlich doch noch der Hunger, und er haute ordentlich rein. Er staunte nicht schlecht, wie gut das Mädchen mit ihm mithalten konnte. Sie aß nicht so viel Fleisch wie er, aber das Gemüse verputzte sie ohne Weiteres. Sie erinnerte ihn an einen ausgehungerten Wolf - einem vegetarischen Wolf.

    Zum Schluss saßen die beiden Nord und Cascada noch bei heißem Met beziehungsweise heißer Milch vorm Kamin und unterhielten sich. Die Waldelfe hatte sich mittlerweile an ihre neue Situation gewöhnt und wirkte schon viel lebhafter, während sie von ihrem Volk und von Valenwald erzählte, schließlich von ihrem wunderschönen Geburtstag, der zum Schluss aber in einer Tragödie endete. Voller Bewunderung und Mitleid hörte Tritta ihr zu und betrachtete sie längst als Teil der Familie. Sie war die Tochter, die sie niemals hatte.

    Man hatte ihr das Gästezimmer im Obergeschoss ihrer Hütte zurecht gemacht. Das Bett war nicht so groß wie das, was sie zuhause hatte, aber sehr bequem. Neben dem Bett brannte auf einem einfachen Tischchen eine Kerze, die das Zimmer in ein warmes Licht tauchte. Gegenüber stand eine kleine Kommode und ein Spiegel.

    "Heute Nacht sollst du dich mal so richtig ausschlafen", sagte Holger freundlich, "Morgen früh zeig ich dir das Dorf. Außerdem werde ich dich mit unserem Anführer und Gunther bekanntmachen. Sie möchten sich gerne ein wenig mit dir unterhalten. Aber du brauchst keine Angst zu haben. Hier wird dir keiner etwas tun. Tritta und ich passen auf dich auf"

    Mit diesen Worten nahm er sie noch einmal in den Arm und schickte sich dann an, das Zimmer zu verlassen, als ihn Cascada noch einmal zurückrief:
    "Holger?"
    "Ja?"
    "Danke!"

    Holger lächelte ihr zu und schloss dann leise die Tür hinter sich. Cascada war allein im Zimmer.
    Seufzend legte sie sich aufs Bett zurück und blickte nachdenklich zur Decke. Tritta hatte dem Mädchen ein altes Nachthemd gegeben, dass einmal ihrer Nichte gehört hatte, ehe sie zu groß dafür wurde. Es bestand aus weißer Schafswolle und war sehr warm.

    In ihrem ganzen jungen Leben musste Cascada noch nie frieren. In Valenwald war es stets warm, sogar im Winter. Eis und Schnee kannte sie zwar, aber in ihrer Heimat gab es so etwas nicht.
    Hier in Skyrim, dem Himmelsrand, jedoch gab es fast nichts anderes. Kein Wunder, dass die Nord alle so robust und wild wirkten. Sie hatten sich einfach den vorherrschenden Gegebenheiten angepasst. Und das musste Cascada nun auch tun. Sie musste eine Nord werden - eine Nord mit blauen Haaren und spitzen Ohren. Für einen Moment hatte sie das Bild von Holger Starkherz mit spitzen Ohren vor Augen und kicherte.

    Cascada blies die Kerze aus, verkroch sich unter die warme Felldecke und rollte sich darin ein. Mit einem letzten Gedanken an ihre verlorene Heimat sank sie schließlich in einen ruhigen und traumlosen Schlaf.

    Ende Kapitel XVI
    Der Sitzungssaal war bis auf den letzten Platz besetzt. Alle Bewohner des Dorfes nahmen an der Konferenz teil - was nicht viel zu sagen hatte. Felsheim hatte nur knapp hundert Einwohner, und die Hälfte hatte sich mit Tarok aus dem Staub gemacht.

    Wie Tritta waren auch die anderen Nord sehr angetan von Cascadas Geschichte, auch wenn einige von ihnen auch eher skeptisch dreinschauten. Nervös rutschte das Mädchen auf ihrem Platz hin und her, und Holger grinste sie verständninsvoll an.

    Auch Hektor war nicht so ganz sicher, was er von der jungen Waldelfe halten sollte. Gewiss, sie war noch ein Kind und in einer Situation, in die sie wohl kaum freiwillig geraten war.
    Aber, wenn es wirklich Tarok war, der sie nach Skyrim gebracht hatte, wo war er dann? Wie hatte sie es geschafft, ihm doch noch zu entkommen? Hatte sein eigener Bruder dieses Mädches womöglich selbst freigelassen, um sie als Köter zu missbrauchen? Die Antwort all dieser Fragen lag vermutlich in dem fehlenden Teil ihrer Erinnerung.

    "Und du bist dir ganz sicher", sprach der Anführer nach einem langen Schweigen zu Cascada, "dass du dich an sonst nichts erinnern kannst?"
    "Ja, das bin ich. Ich hab es immer wieder versucht, aber es will mir einfach nicht gelingen."
    "Nun vielleicht gelingt es uns, dieses fehlende Puzzlestück wiederzufinden. Gunther, was sagst du dazu?"

    Gunther, der alte Medizinmann des Dorfes und Hektors Berater, erhob sich nun. Mit seinem langen Gewand und seiner fehlenden Kopfbehaarung, die er mit einem dafür umso längeren Rauschebart ausglich, wirkte er sehr weise.

    "Nun, es gäbe da tatsächlich eine Möglichkeit, ihre Erinnerung wieder zurückzubringen, aber die Prozedur ist nicht einfach und langwierig. Ich rede vom Lied der Nord!"

    Kaum hatte der Magier diese Worte gesprochen, ging ein erregtes Raunen durch den Saal.
    "Aber das Lied wurde seit der ersten Ära nicht mehr gesungen", sprach ein Nord, und ein weiterer fügte hinzu:
    "Und wir wissen noch nicht einmal, ob es bei anderen anderen Völkern überhaupt funktioniert. Angeblich war es sogar für ausgewachsene Nord schon ein Risiko."

    "Was ist dieses Lied der Nord überhaupt, wenn ich fragen darf?" unterbrach Cascada das Getuschel, und Gunther wandte sich dem Mädchen zu.

    "Die Ursprünge des Liedes", erklärte er stirnrunzelnd, "liegen in der ersten Ära, als der mächtige König Harald regierte und sich einen Großteil des Nordens von Tamriel untertan machte. Natürlich gab es einige Leute, die seinen Stil nicht akzeptieren wollten und sich gegen ihn stellten.

    Harald wusste dies und ließ all jene, die er als Verräter in Verdacht hatte, festnehmen und foltern, um an die benötigten Informationen zu kommen, mit denen er den Widerstand brechen konnte. Doch ein Nord, der sich zu schweigen vorgenommen hatte, konnte so manchen Schmerz überstehen.

    Daher entwickelte der Legende nach ein weiser und mächtiger Magier einen Zauber, mit dem man die Unwilligen in Trance versetzen und buchstäblich zum 'Singen' bringen konnte. Deswegen nennt man es das 'Lied der Nord'"

    "Doch ist es wie gesagt nicht ungefährlich", fügte nun Hektor hinzu, "Weder für einen Nord, und schon gar nicht für eine junge Waldelfe. Andererseits ist es vielleicht die einzige Möglichkeit, dir diese Erinnerung zurückzubringen und vielleicht sogar etwas mehr über Taroks Pläne herauszufinden. Darum frage ich dich, Cascada aus Valenwald:
    Bist du bereit, dich dem Lied der Nord zu unterziehen?"

    Cascada war nicht ganz sicher was sie antworten sollte. Ein Zauber, der seit Jahrhunderten nicht mehr angewendet wurde und obendrein auch noch tötlich sein konnte, war die einzige Möglichkeit, ihr das Gedächnis wiederzugeben, und das auch nur, wenn die Legende tatsächlich stimmen sollte.

    Verloren blickte sie in Holgers Gesicht, das ebenso ratlos dreinblickte. Geheuer war ihnen diese Idee wohl beide nicht, aber welche Wahl hatte sie denn?
    Letztendlich war sie ja schon tot. Sie war zusammen mit ihrem Dorf in Flammen aufgegangen und gestorben. Übrig blieb nur ihre leere Hülle, die nun frierend in den Bergen saß und sich für oder gegen die vergessene Episode dieses Alptraums zu entscheiden hatte, beziehungsweise den endgültigen Tod, sollte der Zauber schiefgehen.

    "Ich bin bereit!", entschied Cascada mit fester Stimme, und Holger blickte sie entsetzt an.
    "Bist du sicher?", flüsterte der Riese ihr zweifelnd zu, doch er ahnte bereits, dass sie sich nicht umstimmen lassen würde.
    "Du hast den Häuptling und Gunther gehört, Holger. Es gibt keinen anderen Weg. Darauf warten, dass die Erinnerung irgendwann von alleine wieder kommt, will ich auch nicht. Lieber sterbe ich noch heute, als mich länger mit dieser Ungewissheit zu quälen."

    "Du sprichst wie ein Erwachsener, der nichts mehr zu verlieren hat", antwortete Holger ein wenig zu grob und bereute es sofort wieder, doch Cascada verstand ihn und antwortete:
    "Ich danke dir, dass du mich gerettet und aufgenommen hast."

    Sie umarmte ihn noch einmal, dann verließ sie mit Gunther und Hektor den Sitzungsaal und folgte ihnen nach draußen.

    Ende Kapitel XVII (1/2)
    Cascada hätte mit einem hohen Turm oder einer kleinen Festung gerechnet. Gunthers Haus jedoch sah nicht anders aus als die anderen Hütten im Dorf. Es hätte genausogut ein einfacher Holzfäller oder ein Jäger darin wohnen können.
    Der einzige Unterschied war, dass der Magier eben nicht im Dorf wohnte, sondern ein wenig außerhalb am Rande des felsigen Talkessels. Gunther mochte die Abgeschiedenheit.

    Das Innere jedoch entsprach schon eher dem Lebensstil eines Zauberkundigen. An den Wänden reihten sich Regale mit Zauberbüchern, Schriftrollen und Reagenzgläsern aneinander und versperrten teilweise sogar die Sicht aus dem einzigen Fenster, so dass der Magier gezwungen war, auch am Tage bei Kerzenlicht zu arbeiten.
    Das Zentrum des Raumes nahm ein großes, mit weißer Kreide auf den Boden gezeichnetes Pentagramm ein, an deren Spitzen jeweils eine Kerze stand - Gunthers Meditationsplatz.

    Er legte ein Kissen in die Mitte des Pentagramms und bedeutete dem Mädchen, sich darauf zu setzen. Dann nahm er eine kleine Phiole mit einer bläulichen Flüssigkeit aus dem Regal und hielt es Cascada unter die Augen.

    "Dies ist ein schwaches Betäumungsmittel!", erklärte Gunther dem Kind und Hektor, der sich gegen eines der Regale gelehnt hatte und von dort das Geschehen beobachtete.
    "Ich werde dich gleich kurz daran riechen lassen. Du wirst ein wenig schläfrig werden und dann in eine Art Trance verfallen. Dies ist nötig, damit du für die Formel, dich ich gleich sprechen werde, eher zugänglich wirst. Wenn alles gut verläuft, entlockt dir der Zauber das Lied deiner Erinnerungen - sowohl der bekannten, als auch der Vergessenen. Bist du bereit?"
    Cascada nickte zaghaft.

    Gunther zog den Pfropfen aus der Phiole und hielt sie der Waldelfe unter die Nase. Fast unsichtbare Dämpfe zogen aus dem gläsernen Behältnis direkt in Cascadas zierliche Nase. Ihr Blick wurde glasig und leer. Alles um sie herum verschwamm, war nicht mehr real. Es war das Nichts.

    Aus weiter Ferne näherte sich eine Stimme, so fremd und eindringlich. Sie sprach zu ihr in einer Sprache, die sie nicht kannte, und doch wusste sie, was sie sagte:
    "Sing, mein Kind! Sing für mich! Lass mich teilhaben an deinem süßen Lied von Trauer und Schmerz, von Verlust und Tod. Offenbare mir dein Leben! Sing, mein Kind! Sing für mich!

    "Jetzt ist es soweit!", flüsterte Gunther, "Jetzt werden wir erfahren, wieviel Wahrheit in den alten Legenden wirklich steckt. Mögen die Neun uns beistehen."

    Da ertönte auch schon Cascadas helle Stimme. Melodische Klänge erfüllten den kleinen Raum. Das Mädchen sang das Lied der Nord, doch etwas daran ließ Hektor und den Magier verwirrt aufhorchen.
    "Was ist das für eine Sprache?" fragte der Häuptling verwundert, und Gunther erklärte:
    "Wenn ich mich nicht irre, ist das bosmerisch. Natürlich! Das ist ihre Muttersprache, also singt sie auch das Lied in selbiger. Zu dumm, dass ich daran nicht gedacht habe. Aber das haben wir gleich."

    Schnell nahm der Alte eine kleine Kristallkugel zur Hand und murmelte eine weitere Formel. Kurz darauf bildete sich weißer Nebel im Inneren der Kugel, der sich schließlich zu einem klaren Bild verformte.
    "Cascadas gesungene Erinnerungen werden nun in der Kristallkugel zu einem klaren Bild. Bisher sieht es so aus, als hätte Cascada die Wahrheit gesagt."
    ___

    Die kleine Wagenkolonne zog fernab der Hauptstraßen durch Cyrodill gen Norden. Angeführt wurde sie von einem kleinen Heer der Nord, die sich bei ihrem letzten Überfall die Pferde der Einheimischen mitgenommen hatten. Ihr Ziel war Winterfeste, die Hauptstadt Skyrims. Dort wollten sie die Bosmerinnen aus den Dörfern als Sklaven vorführen und den Rat davon überzeugen, dass die Nord nur so auf Dauer bestehen würden - in dem sie den anderen Völkern Tamriels den Krieg erklärten und ihre Länder eroberten, so wie Harald es einst fast geschafft hätte.

    Die Reise dauerte mehrere Tage, doch zum Glück verlief sie ohne Zwischenfälle, so dass schon bald die ersten schneebedeckten Berge zu sehen waren. Der Pass, über den sie die natürlichen Grenzen nach Skyrim würden überqueren können, lag nicht weit entfernt von Bruma.
    Diese Siedlung wurde von nordischen Auswanderern errichtet als eine Art Verbindungsstück zwischen dem sogenannten Himmelsrand und dem kaiserlichen Cyrodiil.

    In den Augen Taroks waren diese Nord Verräter ihres Volkes und nicht würdig, am Leben zu sein. Doch schon bald würde sich alles ändern. Dann würde ganz Tamriel den Nord gehören.

    Kaum hatte die Karawane den Pass betreten, kamen sie nur noch langsam voran. Der Weg war sehr eng und steil. Zudem war es windig geworden, was den Tieren zusätzlich zu schaffen machte. Die nordischen Banditen waren gezwungen, mitzuziehen und die Wägen voranzutreiben, doch schließlich hatten sie es geschafft.

    Auf einer kahlen Lichtung hinter dem Pass legte der Gefangenentransport eine Pause ein. Die Bosmerinnen wurden jeweils mit einem Schluck Wasser versorgt, während sich die Nord an einem Lagerfeuer sattaßen und ihren Triumph feierten. Da die Sonne bald untergehen würde, wurde die Weiterreise auf den nächsten Morgen verschoben.

    Es wurden einige Zelte um das Feuer herum aufgeschlagen, während die Gefangenen die Nacht gefesselt und geknebelt in den Planwägen verbringen mussten. Man hatte einen Wachposten am Lagerfeuer postiert, der nach einem großen Schluck Met aber dann doch selbst einschlief. Nur Cascada lag noch wach auf dem harten Boden des Wagens herum und lauschte der Stille der Nacht, als schließlich auch sie in den Schlaf fand.

    Diese Ruhe jedoch wurde mit einem Schlag jäh unterbrochen. als plötzlich zwei seltsame Gestalten in schwarzen Kutten auftauchten. Lautlos wie Schatten huschten sie durchs Lager.
    "Seid Ihr sicher, Vladimir, dass wir das tun müssen?" flüsterte eine Frauenstimme, und der Angesprochene antwortete:
    "Das bin ich, Naarifin. Der Meister selbst hat uns diesen Auftrag erteilt, und der wiederum hat ihn von Sithis persönlich."
    "Aber warum schickt er gleich uns? Hätte ein einfacher Mörder nicht ausgereicht?
    "Nein!, denn die Bosmerin ist zu wichtig für Sithis. Wenn etwas schiefläuft, ist sie für immer verloren. Und nun still. Ich werde mich um das Mädchen kümmern, während Ihr die Nord ablenkt."

    Was nun geschah, hatte es seit der Besiedelung Skyrims noch nie gegeben. Auf einmal erhob sich eine kleine Horde Skelettkrieger aus der gefrorenen Erde, die sofort auf die Zelte der nordischen Banditen zurasten und alles kurz und klein schlugen.

    Zu spät erkannte der Wächter, was um ihn herum geschah. "Alarm!!" war das Letzte, was er schreien konnte, ehe er von einigen Pfeilen durchbohrt zu Boden ging.
    Es entbrannte eine blutige Schlacht zwischen den kräftigen Nord und den Untoten, die jedoch - von einer unheimlichen Macht begünstigt - einfach nicht weniger wurden.

    Während dieses Gemetzels schlich sich die Schattengestalt, die Vladimir genannt wurde, zu dem Planwagen hin, in dem Cascada und ihre Mutter schliefen.
    Vorbei an den anderen Halbelfen schlich er sich zu den beiden Blauhaarigen hin und nahm ihnen die Fesseln ab, wodurch beide wach wurden.
    Sofort sprach Vladimir einen Beruhigungszauber, damit sie in ihrer durchaus berechtigten Angst nicht um Hilfe schreien konnten.

    "Stellt keine Fragen und hört mir zu!", sprach Vladimir nun mit veränderter Stimme, "Ich werde euch beide nun an einen Ort bringen, an dem ihr vorerst sicher seid. Für die Anderen kann ich leider nichts tun, aber euch beiden hat mein Gott das Leben geschenkt, zumindest dem Mädchen. Und jetzt folgt mir!"

    Wie in Trance erhoben sich Melissa und Cascada nun und folgten dem Fremden ins Freie, wo immer noch gekämpft wurde.
    Naarifin lag inzwischen tot in der Nähe des Lagerfeuers im Schnee. Einer der Nord hatte wohl erkannt, dass sie die Urhebrin der immer wieder erscheinenden Skelettkrieger war, und sie mit seiner Axt erschlagen.

    Vladimir führte die Waldelfen zu einer kleinen Höhle und breitete an ihrem Ende einen Stapel Felle aus, die sie aus dem Lager mitgebracht hatten.

    "Ich werde euch nun in einen dreitägigen Schlaf versetzen", sprach Vladimir nun, "Wenn ihr am dritten Tag erwacht, werdet ihr euch an diese Nacht nicht mehr erinnern können. Jemand wird kommen und sich eurer annehmen. Leider kann ich nicht garantieren, dass ihr beide überlebt, denn das Interesse meines Gottes gilt nur dem Mädchen.

    Mein Auftrag endet nun hier. Meine Partnerin hat bei diesem Auftrag ihr Leben verloren. Ein schwerer Verlust für die Schwarze Hand, aber Sithis fordert nun einmal Opfer.
    Und nun schlaft. Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder, wenn die Zeit gekommen und es Sithis' Wille ist."

    Mit diesen Worten ließ er die beiden Bosmerinnen in der Höhle zurück und verschwand in der Dunkelheit. Kurz darauf begann es vor der Höhle wie verrückt zu schneien. Ein Schneesturm erwachte zum Leben und wütete durch die eisigen Berge.

    Melissa und Cascada legten sich wortlos auf die Pelze und deckten sich zu. Die Mutter klammerte sich fest an ihre Tochter, damit sie nicht fror. Sie waren die Kälte nicht gewohnt, und Melissa ahnte, dass diese Nacht ihre letzte sein würde. Wenn dieser Fremde Recht hatte, würde zumindest Cascada gerettet werden. Und das war viel wichtiger.
    ___

    Das Bild wurde wieder zu Nebel, und schließlich löste sich auch dieser auf. Cascadas Lied verstummte.
    Das Mädchen riss die Augen auf und blickte gedankenverloren in die Leere, als wäre sie noch immer in Trance.

    Gunther und Hektor blickten sich nachdenklich an.
    "Statt Antworten zu erhalten", murmelte der Anführer mehr zu sich selbst, "warf dieses Ereignis nur noch mehr Fragen auf. Wer waren diese beiden, und welche Bedeutung hat dieses Mädchen für sie?"
    "Ich bin mir nicht sicher. Aber, ich hab so das Gefühl, dass wir das nur im Laufe der Zeit herausfinden werden."
    "Was schlägst du also vor?"

    Ende Kapitel XVII (2/2)
    Es hatte also tatsächlich funktioniert. Cascadas Erinnerung war wieder vollständig hergestellt.
    Cascada verdankte ihr Leben also zwei seltsamen Gestalten, die einer Gottheit namens Sithis zu dienen schienen und glaubten, dass jener die Waldelfe auserwählt habe, wofür auch immer. Was aus dem Bären-Clan und den anderen Frauen geworden war, wusste sie zwar immer noch nicht, aber vielleicht würde sie es ja noch herausfinden.

    Das Mädchen war nach diesem Ritual zwar völlig ausgelaugt, aber am Leben. Irgendwer meinte es tatsächlich sehr gut mit ihr.
    Während sie sich ihrem Gästezimmer ausschlief, wurde die Konferenz fortgesetzt. Inzwischen war es Abend geworden, und alle warteten ungeduldig auf die Rückkehr des Häuptlings und des Mädchens - besonders Holger Starkherz.

    "Fassen wir also noch einmal zusammen", sprach Hektor nun zu den Leuten, "Zwei vermummte Gestalten 'entreissen' das Mädchen und ihre Mutter Taroks Händen und führen sie zu jener Höhle, in der Holger sie später schließlich fand. Es fallen Begriffe wie 'Schwarze Hand' und 'Mörder', was allein schon ausreicht, um mich zu beunruhigen. Wenn es eine Gottheit wie diesen 'Sithis' tatsächlich gibt, was für eine Art Gott ist er? Was haben wir von Sithis zu erwarten, und was sieht er in dieser Bosmerin? Welche Bedeutung hat sie für ihn?"

    "Am besten, wir schicken sie fort!", schlug ein Nord vor, "Weg mit ihr, bevor sie uns alle ins Verderben stürzt!"
    "Womöglich ist sie schuld an dem Schneesturm. Am besten, wir töten sie auf der Stelle!"
    "Aber, sie ist doch noch ein Kind!", mischte sich Holger ein, "Ihr könnt sie doch nicht einfach für irgendwas bestrafen, was sie nicht getan hat."

    "Was diese Befürchtungen angeht", ergriff der Anführer nun wieder das Wort, "So muss ich sie respektieren. Auch ich teile sie. Die Waldelfe könnte eine Gefahr für uns sein. Aber wer bin ich, dass ich ein unschuldiges Kind bestrafe, dem man erst vor wenigen Tagen das Leben gerettet hat. Ich hab es immer verstanden, die Probleme des Dorfes mit Verstand und Diplomatie zu lösen. Ich hab nicht vor, an meiner Methode etwas zu ändern. Darum treffe ich nun folgende Entscheidung:

    Die Waldelfe Cascada ist vom heutigen Tage an ein Teil des Dorfes mit allen Rechten und Verpflichtungen. Du, Holger Starkherz, wirst dich um ihre Erziehung und Ausbildung kümmern, damit sie sich nützlich machen kann. Sollte es im Laufe der Zeit zu irgendwelchen ungewöhnlichen Ereignissen im Dorf kommen und ich der Meinung sein, dass sie die Verantwortung trägt, wird sie auf der Stelle verbannt und darf nicht mehr zurückkehren.

    Des Weiteren wünsche ich, dass du dir ein paar Männer nimmst und diese Lichtung aufsuchst. Vielleicht lassen sich irgendwelche Hinweise auf Taroks Verbleib finden.
    Die Sitzung ist beendet!"

    Die Entscheidung des Häuptling stieß nicht bei jedermann auf Zustimmung. Einige Nord waren sogar der Meinung, Hektor sei verrückt geworden, oder das Mädchen habe ihn verhext. Dennoch nahmen sie das Urteil ohne große Widersprüche hin in der Hoffnung, dass er wüsste, was er tat.

    Holger jedenfalls war glücklich und wollte Tritta und seiner neuen Pflegetochter diese Neuigkeiten sofort mitteilen. Seine Frau würde Augen machen, und Cascada würde sich sicher auch freuen, wieder eine Familie und ein Zuhause zu haben.

    Und doch konnte er nicht leugnen, dass auch er Angst hatte. Nicht wegen Cascada - sie war über jeden Zweifel erhaben. Aber diese Sithis-Leute waren ihm unheimlich. Was, wenn sie finstere Pläne mit dem armen Ding vorhätten. Wenn man sie nur gerettet hätte, um sie ihrem Gott zu opfern? Holger würde das nicht zulassen. Er würde sie vor allen Gefahren beschützen, notfalls sogar vor einem Gott.

    Die Untersuchung am nächsten Morgen ergab nicht wirklich viel. Zwar fand man die erwähnte Lichtung, aber von den Nord und den Gefangenentransportern fehlte jede Spur. Hier und dort lagen vereinzelte Leichen und Überreste der Skelettkrieger, aber Tarok war nicht unter den Toten, genausowenig die anderen Waldelfen.
    Eine Tote jedoch passte nicht zu den Anderen. Ihre Gestalt passte zu den Beschreibungen des Häuptlings. Vermutlich war das die Begleitung des Fremden.

    Als Holger ihr ins Gesicht schaute, erschrak er. Wie Cascada hatte auch diese Frau spitze Ohren, wenn auch etwas größer. Allerdings war ihr Gesicht viel ovaler und bleicher, fast gelblich - eine Altmerin.
    Wie viele fremde Völker mochten wohl noch das Land der Nord betreten und darin sterben?

    Ende Kapitel XVIII
    Die Jahre zogen dahin, und aus dem kleinen Mädchen wurde eine junge Frau. Ihr Körper hatte sich an das raue Klima des Nordens gewöhnt, war muskolös und sehnig geworden. Von den spitzen Ohren einmal abgesehen wirkte Cascada nun tatsächlich wie eine schlanke Nord.

    Holger trainierte sie im Schwertkampf und brachte ihr alles über die Jagd bei, während sie von Tritta weniger spannende Tipps zum Haushalt erhielt.
    Dennoch war die Waldelfe in den Jahren immer gelehrig und machte sich nützlich, wo sie nur konnte.
    Dadurch gewann sie im Dorf viele Freunde. Sogar die Skeptischsten behandelten sie mittlerweile mit Respekt, und so mancher junger Nord bekam schon rote Ohren, wenn die hübsche Bosmerin an ihm vorbeischlenderte und ihn mit ihrem lieblichen Lächeln begrüsste.

    Eines Abends saßen der inzwischen stark gealterte Holger und Cascada allein im Haus vorm Kamin, Tritta hatte sich zeitig ins Schlafzimmer zurückgezogen.
    "Es ist kaum zu fassen", seufzte Holger, "dass du in ein paar Tagen bereits deinen dreiundzwanzigsten Geburtstag feierst und immer noch nicht verheiratet bist." Dabei grinste er das Mädchen an.
    "Tja! Scheint so,als hätte ich den richtigen Mann noch nicht gefunden. Wer würde auch schon einen spitzohrigen Sonderling wie mich zur Frau haben wollen."
    "Machst du Witze? Ich kenne eine Menge Männer, die dich vom Fleck weg ehelichen würden, einschließlich mir selbst."

    "Soso!", witzelte Cascada, "Du alter Mann willst mich zierliches Elfchen als zur Frau nehmen? Du erlegst ja nicht einmal ein blindes Schaf, wenn es direkt vor dir herhinkt. Wie stehen da deine Chancen, dass du mich vor den Altar bekommst?"
    "Das junge Fräulein glaubt also, ich bring's nicht mehr. Na warte! Dir zeig ich, wozu ein alter Sack wie ich noch fähig ist."

    Mit diesen Worten griff der Nord nach seiner alten Axt über dem Kamin und ging auf Cascada los, die aber auch schon ihr Schwert gezückt hatte.
    Spielend wich sie seinen langsamen Schlägen aus lachte.
    So ging es eine ganze Weile - die Bosmerin überließ Holger den Angriff und konzentrierte sich nur aufs Ausweichen und Blocken. So hatte er es ihr beigebracht.
    Schließlich wurde er müde und ließ sich einen Moment zuviel Zeit, die Cascada nun dazu nutzte, selbst zum Angriff überzugehen. Sie vollführte eine Drehung, zog die Klinge hoch und schlug Holger die schwere Axt einfach aus der Hand. Holger war besiegt.

    "Netter Versuch, alter Mann!", sprach das Mädchen triumphierend grinsend, und Holger antwortete schnaufend:
    "Anscheinend wird es doch schwieriger, dich unter die Haube zu bringen."
    Danach lachten beide und fielen sich in die Arme.

    Cascada mochte die kleinen Raufereien mit ihrem Ziehvater. Sie halfen, ihre traurige Kindheit zumindest für eine kurze Zeit vergessen zu machen.
    Fast fünfzehn Jahre war es nun schon her, dass der unheimliche Riese sie in der Höhle fand, in der sie und ihre Mutter nach der Zerstörung von Grasnaab gelandet waren - verschleppt von Trakos Kriegern und dann 'gerettet', wenn das die richtige Bezeichnung war, von einem fremden Kuttenträger, der sie für eine Arte Auserwählte hielt.

    Weder von Tarok selbst, noch von den anderen Bosmerinnen hatte man je wieder etwas gehört, und doch wusste sie, dass er noch lebte. Womöglich war er immer noch Winterfeste und hatte die Frauen dort verkauft. Dann müsste Cascada auch dorthin und sie befreien - und Tarok für seine Verbrechen büßen lassen.

    Auch in der Nacht fand die junge Waldelfe keine Ruhe. Immer häufiger träumte sie von Tarok, von ihrer Entführung und ... von Sithis.
    Er war nur eine Stimme in der Dunkelheit, aber er sprach zu ihr. Sie konnte seine Worte nicht verstahen, doch sie wirkten ruhig und fordernd zugleich. Er wollte etwas von ihr, aber was?

    Am nächsten Morgen verlies Cascada noch vorm Frühstück das Dorf und begab sie in die kargen Wälder Skyrims. Seit Holger zu alt für die Jagd war, hatte das Mädchen diese Aufgabe komplett übernommen und stand ihrem Lehrmeiste in nichts nach.
    Sie liebte es, allein durch das nahe Umland zu ziehen und für eine Weile im Frieden mit sich selbst sein zu können. Abgesehen von der unerträglichen Kälte war der Himmelsrand ein herrlicher Ort.

    Auf der Suche nach geeignetes Wild lief Cascada immer tiefer in den Wald hinein und lauschte dabei auf jedes verdächtige Geräusch, auf das Rascheln in den Sträuchen und das Knacken vertrockneter Zweige. Seltsamerweise fühlte sie sich dabei selbst verfolgt, obwohl weit und breit nichts zu sehen war - weder Mensch,noch Tier. Und dennoch ...

    "Guten Morgen, junge Frau!", hörte Cascada eine fremde Stimme hinter sich und drehte sich erschrocken um. Ihr Herz pochte wie wild, doch sehen konnte sie niemanden. Hatte sie sich das nur eingebildet?

    "Ihr müsst die Waldelfe sein, von der man mir erzählt hat.", ertönte abermals diese Stimme, und wieder schien jemand hinter zu stehen.

    Als sie sich wieder umdrehte, blickte Cascada direkt in ein blasses Gesicht mit dunken Augen und einem schmierigen Grinsen. Das Ganze wurde eingerahmt von der Kapuze einer tiefschwarzen Kutte. Dieser Mann war einer von ihnen - ein Sithis-Anhänger.

    Ende Kapitel XIX (1/5)
    "Wer seid Ihr?", fragte Cascada fordernd, ihre Schwertspitze genau auf den Fremden gerichtet. Doch ihn schien das nicht zu stören, noch immer grinste er.
    "Mein Name spielt keine Rolle, aber ich versichere dir, dass du von mir nicht zu befürchten hast."
    "Ihr seht aus wie die Leute, die meine Mutter und mich damals in diese Höhle verschleppt haben. Ihr gehört auch zu ihnen, nicht wahr?"
    "Ich sehe, du hast eine Möglichkeit gefunden, Vladimirs Zauber zu umgehen. Ausgezeichnet!"

    Der Fremde machte eine kurze Pause, und setzte dann fort:
    "Warum steckst du nicht endlich deine Waffe weg, und wir setzen uns? Ich erkenne, dass du Fragen hast, und ich bin gekommen, um sie dir nach Möglichkeit zu beantworten."

    Cascada traute diesem Mann nicht wirklich. Mit seinem blassen Gesicht und dem hinterhältigen Grinsen darin strahlte er etwas Düsteres aus. Und doch schien er die Wahrheit zu sagen.
    Widerwillig steckte sie also ihr Schwert zurück und setzte sich zu ihm auf einen alten Baumstamm, den Waldarbeiter wohl vor langer Zeit hatten liegen lassen.

    "Wie du schon ganz richtig erkannt hast", erhob der Fremde nun seine Stimme, "gehöre auch ich wie einst Vladimir Verane und Naarifin zur Dunklen Bruderschaft."

    Was der Mann nun erzählte, hätte Cascada niemals für möglich gehalten.
    Diese Bruderschaft war also tatsächlich eine Ansammlung von Leuten, die sich der Auslöschung von Menschenleben verschrieben hatten - im Namen ihres Gottes Sithis.

    "Geleitet wird die Bruderschaft dabei von der sogenannten Schwarzen Hand, der auch ich angehöre. Genauer gesagt bin ich der Nachfolger von Vladimir Verane, der vor etwa fünf Jahren von einem unserer einfachen Mörder in einem Tobsuchtanfall niedergestochen wurde."

    Die Schwarze Hand - so der Fremde - bestünde aus insgesamt fünf Mitgliedern - vier Sprecher, von denen jeder eine eigene Untergruppe der der Bruderschaft kontrollierte, und einem Zuhörer, der nichts weiter tat, als von der Mutter der Nacht - der Braut Sithis' - Aufträge entgegenzunehmen und sie an die Sprecher weiterzuleiten.

    "Zu ganz besonderen Anlässen spricht auch Sithis persönlich mit uns. Du warst ein solcher Anlass. Er berichtete von etwas Großem, das du zu erledigen hättest. Seinem Willen allein verdankst du dein Leben."

    Ausgerechnet eine Gottheit, die so etwas Grauenvolles wie Mord zuließ, es sogar erwartete, sollte sich für das Überleben einer Waldelfe interessieren? Cascada konnte sich das nur schwer vorstellen.

    "Und was soll das genau sein, was ich tun muss?", fragte sie und blickte ihm misstrauisch in seine dunklen Augen. Am liebsten würde sie ihn sein schelmisches Grinsen rausprügeln, aber sie ahnte, dass er nicht so wehrlos war, wie er ihr weismachen wollte.

    "Was genau der Fürchterliche Vater mit dir vorhat, kann ich dir leider auch nicht sagen. Du wirst es selbst herausfinden müssen. Eine Warnung jedoch möchte ich dir mit auf den Weg geben: Viele Dinge werden in nächster Zeit geschehen, Gutes ebenso wie Grässliches. Unvorstellbaren Gefahren wirst du dich zu stellen haben, doch wird Sithis dich zu behüten wissen."

    Darauf erhob er sich und schickte sich an zu gehen, als er sich noch einmal zu ihr umdrehte und hinzufügte:
    "Leb wohl, junge Waldelfe. Wenn die Zeit gekommen ist, werden wir uns wieder begegnen. Und erzähle zu deinem eigenen Wohl niemandem von diesem Gespräch, auch nicht deinem Pflegevater. Diese Nord mögen deine Freunde sein, doch auch der Feind ist näher, als du glaubst."

    Kurz darauf verschwand er im Nichts. An der Stelle, an der Cascada eben noch sein Gesicht sah, glaubte sie noch immer dieses geheimnisvolle Grinsen erkennen zu können, als hätte es sich in die Landschaft eingebrannt.
    Nachdenklich machte sie sich wieder auf den Heimweg. Die Lust am Jagen war ihr vorerst vergangen. Die Lagerräume waren ohnehin noch voll genug. Da könnte sie auch noch ein paar Tage warten.

    Zuhause wartete man bereits ungeduldig mit dem Mittagessen auf sie, dass die junge Frau gierig runterschlang, als hätte sie ne Woche nichts gegessen. Auch ihr Appetit war der einer Nord geworden.
    Natürlich wollten Holger und Tritta wissen, wo Cascada gewesen sei.
    Sie hätte einen kleinen Spaziergang gemacht, erzählte sie, verschwieg jedoch das Treffen mit dem Fremden, wie der es ihr empfohlen hatte.
    Das Risiko, damit wieder das alte Misstrauen der anderen Nord haraufzubeschwören, war ihr zu groß. Womöglich würde Hektor sein Versprechen wahrmachen und die Waldelfe verbannen in der Hoffnung, eine mögliche Bedrohung von seinem Dorf abzuwenden.

    Wie große diese Bedrohung tatsächlich war, sollte sich ein paar Tage später zeigen.

    Ende Kapitel XIX (2/5)
    Urplötzlich war es eines Morgens wieder stürmischer geworden, und der ansonsten winterlich weiße Himmel erstrahlte in einem düsteren Rot. Von irgendwo aus der Ferne war dunkles Donnergrollen zu hören.

    "Als wenn der Himmel brennen würde", brummte Holger besorgt, als er mit seiner Frau aus dem Fenster starrte, "Irgend etwas kommt auf uns zu. Das spür ich in meinen alten Knochen."

    Auch der Häuptling war besorgt, und selbst der weise Gunther konnte sich dieses Schauspiel nicht erklären. In keinem seiner zahlreichen Bücher wurde auch nur ansatzweise erwähnt, was sich an jenem Tag über Skyrim abspielte.
    "Hol mir die Waldelfe hierher!", forderte Hektor eine Wache auf, "Sofort!"

    Cascada ahnte, was das Dorf-Oberhaupt von ihr wollte, und befürchtete das Schlimmste. Naturlich waren auch ihr die unheimlichen Erscheinungen am Himmel aufgefallen, die unmöglich natürlichen Ursprungs sein konnten. Ob das wohl etwas mit dem zu tun haben könnte, was ihr dieser Anhänger der Bruderschaft erzählt hatte? Viele Dinge würden geschehen, hatte er ihr gesagt, und dass sie sich Gefahren zu stellen hätte. War diese Erscheinung eine solche Gefahr?

    Hektor empfing das Mädchen in seinem Arbeitszimmer - ein Privileg, dass sonst nur seinen engsten Vertrauten zuteil wurde. Er wollte mit ihr allein reden.

    Nervös ging der Anführer im Zimmer auf und ab, blickte immer wieder aus dem Fenster, ehe er sich schließlich Cascada zuwand, die geduldig in dem großen Sessel saß und dem alten Mann nachschaute.

    "Ich weiß nicht ob dir das klar ist", erhob Hektor endlich seine ruhige Stimme, "aber die Leute sind allesamt beunruhigt ob dieses Spektakels da draußen. Fast eine Woche hält dieser Zustand nun schon an. Man erwartet Antworten von mir, Cascada. Und Entscheidungen."

    Nach einer kurzen Pause setzte er etwas lauter fort:
    "Sie halten mich für allwissend und glauben, dass ich in der Lage sei, das Dorf vor jedem Unheil zu beschützen.
    Doch schau mich an, ich bin alt und werde nicht mehr lange leben. Und doch bin ich noch immer der Anführer und als solcher dazu verdammt, Entscheidungen zu treffen."

    "Und wie, wenn die Frage erlaubt ist, sehen deine Entscheidungen aus, werter Häuptling?", fragte Cascada nervös und erntete ein verständnisvolles Lächeln.

    "Wenn ich wüsste", antwortete er, "dass alles wieder gut würde, wenn ich dich aus dem Dorf schmeißen ließe, würde ich gewiss nicht zögern. Doch vorschnelle Entscheidungen gehören eher zum Regierungsstil meines Bruders. Ich zu meinem Teil habe ganz andere Pläne mit dir.
    Gunther hat eine Möglichkeit gefunden, den Quelle dieses Donners, das jeden Tag lauter wird, zu lokalisieren. Es kommt von der Lichtung, auf der du damals gefunden wurdest. Gunther glaubt, dass sich dort irgend etwas befindet. Und ich möchte, dass du herausfindest, was es ist."

    "Du möchtest", fragte Cascada irritiert, "dass ich zu der Lichtung reise und Nachforschungen anstelle?"
    "Seitdem Holger im Ruhestand ist, bist du unsere beste Jägerin und genießt mein Vertrauen und das der meisten Dorfbewohner. Zudem musst du ja nicht alleine gehen. Zwei Wachen werden dich begleiten, aber du musst dich sputen. Wer weiß, ob dieser brennende Himmel nicht nur der Anfang war."

    So blieb der jungen Bosmerin nichts anderes übrig, als sich ihre Pelzrüstung umzuschnallen und sich zusammen mit den beiden Wachmännern an den langen und durch den Sturm erschwerten Aufstieg zu machen.

    Sie kamen nur langsam voran und waren oftmals gezwungen, sich an Felswänden und Gestrüpp festzukrallen, damit der Wind sie nicht wegwehen konnte. Je näher sie der Lichtung kamen, desto stärker tobte der Sturm, und desto lauter wurde auch der Donner, aber nicht nur das.

    Wenn der Himmel über Felsheim noch in einfaches Rot getaucht war, nahm er nun mehr und mehr das Aussehen flüssiger Lava an, wie man sie wohl nur in der Hölle kannte. Auch zuckten immer häufiger grelle Blitze über das Gebirge. Cascada hatte Angst.

    "Dort oben beginnt die Lichtung!", schrie einer der Wachen gegen das Unwetter an, "Gleich sind wir da."

    Ruckartig blieben sie stehen und starrten verständnislos auf das, was sich da mitten auf der Lichtung gen Himmel reckte.
    Es sah aus wie ein aufrecht stehender Strudel aus Lava - eingerahmt in einen pechschwarzen brennenden Torbogen. Um diesen Strudel herum waren ebenso schwarze Stalagmiten messerscharf aus den gefrorenen Boden gewachsen und sahen aus wie gigantische Finger, die nach dem Strudel zu greifen schienen.

    Plötzlich ging alles ganz schnell. Seltsame Kreaturen tauchten aus diesem Strudel auf griffen die kleine Gruppen sofort an. Ein Teil sah aus wie riesige Echsenwesen mit Nackenschilde und scharfen Krallen und Zähnen, die anderen traktierten Cascada und ihre Begleiter mit Feuerbällen.

    Diese Kreaturen waren nicht übermäßig stark, doch sie wurden immer wieder durch neue Einheiten verstärkt, die aus dem geheimnisvollen Strudel kamen. Es schien keine Ende nehmen zu wollen.

    Dennoch kämpften sie tapfer und verbissen um ihr Leben. Cascada war über die Jahre zu einer meisterlichen Kämpferin geworden und verstand es, ihre Kräfte perfekt einzuteilen. Und ihre Begleiter unterstützten sie nach Leibeskräften.
    Zu spät bemerkten sie, dass die Bestien sie längst eingekreist hatten. Von allen Seiten griffen sie nun an und schwächten das Trio nach und nach,
    als der erste Soldat schließlich erschöpft zusammensackte.

    "Verdammt nochmal!", rief der übrige Wachmann, "Es sind zu viele! Wir brauchen Verstärkung. Du musst zum Dorf zurück und Hektor warnen."
    "Aber alleine hast du keine Chance gegen diese Viecher", widersprach Cascada, doch der Mann ließ sich nicht umstimmen.
    "Kümmer dich nicht um mich. Ich werde sie daran hindern, dir zu folgen, aber du musst dich beeilen!"

    Cascada hatte keine andere Wahl. Beherzt schlug sie eine Bresche durch den Feindesring und lief so schnell sie konnte hinunter ins Tal. Dennoch würde sie das Dorf erst in ein paar Stunden erreichen. Bis dahin konnte es zu spät sein, doch sie musste es versuchen. Das Dorf war in Gefahr, das ahnte sie. Doch wie nah sie der Wahrheit damit wirklich kam, sollte sie erst noch erfahren.

    Ende Kapitel XIX (3/5)
    Bereits aus der Ferne erkannte sie, dass etwas nicht stimmte. Dunkler Qualm stieg senkrecht in den Himmel und verpestete die Luft. Schon bald waren auch die ersten Flammenzungen zu sehen.

    Cascada befürchtete das Schlimmste und rannte in ihrer Panik auf das Feuer zu, als ihr mit einem Schlag bewusst wurde, was sie den ganzen Weg über geahnt hatte: Das Dorf brannte.

    Das schwere Haupttor, das bisher als undurchdringbar galt, war mit einem großen Rammbock zerstört worden. Wer auch immer der Angreifer war, er war schwerstens bewaffnet.

    Überall im Dorf brannten Hütten. Menschen rannten in panischer Angst um ihr Leben oder lag bereits tot am Boden. Ein entsetzliches Schauspiel bot sich der jungen Waldelfe.
    Plötzlich war sie wieder acht Jahre alt und stand in den brennenden Überresten ihrer Heimat Grasnaab in Valenwald.

    "Bei den Neun, Cascada!", hörte sie plötzlich eine aufgeregte Frauenstimme hinter sich. Es war Tritta, die sie nun schluchzend in die Arme nahm und fest drückte.
    "Ich bin so froh, dass es dir gutgeht. Vor etwa einer Stunde ist hier die Hölle ausgebrochen."
    "Tritta, was ist hier passiert? Wo ist Holger?"

    "Auf dem Dorfplatz hat sich so ein komischer Strudel geöffnet - eine Art Portal. Seltsame Krieger in ungewöhnlichen roten Rüstungen kamen heraus und griffen sofort an. Holger und einige andere Männer versuchen gerade, sie zurückzudrängen, aber die Chancen stehen eher schlecht. Dieser Krieger sind sehr mächtig, außerdem sind sie nicht allein gekommen."

    "Nicht allein gekommen?", fragte Cascada aufgeregt, "Wie meinst du das?"
    "Tarok ist zurück! Bevor sich das Portal öffnete, stürmten er und eine Garnison weitere Nord das Tor und kämpften sich zum Platz durch. Dort hat Tarok dann irgendeine fremde Zauberfromel oder so benutzt und diesen Strudel 'erschaffen'."

    "Ich muss sofort dahin!", rief die Bosmerin gehetzt, doch Tritta hielt sie fest.
    "Nein,Kind. Ich will nicht, dass du auch noch stirbst. Holger ist vielleicht schon tot. Das Dorf ist dem Untergang geweiht."
    "Ich musste schon einmal hilflos zuschauen, wie mein Leben aus den Angeln gerissen wird. Ich will das nicht noch einmal erleben. Lieber sterbe ich im Kampf."

    Mit diesen Worten riss sie sich los und lief an den brennenden Überresten vorbei zum Stadtzentrum, in dem der reinste Krieg tobte.

    Gleich zwei Parteien stellten sich dem Tiger-Clan entgegen:
    Auf der einen Seite stand Tarok mit seinen Banditen, und auf der anderen Seite die angsteinflössenden Krieger, die direkt der Hölle ensprungen zu sein schienen. Die Männer des Dorfes waren eingekesselt und weit unterlegen.

    "Sieht ganz so aus", hörte sie Taroks überhebliche Stimme, "als kämst du mit deiner so hoch geschätzten Diplomatie diesmal nicht allzu weit, mein lieber Bruder. Siehst du das jetzt endlich ein?"
    "Nur ein Narr wie du würde sich mit dunklen Mächten einlassen. Ist es das, was du die letzten Jahre gemacht hast? Rachepläne schmieden?"

    "Rache? Meinst du wirklich, ich mache mir all die Mühe, nur weil es mich nach Rache gelüstet? Nein, ein viel größeres Ziel motiviert mich. Diese Dremora-Krieger hier haben Pläne, die sich mit meinen ganz gut decken. Doch sind da noch ein paar kleine Hindernisse aus den Weg zu räumen, unter anderem das hübsche kleine Dörfchen hier."

    Taroks böses Gelächter ging Cascada durch Mark und Bein. Am liebsten würde sie sich sofort auf Tarok stürzen und ihm die Kehle durchschneiden, so wütend war sie. Aber wenn sie sich jetzt töten ließ, war niemandem geholfen. Sie konnte vorerst nichts weiter tun, als sich verstecken und abwarten.

    "Du redest von deinen schwachsinnigen Eroberungsplänen?", erwiderte Hektor, "Bist du tatsächlich so dumm zu glauben, dass dir diese Dremora dabei helfen wollen? Sie werden dich einfach aus den Weg räumen, wenn sie dich nicht mehr brauchen. Wenn sie so mächtig sind, wie du sagst, dann bist du für sie nicht mehr als ein Türöffner."

    "Ich hab jetzt genug Zeit mit deinem Geschwätz vergeudet, Hektor. Du und deine Leute haben jetzt genau zwei Möglichkeiten:
    Entweder ergebt ihr euch friedlich, oder ihr werdet sterben. Wie sieht es aus?"
    "Du bist eine Schande für unsere Familie, Tarok - eine Schande für das ganze Volk Skyrims. Dir mag das Erbe unseres Vaters nichts bedeuten, doch ich es werde es mit meinem Leben verteidigen."
    "Nun,wenn das deine Entscheidung ist ..."

    "Stop!"
    Cascada hatte sich aus ihrer Deckung erhoben und stand nun auf den zerstörten Überresten einer Treppe, dass zum Wohngebiet führte.
    "Wie feige muss man sein, eine Handvoll Männer mit einem ganzen Heer anzugreifen? Bist du nicht Manns genug, fair zu kämpfen?"

    "Schau mal einer an!", höhnte Tarok heiter, "Bist du nicht die kleine Göre, die mir damals mit ihrer Mutter entwischt ist? Ich hätte dich glatt für tot gehalten."
    "Ich heiße Cascada, und du hast mir meine Heimat und meine Familie genommen. Und dafür sollst du bezahlen!"

    Langsam und mit gezücktem Schwert bewegte sie sich auf den Feindesring zu. Holger blickte sie ratlos an.
    "Was tust du?", rief er ihr verzweifelt entgegen, "Verschwinde von hier. Tarok wird dich umbringen."

    Cascada hörte ihm gar nicht zu. Entschlossen lief sie dem Heer entgegen.
    "Wenn du so ein großer Krieger bist, wie du vorgibst, dann stell dich mir zum Kampf, Tarok. Oder hast du Angst, dass du der kleinen Waldelfe nicht gewachsen bist? Vielleicht möchtest du, dass deine Banditen dir helfen."

    "Du scheinst dir deiner Sache ja sehr sicher zu sein. Man sieht dir an, dass du das nordische Klima und den Kampf gewohnt bist. Vielleicht bist du tatsächlich eine ebenbürtige Gegnerin, doch ich habe die Macht der Daedra auf meiner Seite. Willst du dieses Risiko wirklich eingehen?"

    "Den Tod fürchte ich schon lange nicht mehr, denn er wird uns alle einst ereilen. Wenn ich sterbe, dann wirst du mich begleiten. Das schwöre ich dir."
    "Also gut! Wenn du unbedingt sterben willst, dann werde ich dir den Gefallen gerne tun."

    Ende Kapitel XIX (4/5)
    Ein kalter Eiswind fegte durch die Menge - der blutrote Flammenhimmel wirkte wir ein starker Kontrast zu der weißen Winterlandschaft. Es herrschte Totenstille.

    Tarok trat in den Ring aus Banditen und Dremora - seine schwere Kampfaxt bedrohlich in einer Hand. Anspannung und Zorn spiegelten sich in seinem bärtigen Gesicht, seine Stirn lag in tiefen Falten. Auch an ihm waren die Jahre nicht spurlos vorbeigezogen, und doch wirkte der Nord noch immer so frisch und agil wie ein junger Mann. Seine Augen funkelten so rot wie der brennende Himmel über ihn. Irgendetwas war mit ihm geschehen - etwas Dämonisches.

    Cascada und Tarok standen allein in der Mitte des Rings. Hektor, Holger und die anderen wurden beiseite genommen, damit sie sich nicht einmischen konnten. Die junge Waldelfe konnte nicht erwarten, dass man sie freiließe. Egal,ob sie gewann oder verlor. Der Kampf war nicht mehr als ein Ablenkungsmanöver, um Zeit zu gewinnen. Sie brauchte einen Planen, und zwar schnell.

    "Dieser Kampf wird nicht allzu lange dauern, mein Kind", höhnte Tarok grinsend, "Das versichere ich dir."
    "Oh, davon bin ich überzeugt."

    Cascada nahm ihr Schwert - ein einfaches Kurzschwert, dass sie sich mit sechzehn Jahren selbst geschmiedet hatte, und ließ es kreisen.
    "Je eher wir zur Sache kommen, desto schneller werden wir hier fertig", rief sie dem Nord zu und ging in Kampfstellung.
    "Du hast Recht! Wir sollten diese Sache hinter uns bringen."

    "Attacke!!", brüllte Thor, und kurz darauf stürzten sich zwanzig Nord auf die junge Waldelfe - die Dremora-Krieger griffen nicht ein.
    Das hatte Cascada nicht bedacht, obwohl es doch klar auf der Hand lag, dass dieser Nord nicht fair kämpfen würde. So sah sie sich nun von zwanzig bewaffneten Riesen umgeben, die nicht weniger wollten als sie zu zerstören.

    Es entbrannte ein blutiges Gemetzel. Die Krieger des Bären-Clans waren kein Vergleich zu den unheimlichen Kreaturen oben bei der Lichtung. Es waren erfahrene Kämpfer mit schweren Waffen, so dass Cascada eine ganze Weile in der Defensive festhing und selbst nicht zum Angriff kam.

    "Du verdammter Feigling!", hörte sie Holger brüllen, "Zwanzig Mann gegen ein Mädchen. Was für ein Mensch bist du eigentlich?"
    "Einer, der sich von seinen Plänen durch nichts und niemanden aufhalten lassen wird!", brüllte Tarok zurück, "Wer sich mir in den Weg stellt, wird gnadenlos niedergestreckt, auf dass ganz Tamriel erfährt, wer die wahren Herrscher sind - die Nord!"

    Mit einen Mal ging alles sehr schnell. Die Waldelfe war immer noch bemüht, die einzelnen Schläge ihrer Angreifer abzuwehren, als es ihr Pflegevater irgendwie geschafft hatte, sich von seinem Aufpasser loszureißen, und nun brüllend an ihr vorbei auf Tarok zustürzte - seine Axt hoch über den Kopf haltend.

    Tarok, der bis eben noch genussvoll dabei zuschaute, wie seine Männer auf das Mädchen einschlugen, erkannte sofort, was da auf ihn zuraste. Blitzschnell zog er seine Axt hoch und warf den alten Jäger mit der flachen Seite vor seinen Füßen in den Schnee.
    "Das war dein letzter Fehler, Holger Starkherz!", zischte Tarok wütend und ließ die scharfe Klinge auf ihn niederfahren. Holgers Blut färbte das unschuldige Weiß des Schnees.

    Cascadas entsetzter Schrei musste in ganz Skyrim zu hören sein, so laut war er. Plötzlich kannte ihr Zorn keine Grenzen mehr. Er entfachte in ihr neue Kräfte, die sie vorher nicht einmal erahnt hätte. Nun fühlte sie sich unbesiegbar.
    Ihre neue Kampftaktik schien die Nord zu irritieren, denn sie waren nachlässiger geworden, kämpften weinger entschlossen als noch zuvor.

    Nun war es die Waldelfe, die zum Angriff überging. Gegner für Gegner erlegte sie mühelos, bis sie schließlich nur noch in einem Ring aus Leichen und Blut stand. Tarok blickte erstaunt zu ihr herüber. Damit hatte er nicht gerechnet.

    "Es scheint, als hätte ich dich unterschätzt", sprach der Nord diabolisch lächlend, "Deine Kampfkraft ist stärker, alsi erwartet hätte."
    "Mein Schwert ist getränkt mit dem Blut deiner tapferen Krieger, und nun werde ich es in deines tauchen."
    "Oh, den Gefallen werde ich dir nicht tun. Auf mich warten Aufgaben, die weit wichtiger sind, als es dein erbärmliches Leben jemals sein wird. Ich glaube auch nicht, dass wir uns jemals wieder sehen werden, denn Glück endet noch an Ort und Stelle. Ich wünsche dir einen schnellen Tod."

    Kurz darauf tauchte direkt vor seinen Füßen ein weiteres Portal auf - kleiner und etwas anders geschaffen.
    Kaum war der Nord hindurchgegangen, schloss es sich auch schon wieder. Zurück blieben nur diese Dremora, die nun ihrerseits zum Angriff übergingen und alles kurz und klein schlugen, was ihnen in die Quere kam. Die Männer des Dorfes hatten keine Chance. Wie die Fliegen gingen sie nacheinander zu Boden.

    Gerade kam einer der Krieger auf die Waldelfe zugerast, als sie im letzten Augenblick zur Seite geworfen wurde.
    Es war Hektor, der nun den Schwertstreich des Feindes mit seiner Axt parierte und ihn zurückstieß.
    "Du musst von hier verschwinden!", brüllte der Häuptling hastig, "Das, was hier geschieht, ist nichts weiter als ein Vorgeschmack auf das, was Tamriel blüht. Du musst nach Cyrodiil und den Kaiser warnen. Nur er weiß, was zu tun ist."

    In diesem Moment tauchte auch Gunther aus dem Nichts vor der Elfe auf, packte sie und verschwand kurz darauf mit ihr zusammen.
    Cascada spürte, wie sich alles um sich drehte, wie die Welt um sie herum verschwamm und zu einem undurchdringlichen Nebel wurde.

    Als sie wieder zu Bewusstsein kam, war das Chaos um sie herum verschwunden. Das sterbende Dorf, Eis und Schnee existierten nicht mehr. Sogar der Himmel war wieder strahlend blau, und die helle Sonne lachte fröhlich aus sie herab. Sie waren nicht mehr in Skyrim.

    Sie standen genau vor einer prächtigen Steinbrücke, die auf eine ebenso prachtvolle Stadt zu führte. Irgendwo im Inneren der mächtigen Stadtmauern streckte sich ein weißer Turm majestätisch in die Höhe.

    "Dies, junge Waldelfe, ist die Kaiserstat", brach der nordische Medizinmann das Schweigen, "der Sitz des Kaiserlichen Rates und Uriel Septim selbst. Es wird nicht leicht sein, an ihn heranzutreten. Völlig zurecht lassen seine Wachen keinen Fremden an ihn heran, und doch musst du es irgendwie schaffen. Ich kann nichts weiter tun, als dir dabei viel Glück zu wünschen. Eine große Last trägst du nun auf den jungen Schultern - eine Last, die dir von jemandem aufgeladen wurde, von dem wir nur hoffen können, dass sie uns wohlgesonnen ist."

    Mit diesen Worten verabschiedete sich der Magier und kehrte nach Felsheim zurück, um dort an der Seite der anderen Nord im Kampf zu sterben, wie auch Holger Starkherz gestorben ist.
    Doch Cascada hatte keine Zeit zum Trauern. Irgendwo in dieser Stadt wartete Kaiser Uriel Septim auf sie.

    Ende Kapitel XIX (5/5)
    "Und so", erzählte die Waldelfe in die Runde, "kam ich schließlich in die Kaiserstadt. In den Palast allerdings hab ich es nie geschafft. Engstirnig, wie die Stadtwachen eben sind, haben sie mich für verrückt erklärt, als ich ihnen von den Ereignissen in Skyrim berichtete. Als es ihnen schließlich zu viel wurde, haben sie mich einfach in eine Zelle gesperrt. Das war vor etwa einem Monat.

    Ich verbrachte ein paar nette Tage mit einem gewissen Valen Dreath, der sein 'Zimmer' gegenüber hatte und ständig auf mich einredete. Doch ich war viel zu sehr mit meiner Verzweiflung beschäftigt, als auch nur eine seiner Beleidungen zu registrieren.
    Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, als schließlich Kaiser Uriel Septim mit seinen Klingen in meine Zelle kam. Der Kaiser erzählte mir von seinen Träumen und davon, dass er bald sterben würde. Schließlich bat er mich sogar, ihn auf seiner Flucht durch die Katakomben zu begleiten. Was dann geschehen ist, wisst ihr ja bereits."

    Es war bereits mitten in der Nacht, als Cascada ihre Geschichte beendete. Telaendril rührte besonders ihr Bericht von Valenwald zu Tränen. Sie lebte ebenfalls in einem der zahlreichen kleinen Dörfer Valenwalds, doch von Angriffen der Nord waren sie zum Glück verschont geblieben. Erst vor ein paar Jahren hatte man sie aus den Wäldern verbannt, ihr Vater hatte sogar einen Mörder auf sie angesetzt.
    Die junge Bosmerin jedoch war flink und äußerst geschickt, so dass sie Lucien Lechance letztendlich entkam, was ihm sehr imponierte. Er unterstützte Telaendirl in ihrer Rache und machte sie sogar zu einer Assassinin der Dunklen Bruderschaft.

    "Wenn du in Skyrim auf Vladmir gestoßen bist", begann Sarnek nachdenklich, "warum hast du uns dann erzählt,dass du von der Bruderschaft noch nie etwas gehört hast?"
    "Wie du,Sarnek, hatte auch ich meine Geheimnisse, die zu gefährlich waren, als dass ich sie hätte preisgeben können. Ich wusste ja nicht,wer ihr seid. Gerade du solltest das am besten verstehen."

    Sie saßen noch lange zusammen und erzählten sich einander ihre Geschichten. Sogar M'raaj-Dar, der sonst nur mürrisch vor sich hinbrummte, war um Aufmerksamkeit bemüht, als es schließlich an der Tür klopfte.

    "Wer mag uns um diese Zeit noch besuchen wollen?", fragte Telaendril naiv, und Cascada griff zu ihrem Schwert.
    "Entweder eine Wache oder ein verwirrter Einbrecher."
    "Letzteres wäre mir deutlich lieber,glaube ich."

    "Wer ist da?", rief Cascada in warnendem Tonfall, als es erneut klopfte. Eine schleimige und ihr seltsam bekannte Männerstimme antwortete: "Guten Abend, junge Waldelfe. Bestimmt erinnerst du dich noch an mich. Wir sind zu zuletzt in den Wäldern von Himmelsrand begegnet. ich sagte dir ja,dass wir uns wiedersehen würden."

    Die Bosmerin hielt das Schwert fester und öffnete vorsichtig die Tür, um hinausschauen zu können. Auf der Veranda stand tatsächlich ein Mann in schwarzer Kutte, die Kapuze tief übers Gesicht gezogen. Doch seinen Markenzeichen - sein unheimliches Grinsen - erkannte sie unter tausenden wieder. Er war es. Verwirrt ließ sie ihn eintreten.

    Sarnek und die beiden anderen Mitglieder der Bruderschaft staunten nicht schlecht, als ein Mitglied der Schwarzen Hand plötzlich in den Wohnbereich trat, und sie erkannten ihn alle wieder. Sarnek hatte seine erste und bisher einzige Begegnung erst vor wenigen Wochen vor der Roxey-Herberge an der Roten Ringstraße. Es war Lucien Lechance höchstpersönlich.

    "Wie ich sehe, habt ihr den alten Locren davon überzeugt, endlich abzudanken", bemerkte der Sprecher heiter, und setzte sich seufzend in den Sessel am Kamin, in dem eben noch Cascada ihre Geschichte erzählte.
    "Und nun wollt ihr sicher erfahren, warum ich euch zu so später Stunde noch aufsuche, nicht wahr?"

    Das würden sie tatsächlich gerne. Nur zum Spass war der Sprecher von Cheydinhal wohl kaum bis nach Anvil gereist. Die Daedra griffen um sich, überall öffneten sich Oblivion-Tore, und nicht einmal vor der Dunklen Bruderschaft machten sie Halt. Es schien,als hätte Mehrunes Dagon nun auch dem Fürchterlichen Vater Sithis den Krieg erklärt. Lechance hatte also weit wichtigere Dinge zu erledigen, als mal eben auf einen Krug Met hereinzuschauen. Was also wollte er?

    "Zu allererst einmal hab ich für dich etwas mitgebracht, Sarnek. Du wirst dich daran noch erinnern, denn du selbst hast die Sachen ja entworfen."

    Lucien holte unter seiner Kutte ein schwarzes Bündel hervor und legte es auf den Tisch. Als Sarnek es ausbreitete, erschrak er. Es war seine alte Lederkluft, die er zurückgelassen hatte, als er die Bruderschaft verlies. Das Besondere an ihr war ein Zauber, mit dem M'raaj-Dar die Rüstung einst belegte. Sobald man die Kapuze über den Kopf zog, war man unsichtbar.
    In die Kluft eingewickelt war auch ein sein alter Dolch "Todesstoß", ebenfalls mit einem mächtigen Zauber belegt.
    Sarnek war sich nicht sicher, ob er sich über das Wiedersehen mit seinen alten Besitztümern freuen sollte oder eher nicht.

    "Als nächstes möchte ich euch berichten, was in der Zwischenzeit alles geschehen ist, und eure Meinung dazu hören, aber zuvor brauch ich was zu trinken. Meine Lunge ist staubtrocken von der langen Reise von Cheydinhal hierher."

    Telaendril eilte zu einem Schrank im Nebenraum und holte ein paar Krüge und eine Flasche Wein hervor.
    "Danke,mein Kind!", antwortete Lucien und trank seinen Krug in einem Zug leer."
    "So, und nun hört mir genau zu, was ich zu berichten habe."

    Ende Kapitel XX (1/2)
    Es war, wie man es insgeheim befürchtet hatte. Die Mythische Morgenröte machte Jagd auf die Anhänger Sithis'. Überall in Cyrodiil fahndeten sie nach der Bruderschaft. Nach der Vernichtung von Kvatch und den Überfall auf den Unterschlupf unter Cheydinhal gab es nur noch zwei sichere Verstecke der Bruderschaft. Doch es war nur eine Frage der Zeit,bis sich auch das änderte.

    Neue Mitglieder zu rekrutieren kostete Zeit; und die Gefahr, einen Spion der Morgenröte in ihre Heiligtümer zu führen, war zu groß. Zudem hatte man nun auch einen Sprecher weniger, weil selbiger sich zum Zeitpunkt des Überfalls auf Kvatch in dessen Katakomben aufhielt.
    Also blieb der Schwarzen Hand nichts weiter übrig, als ihre restlichen Leute zusammenzuführen und sie außerhalb der Städte in einer der zahlreichen Höhlen zu verschanzenzen, bis man der Situation wieder Herr geworden wäre.

    "Kurz gesagt: die Lage spitzt sich zu, meine Freunde", seufzte Lechance,
    "Wenn wir nicht bald etwas unternehmen, wird es bald keine Brduerschaft mehr geben, von Tamriel ganz zu schweigen. Was schlagt ihr also vor?"

    Hier war tatsächlich guter Rat teuer. Nach dem missglückten Überfall auf den Dagon-Schrein am Arrius-See hatten sich auch die Kultisten ein neues Versteck gesucht und ihren wertvollsten Besitz natürlich mitgenommen.

    "Um überhaupt noch eine Chance zu haben", erklärte Cascada, "müssen wir das Amulett wieder in unseren Besitz bringen. Doch dazu müssen wir an ihren Anführer Mankar Camoran herankommen. Sarnek, du hast mal etwas von einem 'Paradies' erzählt. Was genau ist das?"

    "Das Paradies ist ein magischer Ort, den sich Camoran einst geschaffen hat, um ewig leben zu können.
    Jeder Anhänger der Morgenröte, der im Kampf den Tod findet, landet in diesem Paradies, um dort in Harmonie weiter existieren zu können. So zumindest erzählt man es sich. Da ich bis jetzt noch nicht getötet wurde, konnte ich es auch noch nicht überprüfen. Und jetzt würde es nichts mehr bringen, weil ich nicht mehr zur Morgenröte gehöre."

    "Man könnte es ja auf einen Versuch ankommen lassen", brummte M'raaj-Dar und erntete dafür rügende Blicke von allen Seiten.
    "War ja nur ein Vorschlag!"

    "Das einzige, was mir noch dazu einfällt", setzte Sarnek fort, "ist das 'Mysterium Xarxes', dass in unseren Büchern erwähnt wird. Dabei handelt es sich ebenbfalls um ein Buch, aber viel mehr noch um ein mächtiges Artefakt, das angeblich von Mehrunes Dagon persönlich geschrieben wurde und irgendwie im Zusammenhang mit dem Paradies stehen soll -eine Art Bauanleitung für ein Portal in Camorans Scheinwelt.
    Wenn wir Camoran finden wollen, brauchen wir das Mysterium Xarxes'. Und dafür wiederum müssen wir das neue Versteck der Morgenröte ausmachen "

    "Die Frage ist nur", erwiderte der Sprecher, "wo ist dieses Versteck? Sie werden ja wohl kaum ihre Adresse hinterlassen haben."
    "Es muss ein Ort sein", so Sarnek, "der von den dunklen Mächte der Daedra erfüllt ist; ein Ort, an dem ihre grausamen Zeremonien die größtmöglichen Wirkungen zeigen. Mehrunes Dagon ist ihr mächtigster Gott, also wird sich ihr neuer Unterschlupf wieder in der Nähe eines Daedra-Schreins befinden, aber an welchem?"
    Nach kurzem Überlegen antwortete er selbst: "Hermaeus Mora!"

    Hermaeus Mora - der Daedra des Wissens und des Schiksals. Geformt wie die obskure Kombination aus Krebs und Tintenfisch steht sein Schrein auf dem höchsten Gipfel der westlichen Jerall-Berge. Der Aufstieg ist sehr schwierig und voller Gefahren. Sarnek war sich sicher, dass dort das perfekte Versteck für die Mythische Morgenröte wäre.

    "Der einfachste Weg dort hinauf befindet sich in der Nähe von Sancre Tor.!, erkläre Cascada, "Die Viecher, die dort lauern, stellen durchaus eine Bedrohung dar, sind aber zu schaffen. Die weitaus größere Gefahr dürften die arg wechselhaften Witterungen sein, von dem steilen Aufstieg einmal abgesehen. Bis nach Sancre Tor können wir reiten, doch den restlichen Weg werden wir zu Fuß bewältigen müssen."

    Die Abresie war für den nächsten Morgen geplant. Luciens Lechance würde sie jedoch nicht begleiten. Seine Aufgabe bestand darin, die Bruderschaft zusammenzuhalten,bis man wieder neue Mitglieder rekrutieren könne.

    "Ehe ich es vergesse" sprach Lechance, bereits zum Ausgang gewandt, "Nun, da der Schwarzen Hand ein Finger fehlt, wurdest du, M'raaj-Dar, als Nachfolger vorgeschlagen. Sobald diese Sache hier durchgestanden ist, wäre es mir eine Freude und eine Ehre, dich als neuen Sprecher willkommen zu heißen. Schau also zu, dass du am Leben bleibst, mein Bruder."
    Diese Worte quittierte Lechance mit seinem berühmten Grinsen und verschwand nun endgültig durch die Tür, um draußen wie gewohnt mit der Umgebung zu verschmelzen - zum Nichts zu werden.

    Die restliche Nacht wälzte sich der Khajiit unruhig auf seiner Liegestatt in seinem unterirdischen Labor. Hatte man ihn tatsächlich gerade zu einem Sprecher der Schwarzen Hand gemacht oder war dies doch nur ein Traum, von dem er nicht wusste, ob er gut oder böse war?
    M'raaj-Dar hatte nie darauf spekuliert, Ruhigsteller zu werden, geschweige denn Sprecher. Und nun würde er schon bald eine eigene Gruppe von Meuchelmördern befehligen und überwachen. War dies der Weg, den er gehen wollte?

    In diesen Gedanken schlief er dann endlich ein. Es war ein Schlaf der Gerechten, und insgeheim wusste er bereits, dass dies der letzte ruhige Schlaf war, den er haben würde.

    Ende Kapitel XX (2/2)
    Der erste Teil ihrer Reise verlief ohne größere Zwischenfälle. Kurz vor Sonnenaufgang waren Cascada, Sarnek, Telaendril und M'raaj-Dar aufgebrochen, die Luft war kühl und etwas windig.

    Dank ihrer ausgeruhten Pferde erreichten sie bereits nach wenigen Stunden Chorrol, Sancre lag etwas weiter nördlich von der kleinen Stadt.
    "Wir werden die Pferde hier in den Stallungen zurücklassen!", schlug Cascada vor, "Die Gegend um Sancre Tor wird von Untoten bewacht. Nicht, dass sie die Tiere aufscheuchen oder gar töten."

    Tatsächlich schlichen eine Menge bewaffnete Skelette und Zombies um die großes Ruinen der alten Ayleiden-Festung, um diese vor unerwünschten Besuchern zu schützen, doch die vier Abenteurer gedachten gar nicht daran, Sancre Tor zu betreten. Ihr Ziel lag weit über ihnen in den Jerall-Bergen, die dahinter erstreckten.

    Der Aufstieg zum Gipfel, auf dem der Mora-Schrein zu finden war, führte über einen langen Trampelpfad, der sich das Gebirge geradezu emporschraubte. Zwischendurch wurden fehlende Wegstücke von stabilen Steinbrücken ersetzt. Unglücklicherweise waren eben diese Brücken ein beliebter Sammelplatz für Wegelagerer und anderes Gesindel, die ahnungslose Pilgerer um ihr Hab und Gut brachten oder sie einfach töteten.
    Bei Cascada und ihrer Begleitunghatten sie allerdings weniger Erfolg. Ein paar kräftige Schwerthiebe, und die Brücke war wieder sicher.

    Weit gefährlicher waren die vom Eis überdeckten Wege, die bei einem falschen Schritt die Steilhänge hinab in den sicheren Tod führten.
    Einer solchen Stolperfalle wäre M'raaj-Dar um ein Haar zum Opfer gefallen. Ausgerechnet der flinke Khajiit, der sonst immer lautlos umherschlich, setzte einmal zu hastig auf und rutschte ab. Sarnek war es, der den Magier im letzten Augenblick am Schlafittchen seiner zerfressenen Robe packte und ihn zurück auf den Weg beförderte. Dankbarkeit brauchte er von dem Magier natürlich nicht zu hoffen, dafür war M'raaj-Dar viel zu sehr er selbst.

    Gegen Mittag war der Aufstieg dann endlich bewältigt, und vor ihnen erstreckte sich auf einem kahlen Fels-Plateau die in Stein gehauene obskure Tiergestalt von Hermaeus Mora. Für gewöhnlich fanden sich dort immer ein Pilger ein in der Hoffnung, seinen Segen zu erhalten. Diesmal jedoch war der Platz um den Schrein leer.
    "Ich glaube nicht", gab Sarnek zu bedenken, "dass sie so unvorsichtig waren, ihr neues Versteck direkt an den Schrein zu verlegen. Es muss in der Nähe einen Geheimgang oder so geben. Lasst uns mal den Schrein absuchen."

    Auf den ersten Blick wirkte diese riesige Monstrosität der Daedra wie aus einem Fels geschlagen. Doch beim näheren Hinsehen erkannte man, dass einige Teile erst nachträglich in das Gebilde eingearbeitet wurden. So waren etwa ein paar der Saugnäpfe der Tintenfischarme, die sich bedrohlich über den breiten Sockel legten, erst später angebracht worden. Besonders einer dieser Saugnäpfe fiel dadurch auf, dass er etwas aus seiner Vertiefung herausragte. War dies der Schlüssel?

    Sarnek wollte ihn gerade berühren, als er plötzlich Telaendril schreien hörte. Erschrocken drehte er sich um, als er auch schon erkannte, weswegen die junge Bosmerin so aufgeregt war. Während die Vier Hermaeus Mora nach Hinweisen für einen geheimen Eingang absuchten, hatten sich von hinten einige Kultisten angeschlichen und sie eingekreist. Sie waren wohl gerade von einem ihrer krotesken Aufträge zurückgekehrt.

    "Guten Abend, die Herrschaften!", grüßte ein besonders kräftig gebauter Agent und legte die Kapuze in den Nacken. Cascada kannte das Gesicht, auch wenn es gealtert war. Es gehörte Jeggel, einem von Taroks besten Männern. Er war es, der Cascada und ihre Mutter damals vom Fuhrwerk holte .

    "Ich nehme an", setzte Jeggel fort, "ihr wollt zu meinem Onkel. Er wird sicher freuen, dich wiederzusehen, junge Waldelfe. Wenn ihr jetzt bitte so freundlich wärt, eure Waffen auszuhändigen, dann bekämt ihr sogar noch Gelegenheit, seiner nächsten Rede beizuwohnen."

    "Seit wann so höflich, Jeggel?", widersprach Cascada provozierend, "Ich dachte, der Bären-Clan hält nichts von Diplomatie. Bist du mit den Jahren etwa weich geworden?"

    "Natürlich könnte ich euch auch auf der Stelle umbringen. Hermaeus Mora würde euer Blut mit Sicherheit sehr zu schätzen wissen. Aber ich möchte Tarok doch nicht das Vergnügen nehmen, dich und deine Freunde hier persönlich zu töten. Zudem habt ihr euch so viel Mühe gegeben, auf der Reise hierher am Leben zu bleiben, da wollt ihr diesen kleinen, wann auch sinnlosen Erfolg noch ein bisschen länger genießen. Warum also erspart ihr uns allen nicht einfach den ganzen Ärger und ergebt uns freiwillig?"

    Sie hatten keine andere Wahl. Ungern legten sie ihre Waffen nieder und ließen sich fesseln. M'raaj-Dar legte man spezielle Handschellen an, die seine Zauberkraft bannten. Zum Schluss wurde ihnen noch die Augen verbunden. So verpackt führte man sie in die Tiefe hinab. Ihre Schritte hallten an den Felswänden wider. Sie befanden sich also tatäschlich im Inneren des Berges, irgendwo tief unter dem Mora-Schrein verborgen.
    "Warum müssen wir eigentlich immer nur in Schwirigkeiten geraten?", knirschte der Khajiit in seiner gewohnten Art.

    Jetzt würden sie alle sterben, da war sich der Magier sicher.

    Ende Kapitel XXI (1/3)
    Spiralenförmig führte der enge steinige Pfad in die Tiefe. An den Felswänden waren Fackeln angebracht, die die ansonsten undurchdringbare Dunkelheit aufhellten. Kollektives Schweigen umgab die Karawane. Keiner sprach ein Wort.

    Irgendwann war der Weg zuende. Dort unten, in den tiefsten Tiefen des Jerall-Gebirges, befand sich also das neue Versteck der Morgenröte. Und Tarok war hier. Er war einer von ihnen geworden. Aber er war nicht nur irgendein Dagon-Anhänger, sondern der Nachfolger von Ruma und Rabe Camoran. So hatte es ihnen Jeggel, Taroks Neffe und bester Krieger, erzählt.

    "Wir sind am Ziel", sprach Jeggel mit lauter Stimme, "Ihr könnt ihnen die Augenbinden nun abnehmen."

    Mit einen Mal wurde es taghell. Geblendet vom Schein tausender Kerzen pressten die vier Gefangenen die Lider zusammen. Das Licht war wie ein schmerzvoller Stich in ihre Augen.
    Als sich an die Helligkeit gewöhnt hatten, wagten sie, sich umzuschauen. Sie standen in einem großen runden Raum, der schon vor einer Ewigkeit in den Fels gehauen worden sein musste. In der Mitte dieses Raumes, der mehr eine Halle war, stand ein Steinalter, der von unzähligen Kerzen umgeben war. Sarnek fühlte sich sofort an das Hauptquartier am Arrius-See erinnert.

    Vor dem Altar waren links und rechts Sitzbänke aufgestellt, ähnlich wie bei einer Kapelle. Hier saßen die Anhänger der Morgenröte und beteten zu ihrem Fürsten Dagon, lauschten den Worten von Mankar Camoran oder wohnten einem der zahlreichen Opferrituale bei. Im Moment allerdings war die Halle verlassen. Wo war Tarok?

    Man führte sie zu einer Bank in der vordersten Reihe und ließ sie Platz nehmen.
    "Tarok wird gleich kommen!", erklärte Jeggel, "Er wird sich freuen, dich wiederzusehen, junge Waldelfe."
    Mit diesen Worten gingen er und ein weiterer Agent auf den Altar zu und positionierten sich links und rechts davon - wie zwei Wächter, die etwas besonders Wertvollen beschützten.
    Die restlichen Agenten setzten sich auf die Bänke und blickten wartend zum Altar hin.

    "Einen Fluchtplan habt ihr nicht zufällig parat,oder?", flüsterte M'raaj-Dar so leise wie er konnte, und Sarnek antwortete: "Mein Repertoire an Fluchtplänen ist für heute aufgebraucht, fürchte ich."
    "Uns kann wohl nur noch ein Wunder retten", prophezeihte Telaendril düster.

    "Ein Wunder, aber natürlich!", kam Cascada der rettende Einfall, "Oder besser gesagt ein Zauber!"
    "Ein Zauber?", entgegnete Sarnek, "Aber, M'raaj-Dar ist der einzige Magier von uns, und dem hat man Magischen Fesseln angelegt."
    "Du erinnerst dich doch wohl noch an den kleinen Feuerball, den ich dir damals auf den Pelz gejagt habe, oder?"
    "Mehr als ausreichend, Cascada. Aber ich dachte, der wäre von einer Spruchrolle."
    "Wir Bosmer sind von Natur aus magisch veranlagt, Telaendril wird dir das sicher gerne bestätigen. Gunther, der Dorfmagier von Felsheim, hat mir in meiner Jugend den einen oder anderen Zauber beigebracht. Da sie allerdings sehr viel Kraft kosten, greife ich nur äußerst selten darauf zurück."

    "Und mit welchem Zauber willst du uns beglücken?", keifte der Khajiit skeptisch, "Mit einem Eisregen? Eine Feuerwand vielleicht? Oder rufst du uns eine Skelett-Armee zur Unterstützung?"
    "Mit solchen Albernheiten kann ich natürlich nicht dienen. Dafür ist ein echter Magier notwendig. Aber ich könnte versuchen, dich von deinen Fesseln zu befreien. Dann kannst du den Rest übernehmen. Aber jetzt noch nicht. Wir müssen den richtigen Moment abwarten, sonst kommen wir nicht weit. Außerdem sind wir ja nicht hergekommen, um mit leeren Händen zurückzugehen."

    Kurz darauf schob sich an der Wand hinter dem Altar eine Geheimtür, und ein breitschultriger Agent der Morgenröte trat herein und stolzierte majestätisch auf den Altar zu. Es war Tarok.
    "Mir wurde berichtet", sprach der ehemalige Häuptling des Bären-Clans feierlich, "dass sich der Feind der Mythischen Morgenröte mehr oder weniger freiwillig ausgeliefert hat. Und wie ich sehe, sitzt er mir bereits zu Füßen. Es ist mir eine Freude, dich wiederzusehen, Cascada von Valenwald."

    Dann richteten sich seine Blicke auf Sarnek.
    "Und du muss du der Verräter sein, nach dem nun schon so lange gefahndet wird, genauso nach deinen beiden Begleitern. Wer hätte gedacht, dass ihr euch am Ende freiwillig stellt. Mankar wird begeistert sein."

    Ende Kapitel XXI (2/3)
    Hinter der Geheimtür, durch die Tarok in den Altarraum getreten war, führte ein weiterer Stollen noch tiefer hinab. An seiner tiefsten Stelle lag ein großer See aus kochend heißer Lava, wie man ihn sonst nur in Oblivion zu Gesicht bekommen hätte.
    In der Mitte des Sees hatte man auf einer kleinen Insel einen Käfig aufgestellt, den man über einen Holzsteg erreichen konnte. Dorthin hatte man die vier Gefangenen gebracht. Die Fesseln hatte man ihnen wieder abgenommen, nur M'raaj-Dar behielt seine magischen Handschellen.

    "Ich bedaure zutiefst", sprach Tarok höhnisch grinsend, "dass ich euch nicht persönlich töten kann, aber bis zu der Ankunft des Meisters heute Abend gibt es noch einiges vorzubereiten. Daher überlasse ich euch den Launen meines kleinen Haustiers, dass hier im See zuhause ist. Er bekam schon ein paar Tage nichts mehr zu Fressen. Leb wohl, Cascad aus Valenwald! Mögen du und deine Freunde einen schnellen Tod finden"

    Mit diesen Worten entfernte der Nord sich vom Käfig und begab sich mit seinen Männern wieder hinauf zum Altar, um dort die Ankunft von Mankar Camoran abzuwarten.

    Die Lava brodelte laut vor sich hin, heißer Dampf erfüllte die kesselförmige Höhle, und unter dem See bewegte sich ein großer Schatten, umkreiste bedrohlich den Eisenkäfig.
    "Was für eine Art Haustier wird das sein, dass sich in kochender Lava wohlfühlt?", fragte Telaendril und klammerte sich ängstlich zitternd an Sarnek fest, während sie den Schatten beobachtete. Cascada antwortete: "Ein Schoßhund ist das sicher nicht!"

    Dann lief sie auf den Khajiit zu und legte ihre Hand auf seine Schellen. "Dann wollen wir doch einmal sehen, ob wir dich davon befreien können", sprach sie", "Das Schloss an sich ist nicht allzu kompliziert, nur dieser Bann-Zauber scheint es wirklich in sich zu haben. Zum Glück war Gunther ein phantastischer Lehrmeister."

    Cascada schloss ihre Augen und konzentrierte sich nur noch auf die Geräusche um sie herum. Nacheinander stellte sie alle unnötigen Laute ab: das Brodeln des Lavasees, das Knarren des altersschwachen Stegs, Telaendrils ängstliches Schluchzen, das Pochen ihres eigenen Herzens. Letztendlich blieb nur noch ein einizger, unscheinbarer Ton übrig: das flüsternde Surren der Magie im Inneren der Handschellen.

    In ihrem Geist sah sie nun das Schloss sich, nun fehlte nur noch der richtige Schlüssel. Die Bosmerin kramte in ihrem Gedächnis nach Schlüsseln und Dietrichen in allen möglichen Formen, die sie kannte - probierte sie nacheinander aus. Nach einer ganzen Weile schien sie endlich den richtigen gefunden zu haben und ...

    Das Klirren von Metall holte Cascada in die Wirklichkeit zurück. Es waren tatsächlich M'raaj-Dars eiserne Fesseln, die nun auf dem pechschwarzen Steinboden lagen. Erleichtert rieb sich der Magier die kribbelnden Handgelenke. Dann packte er die Handschellen und warf sie durch die Gitterstäbe in die alles verschlingende Lava, wo die Fesseln zu flüssigen Eisen zerschmolzen und schließlich ganz verschwanden.

    "Jetzt bist du dran. M'raaj-Dar", keuchte die Waldelfe erschöpft und wischte sich den nassen Schweiß von der Stirn. Der Zauber hatte sie doch mehr mitgenommen, als sie selbst erwartet hätte. Sarnek schaute besorgt zu ihr hinüber.

    Gerade, als sich der Magier am Schloss an der Gittertür zu schaffen machen wollte, erwachte der See zum Leben. Große Lavamassen trieben auseinander, als etwas Gigantisches auftauchte - ein feuerroter Kopf so groß wie ein Schrank. Seine tellergroßen Augen blickten nachtschwarz zu den vier Recken herrüber, und die Bestie öffne sein schnabelartiges Maul und erfüllte den Raum mit schrillem Gebrüll.

    Endlich erhob sich die Kreatur zu voller Größe. Ein schlangenförmiger Körper mit großen breiten Flügeln tauchte aus der Lava und schwebte nun einige Meter über der Oberfläche.

    "Bei allen Höllen Tamriels!", fluchte der Khajiit entsetzt, "Was ist das?"
    "Ein Drache!", antwortete Sarnek heiser, "Die Mistkerle haben tatsächlich einen verdammten Lava-Drachen aus Oblivion mitgebracht."

    Ende Kapiten XXI (3/3)
    Wütend umkreiste der Drache den unterirdischen Lava-See mit der kleinen Insel in der Mitte und brüllte so laut, dass die ganze Höhle zitterte. Nun war alles aus. Jetzt würde der Drache sie alle zum Frühstück verspeisen, da war der Khajiit sich vollkommen sicher. Wie sollten sie sich auch retten? Ohne Waffen und Rüstung hatte man sie in den tiefsten Höllenschlund geworfen, umgeben von kochender Lava.

    "Wir müssen hier schnellstens raus!", brüllte Sarnek gegen das Gebrüll des Ungeheuers an, doch M'raaj-Dar blickte ihn nur entgeistert an.
    "Und wie?", brüllte er zurück, "Meinst du vielleicht, der Drache lässt uns so einfach herausspazieren? Jetzt, wo wir und praktisch zum Geschenk gemacht haben? Es war deine Idee, hierher zu kommen. Du hast uns alle ins Verderben gestürzt, du verdammter Bastard! Ich sollte dich auf der Stelle töten!"

    "Schluss jetzt, Khajiit!", griff nun Cascada ein, "Selbst du solltest doch inzwischen eingesehen haben, das wir das Amulett brauchen, wenn dieser Alptraum hier jemals enden soll. Wir hatten keine andere Wahl, als hierher zu kommen. Wenn wir uns jetzt gegenseitig umbringen, dann hilft das dem Volk von Tamriel auch nicht weiter. Sarnek hat Recht, wir müssen hier raus."
    "Aber wie sollen wir das anstellen, Cascada?", entgegnete Telaendril mit schwacher Stimme. Die tapfere Bogenschützin hatte in den letzten Tag zu viel mitgemacht, doch die Begnung mit dem Drachen gab ihr den Rest.

    "Zunächst einmal müssen wir aus diesem Käfig. Wenn das Biest auf die Idee kommt, uns ein Feuer entgegenzuschleudern, sind wir hier drinnen schneller gebraten,als uns lieb ist.Wenn der werte Herr Magier also so freundlich wäre, uns endlich die Tür zu öffnen."

    Der Lava-Drache hat sich inzwischen beruhigt. Er schwebte mit schlagenden Flügeln über dem See und lauerte, als erwarte er, dass man sich ihm freiwillig zum Frass vorwirft. Er war es nicht gewohnt, dass seine Beute sich wehrte. Aber das würde ihn auch nicht aufhalten. Er würde seit langem mal wieder satt werden, zumindest für eine kleine Weile.

    Brummend begab sich der Magier erneut zur Käfigtür und legte eine Hand auf das schwere Schloss. Einen kurzen Augenblick später fiel es auch schon zu Boden, und die Tür ging auf. Vor ihnen lag die klapprige Holzbrücke, die sie von der kleinen Insel bringen konnte. Gleich wären die vier Recken wieder auf dem Weg nach oben.

    Bedauerlicherweise hatte der Drachen längst begriffen, dass die Gefangenen zu entkommen versuchten und reagierte sofort. Gerade wollten sie die Brücke betreten, ließ er einen Feuerstrahl aus seinem großen Maul fahren steckte das ausgetrocknete Holz in Brand. Schnell stand die ganze Brücke in Flammen und versank schließlich im Lavasee. Die Vier saßen auf der Insel fest, und der Drache brüllte, als wollte er sie auslachen.

    "Verdammter Mist!", fluchte Sarnek, "Das Vieh hat nicht vor, uns gehenzulassen. Wie sollen jetzt ans andere Ufer kommen?"
    "Mich brauchst du gar nicht so anzuschauen", antwortete M'raaj-Dar, "Ich kann zwar eine Menge, aber nicht alles."

    Geduldig umkreiste der Drache immer wieder die Insel und beobachtete die Vier. Er dachte gar nicht daran, sie auf der Stelle zu verspeisen. Sie hatten ihn neugierig gemacht mit ihrer Dreistigkeit. Sie würden niemals entkommen, dessen war sich das Tier vollkommen bewusst. Doch, er bewunderte ihren Selbsterhaltungstrieb. Zu selten bekam er die Gelegenheit, mit seinem Essen vorher zu spielen.

    "Wir brauchen eine neue Brücke", schlußfolgerte Cascada, "Eine, der Feuer nichts anhaben kann."
    "Aber woraus sollen wir die bauen, Cascada?", wiedersprach die Bogenschützin, "Hier gibt es nichts außer diesen verdammten Käfig."
    "Der Käfig! Natürlich, das könnte gehen."

    "Wovon redest du?", mischte sich der Khajiit ein, "Der Käfig ist doch viel zu schwer, um damit irgend etwas anfangen zu können."
    "Der ganze Käfig schon,aber nicht die Tür. Wir könnten sie als Floß benutzen. In der dickflüssigen Lava sollte sie schwimmen können."
    "Ach, und wie willst du die Tür aus ihren Angeln heben ohne Werkzeug?"
    "Du vergisst, dass ich bei den Nord aufgewachsen bin!"

    Sie liefen zurück zur Käfigtür. Während Sarnek diese in geöffneter Stellung festhielt, konzentrierte sich Cascada. Sie atmete tief durch, machte dann eine schnelle Drehung und ließ dabei ihren rechten Fuß mit aller Wucht gegen die äußere Tür fahren. Mit lautem Scheppern fiel sie darauf auf den harten Boden.

    Gemeinsam zogen sie die trotzdem noch recht schwere Tür zum Rand der Insel.
    "Wenn das Floß erst in der Lava ist, müssen wir uns beeilen", erklärte die Kämpferin schwitzend, "Nicht lange, und es schmilzt uns unter den Füßen weg."
    "Und dann wäre da auch noch der hungrige Drache über uns", fügte der Magier grimmig hinzu, "Wenn er uns seine Flammen entgegenspuckt, könnten wir auf dem Ding nicht einmal ausweichen."
    "Dann sollten wir versuchen, ihn irgendwie abzulenken!"

    Ende Kapitel XXII (1/2)
    Skeptisch betrachtete der Khajiit das vermeintliche Floß,das bis vor ein paar Minuten noch als Eisentür diente und nicht so aussah, als könne es auch nur eine Person heil über den brennenden See bringen, geschweige denn alle vier.
    Über ihnen schwebte der feuerrote Lava-Drache und blickte bedrohlich auf sie hinab. Er hatte nicht vor, seine vier Leckerbissen einfach so verschwinden zu lassen.

    "Ablenken, du bist gut!", meckerte M'raaj-Dar, "Wie sollen wir das anstellen? Mit Eiszaubern kann ich in der Hitze nicht dienen, sonst hätte ich längst den See zugefroren."
    "Bei den Neun,M'raaj-Dar", widersprach Cascada heftig, "Du bist der Magier unter uns. Wenn wir hier lebend wieder herauskommen wollen, bist du der Einzige, der uns helfen kann. Lass dir also bitte irgend etwas einfallen. Es gibt keine andere Möglichkeit."

    Der Khajiit seufzte lautstark und kniet sich dann vor das Floss und legte seine Hand darauf. Kurz darauf erhob sich das schwere Eisengestell einige Zentimeter in die Luft.
    "Ich habe einen Levitationszauber auf die Tür gelegt. Sobald ihr aufsteigt, wird es euch über den See tragen. Sobald der Drache mit mir beschäftigt ist, kann es losgehen. Haltet euch bereit, denn ich weiß nicht,wie lange sich der Drache ablenken lässt."

    Dann läuft er auf den Eisenkäfig zu und klettert nach oben. Das Gestell war trotz der heißen Luft relativ kühl. Vermutlich wurde es magisch behandelt, um die Hitze nicht in sich aufnehmen zu können und womöglich zu schmelzen.
    Oben angekommen spürte er bereits die neugierigen Blicke des Drachen auf ihn ruhen. Er glaubte sogar, seine Gedanken zu erkennen. Es waren keine erfreulichen Gedanken. Der Drache war so grausam, wie er aussah, aber auch ausgehungert und zu Tode gelangweilt. Der Khajiit konnte ihm nicht einmal einen Vorwurf machen.

    "Hey, du überdimensionaler Regenwurm!", brüllte M'raaj-Dar nun dem fliegenden Reptil über ihm zu, "Wird es nicht langsam Zeit fürs Abendessen? Ich würde mich gern als Vorspeise zur Verfügung stellen."

    Das ließ sich der Drache nicht zweimal sagen und stürzte sich auf den Magier, der aber sofort zur Seite hin ausweichte. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Cascada, Sarnek und Telaendril auf dem Floß Platz nahmen, und diese langsam über den Lavasee hinwegschwebte.
    "Wenn das mal gutgeht", murmelte der Magier.

    Er war noch nicht wieder ganz auf die Oberseite des Käfigs zurückgekehrt, da machte der Drache auch schon eine Wende und holte zum zweiten Sturzflug aus.
    "So leicht mach ich es dir nicht,mein Großer", rief M'raaj-Dar und jagte dem Raubtier einen Kugelblitz auf den Schnabel. Es war für den Drachen nicht mehr als ein kleines Zucken, aber es reichte aus, ihn kurzzeitig aufzuhalten.

    Ohne lange darüber nachzudenken,was er da eigentlich tat, sprang der Khajiit schnellstens auf den Rücken des Drachen. Als dieser das bewusst wurde, versuchte er sofort, den frechen Parasiten wieder abzuwerfen. Er flog steil nach oben, raste im Sturzflug wieder nach unten, drehte Loopings, doch M'raaj-Dar ließ nicht abschütteln. Stattdessen biss er verkrampft die Zähne zusammen und krallte sich fest. Nach unten traute er sich gar nicht zu schauen. Er hoffte inständig, dass die anderen schon heil angekommen waren.

    Sie waren es. Die Tür hatte sie sicher über den kochenden See getragen und ging dort dann wieder sanft zu Boden. M'raaj-Dar hatte ganze Arbeit geleistet. Erleichtert drückte Telaendril Sarnek an sich und küsste ihn.

    "Bei Sithis! Was macht er da?", bemerkte Cascada entsetzt, "Ich habe nicht gemeint,dass er sich umbringen lassen soll."

    Noch hielt sich der Magier tapfer auf dem Rücken des störrischen Drachen, doch wie lange könnte er noch durchhalten. Er müsste sich was einfallen lassen, und das schleunigst.

    M'raaj-Dar sah erleichtert, dass seine drei Kameraden bereits das andere Ufer erreicht hatten. Hinter ihnen erstreckte sich der lange Aufstieg zurück zum Altarraum, in dem Tarok und die anderen Agenten der Mythischen Morgenröte bereits auf sie wartete. Doch vorher musste er es irgendwie wieder von diesem Vieh herunterschaffen,ohne dabei draufzugehen.

    Die Idee, die ihm darauf kam, war so irrinsinnig, so absolut wahnwitzig und selbstmörderisch wie niemals zuvor, aber sie war vielleicht seine einzige Chance. Er musste es schaffen!

    "So,du Drachenvieh!" zischte M'raaj-Dar entschlossen, "Wollen wir doch einmal sehen, ob du dich auch dressieren lässt."
    Er legte seine pelzigen Pranken auf den großen schuppigen Kopf des Drachen und schloss konzentriert die Augen. Magie durchfloss seinen Körper, sammelte und vereinte sich in seinen Händen. Der Magier konnte spüren, wie das Biest sich streubte, seine Gedanken abzuriegeln versuchte, der er war geschwächt.

    "Füge dich, Drache!", sprach M'raaj-Dar mit veränderter Stimme, "Beuge dich meinem Willen, dann wird alles gut."
    "Du überschätzt dich, Katzenmensch!", ertönte eine Stimme in seinem Kopf, "Eher sterbe ich, bevor ich mich von einem Winzling wie dir kontrollieren lasse. Aber zuvor töte ich dich und deine kleinen Freunde."

    Im selben Moment schoss er auf den Höhleneingang zu, an dem Cascada und die anderen standen und zu ihnen heraufschauten.
    Der Khajitt begriff sofort, was der Drache vorhatte und brüllte: "In den Tunnel mit euch! Schnell!"

    Kaum hatte er zuende gesprochen, öffnete das Ungeheuer auch schon sein Maul und schickte ihnen einen breiten Feuerstrahl entgegen. Einen Moment früher, und von den Dreien wäre nur noch ein Häufchen Asche zurückgeblieben.

    "Wenn du unbedingt sterben willst, dann will ich dir deinen Wunsch gerne erfüllen", knirschte der Magier und beschwor einen Magischen Dolch herbei. Doch dann geschah etwas, womit er nicht gerechnet hatte.

    Erneut setzte der Drache zu einem Sturzflug an, genau auf den See zu. Die flüssige Lava konnte dem Drachen nichts anhaben, sie war sein Zuhause. Doch der Khajiit würde sterben, sobald er sie auch nur berührte. Jetzt hieß es schleunigst handeln.

    Das Ufer war nah genug. Mit einem herzhaften Sprung konnte er es erreichen, wenn er sich beeilte.
    "Da drinnen ist es mir ein wenig zu warm, tut mir leid", sprach M'raaj-Dar und ließ dann den Dolch mit voller Wucht in den breiten Nacken des Biestes niedersausen. Das Gebrüll des sterbenden Drachen ließ die Höhle erzittern. Einzelne Felsbrocken lösten sich von der Decke und fielen in den kochenden See.

    Der Khajiit stand auf und sprintete zur Schwanzspitze, von wo er mit einem Satz absprang und betete, dass er sich nicht verschätzt hatte.

    Seine Gebete wurden erhört, doch die darauf folgenden Schmerzen raubten ihn den Verstand. Wie ein nasser Sack war er auf dem harten Felsboden gekracht und blieb einen Moment zu lange benommen vor dem Eingang liegen.

    Zum Glück bemerkte Sarnek dies und eilte auf den Magier zu. Er half ihm auf die Beine und führte ihn in den sicheren Tunnel. Eine Sekunde später wäre er unter einigen Felsbrocken begraben worden, die nun den Eingang zur Höhle versperrten.

    Zum ersten Mal in seinem langen Leben war dem mächtigen Lavadrachen eine Mahlzeit entkommen. Leblos gleitete er in den See hinab und wurde eins mit der Lava, aus der bestand, und die ihm schon bald zu neuem Leben erwecken würde. So war es schon seit Jahrhunderten und würde es auch immer sein.

    Ende Kapitel XXII (2/2)
    Der Jubel war groß, als ihr Führer endlich eintref. Die Sitzbänke des großen Zeremonienraums tief im Inneren der Jerall-Berge waren bis auf den letzten Platz besetzt, als sich direkt hinter dem Opferaltar einer blauer Strudel auftat - ein Dimensionstor. Ein groß gewachsener Hochelf mit schulterlangem braunen Lockenhaar trat majestätisch heraus. Sein Gesicht war schmal und so blass, wie es nur ein Hochelf sein konnte, smaragdgrüne Augen betrachteten ruhig die Umgebung. Gekleidet war Mankar Camoran in ein langes blaues Gewand mit prachtvollen Verzierungen an den Ärmeln und am Saum.

    Sein Blick wanderte über die angespannte Menge von Anhängern, die nur darauf wartete, dass ihr großer Anführer endlich das Wort an sie richtete.
    Er hob seine Hände, und sofort wurde es totenstill in der Halle. Wie eine perfekte Armee reagierten sie, wie er es von ihnen erwartete. Er hatte die Macht über jeden einzelnen von ihnen, und niemand würde es je wagen,sich ihm zu widersetzen.

    "Unser Ziel ist fast erreicht!", begann Camoran mit lauter Stimme zu den Agenten zu sprechen, "Überall in Tamriel öffnen sich unsere Tore, Dorf für Dorf werden von den Kreaturen Oblivions überrannt, auf das die Ungläubigen die Macht unseres Fürsten Dagon endlich anerkennen mögen.
    Auch Martim Septim, der wiedergekehrte Sohn des toten Kaisers, wird uns nicht mehr aufhalten. Sein Gefolge - der Verräter Sarnek und die Aufrührerin Cascada - sind in unserer Gewalt, und Kaisersohn selbst sitzt mitsamt seiner Klingen im Wolkenherscher-Tempel und ahnt noch nicht einmal, dass er in der Falle sitzt."

    Nun trat Tarok hinter Camoran an den Altar und erhob seine dunkle Stimme.
    "In ein paar Wochen werden wir soweit sein, einen weiteren Großangriff zu starten, diesmal gegen Bruma. Wir werden das Dorf dem Erdboden gleichmachen und dann den Wolkenherrscher einnehmen. Sie mag unter dem Kaiservolk als uneinnehmbar gelten, doch wir haben den Fürsten auf unserer Seite. Sobald Martin Septim und seine Garde in ihrem eigenen Blut liegen, wird niemand mehr an unserer Macht zweifeln. Tamriel wird uns gehören!"

    Jubelrufe und Applaus erfüllte den Saal, die Menge tobte wie verrückt. In der Zwischenzeit traten zwei weitere Agenten an den Altar. In der Mitte hielten sie einen schmächtigen Kaiserlichen mit blassem Gesicht. Er war so schwach und ausgemerkelt, dass er sich kaum auf den Beinen halten konnte. Ohne Widerstand ließ er sich halbnackt auf den Opferaltar legen und festmachen. Es wurde wieder still.

    Camoran sprach: "Dieser junge Mann hier steht im Dienste eines weiteren falschen Gottes, der Sithis genannt wird. Die Dunkle Bruderschaft, dessen Mitglied er ist, hat sich dem Auftragmord im Namen Sithis' verschrieben. Doch leider sind die Anführer dieser Bruderschaft nicht gewillt, mit uns zu kooperieren. Ganz im Gegenteil senden sie sogar Spione und Mörder aus, um unsere Aktionen zu stören. Dieser Junge hier war leider so ungeschickt, sich dabei erwischen zu lassen. Doch lasst uns nicht zu hart über ihn richten, denn schließlich tat er nur,was man ihm auftrug. Dafür soll er sogar belohnt werden. Er soll die Ehre erhalten, Mehrunes Dagon persönlich geopfert zu werden, auf dass wir auch weiterhin in seiner Gunst stehen mögen."

    Camoran trat zur Seite, und Jeggel,Taroks Neffe,trat heran - die Kapuze übers Gesicht gezogen und einen reich verzierten Dolch in seinen bärigen Händen. Er hielt ihn hoch über dem wehrlosen Kaiserlichen und sprach:

    "Im Namen des Fürsten Mehrunes Dagon, dem Prinzen der Zerstörung, dem wahren Herrscher über Tamriel, sollst du nun geopfert werden. Deine Seele soll dem Fürsten gehören, dein Blut für Oblivion fließen. Dein Tod wird der erste von vielen sein, die dem Prinzen zu neuer Macht verhelfen werden. Der Morgen dämmert!"

    Mit diesen Worten stach er zu. Der Todesschrei des Kaiserlichen ging im Jubel der Anhänger der Mythischen Morgenröte unter, sein Blut tränkte den steinernen Altar in ein dunkles Rot und bildete am Boden einen immer größer werdenen See. So ließ man den Toten liegen. Sobald er vollständig ausgeblutet war, würde man die Leiche entfernen, Platz für ein weiteres Opfer schaffen, dem man die selbe Ehre zuteil werden ließ. Auf den Bericht des Spions wird die Schwarze Hand vergebens warten, aber sie wird nicht lange überlegen müssen, was geschehen ist. Das Risiko, erwischt zu werden, begleitete den Auftragmörder Tag für Tag, sein ganzes Leben lang.

    Ende Kapitel XXIII
    Die vier Recken ahnten nichts von den blutigen Vorgängen hoch oben im Altarraum. Müde und abgekämpft schleppten sie sich den steilen Felspfad nach oben. M'raaj-Dars waghalsiger Ritt auf dem Lavadrachen und der schmerzhafte Sturz hatten dem Khajiit schwer geschadet. Sein linkes Bein gebrochen, so dass er sich von Telaendril musste führen lassen, und auch sonst hatte er viele Wunden davongetragen, zum Zaubern war er viel zu schwach.

    "Camoran wird bestimmt bereits hier sein", durchbrach Sarnek die erdrückende Stille, "Das heißt,da oben ist die Hölle los. Ohne Waffen kommen wir dort niemals heraus. Wir brauchen Hilfe!"

    "Uns kann keiner helfen!", erwiderte Cascada, "Selbst,wenn man nach uns suchen würde, würde es eine Ewigkeit dauern, bis man uns hier fände. Und dann wäre es zu spät. Nein, wir müssen irgendwie alleine schaffen. Ich zu meinem Teil möchte nicht sinnlos auf den Tod warten."

    "Der Kampf, der uns da draussen erwartet, IST sinnlos!", widersprach Sarnek energischer, "Wir sind tot, sobald wir auch nur einen Fuss in die Halle setzen, Cascada. Du hast gesehen, wozu diese Bastarde in der Lage sind, wir alle haben es gesehen. Wenn wir hier lebendig wieder rauskommen wollen, muss uns jemand von außerhalb beistehen. Wir müssen irgendwie Lucien Lachance oder Martin benachrichtigen."

    "Ich gebe es ja nur ungern zu", ertönte nun die geschwächte Stimme des Magiers, "Aber Sarnek hat Recht. Ohne Unterstützung von draussen kommen wir an der Morgenröte niemals vorbei. Es sind zu viele, und wir sind unbewaffnet. Meine Magie ist sichtlich geschwächt,aber für eine telepathische Nachricht an die Bruderschaft wird es noch reichen. Danach werde ich vermutlich sehr lange nicht zaubern können, aber ich bin bereit. Cascada,ich werde deine magische Unterstützung brauchen."

    M'raaj-Dar und die Kämpferin setzten sich im Schneidersitz gegenüber in den Staub und legten ihre Hände aneinander, ihre Augen waren geschlossen.

    "Wir müssen uns nun voll und ganz auf Lucien Lachance konzentrieren", erklärte der Magier ruhig, "und zugleich auf diesen Ort hier, auf unsere Situation. Es kann ein Weilchen dauern, aber wir haben nur diesen einen Versuch."

    Und dann wurde es wieder still. Sarnek und Telaendril konnten nichts weiter tun als mitanzusehen, wie Cascada und der Khajiit meditierten, und auf den Erfolg zu hoffen.
    Es dauerte einige Minuten, als endlich die erste Wirkung zu erkennen war: ein eisblauer Flammenring umschloss nun die beiden und wuchs immer weiter an. Die Fähigkeiten des magiebegabten Khajiits waren für sich schon erstaunlich, und doch schien er sich jedesmal aufs Neue selbst zu übertreffen.

    "Lucien Lachance!", raunte M'raaj-Dar, "Hört Ihr uns? Lucien, wir brauchen Eure Hilfe. Die Morgenröte hält uns im Inneren der Jerall-Berge gefangen. Wir sind geschwächt und unbewaffnet, allein haben wir keine Chance."
    ___

    Lucien Lachance,oberster Anführer der ehemaligen Dunklen Bruderschaft in Cheydinhal und Sprecher der Schwarzen Hand, saß müde in seinem alten Sessel und grübelte, als sich plötzlich etwas gar Merkwürdiges ereignete.

    Direkt vor ihm erschien plötzlich ein Ring aus hohen blauen Feuerzungen. In der Mitte des Rings schwebte das geisterhafte Abbild von M'raaj-Dar und sprach zu ihm. Sie seien in Gefahr. Dann berichtete der Khajiit von einem geheimen Eingang zum Unterschlupf der Mythischen Morgenröte.
    Kurz darauf verschwand der Geist wieder und mit ihm der Flammenring.

    Lucien schaute noch eine Weile überrascht drein, dann erhob er sich aus seinen Sessel. Wenn es stimmte, was man ihm eben erzählte, dann hatte er keine Zeit zu verlieren.
    ___

    Nachdem die Flammen erloschen waren, erwachten M'raaj-Dar und Cascada aus ihrer Konzentration und öffneten die Augen.

    "So!", seufzte der Magier, "Jetzt können wir nur noch hoffen,dass es funkioniert hat."

    Ende Kapitel XXIV (1/4)
    Es war weit nach Mitternacht, als das Blutfest der Morgenröte seinen Höhepunkt nahm. Es wurde reichlich gespeist und noch mehr getrunken, dazu erfüllte düsterer Gesange die Halle - Lobpreisungen an den allmächtigen Fürsten Dagon.
    ___

    Indes versammelte sich weit über dem Altarraum - vor der großen Statue des Hermaeus Mora auf dem höchsten Gipfel der Jerall-Berge - eine Delegation schwarz bekutteter Männer und Frauen unter dem Kommando von Lucien Lachance.
    Der Sprecher der Dunklen Bruderschaft hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt und sämtliche Meuchelmörder, die noch nicht der Morgenröte zum Opfer gefallen waren, zusammengetrommelt. Es waren kaum mehr als fünfzig Mörder, darunter viele Schüler. Wenn M'raaj-Dar Recht hatte, würden sie gegen mehrere hundert Assassinen antreten müssen, darunter Mankar Camoran höchstpersönlich. Ihre einzige Chance war der Überraschungsmoment.

    "Wenn ihr gleich dort hinabsteigen", sprach Lachance zu den jungen Meuchelmördern, "werden wir uns einer großen Herausforderung gegenüberstellen müssen. Unser Feind ist in der Überzahl,und wir sind den offenen Kampf nicht gewohnt. List und Tücke sind unsere Waffen, dunkle Schatten unsere besten Schilde. Doch in diesem Kampf werden wir uns auf unsere Fähigkeiten nicht verlassen können, und doch haben wir keine andere Wahl. Unsere Kameraden sind Gefangene des abgrundtief Bösen und müssen schleunigst befreit werden. Das Schiksal Tamriels lastet auf ihren Schultern und somit auch auf unseren.
    Schon zu lange verschmutzen Dagons Bastarde das Antlitz Sithis'. Lassen wir sie dafür seinen Zorn spüren!"
    "Im Namen Sithis'!" antworteten sie einstimmig und so laut, das selbst Sithis es zu hören vermochte.
    ___

    "Was geht hier vor?" brüllte Tarok, als die Feierlichkeiten von Kampfgebrüll und dem Klirren von Waffen unterbrochen wurde, dass aus dem Tunnel zu kommen schien.
    "Eindringlinge!" rief ein Wachposten, "eine ganze Menge schwarze Kutten."
    "Sithis-Anhänger! Sie wollen den Verräter befreien. Macht euch bereit zu Kampf!"

    In diesem Moment stürzten die Meuchelmörder in die Halle und tobten wie ein Sturm über die Assassinen hinweg. Fast sah es so aus, als hätte Sithis' Zorn sie tatsächlich unbesiegbar gemacht, doch die Anhänger der Morgenröte brauchten nicht lange, um sich auf den Kampf einzustellen. Und so entbrannte ein Kampf, der wohl einst als der 'Kreuzzug des Todes' in die Annalen eingehen mochte - Mehrunes Dagon gegen Sithis, der Prinz der Zerstörung gegen den fürchterlichen Vater.

    In dem Tumult merkte niemand, wie Mankar Camoran und Tarok durch ein Portal verschwanden. Nur Jeggel blieb zurück und stürzte sich wutentbrannt in die Schlacht. Auf beiden Seiten gab es herbe Verluste, und niemand vermochte zu sagen, wer nun die Oberhand gewann und wer unterlag.
    ___

    "Hört ihr das?", raunte Telaendril, "Irgendwo in der Nähe wird gekämpft. Hört sich an, als käme es aus der Halle. Sollte es Lucien tatsächlich geschafft haben?"
    "Wenn er es ist, dann ist er offensichtlich nicht allein. Hoffentlich haben sie Erfolg"
    ___

    Langsam tastete sich Lucien zur Geheimtür hinter dem blutigen Altar vor, als sich ihm ein breitschultriger Assassine in den Weg stellte, dem Gesicht nach zu urteilen nordischer Abstammung.

    "Ich weiß genau, was du vorhast", zischte Jeggel gemein grinsend, "Du willst die blauhaarige Elfenhexe und ihre kleinen Freunde befreien, aber das kann ich leider nicht zulassen."
    In diesem Moment zog der Nord eine schwere Kampfaxt und stürmte auf den Sprecher zu. Lucien jedoch schaffte es noch, auszuweichen und jagte dem Assassinen im selben Augenblick ein Wurfmesser entgegen,das den wuchtigen Mann schließlich zu Fall brachte.
    Nicht noch mehr Zeit verlierend zog Lucien an dem Fackelhalter an der Wand und öffnete somit die Geheimtür. Schleunigst folgte er dem engen Gang hinab, wo sich inzwischen auch seine vier Schützlinge hocharbeiteten. Doch für Freudentaumel blieb keine Zeit."

    "Beeilt euch!", rief der Sprecher den Vieren zu, "Wir müssen schleunigst hier raus!"

    In dem Moment tauchte Jeggel in der Tür auf und wollte erneut auf Lucien losgehen, doch der reagierte blitzschnell und schickte den Nord mit einem kräftigen Tritt abermals zu Boden.

    Der Boden der großen Halle war mit Leichen und Blut beider Seiten übersät. Nur eine Hand voll der Bruderschaft hat schwer verletzt überlebt und erwartete nun an der Oberfläche die Rückkehr ihres Anführers.

    Müde und verwundet tastete man sich zum Ausgang aus der Halle vor, als plötzlich eine Bewegung hinter ihnen Sarneks Aufmerksamkeit erregte.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie der Nord sich mit schwerzverrtem Gesicht und blutverschmierten Händen vom Boden abstützte und ihnen seine schwere Axt nachwarf, ehe er endlich tot zusammensackte.

    Die Axt indes flog in kreisender Bewegung genau auf den Sprecher zu. Sarnek handelte instinktiv.
    "Pass auf!", schrie er entsetzt und warf Lucien zu Boden mit dem Ergebnis, dass er stattdessen selbst getroffen wurde.
    Sarnek hörte Telaendril noch panisch seinen Namen schreien, ehe ihn der unaussprechliche Schmerz in seinem Rücken in die Bewusstlosigkeit riss.

    Er überstand den eisigen Aufstieg ins Jerall-Gebirge, die Gefangschaft in einem von tödlicher Lava umgebenen Käfig tief unter der Erde und einen ausgehungerten Drachen aus Oblivion, um nun kurz vor dem Ausgang von einer Axt getroffen niederzusinken und zu sterben.
    "Ein sinnloser Tod!", war sein letzter Gedanke.

    Ende Kapitel XXIV (2/4)
    Sprachlos und unendlich erschöpft saßen sie um den großen Tisch im Aufenthaltsraum. Lucien Lachance war geblieben, um mit ihnen die nächsten Schritte zu besprechen. Trauer oder nicht, sie durften jetzt nicht aufgeben. So holte er nun aus seiner Umhängetasche ein schweres Buch mit purpurnem Einband und legte es auf den Tisch - das Mysterium Xarses'.

    "Ich hatte es in einem kleinen Fach unterhalb des Altars gefunden und eingesteckt", berichtete der Sprecher, "Scheinbar hatte Camoran in der Aufregung nicht daran gedacht, es mitzunehmen. Oder aber,er hat es absichtlich liegen lassen. Wie auch immer - wenn Sarnek Recht hat, wird uns dieses Buch in Camorans Paradies führen."
    "Aber von uns kann das niemand lesen", erwiderte Cascada, "Wir müssen es in den Wolkenherrscher-Tempel zu Martin bringen."
    "Dann sollten wir keine Zeit verlieren, wenn nicht doch noch alles vergebens gewesen sein soll."
    "Aber was machen wir mit Sarnek? Wir können ihn doch nicht einfach allein lassen."

    "Telaendril, wir alle trauern um Sarnek, aber da draussen wird es von Tag zu Tag gefährlicher. Dörfer werden niedergebrannt, abscheuliche Kreaturen streifen umher, Mehrunes Dagons Brut terrorisiert das Volk. Je länger wir warten, desto schlimmer wird es. Die letzten Überlebenden der Bruderschaft stürzten sich widerspruchslos in ihr sicheres Verderben, um euch zu retten, und auch unser Freund Sarnek kannte das Risíko. Wir danken es ihm nicht, indem wir hier rumsitzen und trauern."

    "Lucien hat Recht!", seufzte Cascada, "Sobald die Sonne aufgeht, werde ich mit Telaendril Richtung Bruma aufbrechen. Wenn es Euch nichts ausmacht, Lucien, würde ich Euch bitten, mit dem Khajiit bei Sarnek zu bleiben. M'raaj-Dar hat sich die letzten Tag viel zu sehr verausgabt. Wo steckt unser Meckerkater überhaupt?"
    "Er hat sich vor wenigen Minuten zum Schlafzimmer aufgemacht. Er wird wohl nach Sarnek schauen."
    ___

    Ein leichter Windhauch ging durch den Raum, als M'raaj-Dar lautlos ins Schlafzimmer humpelte und die Tür hinter sich wieder schloss und von innen verriegelte. Er setzte sich neben Sarneks Liegestatt auf den Stuhl und beobachtete ihn.
    Seine Augenlider zuckten, sein Atem ging schwer. Er würde sterben, soviel war sicher.
    Es war ein Wunder,dass er überhaupt noch lebte. Die Wunde, welche die Axt in seinem Rücken hinterlassen hatte, war gefährlich tief und blutete unaufhaltsam. Nein, Sarnek würde den nächsten Morgen nicht mehr erleben.

    "Dir ist hoffentlich klar", zischte der Khajiit leise ins Sarneks Ohr, "dass du nun genau da bist, wo ich dich schon so lange haben wollte - hilflos und ohne jede Chance auf Rettung mir ausgeliefert.
    Ich habe allen Grund dich zu hassen. Du nahmst mir meine Kameraden und mein Heim, wegen dir bin ich nur noch ein fast blinder Krüppel, meine magischen Fähigkeiten sind völlig ausgelaugt, und trotzdem halten sie alle fest zu dir. Telaendril liebt dich, und selbst Lucien Lachance hält große Stücke auf dich. Doch in meinen Augen verdienst du den Tod."

    M'raaj-Dar nahm eine kleine Phiole mit einer unscheinbaren grünen Flüssigkeit unter seiner zerrissenen Robe hervor und hielt sie dem Bewusstlosen vor die geschlossenen Augen.
    "Dieses Mittelchen hier hab ich selbst entwickelt. Ich nenne es den 'Vampirtrank', denn seine Wirkung ist äußerst ... launisch. Trinkt man ihn, kommt es einem Selbstmord gleich, es sei denn, ein anderer hält dabei die Flasche. Dann nämlich entfaltet der Trank eine erstaunliche Heilkraft, die den Patienten vollständig genesen lässt - allerdings auf Kosten des Zweiten, der dafür sein Leben geben muss. Das Geheimnis hierbei liegt nicht allein am Inhalt,sondern auch an der Phiole selbst, die im Moment der Einnahme ein tödliches Gift verströmt, welches die Lebensenergie bei dem Einen entzieht und auf den Trinkenden überträgt. Da das Gift stärker ist als der Trank, macht es auch keinen Sinn, ihn sich selbst zu verabreichen. Es würde die Heilwirkung überlagern.

    Ursprünglich war dieser Heiltrank ganz allein für dich bestimmt. Früher oder später hättest du ihn getrunken, und meine Rache wäre perfekt gewesen, doch ich hab ihn dir nie gegeben, und jetzt kann ich es nicht mehr.
    Ich verspüre keinen Hass mehr auf dich, es macht keinen Sinn mehr. Dennoch ist hier kein Platz mehr für uns beide. Du bist schon so gut wie tot, und ich hab meinen Nutzen endgültig eingebüßt. Mit zwei Leichen ist der Welt nicht gedient, doch zumindest eine wird es geben."

    So floss das kühlende Elexier Sarneks Kehle hinab, und M'raaj-Dar hielt die Phiole.

    "Leb wohl ... mein Freund!"

    Ende Kapitel XXIV (3/4)
    "Der Kräutergarten ist seine letzte Ruhestätte. Zwischen Aloe Vera und Pfeilwurz, Fingerhut und Fliegenpilzen liegt der Khajiit M'raaj-Dar begraben, Magier und Attentäter der Dunklen Bruderschaft und bis zum Tode treuer Diener des Fürchterlichen Vater Sithis .
    In Zeiten großer Not opferte er sein Leben, um es einem Anderen zu schenken. Der Krieg verändert uns alle, und so wurde aus einem Schatten des Todes ein Verfechter des Lebens. Diese Tat soll nie vergessen werden und uns allen stetes Vorbild sein.
    Möge Sithis seinem treuen Diener den Frieden gewähren, der eines Helden würdig ist."

    Nach Luciens Grabrede verabschiedeten sich Cascada, Telaendril und Sarnek von dem Sprecher und ritten Richtung Bruma. Besonders Sarnek wollte so schnell wie möglich raus aus ihrem Unterschlupf in der Hoffnung, seine Verwirrung und die Trauer würde dort zurückbleiben.

    M'raaj-Dar war tot. Er hatte sich für den Menschen geopfert, den er solange selbst hatte vernichten wollen. Der Khajiit hatte die verteufelte Phiole noch in der Hand, als Sarnek ihn kurz vor Sonnenaufgang leblos im Stuhl sitzend entdeckte. Anfangs hatte er es für einen seiner Fieberträume gehalten, aber die Erinnerungen an M'raaj-Dars letztes Geständnis waren real.
    Genauso real war auch die Tatsache, dass Sarnek nicht nur noch lebte, sondern wie durch ein Wunder wieder völlig geheilt war. Und dieses Wunder hieß M'raaj-Dar.

    Das Trio ritt stumm nebeneinander her, alle in ihre jeweils eigenen Gedanken versunken. Die Mittagssonne schien warm und tröstend auf sie herab. In knapp zwei Tagen würde man den Wolkenherrscher erreichen, wo Martin Septim, Sohn des ermordeten Kaisers Uriel Septim, und Großmeister Jauffre bereits ungeduldig auf ihre Rückkehr warteten.

    Es war ein sehr weiter Weg von der Hafenstadt Anvil bis in die Berge - und gefährlich. Seit sich überall im Land die Oblivion-Tore auftaten, liefen die furchteinflössensten Gestalten herum und überfielen ahnungslose Reisende und leichtsinnige Möchtegern-Abenteurer. Besonders die Skampe waren äußerst listig. Scheinbar aus dem Nichts heraus erschienen sie plötzlich auf der Straße und beharkten ihre Opfer mit ihren scharfen Krallen oder mit Feuerbällen.

    Cascada kannte diese Bestien. Ihre erste Begegnung hatte sie auf einem Felsplateau irgendwo in Skyrim, wo sie unter den Nord aufgewachsen war und gelernt hatte, wie ein solcher zu kämpfen. Diese Begegnung war nur der Auftakt zu dem Alptraum, der heute über Tamriel herrschte. Besonders nachts bot der blutrote Himmel,der sich wie flüssige Lava über den Horizont schob, ein gruseliges Schauspiel.

    Es war bereits dunkel, als sie die Wawnet Herberge vor der Kaiserstadt erreichten, die Tage schienen immer kürzer zu werden.

    Die freundliche Wirtin versorgte sie mit Wein und einem herzhaften Eintopf.
    "Was führt euch zu so einer Zeit nur auf die Straße?", begann die Frau schließlich zu reden, "Wisst ihr denn nicht, wie gefährlich es da draussen ist? Die Dremora wandern umher und durchsuchen jedes Gebäude außerhalb der Städte. Bei mir waren sie auch schon. Ich dachte erst, sie wollten mich töten, aber sie stellten nur einige Fragen. Sie suchen jemanden."

    Das war keine große Überraschung. Immerhin hatten sie zwei Tage zuvor mithilfe einiger Meuchelmörder die blutigen Festlichkeiten der Mythischen Morgenröte 'unterbrochen' und nebenbei unter anderem Turoks Neffen Jeggel getötet und das Mysterium Xarxes' mitgenommen. Damit hatten sie sich unter den Assassinen bestimmt keine Freunde gemacht. Das war aber auch nicht ihre Absicht.

    Die drei Recken beschlossen, die Nacht über in der Herberge zu bleiben und am nächsten Morgen wieder sehr früh aufzubrechen.
    Sie teilten sich ein Zimmer, doch Cascada konnte ohnehin nicht schlafen und nahm so auf dem kleinen Sessel Platz und blickte in den Lava-Himmel.
    Telaendril hingegen war in Sarneks Armen sofort einigermaßen friedlich eingeschlummert, während er selbst noch einige Zeit wach dalag und in sich hineinhorchte. In ihm pulsierte ein Leben, das eigentlich gar nicht seines war. M'raaj-Dar hatte es ihm zum Geschenk gemacht, und Sarnek würde es in Ehren halten.
    Lucien Lachance hatte Recht - der Krieg veränderte sie alle!

    Ende Kapitel XXIV
    Besorgt wanderten seine Blicke über den brennenden Himmel Oblivions, der im totalen Kontrast stand zu der trostlosen Winterlandschaft des Jerall-Gebirges. Zuckende Blitze und das unablässige Donnergrollen vervollkommenden diese schaurige Spektakel.
    Vergeblich suchte Martin Septim nach irgendwelchen Zeichen dafür, dass der Spuk bald ein Ende hätte und der Frieden wieder nach Tamriel kehren würde. Er fand Elend und totes Land unterhalb seines Fensters und jenseits der schützenden Mauern des Tempels, der letzten Bastion Tamriels.

    "Bei Talos, sie sind zurück!", hörte er Hauptmann Steffan plötzlich von draussen rufen, "Öffnet auf der Stelle das Tor, sie sind zurück!"

    Cascada und ihre Begleiter waren den ganzen Tag durchgeritten. Nur hin und wieder gönnten sie sich kurze Pausen, um zu essen und ihre Pferde wieder zu Kräften kommen zu lassen. Bei Abendanbruch erreichten sie endlich müde, doch unversehrt das massive Haupttor des Wolkenherrscher-Tempels, wo sie sofort von Jauffre empfangen wurden.

    "Willkommen zurück, Cascada!", begrüßte der Großmeister die blauhaarige Waldelfe erleichtert, "Es freut mich euch bei bester Gesundheit wieder zu sehen. Wir hatten schon das Schlimmste befürchtet. Aber, lasst uns nicht hier in der Kälte stehen. Martin erwartet uns in der Haupthalle. Dort könnt ihr uns dann alles berichten."

    Die Klingen empfingen die drei Helden mitt viel Getöse und Applaus, als wäre Mehrunes Dagon bereits vernichtet und Tamriel gerettet. Nach einem herzhaften Abendessen fühlte man sich seit langem mal wieder so richtig satt und erholt genug, um Martin und Jauffre von den Geschehnissen der vergangenen Woche berichten zu können.
    So erzählten sie Cascadas Begegnung mit Rabe Camoran, die Baurus das Leben kostete, von dem grauenvollen Fluch auf Haus Beniruns, und wie sie ihn bannten, und schließlich von ihrer Gefangenschaft tief unter der Erde des Gebirges und von dem Kampf gegen den Lava-Drachen.
    Besodere Erwähnung fand auch M'raaj-Dars heldenhaftes Opfer, mit dem er Sarnek vor dem sicheren Tod bewahrte. Man hörte ihnen gebannt zu.

    Nach ihrer Geschichte überreichte Cascada dem Sohn des Kaisers das Buch, von dem sie hofften, es möge sie zu Manka Camoran führen: das Mysterium Xarxes.

    "Oha!", machte Martin, "Das ist Daedrisch. Es wird ein wenig dauern, es gänzlich zu übersetzen. Aber nach den Zeichnungen zu urteilen dürfte es sich um eine Art Ritual zu handeln. Scheint,als könnte man damit tatsächlich ein Portal öffnen, aber bei den benötigten Zutaten bin ich mir noch nicht ganz sicher. Ich werde das Buch heute Nacht studieren. Mit etwas Glück kann ich euch morgen früh etwas mehr erzählen. Ich würde vorschlagen, dass ihr euch noch ein wenig ausruht. Ihr habt eine anstrengende Zeit hinter euch."

    Die Nacht war schnell vorbei. Einigermaßen frisch betraten, Cascada, Telaendril und Sarnek am nächsten Morgen die Halle, in der Martin noch immer über dem dicken Wälzer brütete. sein Gesicht war zerfallen und übermüdigt, dennoch wirkte er hellwach. Lächelnd begrüsste er sie.

    "Ah,gut dass ihr da seid. Setzt euch zu mir, ich hab Neuigkeiten.
    Wie bereits vermutet handelt es sich hierbei um das Ritual, mit dem sich das Tor zu Camorans Paradies öffnen lässt. Hierzu werden allerdings vier mächtige Artefakte benötigt, die es erst einmal zu finden gilt. Drei davon konnte ich bereits entschlüsseln, beim vierten Artefakt bin ich mir noch nicht sicher.

    Das erste Artefakt nennt sich 'Blut der Daedra'. Daedrische Artefakte gibt es einige, und es scheint hierbei auch keine Rolle zu spielen, von welchem wir das 'Blut' nehmen. Direkt einfallen tut mir da allerdings nur 'Azuras Stern', ein mächtiger Seelenstein mit unendlichem Fassungsvermögen. Ihr Schrein befindet sich nordöstlich von Cheydinhal, in der Nähe des Arrius-Sees. Dort solltet ihr eure Suche beginnen.

    Als Nächstes spricht das Buch vom 'Blut der Göttlichen',und ab hier wird es kompliziert. Der letzte 'göttlich' Gesprochene ist der alte Kaiser Tiber Septim, den man jetzt als Talos kennt. Ich habe bereits mit Jauffre darüber gesprochen. Ihr werdet nach Sancre Tor nördlich von Choroll reisen und dort die Drachenrüstung des Tiber Septim bergen müssen. Der Harken an der Sache ist, dass Sancre Tor ein äußerst gefährlicher Ort ist. Früher war es beliebter Wallfahrtsort für Pilger, die dort zu Talos beten wollten. Doch seit einiger Zeit gehen dort schreckliche Dinge vor sich.

    Bei dem dritten Artefakt schließlich handelt es sich um einen großen Welkynd-Stein. Die kleinen Steine findet man für gewöhnlich in den Ruinen der Ayleiden, und auch heute noch sind sie dort zu finden. Von den Großen befand sich in jeder Ruine allerdings nur ein Exemplar, und die meisten sind längst schon verschollen. Angeblich soll es in Miscarcand - an der Goldstraße zwischen Kwatch und Skingrad gelegen - noch einen großen Welkynd-Stein geben,aber sicher sagen kann ich es nicht.

    Für das vierte Artefakt muss ich wie gesagt noch ein forschen,aber das ist nur eine Frage der Zeit. Ihr solltet erst einmal den Rest besorgen, das dürfte gefährlich genug werden für euch."

    Bei einer kurzen Besprechung mit Martin und Jauffre einigte man sich schließlich darauf, dass man sich trennen würde, um die Artefakte schneller beschaffen zu können. Telaendril kannte sich in der Gegend um Cheydinhal am besten aus und würde daher Azuras Schrein aufsuchen, um dort irgendwie den Stern in ihren Besitz zu bringen.
    Sarnek war ein lautloser Jäger und brauchbarer Kämpfer und würde sich um den Welkynd-Stein kümmern.
    Cascada schließlich würde nach Sancre Tor reisen, da dort mit einer Wenge Widerstand zu rechnen war. Laut Jauffres Angaben wurde Talos' Rüstung sehr gut bewacht, von den gehimnissen Vorgängen einmal abgesehen.

    Unmittelbar nach einem herzhaften Frühstück machte man sich auf den Weg, alle drei in unterschiedliche Richtungen. Und alle plagte sie ein und die selbe Gewissheit: Wenn nur einer von ihnen versagte, wäre Tamriel für alle Zeiten verloren.

    Ende Kapitel XXV
    Bis zur Roten Ringstraße waren sie gemeinsam geritten, dann verabschiedete sie sich schweren Herzens von Sarnek und Cascada, die ihrerseits in südwestlicher Richtung weiterreisten.

    Telaendril selbst ritt nach Cheydinhal, wo sie einst zuhause war. Traurig dachte sie zurück an ihre Zeit in dem düsteren Bau unter der Stadt und an ihre Freunde, die sie an die Daedra verlor. Es schien Ewigkeit vergangen zu sein, seitdem sie von Lucien Lachance aufgetragen bekam, Sarnek auf seinen Wegen zu begleiten und zu unterstützen. Seitdem war kein Tag vergangen, an dem sie nicht in irgendeiner Form mit Tod und Verderben in Berührung kam.

    Telaendril war eine Auftragsmörderin - dazu erzogen, das Leben Anderer gegen Bezahlung vorzeitig zu beenden. Doch die tagtägliche Begegnung mit dem Tode hatte alles verändert. Sie hatte es satt.

    Und nun kehrte sie nach all der Zeit plötzlich zurück. Vor ihr lag Cheydinhal, und darunter irgendwo die Scherben ihres alten Lebens.

    Der Arrius-See lag ein Stückchein weiter nördlich von der Stadt in einem zerklüfteten Waldstück. Einst hatte die Mörgenröte dort in der Nähe ihren Unterschlupf, ehe die Waldelfe in dem törichten Versuch, die Dagon-Anbeter mithilfe einiger Söldner endgültig zu vernichten, beinahe ihren Köpf verloren hätte. Seitdem war sie ihrer Heimat nie mehr so nah gewesen.

    Telaendril drang in den Wald hinein. Azuras Schrein musste ganz in der Nähe sein, von irgendwo her drangen düstere Bittgesänge an ihre sensiblen Elfenohren, vermutlich irgendwelche Daedra-Anhänger.

    Schließlich erkannte sie eine kleine Gruppe in abgetragenen Roben, die scheinbar geistesabwesend um ein Lagerfeuer saßen und zu dem steinernen Bildnis einen schönen Frau vor ihnen beteten, während ein weiterer Anhänger aus einem Buch predigte. Dies musste Azura sein, die Göttin von Sonnenauf- und untergang.

    "Oh, noch ein Besucher", bemerkte der Prediger und legte das Buch beiseite, "Mein Name ist Mels Maryon und ich heiße dich willkommen am Schrein Azuras, unserer Göttin. Vermutlich bist du ebenfalls hier, um von Azura erhört zu werden?"

    "Ja,ich denke schon", antwortete die junge Bosmerin ein wenig verunsichert, "Was muss ich denn dafür tun?"
    "Ja,das dachte ich mir schon. Nun, Azura ist zuweilen ein wenig launisch. Wir versuchen schon sein einigen Tagen, sie gütlich zu stimmen, doch ist sie uns nicht gewogen.
    Für gewöhnlich fordet sie als Tribut etwas Glühstaub eines Irrlichtes. Erachtet sie dich als würdig, so wird sie zu dir sprechen, doch verärgere sie besser nicht.

    Glühstaub also. Zumindest in dieser Hinsicht hatte sie zur Abwechslung einmal Glück. Der Staub war eine verbreitete Zutat in Tränken und Giften und obendrein nicht sonderlich schwer zu beschaffen. Schon sehr früh hatte sie sich angewöhnt, immer ein wenig davon bei sich zu haben als eine Art Glücksbringer. Vielleicht würde er nun endlich seinen Zweck erfüllen.
    So nahm Telaendril eine handvoll Glühstaub aus ihrer Tasche und ließ es zu Füßen der Statue hinabrieseln.
    Nun hieß es warten, bis sich Azura zu erkennen gab.

    Etwa zwei Stunden waren vergangen, in denen Telaendril nichts anderes tat, als im Schneidersitz zu der steinernen Frau emporzublicken und zu warten. Allmählich wurde sie ungeduldig, sie war es nicht gewohnt, untätig und in ihren Augen sinnlos herumzuhocken,doch schließlich wurde ihre Geduld bewohnt.

    "Erhebe dich Telaendril, Tochter der Waldelfen!", sprach die geisterhafte Stimme einer jungen Frau zu ihr. Telaendril zuckte unmerklich zusammen.
    "Du kennst meinen Namen?", fragte sie mit zittriger Stimme.
    "Ich weiß vieles, denn ich bin Azura. Ich weiß, wer du bist und warum du mir gekommen bist. Ich bin gewillt, dir deinen Wunsch zu erfüllen, doch im Gegenzug verlange ich auch etwas von dir."
    "Was kann ich für dich tun?"
    "Höre! Vor langer Zeit entsandte ich fünf meiner treuesten Anhänger in eine alte Mine südwestlich von hier, um den Vampirfürsten Dratik zu vernichten. Dies gelang ihnen zwar, doch leider infizierten sie sich dabei und wurden selbst zu Vampiren. Ich bitte dich, erlöse sie von ihrem Leid, und du sollst erhalten, weswegen du hier bist."

    Telaendril hatte keine andere Wahl, als Azuras Wunsch zu entsprechen. Vampire waren beileibe keine ungefährlichen Zeitgenossen, und das letzte was die Bosmerin jetzt gebrauchen konnte, war, an Porphyrische Hämophilie zu erkranken. Und doch waren ihr untote Blutsauger immer noch lieber als die grausamen Dremora-Krieger.
    So machte sie sich also mit gemischten Gefühlen auf den Weg zur sogenannten "Ausgeplünderten Mine", um sich dort zum ersten Mal in ihrem Leben als Vamirjägerin zu betätigen, hoffentlich mit Erfolg.

    Ende Kapitel XXVI (1/2)
    Die engen Stollen der Ausgeplünderten Mine schlängelten sich tief in den Erdboden hinein und wurde von allerlei Getier bewohnt. Hinzu kam der Geruch nach Verwesung,der die Luft erfüllte. Selbst in den Katakomben der Bruderschaft hatte es nicht so gestunken, aber vielleicht war die Elfe es auch nur nicht mehr gewohnt.

    Telaendril folgte dem Stollen, den sie für den Hauptweg hielt - ihren Bogen im Anschlag - bis zu einer Art kleinem Raum, als sie etwas hörte. Etwas oder jemand bewegte sich ganz in der Nähe,auch wenn die Geräusche sehr leise klangen. Bedächtig schaute sie sich um.
    Es waren Schritte, die nun schneller wurden. Instinktiv drehte sich Telaendril um und ließ den straff gespannten Pfeil losschnellen.

    Der Vampir, der gerade sein Opfer anspringen wollte, wurde von der Wucht des Pfeiles sofort wieder zurück auf den Boden geschleudert, wo er regungslos liegen blieb.
    "Das war knapp!", bemerkte die Bosmerin leise schnaufend.

    Vorsichtig machte sie sich daran, den 'Raum' ein wenig näher zu erkunden.
    Hinter einem morschen Holzgestell, der wohl früher einmal als Deckenstütze diente, versperrte eine massive Tür den Gang dahinter. Da es kein Schlüsselloch gab, musste sich irgendwo in der Nähe wohl ein geheimer Schalter befinden. Den galt es nun zu finden.

    in einer dunklen Ecke gegenüber der Tür stieß Telaendril schließlich auf einen einsamen Fackelhalter, der sich tatsächlich als Geheimschalter entpuppte. Allerdings öffnete der nicht wie erhoffte die Pforte, sondern schob nur eine Felswand zu ihrer Linken zur Seite, hinter sich wiederum ein weiterer Raum befand - und ein weiterer Vampir.

    Der fackelte nicht lange und warf dem Eindringling einen Blitzzauber entgegen, dem sie jedoch gerade noch ausweichen konnte.
    Die Waldelfe nutzte die kurze Verwirrtheit des Untoten und revanchierte sich mit einen Pfeil in seine Brust. Somit war auch der zweite Vampir 'erlöst'.

    Den ganzen Holzsärgen nach zu urteilen diente der Raul als Schlafkammer, doch bis auf den einen Vampir war die Kammer verlassen. Jedoch war an einer der Wände eine Seilwinde angebracht, mit der sich endlich das Holztor im Stollen öffnen ließ. Der Gang dahinter wirkte noch ein wenig düsterer, auch der Geruch schien eine Nuance stärker zu werden, sofern das überhaupt noch möglich war. Telaendril sehnte sich nach frischer Luft.

    Der Stollen mündete in einen weiteren ,größeren Raum, der ganz offensichtlich als Vorratskammer genutzt wurde. Haufenweise menschliche Leichen lagerten übereinandergestapelt in allen Ecken. Das erklärte den verstärkten Verwesungsgestank.
    In der Mitte des Raumes saßen gleich zwei Blutsauger an einem Lager beim 'Abendessen' und schienen den unerwünschten Besucher noch nicht bemerkt zu haben.
    Telaendril hatte nicht vor, die beiden auf sich aufmerksam zu machen und legte den ersten Pfeil an.

    Noch bevor sie allerdings reagieren konnte, wurde sie bereits von hinten umgeworfen.
    Ein kräftiger Ork-Vampir hatte sich aus der Dunkelheit geschält und ging nun zum Angriff über - in seinen Pranken eine gewatige Axt.

    Telaendril drehte sich auf den Rücken und jagte dem Ork beide Beine gleichzeitig in den Bauch, der darauf leicht zurücktaumelte. Inzwischen hatten auch die beiden anderen Vampire den Kampf bemerkt und kamen ihrem Kameraden zu Hilfe.Nun wurde es ernst für die junge Waldelfe.

    Von drei durstigen Blutsaugern eingekreist,holte Telaendril ihren Dolch hervor und lauerte. Wenn sie jetzt nicht aufpasste, wäre sie verloren.
    Gleich zwei Vampire gleichzeitig gingen auf sie los, doch die junge Bosmerin reagierte blitzschnell. In einer tänzerichen Drehung warf sie den Angreifer hinter ihr zu Boden, während der Vampir vor ihr ihren Dolch zu spüren bekam.
    Zur selben Zeit hatte sich aber der andere Vampir wieder hochgerappelt, packte das Mädchen von hinten und hielt sie fest. Dabei verlor Telaendril auch noch den Dolch und war den beiden Untoten nun wehrlos ausgeliefert.

    "Du hast einen großen Fehler gemacht, Elfentochter!", dröhnte die Stimme des untoten Orks, der nun langsam und böse grinsend auf die Gefangene zu trat. "Doch, du bist zu schade, um als Mitternachtsimbiss zu dienen. Stattdessen werde ich dir ein kleines Geschenk überreichen."

    Mit panisch aufgerissenen Augen beobachtete Telaendril, wie der Ork garstig lachte, dann sein breites mit scharfen Vampirzähnen bewährtes Maul öffnete und ...

    Plötzlich war der Raum in ein so grelles Licht getaucht, dass die Waldelfe ihre Augen schließen musste. Die beiden Vampire indes schrien in Todesangst, als ihre untoten Körper in Flammen aufgingen und erbarmungslos verbrannten. Erst,als nur noch ein Haufen Asche von ihnen übrig war, erloschen die Flammen, und auch das Licht war wieder verschwunden.

    Vorsichtig tastete die Bosmerin ihren Hals ab und atmete erleichtert auf. Der Ork war nicht mehr dazu gekommen, sein Werk zu vollenden. Wo kam nur dieses Licht her?

    Vorerst verzichtete Telaendril darauf, zu lange über dieses Ereignis nachzudenken und hatte nur noch ein Ziel: raus aus diesem verfluchten Loch, ehe man es sich noch anders überlegte und die Vampire zurückschickte.

    Azura war erfreut über die Nachricht, dass ihre fünf Anhänger endlich ihren Frieden gefunden hätten, un entfachte zu ihren Ehren fünf Kerzen, die fortan über ihrem Schrein an ihr Schiksal erinnern sollten. Telaendril wiederum durfte sich neben dem gesuchten Artefakt auch über ein magisches Amulett freuen, der sie fortan vor der Vampirkrankheit schützen sollte, wenn sie es trug. Dankbar verabschiedete sie sich von Azura machte sich wieder auf den Rückweg zum Wolkenherrscher-Tempel in der Hoffnung, dass sie dort Cascada und Sarnek wiedersehen würde.

    Ende Kapitel XXVI (2/2)
    Es war schon einige Jahre her, seit er sie das letzte Mal trug, doch das nachtschwarze Echsenleder schmiegte sich noch immer wie eine zweite Haut an seinen Körper, als hätte er die Rüstung nie abgelegt und in einer Truhe seiner alten Kammer zurückgelassen.
    Das Besondere dieser Rüstung lag nicht allein in seiner überdurchschnittlichen Widerstandfähigkeit, sondern in einem speziellen Zauber, mit dem M'raaj-Dar das gute Stück einst belegte: Sobald Sarnek die Kapuze übers Gesicht zog, verschmolz er mit dem Hintergrund und war somit unsichtbar.

    So gerüstetet jagte er auf seinem Shadow die Goldene Straße entlang, als er schließlich innehielt. Nicht weit von der Straße entfernt glitzte das Gemäuer einer unsagbar alten Ayleiden-Festung in der blutroten Abendsonne. Wenn Martins Angaben stimmte, dann musste dies Miscarcand sein. Sarnek hatte bisher noch keine Ayleiden-Ruine von innen gesehen, doch er wusste, dass in ihnen unglaubliche Reichtümer zu finden seien, sofern man an den todbringenden Fallen vorbeikam, was nur den Wenigsten gelang.
    Sarnek hatte keinerlei Interesse daran, in der Ruine nach Schätzen zu suchen. Wenn es nach ihm ginge, würde er keinen Fuß in diese übergroße Todesfalle setzen. Doch er hatte inzwischen begriffen, dass seine eigenen Wünsche nicht mehr im Vordergrund standen. Ein anderer hielt die Fäden in der Hand.

    Sarnek stieg von Shadow ab und setzte die Kapuze auf, ehe er vorsichtig auf die große Ruine zuging. Der alte Zauber tat also noch immer seine Pflicht.

    Die kleine Lichtung vor dem Eingang wurde von einigen Skelettkriegern bewacht, mit denen er sich nur ungern anlegen wollte. Zwar war er ein passabler Fechter, doch gegen eine ganze Gruppe Schwertkämpfer hätte er allein kaum eine Chance.
    So beschränkte er sich darauf, mit lautlosen Schritten an den untoten Gerippen vorbei auf das große mit ayleidischen Schriftzeichen Steintor zu zu schleichen. Kaum war er nahe genug herangetreten,glitt das Tor auch schon grollend zur Seite, und Sarnek schlüpfte hindurch, ehe die Skelette überhaupt registrieren konnten, was sich da ereignete.

    Das Innere der Ruine entpuppte sich als ein Labyrinth aus Gängen, Türen und Treppen, und jeder Schritt konnte der in eine tödliche Falle sein. Die verstümmelten Überreste eines kürzlich verendeten Abenteurers, der zu seiner Rechten kopflos an einer Wand lehnte, machte ihm das mehr als deutlich. Die Ayleiden gaben ihre Reichtümer nicht gerne her, auch nicht nach ihrem Tode.

    Sarnek lüftete seine Kapuze - sie würde ihm gegen die Fallen kaum von Nutzen sein - und entzündete eine Fackel.
    Der Boden war an viel Stellen bereits gesprungen, die Wände hatten tiefe Risse, und die zahlreichen Malereien und Symbole waren nur noch schwer zu erkennen, obwohl zu einer anderen Zeit sicher sehr farbenprächtig und voller Magie waren.
    Auch an den Decken hatte der allmächtige Zahn der Zeit bereits fleißig genagt. An einigen Stellen konnte Sarnek einen weiteren Gang über ihm oder den blutigen Nachthimmel erkennen.

    Mit größter Vorsicht setzte Sarnek einen Schritt vor den anderen und arbeitete sich so den langen Flur entlang - immer darauf bedacht, immer die Wände an den Seiten und auch die Decke stets im Auge zu behalten.
    Leider übersah er dabei das dünne Stolperseil zu seinen Füßen, das fast unsichtbar über den Boden gespannt wurde und ein gigantisches Fallbeil auslöste. Hätte er sich nicht noch im rechten Moment fallen lassen, um kurz darauf zur Seite zu rollen, hätte er sich wohl bereits zu dem Kopflosen gesellen können.
    "Verdammter Idiot!", schimpfte er mit sich selbst und bliebt erstmal kurz durchatmend an der Wand gelehnt sitzen. Für einen Moment glaubte er auch M'raaj-Dar in seinem Kopf kichern zu hören. Sarnek schüttelte den Kopf und setzte seinen Weg langsam fort.

    Martin vermutete, dass der Welkynd-Stein irgendwo im Zentrum der Ruine untergebracht war und wahrscheinlich gut bewacht wurde. Dieses Zentrum galt es nun zu finden.

    Nach einer Weile näherte sich Sarnek einer T-Kreuzung. Der linke Gang endete in einer kleinen leeren Kammer, in dem noch ein Lagerfeuer brannte. Irgendwer war kürzlich hier gewesen, wenn sich dieser Jemand nicht sogar noch immer irgendwo in der Ruine herumtrieb.
    Sarnek entschied sich für den rechten Gang, der an einer brüchigen Steintreppe endete. Die Treppen führte einige Meter hinab in die Tiefe und war obendrein mit einer weiteren listigen Falle gespickt. Kaum betrat der Recke die erste Stufe, schossen an manchen Stellen der Treppe mächtige Felsquater aus der Decke und zerquetschten alles, was sich unter ihnen befand. Dann stiegen die Brocken wieder empor, um kurz darauf erneut zu Boden zu gehen.
    "Ich schätze, das ist der richtige Gang", dachte Sarnek zu sich und biss krampfhaft die Zähne zusammen. An dieser 'Knochenmühle' musste er vorbei.

    Ende Kapitel XXVII (1/3)
    Der erste Steinquader bewegte sich direkt zu seinen Füßen. Mit der Wucht eines übergroßen Vorschlaghammers fuhr er auf den Boden nieder und schob sich dann langsam zurück in die Decke, um kurz darauf wieder herniederzusausen. Hinter dem Brocken erkannte Sarnek eine scheinbar sicher Stelle, die es nun zu erreichen galt.

    Sarnek ging ein kleines Stückchen zurück und sammelte sich.
    Als der Stein gerade wieder aufschlug, rannte er los und flog mit einem gekonnten Hechtsprung unter dem Brocken hinwegen, der gerade in der Decke verschwunden war und knapp hinter Sarnek wieder zu Boden ging.
    Der Anfang war somit getan.

    Der zweite Stein bewegte sich nach dem selben Prinzip, allerdings mit einer kleinen Tücke. Denn hinter dem Quader hatte der übereifrige Architekt dieser Fallenkonstruktion eine etwa zwei Meter breite Lücke in der Treppe gelassen. Sarnek verschwamm vor Erschöpfung schon die Sicht.

    Er atmete durch und nahm erneut so viel Anlauf wie möglich, unterquerte den Steinquader und sprang blitzschnell von der Kante ab, ehe der Brocken ihn zerquatschen konnte.
    Beinahe hätte er die andere Seite verfehlt, aber er konnte sich gerade noch so am Rand der Lücke festkrallen, bevor er in die riesigen Stacheln am Grund des Lochs gefallen wäre. Mit letzter Kraft zog er sich nach oben.

    Doch viel Zeit zum Ausruhen, denn direkt vor ihm wartete bereits die nächste Prüfung. Wieder tat sich ein Loch vor ihm auf, doch diesmal war es zu breit, um darüber hinweg zu springen.
    Auch hier erfüllten die obligatorischen Steinquader wieder ihre todbringende Pflicht - drei Stück an der Zahl, nur kamen sie diesmal nicht aus der Decke, sondern von der Seite. Mit voller Wucht donnerten sie gegen die jeweils gegenüberliegende Wand und zogen sich dann etwas langsamer wieder zurück. Sarneks einzige Chance war also, die Klötze als Brücke zu missbrauchen.

    Der erste Stein schoss aus der Wand zu seiner Linken. Ohne zu zögern sprang er auf und wartete darauf, dass der zweite Stein, der von rechts kam, gerade nah genug für einen weiteren Sprung war.
    Als er aufkam, hätte er um ein Haar das Gleichgewicht verloren und wäre rückwärts ins Loch gefallen.
    Der dritte und letzte Brocken kam wieder aus der linken Wand und bewegte sich einen Hauch schneller.
    Sarnek sprang auf und sofort wieder ab, ehe der Stein vollends in der Wand verschwand.

    Sarnek fluchte wie einst M'raaj-Dar in seinen besten Tagen, als er mit schmerzenden Knochen am Ende der Treppe angekommen war, aber immerhin lebte er noch. Dennoch betete Sarnek, dass er über diesen Weg nicht wieder zurück musste.

    Vor seinen Augen breitete seine große protzige Halle aus, in deren Zentrum man auf mächtigen Steinsäulen eine Art Podium errichtet hatte. Sarnek erkannte dort oben so etwas wie einen Altar, auf dem eine schwere Schutzglocke aus unerkennbarem Material etwas abzuschirmen schien. Den Welkynd-Stein?

    Um dies herauszufinden, musste er aus das Podium, doch wie sollte er die Höhe überwinden? Denn eine Treppe war nicht zu erkennen.
    Ein Levitationszauber wäre jetzt äußerst hilfreich, doch nach dem Verbot solcher Zauber waren so gut wie alle Formeln spurlos verschwunden oder wurden von der Stadtgarde unter Verschluss gehalten. Wer danach noch Levitationszauber besaß oder gar herstellte, wurde ebenso schwer bestraft, als hätte er ihn verwendet.

    Sarnek schüttelte seine Gedanken ab und beschloss, das Podium einfach einmal zu umrunden. Vielleicht würde er etwas emtdecken, dass ihm weiterhalf.
    In den Ecken der Hallen schimmerte das bläuliche Licht kleiner Welkynd-Steine, wie es sie in den meisten Ayleid-Ruinen zuhauf gab. Wegen ihrer Fähigkeit, magische Energie zu kanalisieren und aufzufrischen, waren die Steine besonders für Magier sehr wertvoll. Umso mehr, da kaum jemand wirklich den Mut fand, die gefährlichen Ruinen zu betreten und zu plündern. Und die Wenigsten, die es taten, haben es je wieder lebendig herausgeschafft. Und doch schien es immer wieder erfolgreiche Grabräuber zu geben. Nicht umsonst versuchte Sarnek in diesem Moment, den letzten noch existenten Großen Welkynd-Stein zu bergen und mit diesem heil zum Wolkenherrscher zurückzukehren.

    Endlich wurde er fündig. in einer der erleuchteten Nischen versteckte sich hinter einigen alten herabhängenden Ranken ein Schalter, den Sarnek sogleich betätigte.
    Im ersten Moment tat sich gar nichts, doch dann erzitterte der Boden leicht und brachte gleich vier Steintreppen zum Vorschein. Je eine schob sich rund um das Podium nach oben.

    Zügig stieg der ehemalige Meuchelmörder die nächste Treppe zum Podium hinauf und näherte sich dem Altar mit langsamen Schritten.
    Kurz darauf glitt die stabile Schutzglocke nach oben und gab den gewaltigen Welkynd-Stein frei, der ein klares blaues Licht verströmte und so die ganze Halle erleuchtete.

    "Das war ja mal einfach!", dachte Sarnek bei sich und wollte gerade nach dem Stein greifen, als er misstrauisch innehielt, "ZU einfach!!"
    Just in diesem Moment senkte sich Glocke wieder, noch bevor Sarnek den Stein an sich nehmen konnte. Dann hörte er hinter sich etwas in höllischer Geschwindigkeit auf sich zurauschen und sprang instinktiv zur Seite. Als er sich erschrocken umdrehte, erblickte er die zerfallene Gestalt, die der ähnelte, der er vor noch nicht all zu langer Zeit im geheimen Keller des Hauses Benirus gegenüberstand.

    Es war ein Lich - ein untoter Magier, der auf der Suche nach Unsterblichkeit und grenzenloser Macht auf seine Menschlichkeit verzichtete und mit der Zeit zu dieser grotesken Erscheinung mutierte.

    "Ich bin der Unterkönig von Miscarcand", sprach der Lich mit grollender Stimme, "und Beschützer des letzten Großen Welkynd meines Volkes, die ihr sterblichen Würmer in eurer Gier so schamlos geplündert habt. Niemand, der es je wagte, mein Reich zu betreten und sich an meinem Besitz zu vergreifen, hat Miscarcand je wieder verlassen. Dir soll es nun genauso ergehen, Frevler!"

    Ein weiterer Feuerball schlug zu Sarneks Füßen ein, ehe sich der Unterkönig aufrecht in die Luft begab und ihn wie ein hungriger Geier umkreiste.
    Da nicht anzunehmen war, dass sich der Lich mit guten Worten von Sarneks selbstlosen Absichten überzeugen lassen würde, ging dieser lieber schnell hinter dem Altar in Deckung und setzte die Kapuze auf in der Hoffnung, der Unsichtbarkeitszauber würde auch bei einem wutentbrannten Lich funktionieren.
    Dann zog er seinen Dolch 'Todesstoß' - ebenfalls ein altes Relikt aus seiner Vergangenheit. Der Dolch wirkte bei jedem Stoß einen mächtigen Blitzzauber, der bei den meisten Opfern den sofortigen Tod zur Folge hatte. In den meisten Fällen war der Dolch eher überflüssig, da er die selbe Wirkung auch mit einem x-beliebigen Dolch und einen ordentlich gesetzten Stoß ins Herz erzielte, doch in hartnäckigeren Fällen leistete 'Todesstoß' unschätzbare Dienste.

    "Wo bist du, du feiger Wurm?", brüllte der Lich, "Zeig dich mir, du kannst mir ohnehin nicht entkommen. Der Ausgang ist versperrt, und meine Schergen sind überall."
    In diesem Moment erhoben sich einige Skelettkrieger aus dem Boden und kreisten das Podium systematisch ein, während andere die Treppen empor stiegen und auf den Altar zu marschierten.

    Hektisch blickte Sarnek sich um. Wenn ihm jetzt nichts einfiele, wäre alles aus. Er musste sich konzentrieren. Plötzlich war ihm, als spreche eine Stimme in seinem Kopf zu ihm, die aber nicht seine eigene war.

    "Jetzt mach schon, du Trottel!", sprach die Stimme, "Du musst von dem Podium runter, ehe die Skelette dich doch noch entdecken!"
    "M'raaj-Dar??"
    "Nicht jetzt, Mensch!! Los, spring über die Biester unter dir hinweg und versteck dich in einer der Ecken."

    Sarnek stand so leise wie möglich auf, stieß sich mit den Füßen so fest er konnte vom Boden ab und vollführte einen Salto über die lauernden Skelettkrieger unter ihm hinweg. Er schaffte es tatsächlich, in einer der Ecken der Halle zu landen und sich dort vorerst in Sicherheit zu bringen. Dort schnaufte er erst einmal tief durch, die ganze Geschichte machte ihn doch sehr zu schaffen. Schon lange hatte er sich nicht mehr so alt gefühlt wie in diesem Moment.

    "Wie kommst du eigentlich in meinen Kopf?", wollte der Recke wissen, und die Stimme seines alten Kumpels antworte:
    "Ich werde dir später alles erklären, doch zunächst müssen wir den Welkynd-Stein und dich heil hier rausbringen."
    "Und wie soll das gehen? Der Lich lässt mich nicht an den Stein heran, und dann sind da ja noch die Skelette."
    "Die Skelette zu bekämpfen hätte wenig Sinn, der Lich würde einfach neue erschaffen. Nein, du musst dich direkt auf den Unterkönig konzentrieren. Weißt du noch, wie wir Logren Benirus erledigt haben?"
    "Velwyn Benirus hat ihn erledigt und dafür sein Leben geopfert. Er hat seinen Stab erschlagen, aber der Lich dort besitzt keinen Stab."
    "Der Stab diente Benirus als Gefäß, in dem er seine Seele und seine gesamte Macht aufbewahrte. Solch ein Gefäß musst dieser Lich auch besitzen. Bleibt nur noch herauszufinden, welches. Und das so schnell wie möglich."

    Ende Kapitel XXVII (2/3)
    Sarnek war verwirrt. Vor wenigen Tagen erst hatten sie den Khajiit beerdigt,und nun sprach seine Stimme zu ihm. Bei dem Gedanken fühlte er sich etwas unbehaglich, doch zugleich war es ihm ein Trost. M'raaj-Dar war trotz seines Temperaments immer ein fähiger Mähiger und hatte auch im Bereich der Nekromantie einige Erfahrung sammeln können.

    Noch immer schwebte der Lich durch die düstere Halle und suchte jeden Winkel ab, während seine Skelett-Schergen das Podium und den Altar bewachten. Zwischendurch ließ er auch einen Feuerblitz auf den Boder niederfahren, der letzte ging nur sehr knapp an Sarnek vorbei. Nicht mehr lange, und man würde ihn entdecken - unsichtbar oder nicht.

    Zu Lebzeiten musste der Unterkönig eine stattliche Erscheinung gewesen haben, die man trotz seines jahrelangen Verfalls teilweise noch erkennen konnte.
    Um seine breiten Schultern flatterte als letztes Kleidungsstück ein zerfressener alter Umhang, der von einem kleinen grünlich schimmernden Diamenten unterhalb des Hals zusammengehalten wurde. Möglicherweise war neben dem Welkynd-Stein dieser Diamant das letzte wertvolle Objekt in diesen Ruinen, dass nicht geplündert werden konnte. War es womöglich sogar das Gefäß seiner Seele?

    "Das Gefäß kann theorätisch alles Mögliche sein, oder?", sprach Sarnek zu dem Teil seiner Selbst, der zur Zeit M'raaj-Dar beherbergte oder zumindest seinen Geist - der Mörder hatte sich mit dem Gedanken noch nicht ganz abgefunden.
    "Stimmt!", antwortete dieser, "Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass sich ein mächtiger Unterkönig der Ayleiden mit irgendetwas Profanem wie etwa einem Umhang oder einem Spazierstock abgeben würde. Das Gefäß wird vermutlich wertvoller Natur sein."
    "Wie zum Beispiel diese diamantene Brosche an seinem Kragen?"
    "Anscheinend haben dich deine Diebes-Fertigkeiten noch nicht gänzlich verlassen", witzelte die Stimme des Khajiits, "Aber ja, dies könnte das Objekt seiner Macht sein. Nun müssten wir sie nur noch erreichen."
    "Du hast nicht zufällig auch ein paar deiner magischen Fähigkeiten mitgebracht,oder?"
    "Ich fürchte, hierbei kann ich dir nicht wirklich helfen, du wirst auf subtilere Mittel zurückgreifen müssen. Nebenbei verstehst du was falsch. Ich bin nicht wirklich IN dir, ich kann weder deine Gedanken lesen, noch durch deinen Körper agieren. Aber das erklär ich dir später alles."

    Sarnek verstand nicht, was M'raaj-Dar ihm damit sagen wollte, aber der Khajiit hatte Recht. Im Moment hatte er ganz andere Sorgen.
    So hielt der Unsichtbare noch einmal Ausschau nach dem Lich und seinen Schergen und tastete sich dann lautlos an der Wand entlang bis zu der tückischen Treppe, die inzwischen durch ein schweres Eisengitter versperrt wurde. An dem kletterte er vorsichtig nach oben und erreichte auf diesem Weg einen der faustgroßen Leuchtsteine.
    "Ich glaube, ich habe eine Idee!", verkündete Sarnek leise und griff nach dem Stein.

    Was der vermaeintliche Abenteurer da soeben ausgeheckt hatte, glich eher einer Einladung zum Selbstmord als einem genialen Plan, dennoch schien es die einzige Chance zu sein, an diesen Diamanten heranzukommen. Perfektes Timing war hierbei das Wichtigste.
    So klammerte er sich mit einem Arm an den Gitter fest, wog in der anderen Hand den Stein und warf mit aller Kraft.

    Der Stein traf den Lich an seinem untoten Hinterkopf, der sich darauf schnaubend vor Zorn umdrehte und auf die Stelle zuraste, an der er den Urheber vermutete.
    Sarnek wartete, bis der Unterkönig genau unter ihm war, und ließ sich dann fallen. In einer fließenden Bewegung riss er ihm den Diamanten vom Körper und sprang wieder ab. Dabei lüftete sich seine Kapuze und beendete seine Unsichtbarkeit.

    Ehe er sich versah, trennte das rostige Schwert eines Skelettkriegers den magischen Kopfschutz von der restlichen Rüstung und brach damit den so wertvollen Zauber endgültig. Vorbei war es mit der Tarnung, und der Recke war nun umgeben von mordlustigen Skeletten und einem größenwahnsinnigen Untoten.

    "Irgendwie hab ich sowas geahnt", fluchte Sarnek innerlich, und im selben Tonfall antwortete M'raaj-Dar:
    "Ich auch!"

    Im Inneren des Diamanten pulsierte die alte Macht des Lichs - sein 'Herz'. Um an den Welkynd-Stein gelangen zu können, musste der Unterkönig und seine Armee vernichtet werden, und dafür musste Sarnek den Diamanten zerstören.

    "Gib mir meinen Diamanten zurück, Sterblicher.!", fauchte der Lich, "Du kannst ihn nicht zerstören, du Narr. Nur ich selbst hätte die Macht dazu!"
    "Und deine Macht befindet sich in diesem Diamanten, nicht wahr?", konterte Sarnek, "Du kannst nur über sie verfügen, solange du den Diamanten bei dir trägst. Wer den Diamanten besitzt, bist deine Macht und kann über sie verfügen, hab ich Recht?"

    "Was redest du da?", polterte der Lich deutlich nervöser, "Gib mir den Diamanten zurück, oder meine Krieger werden dich vernichten!"
    "Deine Skelette werden nicht auf dich hören, du kannst sie nicht mehr kontrollieren."

    Kurz darauf zerfielen die Skelettkrieger zu Staub. Sarnek hatte also Recht. ER besaß nun die Macht des Lichs.
    "Wie war das?",sprach Sarnek nun mit fester Stimme, "Nur du selbst könntest den Diamanten zerstören? Dem wollen wir doch mal nachgehen!"
    "Nein, was tust du? NEIN!!!"

    Sarnek warf den Diamanten hoch in die Luft und schickte ihm einen Blitz entgegen, als wenn er das schon immer gekonnt hätte.
    Unter den ohrenbetäubenden Todesschreien des Unterkönig zerbarst der Diamant zu Staub und zerstörte die Macht des Untoten und seine Seele, womit auch die sterbliche Hülle des Lichs zu Asche zerfiel. Der Unterkönig war besiegt.

    Erleichtert nach Luft ringend und noch immer mit diesem ungewohnten Prickeln in seinen Händen - so fühlte es sich also an, wenn die Magie einen durchströmte und als Feuerball oder Kugelblitz aus den Fingern des Zaubernden schoss - bestieg er erneut die Treppe zum Podium und machte vor dem Altar Halt.
    Die Glocke lüftete sich und gab den Großen Welkynd-Stein frei. Endlich konnten sie zum Wolkenherrscher zurückkehren.

    "Wenn das alles vorbei ist", sprach Sarnek erschöpft, "werde ich mich zur Ruhe setzen, glaub ich."
    "WENN es denn jemals vorbei ist, mein Freund!"

    Ende Kapitel XXVII (3/3)
    Das Umland des berühmten Sancre Tor, an dem Kaiser Septim I. einst eine historische Schlacht gewann, bestand zum größten Teil verwitterten Mauerresten und alten Bodenplatten, die so langsam unter dem überall wuchernden Unkraut verlorenen gingen.

    Dennoch bot die gewaltige Ruine noch immer ein phantastisches Schauspiel und wurde darüber hinaus noch sehr gut bewacht, wie Cascada schon bald feststellen musste. Eine ganze Menge hartnäckige Skelettkrieger bewachten pflichtbewusst den Eingang und attackierten jeden, der ihnen zu nahe kam. Einmal mehr erwies sich die herausragende Erfahrung der kampferprobten Nord als mehr als hilfreich, als sich die kriegerische Bosmerin mit Schwert und Schild bewaffnet ins heitere Getümmel stürzte und dabei Schlag um Schlag ein Skelett nach dem anderen zurück in Unterwelt schickte.

    Als endlich auch der letzte Untote klagend in seine Bestandteile zerfiel, wagte Cascada durchzuatmen und die Waffen zurück an ihren Platz zu bringen. Erst dann betrat sie vorsichtig und auf alles gefasst das Innere von Sancre Tor.

    Vor ihr lag ein langer mit wenigen Fackeln beleuchteter Flur, der sich an seinem Ende in drei Richtungen spaltete. Die Gänge links und rechts waren jeweils mit einem schweren Fallgitter versperrt, und der mittlere Gang führte zu einem großen runden Halle mit einem Metallsteg. Tief unter Cascada schwamm der Unrat vergangener Tage in einer undefinierbaren bräunlichen Flüssigkeit, das vor Ewigkeiten einmal klares Wasser gewesen sein mag. Ein unangenehm säuerlicher Geruch lag in der Luft und biss der blauhaarigen Waldelfe in ihrer feinen Nase.

    Die ganze Halle erinnerte in jeder Hinsicht an ein altes Wasser-Reservoir, wie es sie auch unter der Kaiserstadt gab, obgleich dieses hier noch viel älter und weniger pompös war. Es musste schon lange vor der Beisetzung des ersten Kaiser aufgegeben worden sein.

    Am Ende des Steges betrat Cascada eine weitere Halle. Sie war nicht weniger groß, eckig und von einer erdrückenden Finsternis erfüllt. Das Zentrum der Kammer bildete eine mächtige Talos-Statue aus verwittertem Stein. An jeder Seite dieser Statue standen vier ebenso verwitterte Sarkophage - die Kopfseite jeweils Talos zugewandt, in die man in großen Lettern die Namen ALAIN, VALDEMAR, RIELUS und CASNAR eingemeißelt hatte. Dies musste Tiber Septims getreue Leibgarde gewesen sein, die selbst nach seinem Tode nicht von seiner Seite wichen.

    Weiter hinten entdeckte die Bosmerin einen weiteren Steinsarg - viel prachtvoller als die der vier Klingen. Obendrauf lag ein goldener Brustharnisch - die Drachenrüstung des Tiber Septim. Konnte es wirklich so einfach sein?

    Nein, konnte es nicht. Diese Erkenntnis eröffnete sich ihr, als sie versuchte, nach der Rüstung zu greifen. Irgend etwas umgab den Sarkophag, dass sie nicht zu durchdringen vermochte? Eine unsichtbare Barriere?

    Sie kam nicht mehr dazu, diese Frage zu beantworten, denn im selben Moment spürte sie eine Bewegung hinter sich. Sie zog Schwert und Schild und drehte sich um. Die Schneide eines rostigen Breitschwertes sauste unaufhaltsam auf sie zu, doch Cascada konnte sich noch hinter ihrem Schild verbergen und den Angreifer zurückstoßen.
    Es war ein Skelettkrieger in der verwesten Rüstung einer Klinge und den dazugehörigen Waffen.

    Erneut ging er zum Angriff über, täuschte einen weiteren Schlag von vorne vor, wechselte dann aber rasch die Richtung und kam von der Seite. Zu spät erkannte sie die Finte und musste einen Treffer in die rechte Schulter einstecken. Das Schwert hatte sie nur gestreift, doch für einen kurzen Moment war ihr Blick getrübt.
    Diesen Moment nutzte der untote Krieger für einen weiteren Schlag, hatte aber nicht mit dem Jähzorn der Bosmerin gerechnet, die diesen Fehler mit einem kräftigen Fußtritt in seinen Brustkorb quittierte. Während das Skelett noch um sein Gleichgewicht kämpfte, riss die Bosmerin ihr Schwert hoch und trennte seinen Schädel vom Hals, worauf der Knochenmann in seine Bestandteile zerfiel. An seiner Stelle erschien nun der Geist dieser Klinge und blickte sie freundlich an.

    "Ich danke Euch!", sprach er mit hallender Stimme, "Ihr habt mich von dem Fluch erlöst, der mich und meine Brüder vor so langer Zeit befiel und uns die Bürde auferlegte, bis in alle Ewigkeit in dieser Gruft umherzuwandeln. So sagt mir, was ist Euer Begehr?"

    "Ich benötige den Brustharnisch des Tiber Septim, um Mehrunes Dagon daran hindern zu können, nach Tamriel zurückzukehren, doch diese Barriere dort hinten hindert mich daran. Wisst Ihr etwas darüber?"

    "Nun, Ihr tragt die Rüstung unseres Orden, so kann ich Euch wohl vertrauen. So werde ich Euch also erzählen, was sich zugetragen hat.
    Zurin Arctus, der Kampfmagier und Berater im Dienste von Tiber Septim hatte seinen Kaiser verraten und die Barriere schaffen, auf dass niemand außer ihm selbst die Rüstung zu erlangen vermöge. Uns hingegen verwandelte er ihn die untoten Wächter von Sancre Tor und verdammte uns dazu, jeden Eindringling, egal ob Pilger oder Räuber, zu erschlagen und somit ebenfalls zu einem Untoten zu machen. Irgendwann jedoch verschwand Zurin Arctus einfach spurlos und hinterließ nur seinen Fluch. Jetzt, wo ich erlöst bin, kann ich versuchen, den Zauber der Barriere zu brechen, doch ich benötige die Hilfe meiner Brüder."

    "Und wo kann ich sie finden?"
    "Valdemar werdet Ihr im alten Trainingsraum finden. Er war stets der Eifrigste von uns. Rielus war unser Waffenmeister und wird sich daher wohl im Ausrüstungslager aufhalten. Casnar schließlich solltet Ihr im Verlies suchen,wo er Dienst tat. Da die Gitter zu diesen Räumlichkeiten aber verschlossen sind, wirst du durch die Kanäle müssen. Nehmt Euch aber vor den Ratten in Acht, die dort unten hausen.
    Ich werde Euch hier erwarten. Viel Glück!"

    Ende Kapitel XXVIII (1/6)
    Mit gemischten Gefühlen stapfte Cascada durch die schlammigen Gänge der schon lange aufgegebenen Kanalisation unter Sancre Tor. In einer Hand hielt sie eine Fackel und in der anderen ihr Schwert. Nicht umsonst hatte der Geist der Klinge Alain sie vor dem Getier gewarnt. Neben den obligatorischen Riesenratten gab es auch die oder andere Spinne, die der jungen Waldelfe zum Opfer fiel, wobei ihre Schwierigkeiten nicht unherblich waren.

    Nach etwa einer Stunde Gewaltmarsch durch das stinkende Abwasser erreichte sie das Ende der Kanäle. Eine alte durchgerostete Leiter führte wieder hinauf, doch versperrte ein stabiler Kanaldeckel den Weg nach oben.
    "Verdammt!", fluchte Cascada, als ohne Erfolg an dem Deckel über ihr rüttelte. Die Verriegelung war völlig verrostet und ließ sich nicht bewegen. Da der Bolzen nicht genug Fläche bot, als dass die Bosmerin ihn mit dem Schwert hätte zerschlagen können, drehte sie es um und versuchte es mit dem Knauf. Es dauerte eine ganze Weile, aber schlussendlich gab der Riegel nach, und der Deckel ließ sich anheben. Mit einem lauten Scheppern knallte er über ihr zur Seite und machte den Weg frei.

    Die Kammer war nicht besonders groß und beinhaltete nicht viel mehr als einen verrotteten Holzzuber und eine kleine in den Stein gehauene Sitzbank mit einem einem tiefen Loch in der Mitte. Offensichtlich war dies einer der Waschräume der ehemaligen Festung. Für gewöhnlich befanden sie sich in der Nähe der Schlafkammern und der Trainingshalle, wie Cascada wusste. Und diesen galt es nun zu finden.

    Ganz offensichtlich waren die vier untoten Klingen nicht die einzigen 'Bewohner' der Ruine, wie Cascada schnell feststellen musste, als sie sich im Gang von einer Gruppe niederer Skelette umgeben sah. Zu ihrem Bedauern waren sie trotz ihrer Überzahl der Kampfkraft der Waldelfe nicht im Geringsten gewachsen, und so fanden sich ihre Knochen bereits nach kurzer Zeit auf dem ganzen Boden verteilt wieder.

    Links und rechts vom Gang gingen jeweils zwei Holztüren ab und eine weitere am Ende des Ganges. Diese allerdings war verriegelt und das Schloss ebenso verrotest wie so ziemlich alles andere innerhalb dieses Gemäuers.
    "Ich hab jetzt keine Zeit für Förmlichkeiten!", sprach die Bosmerin leicht genervt zu sich und trat die Tür einfach ein. Das mürbe Holz zerberstete ohne größere Schwierigkeiten und hinterließ nur ein großes Loch.

    Eine große eckige Halle breitete sich dahinter aus und war angefüllt mit einigen drehbaren Kampfpuppen aus Holz und Stroh und mit ein paar Waffenständern an den Wänden.
    An einem dieser Puppen stand tatsächlich ein Skelettkrieger und ließ seinen Zweihänder mit äußerst geschickten und ganz sicher schmerzhaften Hieben auf sie niederfahren.

    Als Valdemar den Eindringling bemerkte, besann er sich sofort eines Besseren und wandt sich von seinem leblosen Trainingspartner ab. Stattdessen rannte er nun ohne Vorwarnung und mit hoch erhobener Klinge auf Cascada zu, die gar nicht erst dazu kam, ihre Waffe zu zücken. Schnell machte die Kriegerin einen Satz zur Seite und bewaffnete sich. Ihr Blick verhärtete sich, und ihre Muskeln waren angespannt.
    "Jetzt kannst du kommen, du Kleiderständer!", rief sie dem Untoten zu, "Ich bin bereit!"

    Das ließ sich die Klinge nicht ein zweites Mal sagen. Erneut stürmte er auf die Bosmerin zu und wollte schon ausholen, als ein beherzter Tritt Cascadas ihn wieder zurückschleuderte.
    "Das kannst du doch bestimmt auch besser!", sprach sie erneut ohne ernsthaft zu glauben, dass der untote Kämpfer sie überhaupt verstand.

    Doch dann geschah etwas, womit die Waldelfe nicht gerechnet hatte. Ein drittes Mal rannte er auf sie zu - das Schwert diesmal nur mit einer Hand hochhaltend. Doch statt sich wieder treten zu lassen, packte seine freie Knochenhand einfach ihr Bein und riss es seitlich um.
    Ehe Cascada sich versah, stürzte sie rücklings zu Boden verlor dabei ihre Waffen. Eine Sekunde später hatte sie ein Knochenbein auf der Brust und eine Schwertspitze an der Kehle. Das Skelett zögerte sie zu töten, als warte er noch auf irgend etwas. Cascada beschloss, nicht erst lange darüber nachzudenken. Dies war ihre letzte Chance, und die wollte sie nicht ungenutzt lassen.

    "Scheint so,als hätte ich dich unterschätzt", keuchte sie schwitzend, "aber du mich leider auch!"
    Ihre rechte Hand schoss nach oben und warf dem Skelettkrieger Feuerball entgegen, der ihn mühelos gegen die Wand hinter ihm schleuderte und seinem Untoten-Dasein ein jähes Ende machte.
    Von dem Zauber geschwächt, aber erleichtert rappelte Cascada sich wieder auf und betrachtete den nun leblosen Knochenhaufen.

    Wie schon bei Alain in der Grabkammer erschien auch diesmal der Geist der alten Klinge - Valdemar.
    "Ihr seid wahrlich eine tapfere Kriegerin, junge Waldelfe", sprach er nun zu ihr, "Ich hoffe, meine Brüder könnt Ihr ebenso erlösen wie mich. Nur zu Viert können wir den Fluch des Magiers bannen."
    Mit diesen Worten verließ der Geist die Übungshalle, und Cascada war wieder auf sich allein gestellt.

    Ende Kapitel XXVIII (2/6)
    Nachdem die Waldelfe ihre gröbsten Verletzungen verarztet hatte, verließ sie die Halle wieder und trat hinauf auf den Flur. Hinter den übrigen vier Türen befanden sich wie erwartet die Schlafkabinen der Soldaten. Einer von ihnen schien sogar in seiner Liegestatt gestorben oder nach seinem Ableben in voller Rüstung dort gebettet worden zu sein.
    Mit der rechten Hand drückte er einen alte verwitterte Schriftrolle an seinen Brustkorb - vermutlich ein Brief, der dem Krieger sehr viel bedeutet hatte - seine Linke ließ das Skelett herunterhängen. Das Schwert, dass er zum Zeitpunkt seines Todes wohl noch in der Hand hielt, war zu Boden gefallen.

    Cascada beschloss, seine Ruhe nicht länger zu stören und schickte sich gerade an, die Kammer des Toten zu verlassen, als sie hinter sich eine Stimme vernahm: "Du suchst die Waffenkammer?"

    Blitzschnell drehte sich die Bosmerin herum, die Waffe im Anschlag. Das Skelett lag noch immer auf seinem Platz, aber seine Augenhöhlen leuchteten. Es war zum Leben erwacht.

    Der Untote zeigte sich wenig beeindruckt von ihrer Angriffsstellung und sprach weiter:
    "Sie ist gut versteckt, Rielus selbst gab den geheimen Eingang in Auftrag. Er befindet sich in der Trainingshalle."
    Dann wies er auf seinem Schwert am Boden und fügte hinzu:
    "Nimm meine Klinge und bring sie an ihren Platz. Sie ist der Schlüssel."

    Cascada steckte ihr eigenes Schwert wieder zurück und nahm die Klinge des Untoten an sich. Trotz der langen Zeit, in der sie schon vor sich hin moderte, war es noch in sehr gutem Zustand. Die Waldelfe blickte es verwundert an.

    "Warum hilfst du mir?" fragte sie schließlich.
    "Du willst den Fluch von uns nehmen. Deine Beweggründe sind nicht von Bedeutung für uns. Die anderen Toten greifen dich an, weil sie sich nicht dagegen wehren können. Nur ich habe diesem Befehl bisher widerstanden. Und nun nimm mein Schwert und führe zuende, was du begonnen hast. Es gibt noch viel zu tun."

    Kaum hatte das Skelett ausgesprochen, lag es wieder so leblos wie zuvor im Bett, als wäre es nie beseelt gewesen.
    Lautlos kehrte Cascada dem Skelett den Rücken und begab sich zurück zur Übungskammer.

    Außer den Übungsgeräten und den Schwertständern gab es nicht wirklich viel zu entdecken.
    "Nimm die Klinge und bring sie an ihren Platz!", lautete die Anweisung des Untoten, aber wo befand sich dieser Platz? Das Schwert machte nicht den Eindruck, als gehöre es in einen der Waffenhalter. Dafür wirkte es viel zu edel.

    In einer Ecke der Halle befand sich noch eine kleine Schmiede, die wohl vor allem zur Anfertigung und Reparatur der Übungswaffen verwendet wurde. Rechts daneben stand ein schäbiger Waffenschrank, der an den Türen mit 'Octavian Gratus' beschriftet war. Hatte das Skelett eigentlich seinen Namen genannt?

    Die Bosmerin öffnete die Türen und fand dahinter ein kleines Arsenal an Waffen aller Gattungen, vom einfachen Kurzschwert bis hin zur wuchtigen Streitaxt - jede ordentlich an seiner Halterung einsortiert. Nur ein Halter war noch frei, und Cascada ahnte längst, für welche Waffe dieser Platz reserviert war.
    Sie nahm das stolze Schwert und hing es vorsichtig in den Schrank. Kaum hatte sie die Schranktüren wieder geschlossen, glitt dieser plötzlich zur Seite und gab den Weg zur Waffenkammer frei, in der bereits die nächste untote Klinge auf sie wartete - Rielus.

    Ende Kapitel XXVIII (3/6)
    Die Waffenkammer war deutlich kleiner als der Trainingsraum,aber immer noch groß genug, um darin unüberschaubare Mengen an eindrucksvollen Waffen aller Art und auch wenigen Rüstungsteilen zu lagern. Wirklich beeindruckend daran war aber eher die Tatsache, dass jedes einzelne Stück in der Kammer aussah, als sei es eben erst geschmiedet worden. Keine Rostflecken, keine abgenutzten Stellen, keine Dellen oder sonstige Spuren des Alters.
    "Sonderbar!", murmelte Cascada, als sie eines der Schwerter vom Ständer nahm und es begutachtete.

    Laut Alain war Rielus der Schmied und Waffenexperte unter den vier Brüdern, die Waffenkammer war sein Heiligtum. Und dennoch war er dort nicht anzutreffen. Gab es womöglich eine weitere Geheimtür? Die Waldelfe blickte sich um.

    Die Waffenschränke und Regale stand so dicht beieinander in dem eckigen Raum, dass von den Wänden dahinter kaum etwas zu erkennen war. Allein die Mitte der Kammer war leer und wirkte, als würde dort etwas fehlen, etwas Wichtiges.
    Bei genauerer Betrachtung erkannte die Waldelfe, dass in diesem Bereich die Bodenplatten spiralförmig verlegt wurden, während sie überall sonst geradlinige Reihen bildeten. Zudem schien der Stein in der Mitte der Spirale locker zu sein und ein wenig höher zu liegen als die anderen Platten.

    Cascada überlegte kurz und drückte dann mit ihrem Fuß dagegen. Kurz darauf begann sich die Steinspirale zu bewegen. Stein für Stein versanken langsam in der Tiefe und bildeten so nach und nach eine Treppe, die hinab ins Dunkel führte. Ein Geheimnis nach dem anderen schien sich vor der tapferen Bosmerin in dieser Ruine aufzutun.
    "Also dann!", sprach sie zu sich und stieg mit Schwert und Fackel gewappnet hinab.

    Nach einer ganzen Weile erreichte sie schließlich das Ende der schmalen Treppe. Ein großer runder Raum aus blankem Fels erstreckte sich um sie herum. Die einzige Lichtquelle waren neben Cascadas Fackel nur die glühenden Kohlen in der Esse im Zentrum des Raumes. Davor stand mit dem Rücken zur Treppe ein Skelettkrieger vor dem Amboss und hämmerte auf glühendem Stahl herum. Fasziniert starrte die blauhaarige Waldelfe ihn an. Offensichtlich hatte der Fluch von diesem Zurin Arctus nicht verhindern können, dass die ehemaligen Klingen ihre damaligen Aufgaben auch als Untote noch ausüben. Ihr tat es fast leid, dass sie ihn nun würde stören müssen.

    Einen Augenblick zu lange ließ sie sich ablenken und bemerkte dabei nicht, dass die rhythmischen Schläge des Schmiedehammers auf den Amboss längst verstummt waren. Rielus war verschwunden.
    Allerdings nicht für lange. Bereits im selben Moment tauchte er hinter der jungen Kämpferin wieder auf - mit je einer schweren Kampfaxt ist jeder Knochenhand, statt Hammer und Rohling.

    Der Angriff erfolgte ohne große Vorwarnung. Schnell und kraftvoll schwirrten die wuchtigen Äxte des Waffenexperten durch die Luft und schlugen ihr schließlich das Schwert aus der Hand, das darauf scheppernd gegen die Felswand prallte und für die Bosmerin unereichbar am Boden liegen blieb.
    Dank ihrer jahrelangen Ausbildung und der Erlebnisse der letzten Wochen war Cascadas schlanker Körper filigran und biegsam geworden, so dass sie seinen Hieben immer wieder knapp ausweichen konnte. Dennoch setzte ihr sein rasantes Tempo gewaltig zu und ließ ihr nicht einmal die Zeit, nach ihrem Schild zu greifen.

    Immer weiter wurde sie nach hinten gedrängt, bis sie schließlich den Amboss hinter sich spüren konnte. Rielus hatte den Schmiedehammer dort abgelegt. Das war ihre Chance.

    Cascada überlegte nicht lange, griff nach dem Hammer und riss ihn blitzschnell nach vorne. Der Hammerkopf donnerte gegen eine der Äxte und hätte ihn davongeschleudert, doch Rielus reagierte sofort und packte sie fester.
    Trotzdem war er dadurch abgelenkt und verschaffte seiner Gegner so die Gelegenheit, mit einem Satz hinter der Esse zu verschwinden.

    Cascada konnte sich noch nie für den Hammerkampf begeistern, und für selbigen war der kleine Schmiederhammer wohl auch nicht gedacht. Trotzdem war der vorerst ihre einzige Waffe.
    So legte sie den Hammer in ihre Schwerthand und griff mit der anderen nach dem Schild auf ihrem Rücken. Gerade rechtzeitig.

    Schon war Rielus wieder an sie herangetreten und ließ seine Äxte auf sie niederfahren, doch diesmal prallten sie gegen ihren Schild. Cascada ließ ihn vorschnellen und stieß den Krieger zurück.
    Jetzt war es Rielus, der in seinem Tempo gebremst und immer weiter zurückgedrängt wurde. Fast sah es aus, als würde Cascada die Oberhand behalten, doch die untote Klinge hatte noch eine Überraschung parat.

    Rielus startete einen Angriff über ihrem Kopf, den die Elfe auch sogleich mit dem Schild abwehrte, doch in dem Moment rammte das Skelett den Kopf seiner zweiten Axt ihren Magen, wodurch sie mit schmerzverzerrtem Gesicht und nach Luft japsend auf die Knie ging und dabei auch noch ihren Schild verlor. Nun war guter Rat teuer.

    Wie im Traum sah sie, wie der Krieger zum letzten Schlag ausholte. Er wollte ihr den Kopf von den Schultern trennen, doch Cascada war noch nicht bereit zu steben, schon gar nicht hier und auf diese Weise.
    Schnell nahm sie den Schmiedehammer in beide Hände und riss ihn mit letzter Kraft nach oben, der nun statt ihrem Hals den Axthieb abbekam und durch dessen Wucht in der Mitte gespalten wurde.

    Plötzlich hielt Rielus inne und starrte mit offenen Mund auf das zerstörte Schmiedewerkzeug. Hätte er noch ein Gesicht gehabt, könnte man darin vermutlich sein Entsetzen erkennen.
    Die Klinge war ein begeisterter Schmied, dies erkannte Cascada schon an der Ordnung in seiner Waffenkammer und der Sorgsamkeit, mit der er seine Geräte behandelte. Dennoch hätte sie nicht im Traum daran gedacht, dass dieser mehr als verzweifelte Versuch, ihren Kopf noch einmal aus der Schlinge zu ziehen, tatsächlich funktionieren würde.

    Sie nutzte den Gunst der Sehunde und versetzte dem Untoten einen so festen Tritt, dass ihm die Äxte aus den Händen flogen und er selbst gegen die Wand prallte, wo er dann rücklinks zu Boden ging und regungslos liegen blieb.

    "Was hab ich nur angerichtet?", sprach nun Rielus' Geist, der kurz darauf über seinen sterblichen Überresten erschien, "In meinem Jähzorn zerstörte ich das einzige, was mir zu Lebzeiten überhaupt etwas bedeutet hatte. Dieser Fluch hat mich zu einem Monster gemacht."
    "Dann hilf mir den Fluch zu brechen, Rielus. Deine Brüder erwarten dich."
    "Ja,das werde ich tun. Wenn du Amboss ein klein wenig drehst, öffnest du eine Geheimtür zum Verlies. Doch hüte dich vor Casnar. Er war noch nie der Freundlichste und ist ein noch stärkerer Kämpfer als ich. Zudem ist da auch noch sein Freund, der Kerkermeister."
    Nach einer kurzen Pause sagte der Geist dann noch: "Und, bitte nimm meine Zwillingsäxte an dich. Sie sollen nun dir gehören und werden dir im Kampf sicher noch gute Dienste leisten."
    Dann löste er sich in Luft auf. Einen kurzen Moment noch verharrte Cascada und blickte etwas geistesabwesend auf die Stelle, an der gerade noch Rielus stand.

    Dann befestigte die Waldelfe die beiden Äxte an ihrem Waffengurt und ging auf den Amboss zu.
    Es bedurfte einer Menge Kraft, dieses schwere und unhandliche Gestell überhaupt zu bewegen, doch schließlich schaffte sie es doch, und direkt vor ihr tat sich ein weiterer Gang auf, an derem Ende irgendwo Casnar wartete.

    Ende Kapitel XXVIII (4/6)
    Das sogenannte Verlies war nicht mehr als ein weiterer gemauerter Gang, in dem sich zu beiden Seiten enge Arrestzellen aneinander reihten. Manche waren leer, doch hinter einigen Gittertüren lagen auch die Überrreste derer, die einst als Verbrecher inhaftiert wurden und dort ihr Leben verwirkten. Starker Modergeruch lag in der Luft.

    Je weiter sie in das Verlies vordrang, desto mehr hatte Cascada das Gefühl,dass sie beobachtet wurde. Man erwartete sie bereits, daran bestand kein Zweifel. Casnar und dieser Kerkermeister mussten ganz in der Nähe sein.
    Plötzlich ein Schlag von hinten, dann wurde es schwarz vor ihren Augen. Sie spürte noch, wie sie fortgeschleift wurde, dann nichts mehr.

    Nur langsam kam die Waldelfe wieder zu sich. Um sie herum drehte sich alles, und irgendwie fühlte sie sich nackt.
    Diese Erkenntnis ließ ihre Lebensgeister zurückkehren, und plötzlich sah sie klarer. Sie WAR nackt.
    Einfach von hinten niedergeschlagen und verschleppt hatte man sie, und nun lag sie nur in Unterwäsche gekleidet auf einem harten, stabilen Holztisch, Arme und Beine waren festgekettet. Lediglich ihren Kopf konnte sie ein wenig bewegen, wenn auch nur unter Schmerzen. Doch die waren nichts gegen das Entsetzen, welches Cascada erfüllte, als sie erkannte, wo sie sich befand.

    Ihre Liegestatt befand sich in einem kleinen eckigen Raum aus blutverschmierten Wänden und einem Boden voller skelettierter Körperteile. Um sie herum standen weitere verrottete Holzbänke, Eisenständer mit allerlei unheilmlichen Werkzeugen und sogar eine Eiserne Jungfrau.
    Direkt über ihrem Gesicht schwankte ein großes rostiges Fallbeil, an dessen Schneide noch das verkrustete Blut seines letzten Opfers klebte.

    Spätestens jetzt war ihr klar, dass sie sich mitten in der Folterkammer des Verlieses gesperrt hatte, und dass diese noch immer genutzt wurde. Die ahnungslosen Wallfahrer und die unverbesserlichen Schatzsucher - sie alle landeten hier und verwirkten unter schlimmster Folter ihr Leben. Und sie selbst sollte die Nächste sein.

    "Na, was sagst du zu meinem kleinen Spielzimmer, kleine Elfentochter?", erklang plötzlich eine unheimliche Stimme, die weder männlich noch weiblich zu sein schien - oder doch beides zugleich?
    Cascada suchte den Raum ab, sah aber niemanden. Und doch sprach da jemand zu ihr.

    "Gib dir keine Mühe, mich zu finden, mein Kind. Ich besitze schon seit Ewigkeiten keinen Körper mehr. Der engt Einen viel zu sehr ein, weißt du?"
    "Wer bist du und was willst du von mir?" unterbrach die Bosmerin genervt die geschwätzige Stimme. Diese brach darauf in schallendes Gelächter aus.

    "Was ich von dir will?", polterte die Stimme los,
    "Du liegst wehrlos auf einem Tisch meiner Folterkammer tief unter einer verfallenen Festungsruine voller Untoter und fragst allen Ernstes,was ich von dir will?? Deinen Tod natürlich!! Du betrittst mein Reich und erledigst drei meiner besten Kämpfer in der Hoffnung, so den Fluch zu brechen und mir meinen wertvollsten Schatz zu stehlen. Glaubst du ernsthaft, dass ich dich damit durchkommen lasse?"

    "Einen Moment mal!", dämmerte es Cascada schließlich,
    "Du bist dieser abtrünnige Magier, oder? Zurin Arctus!"
    "Aha! Wie ich sehe, hast du die Wahrheit doch schneller erkannt, als ich erwartet hätte. Ja, ich bin Zurin Arctus. Man hat dir erzählt, dass von mir nur noch mein Fluch übrig sein,nicht wahr? Tja,ganz offensichtlich war dein böser Irrtum, kleine Elfe. Denn,was nützt es schon, des ersten Kaisers Drachenrüstung hinter einem undurchdringlichen Schirm zu verbergen und schwerstens bewachen zu lassen, wenn man am Ende nichts davon hat?

    Dieser Harnisch ist weit mehr als das bloße Erzeugnis aufwendiger Schmiedearbeit. In ihm steckt eine ungeheure, die ich mir selbstverständlich gerne zunutze machen würde. Dass ich nicht möchte, dass mir dabei irgendjemand in die Quere kommt - am allerwenigsten du, wirst du doch sicherlich verstehen, nicht wahr?
    Da du ja Casnar und Kastav ohnehin unbedingt kennenlernen wolltest, darfst du dich gerne noch einmal mit ihnen unterhalten, während sie dir Stück für Stück die Haut vom Körper reißen.
    Lebwohl, Elfenkind! Wenn wir uns das nächste Mal begegnen, wirst du bereits meine willenlose Sklavin sein."

    "Nicht, wenn ich das verhindern kann, Arctus!", ertönte plötzlich eine weitere Stimme, die Cascada unheimlich bekannt vorkam. Aber das konnte nicht sein, er war tot. Sie hatte ihn selbst steben sehen, hatte seinen starren Körper in ihrem Armen gehalten. Und doch erkannte sie ihn wieder, als sein Geist schließlich direkt vor ihren Augen erschien und sie anlächelten.

    Es war Baurus!

    Ende Kapitel XXVIII (5/6)
    Baurus' Erscheinen war nicht die einzige Überraschung. Auch Sarnek und Telaendril hatten wohl irgendwie von den Schwierigkeiten erfahren, in denen Cascada gerade steckte, und rannten aufgeregt rufend durch den Gang des Kerker-Komplexes. Sie bezweifelte, dass das eine gute Idee war.

    "Offensichtlich hast du Verstärkung bekommen, Elflein", bemerkte Zurins Stimme schelmisch, "Doch deine Freunde können dir jetzt auch nicht mehr helfen. Casnar! Kastav! Erledigt die Eindringlinge und kümmert euch dann um dann um unsere Gefangene! Ich werde mir jetzt holen,was mir zusteht."

    In dem Moment stürmten Cascadas Kameraden die Folterkammer und wären den beiden Skelettkriegern fast in die Arme gelaufen. Doch ein beherzter Sprung zur Seite konnte das schlimmste verhindern.
    "Scheint so", meinte Sarnek trocken, "als seien wir gerade noch rechtzeitig gekommen. Telaendril, du befreist Cascada. Ich lenke derweil die beiden Kleiderständer hier ab. Hallo übrigens, Baurus!"

    "Schön, dich gesund wieder zu sehen, Sarnek", antwortete der Geist heiter und fügte dann ernst hinzu: "Ok, ich begebe mich zu den anderen Klingen und unterstütze sie gegen Arctus. Ich bin mir nicht sicher, ob ich Casnar ersetzen kann. Ihr beeilt euch also besser!" Mit diesen Worten löste er sich in Luft auf.
    "Woher wusstet ihr überhaupt,dass ich hier bin?" wollte Cascada wissen. Sarnek antwortete: "Sagen wir einfach, ein alter Freund hat es mir verraten. Aber, das erklär ich dir, wenn wir das hier heil überstanden haben, wobei die Chancen im Moment nicht so gut stehen."

    Kastav und Casnar waren ein perfekt eingespieltes Duo, wie Sarnek sehr bald feststellen musste. Alle paar Minuten wechselten sie sich ab. Anscheinend hielten sie es nicht für nötig, den Assassinen gleichzeitig anzugreifen. Sarnek beschloss, sich diese Tatsache zum Vorteil zu machen.
    Jedoch war dies leichter gesagt als getan, denn beide waren äußerst gefährliche Krieger. Während Kastav versuchte , Sarnek mit seinem schweren Kriegshammer in den Boden zu stampfen, ließ Casnar einen nicht weniger gewaltigen Morgenstern durch die Luft sausen. Allein seiner Agilität verdankte er es, dass er noch lebte, doch lange würde selbst er das Tempo nicht mehr durchhalten.

    "Beeilt euch!" rief Sarnek hektisch, "Die bekomme langsam das Gefühl, dass die beiden mich nicht leiden können."
    "Ich tu,was ich kann. Meine Kenntnisse im Schlösserknacken sind leider nicht mehr die frischesten."

    Während Telaendril hastig an Cascadas Ketten herumfummelte, gingen die beiden Untoten doch noch dazu über, Sarnek gleichzeitig anzugreifen.
    Das war zuviel für den Kaiserlichen. Er strauchelte und knallte schließlich zu Boden. So schnell, wie er konnte, drehte er sich zur Seite, um nicht von Kastavs Hammer getroffen zu werden. Ein verzweifelter Tritt, und der Kerkermeister strauchelte und wäre fast rückwärts über eine Streckbank gefallen.

    "Es wird jetzt ein wenig kritisch, meine Damen!", rief Sarnek, während er sich kriechend einen Weg zu den Folterwerkzeugen bahnte. Was hätte er jetzt nicht dafür gegeben, sich einfach unsichtbar machen zu können. Doch ohne die Kapuze konnte seine Lederrüstung den Tarnzauber nicht entfalten.
    Stattdessen zog Sarnek sich wieder auf die Beine und griff nach einer langen Lederpeitsche. Er hatte mit so einem Ding zwar noch nie gekämpft, aber vielleicht konnte er sich damit zumindest noch etwas Zeit verschaffen.

    "Dieses verdammte Schloss!", fluchte Telaendril verzweifelt, "Das muss doch irgendwie aufgehen. Ok, mir reicht es. Jetzt werd ich rabiat!"
    Mit diesen Worten holte sie das Kurzschwert hervor, das M'raaj-Dar ihr geschenkt hatte. Es tat ihr fast ein wenig leid, dass sie es nun würde zweckentftremden müssen, doch in der Not war kein Platz für Gewissensbisse.

    "Du solltest jetzt besser stillhalten!", raunte die Meuchelmörderin Cascada zu, holte mit der Klinge weit aus und fügte hinzu:
    "Und beten,dass es funktioniert!"

    Erst klirrte es nur, doch dann war das Rasseln der Ketten zu hören, die nacheinander auf den harten Steinboden glitten. Cascada war frei. Lediglich die eisernen Fesseln an Händen und Füßen drückten noch ein wenig, aber das war das kleinere Übel.

    "Schnell, du musst mir bei meiner Rüstung helfen", meinte die Kämpferin eilig, "Sarnek, kannst du noch?"
    "Diese Peitsche ist nicht gerade das beste Mittel gegen aufdringliche und schwer bewaffnete Untote, aber bisher bleiben sie noch auf Abstand. Allerdings sagt mir mein Bauchgefühl,dass dies nicht an meiner herausragenden Kampftechnik oder meiner gefährlichen Ausstrahlung liegt. Da ist was im Busch!"

    Während das abenteuererprobte Team noch um sein Leben kämpfte, konzentrierten Baurus und die anderen Klingengeister ihre gesamte Kräfte darauf, Zurin Arctus' Fluch im Zaum zu halten und den körperlosen Dämon nicht an den Harnisch kommen zu lassen. Die Erde um sie herum bebte, und die Welle wanderte immer tiefer in die Festung hinein und näherte sich allmählich auch die Katakomben mit der geheimen Schmiede und dem Verlies.

    In der Zwischenzeit hatte sich Cascada auch von ihren Fesseln befreien können und war mit Telaendrils Hilfe wieder in ihre Rüstung gestiegen. Die Bosmerin war zwar nicht spröde, aber ein wenig war es ihr doch, halbnackt und gefesselt auf einem Tisch zu liegen und in diesem Zustand von ihren Kameraden gesehen zu werden.

    "Ok, jetzt bringen wir es zuende!", rief Cascada kampfbereit und griff nach ihren Waffen.
    "Ihr beiden kümmert euch um den Kerkermeister, und ich übernehme Casnar!"

    Casnars Morgenstern flog rasend schnell durch die Luft, doch dank ihres Schildes war die Waldelfe relativ gut geschützt. Doch leider ließ der Untote ihr kaum Zeit für eigene Angriffe, zu schnell waren seine Attacken.
    Auch Kastav wusste sich seine Aggressoren vom Leib zu halten. Wie einen Spazierstock schwang er den mannshohen Hammer umher und schlug dabei gewaltige Dellen in den Boden. Die drei Helden wurden weiter zurückgedrängt, als Sarnek seine Peitsche wieder einfiel.

    "Ich hab da vielleicht eine Idee", flüsterte er Telaendril zu, "Sie ist ein wenig riskant, aber sie könnte funktionieren."
    "Wovon redest du?"
    "Hier, greif dir die Spitze der Peitsche und renn damit zu Cascada rüber. Auf mein Zeichen stürmst du dann einfach geradeaus, alles klar?"

    Telaendril nickte und tat wie ihr geheißen. Sie gab Cascada Bescheid und spannte dann die Peitsche an.
    "Los!!", brüllte Sarnek, und fast gleichzeitig rannten sie gebückt links und rechts an den beiden Skeletten vorbei und rissen sie mit der Peitsche von den Füßen. Cascada rettete sich mit einem herzhaften Sprung an die Decke und hielt sich dort an einer herabhängenden Kette fest. Dann griff sie nach ihrem Schwert und säbelte den Untoten blitzschnell die Totenschädel von den Hälsen, ehe sie wieder zu sich kämen.

    "Keine Zeit für lange Reden, Casnar!", fiel sie dem erscheinenden Geist ins Wort, bevor er überhaupt die Stimme erheben konnte, "Deine Brüder brauchen dich. Also beeil dich,bevor es zu spät ist."

    Casnar ließ sich nicht lange bitten und verschwand. Auch Cascada und ihre Retter eilten zurück an die Oberfläche, denn das Beben wurde stärker und drohte die gesamte Ruine zum Einsturz zu bringen. Anscheinend war das Kräftemessen zwischen den fünf Geistern und Arctus noch nicht vorbei. Der Schutzschild, dass den Harnisch des Tiber Septim umgab, flackerte bereits, aber noch war der Fluch nicht gebrochen.

    Doch schließlich war es geschafft. Der Schild explodierte, der Fluch und sein unsichtbarer vor Zorn brüllender Erschaffer waren vernichtet. Baurus und die vier Brüder wirkten völlig am Ende, aber zufrieden.

    "Wir alle sind Euch zu großem Dank verpflichtet, Cascada.", sprach Alain, "Euer Mut und Eure Opferbereitschaft haben uns die Freiheit zurückgegeben. Ihr habt Euch den Harnisch wahrlich verdient."
    "Ich danke Euch, aber ohne die Hilfe meiner Freunde hier wäre wohl alles verloren gewesen. Ihnen gebührt mindestesen genausoviel Dank."
    "Bescheidenheit ziert den wahren Helden!", antwortete nun Valdemar, "Wie dem auch sei, wir werden diese Welt nun verlassen. Hier gibt es für uns nichts mehr zu tun. Nehmt den Harnisch an Euch und führt ihn seinem von Euch angestrebten Zweck zu. Lebt wohl, tapfere Kriegerin!"

    "Ich werde mit ihnen gehen, Cascada", eröffnete Baurus der Bosmerin, "Meine Zeit hier ist um und ich kann dir auf deinem weiteren Weg nicht mehr helfen. Pass gut auf dich und deine Kameraden auf."
    Ohne eine Antwort ab zu warten verschwand der Geist zusammen mit den anderen im Nichts. Sein liebevolles Lächeln war das Letzte, was sie sah, und brannte sich für immer in ihr Gedächnis ein.
    "Lasst uns nach Hause gehen!", entschied Cascada nach einer kurzen Gedenkminute, "Martin und Jauffre vermissen uns bestimmt schon."

    Ende Kapitel XXVIII (6/6)
    "M'raaj-Dar steht also gewissermaßen telepathisch mit dir in Kontakt?", versuchte Cascada nachzuvollziehen, während die drei Recken nebeneinander auf der Straße Richtung Bruma her ritten.
    "Ja,gewissermaßen. Als er mir den Vampirtrank einflößte, hat er sein eigenes Blut auf mich übertragen und dadurch eine Verbindung geschaffen,die sogar nach seinem Tode noch zu bestehen schien. Sithis hatte ihn zurückgeschickt, weil er genau wusste, dass wir in Schwierigkeiten geraten würden."
    "Der helle Lichtblitz in der Höhle", schlußfolgerte Telaendril, "das war M'raaj-Dar?"
    "Sieht ganz so aus!"
    "Und jetzt ist er wieder bei Sithis?"
    "Ja. Er ist gegangen, nachdem wir alle wieder in Sicherheit waren. Die anderen von der Bruderschaft sind auch alle dort. Telaendril, dir lässt der Khajiit übrigens einen besonderen Gruß von Antoinetta Marie zukommen."
    "Und wie lautet der?", fragte die junge Waldelfe eingeschüchtert.
    "Nun", antwortet Sarnek in gespielt ernstem Ton, "Du möchtest ja gut auf mich achtgeben, weil sie dir sonst die Ohren noch länger zieht, als sie sowieso schon sind."

    Telaendrils Gesicht hellte sich auf, und sie begann so herzhaft zu lachen, wie sie es seit einem knappen Monat nicht mehr tat. Dann antwortete sie:
    "Darauf kann sie Gift nehmen dass ich das werde."

    "Dann scheint eurem Glück ja nichts mehr im Wege zu stehen", schloss Cascada, doch Sarnek antwortete:
    "Nichts - außer Oblivion!"

    Als sie an Bruma vorbeiritten, machte sich eine bedrückende Stimmung breit. Etwas schien nicht zu stimmen. Es war helligster Tag, aber es war totenstill. Kein Stimmengewirr auf den Straßen, kein Vogelzwitschern, nicht einmal den konnte man zwischen den Bäumen rauschen hören.
    "Irgendwas sagt mir, dass wir uns beeilen sollten.", murmelte Cascada, dann gab sie ihrem Pferd die Sporen. Ihre Begleiter folgten hinterdrein.

    Am Haupttor wurden sie sofort von Jauffre im Empfang genommen.
    "Na endlich, ihr seid wieder da. Wir hatten schon das Schlimmste befürchtet. Lasst uns gleich zu Martin gehen. Es gibt einiges zu besprechen."

    "Kurz nach eurer Abreise erreichte uns einer unserer Spione mit einer beunruhigenden Nachricht", berichtete der Großmeister der Klingen, "Scheinbr plant man eine Großoffensive auf Bruma. Es ist nicht schwer zu erraten, dass der Feind uns auf diese Weise im Wolkenherrscher einkesseln möchte."
    "Sie wollen aus Bruma ein zweites Kvatch machen!", fuhr der junge Kaisersohn fort, "Das müssen wir unter allen Umständen verhindern. Andererseits hab ich herausgefunden, dass euch das letzte Artefakt direkt nach Oblivion führen wird."

    "Was ist das für ein Artefakt?", wollte Sarnek wissen.
    "Als sie damals Kvatch angriffen, wurden insgesamt vier Tore geöffnet. Drei kleine, die quasi als Vorhut fungierten und die ersten Bestien auf die Stadt losließen, um die Verteidigung abzuschwächen. Und zum Schluss öffnete sich ein großes Portal, durch welches eine gewaltige Kriegsmaschinerie entkam und alles in Schutt und Asche legte.
    Wie ihr ja wisst, benötigt man zum Öffnen der Portale sogenannte Siegelsteine, doch für die großen Exemplare werden auch größere Steine genommen. Und eben so einen Siegelstein werden wir brauchen."

    "Wenn die Informationen unserer Leute stimmen", sprach nun wieder Jauffre, "wird sich für den Angriff auf Bruma erneut so ein Tor öffnen. Dies könnte unsere letzte Chance sein, an den Stein zu kommen."
    "Aber, einer solchen Gewalt ist Bruma niemals gewachsen, Jauffre!", widersprach Cascada energisch, "Kvatch ist nur noch eine Ruine. Und sie zählte immerhin zu den am besten güschützten Städten in Cyrodiil."

    "Dessen sind wir uns vollkommen bewusst, Cascada. Daher haben auch bereits Botschafter in die anderen Städte entsandt, damit sie dort um Verstärkung bitten. Mit der Unterstützung der anderen Grafschaften werden wir die Daedra so lange wie möglich beschäftigen, während ihr euch den Siegelstein holt. Lasst uns also hoffen, dass sie rechtzeitig hier ankommt."
    "Ist denn bekannt, wann der Angriff stattfinden wird?"
    "Morgen Nacht!", antwortete Jauffre mit einem Gesicht wie aus Stein gemeißelt. Die Daedra überließen nichts mehr dem Zufall.

    Ende Kapitel XXIX (1/3)
    Die ersten Soldaten kamen zum Morgengrauen, je zwanzig Mann aus Chorrol und Cheydinhal. Weitere zehn Mann würden laut eines Botschafters gegen Mittag aus Skingrad eintreffen. Von den anderen hatte man noch nichts gehört.

    Nach dem Frühstück trainierten Cascada und ihre Kameraden auf dem Übungsplatz im Tempelhof. Der Kampf mit zwei Schwertern zugleich war für die Bosmerin kein Problem, beim Kampf mit zwei Äxten jedoch verhielt es sich schon anders. Nicht einmal ihr Ziehvater aus Himmelsrand, Holger Starkherz - für sie nach wie vor der stärkste Mann der Welt - konnte ihr diese Technik beibringen. Die Nord kämpften vorwiegend nur mit einer, aber dafür umso größeren Axt.

    "Ich hätte nicht gedacht, dass die Unterschiede so groß sind", gestand Cascada, "Bei Rielus sah das ganz einfach aus."
    "Naja, Rielus wird wohl auch nicht mit dem Können auf die Welt gekommen sein. Wahrscheinlich hat er die Technik über viele Jahre verinnerlicht"
    Sarnek blickte sie kurz prüfend an und fügte dann lächelnd hinzu:
    "So, wie ich dich kenne, dauert es bei dir nur ein paar Stunden."
    "Heuchler!", grinste Cascada, "Aber ich danke dennoch für deine Zuversicht"

    Der Tag verging ohne größere Zwischenfälle. Auf dem großen Platz vor Bruma fanden sich nach und nach alle Soldaten der umliegenden Ortschaften ein. Alles in allem standen um die zweihundert Männer und Frauen zum Kampf bereit. Wenn man bedachte, dass man gegen Tausende von Dremora würde ankämpfen müssen, war dies doch ein schrecklich ernüchterndes Ergebnis.

    Als die Sonne nur noch ein Lichtstreifen am Horizont war, machten sich auch die Klingen bereit.
    Obwohl Jauffre Martin dringend davon abgeraten hatte, ließ es sich der junge Kaiser absolut nicht nehmen, bei der entscheidenden Schlacht dabei zu sein. Gekleidet in die alte Kampfmontur seines Vaters betrat er das Schlachtfeld.
    "Man merkt sofort, wessen Sohn Ihr seid, Martin Septim. Also gut, Ihr sollt Euren Willen haben, doch stürzt Euch nicht blindlinks in den Kampf. Euer Überleben besitzt oberste Priorität, und das wisst Ihr!"

    "Verdammt, das sieht nicht gut aus!", fluchte der Großmeister dann, "Hier bricht gleich die Hölle aus, und wir sind noch immer viel zu wenig. Warum gibt es keine Verstärkung aus der Kaiserstadt?"

    In dem Moment kam einer der Klingen angerannt und berichtete: "Großmeister Jauffre, der Botschafter meldet sich zurück."
    "Schick ihn herunter zu mir. Wenn er schon alleine zurückkehrt, so soll er gefälligst selbst zum Schwert greifen."
    "Verzeiht, aber von allein kann da gar keine Rede sein. Seht selbst!"

    Und was sich ihm da bot, war das wohl unglaublichste Ereignis, das sich je zugetragen hatte.
    Als die Bewohner der Kaiserstadt mitbekommen hatten, dass Lordkanzler Ocato keine Soldaten zur Verstärkung Brumas erübrigen konnte oder wollte, machten sie kurzerhand selbst mobil. So geschah es zum ersten Mal in der Geschichte Tamriels, das alle Gilden überall im Land an einem Strang zogen.
    Die Kämpfergilde entsandt ihre besten Kämpfer aus allen Grafschaften Cyrodiils nach Bruma, der Erzmagier ließ seine mächtigsten Magier antreten, und laut einger fragwürdiger und nie bestätigter Gerüchte hatte sich sogar der berühmt-berüchtigte Graufuchs unter die kampferprobten Söldner und Diebe gemischt. Selbst Lucien Lachance rückte mit dem kläglichen Rest der Dunklen Bruderschaft an.
    So wurde aus einem zweihundert Mann starken Häufchen des Elends eine wehrbare Armee aus knapp tausend Mann. Ein faszinierender Anblick!

    "Ich bin stolz auf dieses Reich!", fühlte sich Martin zu sagen verpflichtet, während er dabei auf seinem Pferd an der kleinen Armee entlangschritt,
    "Ich bin stolz darauf, der Sohn des Mannes zu sein, der dieses Reich hier so weise regierte und Wohlstand und Friede nach Cyrodiil brachte. Ich bin stolz darauf, dass ihr, die Bewohner eben dieses Reiches, euch heute Nacht hier versammelt habt, um dieses Erbe zu verteidigen. Ihr tut es nicht für mich, ich weiß. Ihr tut es für euch, für eure Freiheit, euer Leben.

    Wenn sich nun gleich die Portale öffnen und die Kreauturen aus Oblivion über unser Land herfallen, ist es an uns, es ihnen Schlag für Schlag zu vergelten. Greift zu Schwertern und Äxten, zu Bögen und Armbrüsten, ladet eure stärksten Zauber und Flüche und lasst sie spüren, dass sie nicht willkommen sind. Und ganz egal was auch geschieht - ich bin stolz auf euch!"

    Es folgte ein tosender Erfolg, der selbst auf den höchsten Wachtürmen des Wolkenherrschers noch zu hören war und erst langsam verstummte, als Jauffre vor die Menge trat.

    "Allemann hergehört!", begann der Großmeister, "Jeden Moment wird sich das erste Oblivion-Tor öffnen und die ersten Truppen entlassen. Ab dann werden sich mit Abstand von je zehn Minuten zwei weitere Tore öffnen. Ganz zum Schluss wird im Zentrum des so entstandenen Halbkreises weiteres, größeres Tor erscheinen. Unsere Aufgabe wird es sein, die Daedra zumindest bis zum Öffnen dieses Tores in Schach zu halten. Gelingt uns dies nicht, werden wir von der Kriegsmaschine, die hinter diesem Tor lauert, vernichtet. Was das für Bruma bedeutet, brauch ich wohl nicht näher zu erläutern.
    Sobald das große Portal offen ist, werden Cascada ihre Begleiter hindurchgehen und versuchen, selbiges wieder zu schließen. Erst dann wird der Angriff abgewährt sein.
    Mögen die Neun Göttlichen uns heute Nacht nicht im Stich lassen!"

    Mit diesen Worten erlosch der letzte Lichtstrahl, und das erste Tor öffnete sich.

    Ende Kapitel XXIX (2/3)
    Skampe und Clannbanns bildeten die erste Welle. Einzeln waren sie für einen fähigen Kämpfer kein größeres Problem, doch nun stürmten sie zu Hunderten aus dem Portal und attackierten die menschlichen Verteidiger ohne Gnade.
    "Ich hasse diese Biester! Ich hasse sie!", zischte Cascada gereizt, während sie mindestens zwanzig Skampe gleichzeitig niederstreckte.
    Telaendril hatte sich zusammen mit den anderen Fernkämpfern rund um das Schlachtfeld positioniert, während Sarnek wie ein Akrobat von einem Untier zum nächsten sprang und sie mit seinem "Todesstoß" erledigte.
    Noch schienen sie Herr der Lage zu sein.

    Doch die erste Bedrohung war noch nicht ganz abgewendet, als sich auch schon das zweite Portal öffnete und reihenweise Dremora-Krieger ausspuckte. Allein ihre blutroten Rüstungen konnten einen gestandenen Mann in Angst und Schrecken versetzen.
    "Jetzt nur nicht die Nerven verlieren!", brüllte Jauffre und hob sein Schwert empor, "lasst sie uns in die Hölle zurückschicken,aus der sie gekommen sind."

    Es war wie in Kvatch. Wieder schlugen Schwerter wild aufeinander, wieder das Klirren von Stahl und der Aufschrei Sterbender auf beiden Seiten. Es war ein heilloses Durcheinander auf dem kleinen Schlachtfeld.
    Während sich die Kämpfer darauf konzentrierten, den Feind so gut wie möglich zu dezimieren, begnügten sich ein paar der Magier damit, die Verwundeten zu heilen und die Geschwächten wieder zu stärken. Dennoch schien sich das Blatt allmählich zu wenden, und nicht zum Besseren.
    Während sich die Reihen der Verteidiger immer weiter lichteten, schien der Ansturm der Dremora kein Ende zu nehmen. Und dann war da noch das dritte Tor.

    Einge Hexenmeister, die Elite der Dremora, verstärkten die Krieger. Es waren nicht besonders viele, aber sie reichten aus.
    "Verdammt!", fluchte Steffan, der Hauptmann der Klingen, "Die haben uns gerade noch gefehlt."
    "Wir müssen sie ausschalten. Wenn sie sich erst einmal formiert haben, haben wir keine Chance mehr."

    Cascada unterstützte Jauffre und die anderen Klingen, während Sarnek und Telaendril Martin den Rücken freihielten. Der junge Kaiser hatte sich todesmutig ins Getümmel gestürzt und legte dabei eine nie gekannte Energie an den Tag. Bedauerlicherweise vergaß er dabei die Welt um sich herum, was ihn um ein Haar das Leben gekostet hätte.

    "Jeden Moment müsste sich das große Tor öffnen", versuchte der Großmeister den Kampflärm zu übertönen, "Vermutlich werden auch von dort noch einige Truppen herauskommen, aber die größte Bedrohung ist diese Maschine. Ihr müsst das Portal schließen, bevor es einsatzbereit ist. Macht euch also bereit. Steffan, Ihe und ein paar Ihrer Leute bringt Martin nach oben, ich halte mit dem Rest hier die Stellung"
    "Zu Befehl!"

    Das Oblivion-Tor erhob sich mit einem gewaltigen Beben aus der Erde. So hoch wie ein Haus und so schaurig wie Oblivion selbst.
    Wie angekündigt kamen auch von dort Dremora-Krieger. Sie waren die Vorboten etwas viel Gewaltigeres, Tödlicheres.

    So schnell sie konnten rannten Cascada, Sarnek und Telaendril los und kämpften sich zum Tor durch, während Hauptmann Steffan mit Martin im Schlepp zurück zum Wolkenherrscher eilte. Es war nicht abzusehen, ob sie es schaffen würden.

    Oblivion hatte sich seit ihrem letzten Besuch nicht verändert. Nach wie vor spiegelte die Unterwelt jene Trostlosigkeit und Verdorbenheit wieder, die auch Mehrunes Dagons krankes Herz erfüllte. Das war die Welt, in die er Tamriel verwandeln wollte.

    Zu ihrem Erstaunen wurden die drei Recken nicht wie erwartet von einer Horde Dremora in Empfang genommen. Dafür aber walzte eine gigantische Maschine unaufhaltsam auf den Lavastrudel zu, durch den sie gerade gekommen waren.
    "Wie sie wohl betrieben wird?", wunderte sich Telaendril, und Sarnek antwortete: "Ich tippe auf die Siegelsteine. Ich könnte mir vorstellen, dass die Energie der großen Exemplare gerade genug wären. Leider hatte ich mit der Konstruktion dieser Dinger nichts zu tun,daher kann ich nur raten."
    "Hauptsache, es bleibt hier drinnen. Beeilen wir uns besser!"

    Hatten sie den Weg zum nahen Turm noch relativ kampflos zurückgelegt, war die Gegenwehr im Inneren schon deutlich stärker. Dennoch waren diese Krieger beileibe nicht so zäh wie draussen auf dem Schlachtfeld. Fast konnte man annehmen, dass sie absichtlich so schwach waren.

    Als sie nach mehreren kleinen Scharmützeln im Treppenhaus endlich die Siegelkammer erreichten, fanden sie es verlassen vor. Niemand verteidigte den Altar, über dem der Siegelstein schwebte und geradezu darauf wartete, entwendet zu werden.
    "Ich hab da ein ganz komisches Gefühl!", raunte Cascada, "Kommt euch die ganze Sache nicht auch viel zu leicht vor? Für mich riecht das ganz stark nach einer Falle!"

    In diesem Moment tauchten hinter Telaendril und Sarnek zwei Dremora auf und packten sie so fest, dass sie nicht mehr bewegen konnten.
    "Lass deine Waffe stecken, Waldelfe! Oder deine beiden Freunde stehen ihrem Meister schneller gegenüber,als ihnen lieb ist.", sprach eine Stimme über ihnen, als Cascada gerade nach ihrem Schwert greifen wollte. Sie erkannte die Stimme sofort wieder und konnte ihren Zorn nur mit Mühe unterdrücken.
    "Tarok!", knirschte sie.
    "Ihr habt uns eine Menge Kummer bereitet. Eine beachtliche Leistung, so eine Armee aufzustellen und uns damit beinahe in die Knie zu zwingen, aber leider werden eure Bemühungen vergeblich sein. Jeden Moment wird die Walze das Portal durchqueren, und dann wird Bruma fallen und uns den Weg zum Wolkenherrscher-Tempel ebnen."
    "Dass du dich da mal nicht täuschst!", widersprach die Kämpferin wütend, "Solang auch nur ein Mensch da draussen lebt, wird Tamriel nicht euch gehören. Unsere Armee da draussen konnte nur entstehen, weil die Bürger den Bann aus Angst und Schrecken gebrochen haben, denn ihr gesät habt. Euer Plan wird scheitern!"

    "Große Worte für ein kleines Elfenmädchen wie dich. Kein Wunder, dass du in Skyrim so lange überleben konntest. Zu schade, dass dein Weg nun hier enden wird!"
    "Du Verbrecher hast mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt und mir alles genommen,was mir wichtig war. Und ganz nebenbei hast du dein eigenes Volk verraten. Dafür verdienst du den Tod."
    "Und den willst du mir wohl gewähren, nehme ich an", vermutete der Nord belustigt, "Nun gut, dann lass uns zuende führen, was wir damals begonnen. Deine Kameraden sollen ruhig mit eigenen Augen sehen, wie hoffnungslos euer Widerstand ist, bevor auch sie sterben."

    Er griff nach seiner schweren Kampfaxt, und Cascada bewaffnete sich mit ihrem Schwert - ihr Schild wurde im Kampfgetümmel zerstört.

    "Camoran wird mich fürstlich belohnen, wenn ich ihm deinen Kopf bringe", sprach Tarok, während seine Axt auf Cascada niederfuhr.
    Sie sprang eilig zur Seite und konterte bemüht.
    "Ja, und wenn sein Werk vollbracht ist und du nicht mehr gebraucht wirst, wird deiner genau daneben liegen.
    "Pah! Das war mir bereits klar, als er mir sein Angebot unterbreitete. Wenn die Zeit gekommen ist, werde ich mir schon holen,was mir zusteht."

    Mit seitlich ausgestreckter Axt drehte der Nord sich um seine eigene Achse, zog die Waffe dann nach oben und ließ sie über Cascadas Kopf nach unten sausen.
    Sie reagierte sofort und hielt das Schwert über sich. So konnte sie den Aufschlag zwar abfangen, allerdings ging die Klinge dabei entzwei.
    "Schade um das schöne Schwertchen", sagte Tarok ironisch, doch die Bosmerin antwortete: "Freu dich nicht zu früh!"

    Sie löste die beiden Äxte von ihrem Gürtel und ging wieder in Kampfstellung. Tarok lachte schadenfroh und meinte dann:
    "Noch mehr Spielzeug? Kannst du mit den Dingern überhaupt umgehen?"
    "Das wirst du gleich erfahren,Nord!"

    Schnell und fließend waren ihre Bewegungen und ließen Tarok keinen Raum mehr für schwere Hiebe. Nun war er es, der in die Verteidigung zurückgedrängt wurde. Damit hatte er nicht gerechnet, doch so leicht ließ er sich nicht besiegen.
    "Ich sehe schon,du hast dazugelernt, Waldelfe", sprach er leicht schnaufend, während er mit seiner Waffe Cascadas Angriffe abwehrte.
    "Aber ich habe auch meinen Stolz. Wenn ich schon dich nicht töten kann, dann sollen zumindest deine beiden Freunde daran glauben."

    Cascada ahnte gleich, was er meinte, und drehte sich ruckartig um. Ihre Äxte flogen durch die Luft und verfehlten ihre Ziele nicht. Noch bevor die beiden Dremora reagieren konnten, lagen sie auch schon tot am Boden. Sarnek und Telaendril waren frei.

    "Cascada,pass auf!", schrie Telaendril entsetzt, doch da war es auch schon zu spät.
    Noch bevor irgend jemand reagieren konnte, wurde sie auch schon von dem langen scharfen Eisendorn an Taroks Axt durchbohrt. Mit schmerzverzerrtem Gesicht ging sie zu Boden und schnappte röchelnd nach Luft.
    Im gleichen Moment klappte auch Tarok tot zusammen - Telaendril hatte ihm einen Pfeil in den Kopf gejagt.

    "Wir müssen das Tor schließen", sprach Sarnek eilig und packte Cascada, "Die Walze erreicht gleich das Portal."
    "Lasst mich zurück", keuchte die Bosmerin schwach, "Es ist zu spät für mich."
    "Vergiss es, Cascada! Telaendril, der Siegelstein!"

    Die Bogenschützin griff nach dem Stein, und schon verschwand die Welt um sie herum. Die Kriegsmaschine hatte es nie aus Oblivion herausgeschafft. Bruma war gerettet.

    Ende Kapitel XXIX (3/3)
    Dunkelheit! Absolute, perfekte Dunkelheit erfüllte diesen merkwürdigen Ort. Weder Licht noch irgend ein Geräusch belebte ihn. So musste es sich wohl anfühlen, wenn man tot war.
    Cascada fror, obwohl über überhaupt kein Wind wehte. Verwirrte blickte sie um sich, versuchte, diese Finsternis zu durchdringen. Es wollte ihr nicht gelingen.

    "Sei willkommen, Cascada", sprach eine Stimme zu ihr, die durch Mark und Bein ging und sie dazu zwang, nach ihrer Waffe zu greifen, ehe sie erkannte, dass sie gar keine bei sich trug.
    Sie hatte sie noch nie gehört, und doch sagte ihr Unterbewusstsein, dass sie genau wusste, wem die Stimme gehörte.
    "Ich hatte nicht erwartet", setzte die Stimme fort, "dich so bald persönlich kennenzulernen. Ich bin Sithis."

    Sie hatte also Recht.
    "Sithis? Heißt das, ich bin tot?"
    "Noch nicht, aber du warst sehr nahe dran. Ich gehe sogar so weit zu behaupt, dass du in dieser Hinsicht einiges mit Sarnek gemeinsam hast.
    Wie dem auch sei, deine Zeit ist noch lange nicht gekommen. Deine Reise hat eben erst begonnen."
    "Was meinst du damit?"
    "Setz dich!"

    Plötzlich erhellte sich der Raum ein wenig und glich einer Art winziger Kapelle mit nur einen einzigen Sitzbank, auf der Cascada ein wenig unsicher Platz nahm. Vor ihr erschien Sithis, ein dunkles furchterregendes Wesen wie ein Gespenst. Seine Augen konnte sie nicht erkennen, und doch fühlte sie sich von ihnen durchbohrt.

    "Wie du ja weißt", fuhr der Fürchterliche Vater fort, "verfolge ich deinen Werdegang bereits seit deiner Kindheit und lenke deine Schritte so gut ich kann. Denn ich kenne deine Bestimmung. Und die Rettung Tamriels ist nur die erste Etappe einer sehr langen Reise. Du hast sehr viel Leid ertragen müssen in deinem Leben, warst von Tod und Zerstörung umgeben, doch nur so konntest du dich auf das vorbereiten, was noch vor dir liegt."
    "Was noch vor mir liegt? Was liegt denn noch vor mir?"
    "Das vermag selbst ich nicht genau zu sagen, mein Kind. Ich weiß nur, dass dein letzter Schritt noch lange nicht getan ist."

    Seine Worte verwirrten die Kämpferin noch mehr, erfüllten sie mit unzähligen Fragen, auf die es womöglich gar keine Antworten gab.
    "Warum interessierst du dich überhaupt so sehr für mich?", fragte sie schließlich, "Ich bin keine Assassinin."
    "Das mag sein, aber dennoch bist du auch für die Bruderschaft von größter Bedeutung. Viele Leute missverstehen meine Absichten, schimpfen mich böse und grausam, werfen mich sogar zusammen mit Mehrunes Dagon in einen Topf.

    Ja, ich lasse meine Anhänger Menschenleben nehmen, verlange nach ihren Seelen. Doch sind es niemals Unschuldige, deren Blut vergossen wird. Sie alle vereint Sünde und Verdorbenheit, sie alle brachten mehr als einmal Leid über ihre Mitmenschen. Wir vollstrecken nur das Urteil.
    Doch auch mir liegt etwas am Leben und daran, dass der Prinz der Zerstörung aufgehalten wird. Deshalb begleiten dich Sarnek und Telaendril, deshalb musste M'raaj-Dar sein Leben lassen."

    "Und was wird geschehen, wenn Tamriel gerettet ist?"
    "Das ist es ja,ich weiß es nicht. Ich weiß nur,dass es außerordentlich wichtig sein muss, sonst wärst du jetzt schon tot.
    Aber wenn es soweit ist, werden wir uns wieder unterhalten, Cascada von Valenwald. Nun aber musst du erst einmal schlafen. Deine Freunde sorgen sich um dich. Lassen wir sie nicht zu lange warten.
    Bis bald,mein Kind!"

    Dann verschwand alles um sie herum, und es wurde wieder finster. Sie fühlte sich wie in einen Strudel gezogen, drehte sich immer schneller. Schließlich öffnete sie die Augen und fand sich in ihrem Bett im Wolkenherrscher wieder. Ihre Sicht war sehr verschwommen, und sie fühlte sich viel zu schwach, als dass sie sich irgendwie hätte rühren können - von den höllischen Schmerzen in ihrer Brust mal ganz zu schweigen. All diese Anzeichen konnten dann wohl nur eine Bedeutung haben - sie war noch am Leben.
    Sithis hatte also Recht!

    Ende Kapitel XXX
    Zwei Tage lag Cascada nun schon im Koma, und niemand vermochte zu sagen, ob sie je wieder erwachen würde. Die Zeit wurde knapp.
    Während Telaendril an ihrem Bett Wache hielt, half Sarnek Martin bei den Vorbereitungen für das Ritual, mit dem das Dimensionstor zu Camorans Paradies öffnen wollten.
    Mit Kreide zeichnete er mitten in der Großen Halle des Tempels eine Art Pentakel, um das herum die vier Artefakte verteilt wurden - Azuras Stern, der große Welkyndstein aus Miscarcand, der Drachenharnisch des Talos von Sancre Tor und schließlich der große Siegelstein aus Oblivion.
    Im Zentrum des Kreises lag 'Das Mysterium Xarxes'. Wenn Martin Recht hatte, würde sich das Portal genau an dieser Stelle öffnen.

    "Wenn ich jetzt noch diese Psalme hier aufsage", verwies der junge Kaiser auf ein beschriebenes Stück Pergament in seiner Hand, "sollte der Weg zu Camorans Paradies frei sein. Allerdings wird nur eine Person hindurchgehen können, unmittelbar danach wird es sich wieder schließen. Dieser Freiwillige wird ab dann ganz auf sich allein gestellt sein und wird nur dann wieder zurückkehren können, wenn das Paradies zerstört wird. Und dafür muss sein Schöpfer sterben."

    "Aber wer soll gehen?", gab die junge Bosmerin zu bedenken, "Jauffre und die meisten anderen Klingen sind tot, und Cascada ist noch nicht wieder erwacht. Und selbst wenn, dürfte sie wohl kaum gleich wieder fit genug für einen weiteren Höllentrip sein."
    "Ich werde gehen!", antwortete Sarnek entschlossen.
    "Bist du verrückt? Auf keinen Fall lass ich dich da allein reingehen."

    "Telaendril, du hast Martin gehört. Uns läuft die Zeit davon. Von dem Moment an, wo ich den Kaiser ermordete, wo sein Blut meine Haut berührte, begann ich alles und jeden in Frage zu stellen, an mir selbst zu zweifeln. Erst durch dich und Cascada hab ich erkannt, welch ein verdammter Narr ich war. Jetzt hab ich endlich die Chance, meine Fehler wieder gut zu machen. Ich werde Camoran töten und die Welt zerstören, die er mit meiner Hilfe überhaupt erst erschaffen konnte."
    "Und wenn er dich zuerst tötet?", fragte die Bosmerin unter Tränen. Sarnek antwortete ruhig: "Dann tu ich es in der Gewissheit, dass ich mein Leben für die gegeben habe, die wir wirklich etwas bedeuten."

    Sarnek küsste sie und fügte hinzu, "Hab ich dir schon gesagt, dass du die schönste Frau bist,die mir je begegnet ist?"
    "Hey, ich bin Bosmerin, was hast du erwartet?" antwortete sie bemüht lässig.
    "Pass gut auf Cascada und Martin auf. Es wird alles gut, du wirst sehen. Martin, es kann losgehen."

    Unheimlich schallten die Verse, die niemand verstand, durch die Halle. Martins Stimme klang wie aus einer anderen Welt, und alles um sie herum flackerte gespentig, während er las.
    Schließlich erhellte ein greller Lichtstrahl im Zentrum des Pentakels den ganzen Raum und formte sich zu einem Strudel, wie man sie von den Oblivion-Toren kannte. Dies war das Portal zum Paradies.

    "Das wäre geschafft. Jetzt hängt alles von dir ab, Sarnek."
    "Ich bin bereit!"
    Als er sich noch einmal zu Telaendril umdrehte, sah er,dass sie nicht mehr in der Halle war. Zu schwer fiel ihr der Abschied. Und auch er war sich nicht mehr sicher, ob er überhaupt wusste, was er tat. Aber, es gab keinen anderen Weg. Es musste getan werden. Und er würde es tun. Das Paradies erwartete ihn.

    Langsam trat er in den Lichtwirbel, bis er schließlich ganz im Inneren verschwunden war - und das Portal sich wieder schloss.
    "Wenn das mal gutgeht!", murmelte Martin vor sich hin.

    Ende Kapitel XXXI
    Eine schreckliche Sekunde später stand er mitten auf einer prachtvollen Blumenwiese, wie er sie sonst nur aus den Geschichten kannte, die man ihm als Kind einst erzählt hatte. Ein lauer Frühlingswind streichelte sacht über sein Gesicht und trug den Duft zahlreicher Blumen und Kräuter mit sich, die seine Nase liebkosten. In der Nähe schlängelte sich ein kleiner Bach serpentinartig durch den Wilden Garten und gurgelte dabei fröhlich vor sich. Wenn dies Camorans Paradies war, dann trug es seinen Namen zurecht.

    Mit vorsichtigen Schritten folgte Sarnek einem der nahen Wege und kam dabei nicht umhin, diese mysteriöse Welt respektvoll zu bestaunen. Hier und da sprangen Rehe über die Wiese, Vögel zwitscherten in den Bäumen, Bienen summten von Blüte zu Blüte, Kaum zu glauben, dass dieses Traumland vom blutrünstigsten Mann in ganz Cyrodiil erschaffen wurde.

    "Atemberaubend schön, nicht wahr?" ertönte plötzlich eine Stimme in Sarneks Kopf, als hätte er seine Gedanken gelesen.
    "Mankar Camoran!", antwortete Sarnek wenig überrascht.
    "In der Tat, der bin ich. Für gewöhnlich erwarte ich von meinen Untergebenen die Anrede 'Herr' oder 'Meister', aber bei dir möchte ich heute einmal eine Ausnahme machen. Ich hab dich schon sehr lange erwartet, Sarnek vom Kaiserreich. War es sehr schwer, in mein 'Gaia Alta' zu finden?"
    "Zumindest schwerer als für jene, die du für 'würdig' erachtest, nach ihrem Tod hier zu landen", zischte Sarnek wütend zurück, "Eine Würde, die mit dem Blut Unschuldiger erkauft wurde."
    Camorans Antwort darauf war ein einziges gellendes Gelächter. Dann fügte er hinzu: "Ich erwarte dich am Carac Agaialor - meinem Platz am Gipfel des Paradieses. Viel Glück, Sarnek vom Kaiserreich!"

    Sarnek hatte geahnt, dass er nicht lange unbemerkt bleiben würde. Camoran überwachte seine Schöpfung, in der er wie ein Gott regierte, sehr sorgfältig. Und so übermächtig er sich auch fühlte, so würde er doch nicht zulassen, dass man ihm Ärger macht.
    Schon bald kam er an den ersten Bewohnern des Paradieses vorbei - den sogenannten "Aufgestiegenen Unsterblichen". Sie waren Mitglieder der Morgenröte, die im Kampf ihr Leben verloren und hier "wiedergeboren" wurden. Sarnek wusste, dass er von ihnen nichts zu befürchten hatte. Sie waren viel zu sehr in ihrer Apathie versunken, um ihn überhaupt zu bemerken. Ein krasser Gegensatz zu dem ansonstigen sonnigen Paradies.

    Am Ende des Weges machte er eine imposante Steinbrücke aus, die sich über den Bach spannte. Davor stand eine Dremora-Wache, die sich nun langsam auf Sarnek zu bewegte.
    "Halt, Unwürdiger!", rief Kathutet, "Nur Träger der Bande der Auserwählten dürfen die Verbotene Grotte betreten."
    "Lass mich durch!", widersprach Sarnek bestimmt, ohne selbst wirklich an einen Erfolg zu glauben, "Mankar Camoran persönlich erwartet mich."
    "Aber sicher tut er das. Er hat ja auch nichts Besseres zu tun, als mit einem Wurm wie dir seine Zeit zu verschwenden."
    "Also schön, und wie bekomme ich so eine Bande?"
    "Der Meister höchstpersönlich verteilt sie, allerdings nur an die Würdigsten seiner Anhänger. Dich zählt er offensichtlich nicht dazu."

    Nach einer kurzen Pause fügte die Wache raunend hinzu:
    "Ich sag dir was. Wenn du eine Kleinigkeit für mich erledigt, dann kannst du meine Bande haben. Die Grotte ist eh nichts für mich."
    "Und was ist das für eine 'Kleinigkeit'?", harkte Sarnek skeptisch hinzu.
    "Weißt du, der Wilde Garten ist in der Regel ein äußerst langweiliger Ort. Immer nur Unsterbliche töten und zusehen, wie sie an anderer Stelle wiedergeboren werden, ist auf die Dauer sehr eintönig. Doch kürzlich ist ein Xivilai namens Anaxes hier aufgetaucht und hat ordentlich für Aufruhr gesorgt. Meine Kameraden konnten ihn dann schließlich festsetzen und einsperren. Tja,und seitdem ist es hier wieder langweilig."
    "Und was hab ich damit zu tun?"
    "Ich möchte, dass du Anaxes befreist. Er ist ziemlich schlecht auf die drei Wachen vor seiner Zelle zu sprechen und hat bereits mehrmals bittere Rache geschworen. Sei also besser nicht in der Nähe, wenn der Spass beginnt."
    "Einen wütenden Xivilai zu befreien, klingt nicht gerade nach einer besonders klugen Aktion."
    "Wenn dir die Aufgabe zu gefährlich ist, kannst du natürlich auch versuchen, mich zu töten. Dreimal darfst du raten, wie vielen das schon gelungen ist."

    Sarnek ließ sich von Kathutet den Weg zu Anaxes' Gefängnis beschreiben und machte sich auf den Weg. Für einen kurzen Moment hatte er mit dem Gedanken gespielt, tatsächlich auf den Wächter loszugehen und ihm die Bande gewaltsam abzunehmen, doch seine bisherige Erfahrung mit den Dremora hatten ihm gezeigt, dass dies ein sinnloses Unterfangen gewesen wäre. Dann doch lieber die Aufmerksamkeit eines Xivilais erregen.

    Seine Zelle war eine vergitterte Höhle in einer kahlen Felswand im Osten der Wilden Wiese. Wie von Kathutet erwähnt wurde Anaxes von drei Dremora bewacht. Sie wirkten nicht allzu angetan von ihrer Aufgabe, ließen ihren Gefangenen aber auch nicht aus den Augen.
    Sarnek fragte sich, weshalb sich Anaxes nicht einfach selbst befreite. Für einen mächtigen Magier wie ihn wäre das sicher ein Leichtes. Doch dann kam er zu dem Schluss, dass die Zelle wahrscheinlich mit einem starken Bannzauber vor magischen Einflüssen geschützt wurde. Und ohne seine Magie hatte der Oblivion-Dämon selbst gegen die Dremora keine Chance. Es galt also, die Zelle zu öffnen, ohne dass man Sarnek bemerkte. Vielleicht ließen sich die Wachen ja irgendwie ablenken.

    "Halt!", rief einer der Wachen ihm entgegen, als sich Sarnek der Zelle näherte, "Wer bist du und was suchst du hier?"
    "Ich bin nur ein unwürdiger Diener meines Meisters", antwortete er gespielst unterwürfig und hätte sich dafür am liebsten selbst aufs Maul gehauen. Euer Kamerad Kathutet hat mir erzählt, dass ihr einen Xivilai gefangen haltet. Den würde ich mir zu gerne einmal anschauen."
    "Soso, Kathutet hat dir das also erzählt. Nun, es stimmt. Wir haben einen Xivilai. Es war eine Mordsarbeit, ihn einzufangen. Vorher konnte er noch fünf von uns in Aschehäufchen verwandeln. Halte dich besser von ihm fern, wenn dir dein Leben lieb ist."
    "Wo wir gerade von Kathutet reden", unterbrach eine andere Wache, "Vor dem würde ich mich auch in Acht nehmen. Als Anaxes hier auftauchte, hatte sich der Feigling direkt verkrümelt. Seitdem darf er vor dem Eingang zur Grotte Wache schieben."
    Diese Erwähnung brachte Sarnek auf eine Idee. Gespielt nachdenklich antwortete er: "Ja,das erklärt so einiges."
    "Wovon redest du?", entgegnete die dritte Wache hellhörig geworden.
    "Nun ja", raunte Sarnek den Dreien zu, "Als ich Kathutet traf, unterhielt er sich gerade mit einem der Unsterblichen. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann hatte er ihm seine Bande der Auserwählten versprochen, wenn es ihm gelänge, Anaxes zu befreien. Dadurch hab ich erst von der Kreatur erfahren. Ich dachte, es interessiert euch vielleicht."
    "Den Xivilai befreien? Bei Dagon, ist er denn wahnsinnig geworden?"
    "Ich glaube, der braucht mal was aufs Maul."
    "Lasst ihn uns mal einen kleinen Besuch abstatten."

    Ohne sich weiter mit dem Fremden zu befassen, verließen die drei Wachen ihren Posten und begaben sich zur Brücke, an der Kathutet Wache hielt. Fast hatte Sarnek ein wenig Mitleid mit ihm, aber das legte sich bald wieder.
    Hinter dem stabilen Gitter ging der Xivilai zornig auf und ab, sein Blick neugierig auf Sarnek gerichtet.
    "Lass mich frei!", keuschte Anaxes' unheimliche Stimme, "Öffne die Zelle und lass mich frei!"
    "Ich werde dich befreien, Anaxes, aber wenn du schlau bist, solltest du danach von hier verschwinden."
    Mit diesen Worten drückte er den Hebel links vom Gitter hinunter und entfernte sich dann rückwärts von der Zelle, ohne den Dämon aus den Augen zu lassen. Der aber dachte nicht daran, Sarnek anzugreifen, sondern eilte sofort in die Richtung, in die auch seine drei Peiniger verschwunden sind. Die Zeit seiner Rache war gekommen.

    Nur wenige Minuten später war alles vorbei. Anaxes war verschwunden, und an der Steinbrücke lagen nur vier tote Dremora. Sarnek vermutete, dass sie jeden Moment wieder irgendwo auftauchen würden - so verlangte es das Gesetz dieser Traumwelt, und nahm die Bande von Kathutets Hals.
    Mit diesem überquerte er nun langsam die Brücke und fand sich kurz darauf in der Verbotenen Grotte wieder.

    Ende Kapitel XXXII (1/2)
    In der Grotte angekommen erkannte Sarnek schnell, dass dieses sogenannte Paradies nichts weiter war als eine einzige Illusion. Erschien einem der Wilde Garten noch wie ein wahrgewordener Traum, spiegelte die Verbottene Grotte all das wieder, was man von dem kranken Hirn eines Symphatisanten des Prinzen der Zerstörung erwarten konnte.
    Zu seinen Füßen erstreckte sich ein pechschwarzer Steg über einen breiten Lavasee. Links und rechts hingen Käfige von der Decke. Die Insassen - allesamt ehemalige Mitglieder der Mysthischen Morgenröte - waren entweder tot - verbrannt in den gewaltigen Lava-Fontänen, die regelmäßg genau unter den Käfigen hochspritzen, oder erstickt in den giftigen Dämpfen - oder standen kurz davor.
    Und doch würden sie nie richtig sterben können, weil Mankar Camoran es schlichtweg nicht erlaubte. Sie würden einfach wiedergeboren werden, vielleicht in einem anderen Käfig, nur um kurz darauf wieder zu sterben. Ein einziger schmerzvoller Teufelskreis bis ans Ende aller Tage.
    "Du verdammter Bastard!", zischte Sarnek zornig, "Du lässt deine eigenen Anhänger glauben, der Eintritt ins Paradies sei eine Belohnung, aber in Wirklichkeit ist es die Strafe für ihr Versagen - eine einzige endlose Strafe."

    "Die Wahrheit ist weitaus grausamer, Sarnek vom Kaiserreich", hörte er hinter sich plötzlich eine weiche, fast wehmütige Stimme und drehte sich um. Hinter ihm stand ein abgemagerter Hochelf in der Kutte der Morgenröte und starrte ihn aus einem blassen eingefallenen, fast traurigen Gesicht an.
    "Verdammt!", zischte Sarnek und wollte nach seiner Waffe greifen, als er erkannte, dass er überhaupt keine bei sich trug.
    "Du brauchst keine Angst vor mir zu haben", entgegnete der Mann ruhig und hob beschwichtigend seine Hand, "Mein Name ist Eldamil, und ich möchte dir helfen."
    Sarnek blickte ihn ungläubig an und fragte dann:
    "Mir helfen? Warum solltest du mir helfen wollen?"
    "Weil ich so bin wie du", antwortete der Eldamil.
    Er nahm eine Fackel von der Wand und führte Sarnek durch die unzähligen Gänge dieser unterirdischen Folterkammer.
    Und dann erzählte er seine Geschichte.

    "Lange Zeit war ich Camorans Rechte Hand. Die Pläne zur Ermordung des Kaisers, sondern von mir. Ich war es auch, der das Große Portal vor Kvatch öffnete, damit die Dremora dort einmarschieren konnte. Stolz blickte ich auf all die Greueltaten hinab, die ich beging, weil ich an Camoran glaubte - an ihn und seine 'Göttliche Mission'. Und dann wurde ich gefasst.

    Zusammen mit ein paar Leuten untersuchte ich die Trümmer der gefallenen Stadt nach Überlebenden und Wertsachen, als uns eine handvoll Soldaten erwischten und niederstreckten.
    Wie alle Anhänger wurde auch ich im Paradies wiedergeboren. Die Belohnung für alle, die im Kampf für die Morgenröte den Tod fanden, so dachte ich. Doch dann erreichte ich die Grotte und erkannte die Wahrheit.
    Männer und Frauen wurden geschlagen und zu Tode gefoltert. Nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder. Der grausame Preis der Unsterblichkeit.

    Ich wollte Camoran zur Rede stellen, ihm erklären, dass er mit seinen Leuten so nicht umspringen kann. Doch er warf mir nur Wankelmut vor und enthob mich meines Postens. 'Wenn dir meine Methoden so wenig behagen', sagte er zu mir, 'dann wird es wohl das Beste sein, wenn du sie von nun an für alle Zeit vor Augen hast, auf dass du nie vergessen mögest, was dir blüht, wenn du mich noch ein einziges Mal infrage stellst.'
    So wurde ich zum Aufseher in dieser Grotte."

    Vor einer Biegung blieb der Altmer plötzlich stehen und hielt auch Sarnek zurück.
    "Am Ende dieses Ganges befindet der Eingang zum Vorhof des Carac Agaialor", flüsterte er, "Sie wird von Orthe, meinem Vorgesetzten, bewacht."
    "Und wie komm ich an ihnen vorbei?"
    "Als mein Gefangener!", antwortete Eldamil trocken und holte ein paar Ketten hervor.
    "Mit deiner Erlaubnis werde ich dir die hier jetzt anlegen. Sobald wir an den Wachen vorbei sind, befreie ich dich wieder. Versprochen!"

    Nur widerwillig ließ sich Sarnek in Ketten legen, andererseits war es womöglich die einzige Chance, lebendig an den Dremora vorbei zu kommen. Im Kampf hätte er gegen sie keine Chance, schon gar nicht ohne Waffen und Rüstung. Im Gegensatz zu den ganzen Gefangenen hier war er selbst nicht unsterblich. Wenn Sarnek hier starb, dann endgültig.
    Eldamil packte Sarnek am Arm und führte ihn den Gang entlang.
    "Du musst mir jetzt unter allen Umständen vertrauen", raunte Eldamil an Sarneks Ohr, "dann wird alles gut!"

    "Halt!", brüllte Orthe dem Hochelf entgegen, "Wohin willst du mit dem Gefangenen, Eldamil?"
    "Dies ist der Fremde, Anaxes befreit hat, Herr. Ich soll ihn zu Medrike bringen."
    "Der wird sich freuen, mal wieder einen Kameraden zum Spielen zu haben", entgegnete der Dremora höhnisch grinsend, "Hoffentlich hält der ein wenig mehr aus als der Letzte. Du kannst durchgehen!"

    Orthe öffnete das Tor und ließ den Aufseher passieren. Kurz darauf verschloss er es wieder.
    "Wer ist Medrike?", fragte Sarnek misstrauisch geworden, während Eldamil ihm die Fesseln abnahm.
    "Anaxes' Cousin.", antwortete der, als hätte Sarnek ihn nur nach dem Wetter gefragt.
    "Das klingt großartig. Noch ein Xivilai", spottete Sarnek und fügte etwas ernster hinzu: "Wird er uns Ärger machen?"
    "Wird er!", bestätigte Eldamil nickend, "Er besitzt den Schlüssel zum Ausgang und wird ihn uns nicht freiwillig aushändigen."

    Er griff unter seine Robe und holte ein Dremora-Schwert hervor.
    "Die hier wirst du brauchen", sagte er und überreichte Sarnek die aus Dremora-Stahl gefertigte Klinge. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, dass er eine solche Waffe in Händen hielt. Sein Dolch wäre ihn lieber gewesen, aber er war nicht in der Lage, wählerisch zu sein.

    "Medrike befindet sich hinter der nächsten Tür", riss Eldamil ihn aus den Gedanken, "Mach dich auf einen harten Kampf gefasst!"

    Mit gezückten Waffen betraten Sarnek und sein Gefährte langsam die Höhle des Xivilais, eine kleine Insel umgeben von einem Ring aus kochender Lava, über den zwei Stege gespannt waren. Der Dämon stand in der Mitte und starrte die beiden Eindringlinge missmutig an.
    "Was wollt ihr hier?", keuschte Medrike bedrohlisch, und der Altmer antwortete:
    "Wir wollen durch die Tür hinter dir, und du hast den Schlüssel. Händige ihn uns aus."
    "Wenn ihr den Schlüssel wollt, werdet ihr sie schon meiner Leiche abnehmen müssen."
    "Ich habe befürchtet,dass du das sagen wirst!"

    Mit diesen Worten entsand Eldamil einen Blitz in Medrikes Richtung, der diesem geschickt auswich.
    "Nicht!", packte Sarnek den Hochelf am Arm, "Du kannst einen Xivilai mit Magie nicht besiegen. Das macht ihn nur stärker."
    "Du hast Recht!", antwortete Eldamil sich seines Fehlers bewusst und griff nun ebenfalls nach seinem Schwert.

    Während sie den Dämon von zwei Seiten gleichzeitig angriffen, setzte sich dieser mit mächtigen Feuerbällen zur Wehr. Zum Glück war der Xivilai zwar ein mächtiger Zauberer, allerdings zu langsam, als dass er sich um zwei Angreifer gleichzeitig kümmern konnte.
    So gelang es Sarnek irgendwann, sich soweit zu nähern, dass er einige Treffer landen konnte, während Eldamil ihn mit Schutzzaubern in Schach hielt.
    Der Panzer des Dämons war sehr robust, doch gegen eine Dremora-Klinge konnte selbst der nicht lange bestehen.

    Wütend wand sich Medrike nun Sarnek zu und packte ihn. Doch ehe er ihn in die Lava schleudern konnte, stieß der Hochelf nun seine Klinge durch den geborstenen Panzer in den Rücken des Xivilai, der daraufhin Sarnek wieder fallen ließ. Der Schmerzensschrei des Dämons hallte durch die ganze Höhle, vielleicht sogar durch die ganze Verbotene Grotte.

    Sarnek nutzte die Gelegenheit und packte den Schwertgriff noch fest. Mit Einer schnellen Drehung schlug er dem Biest den Kopf ab. Medrike war tot, und die beiden Helden schnauften erleichtert auf.
    "Donnerwetter!", sagte Sarnek nach Luft ringend, "Das war mal wieder verdammt knapp." Etwas ernster fügte er hinzu: "Ich danke dir, mein Freund!"
    "Es ist noch nicht vorbei", entgegnete Eldamil ernst, "Hinter dieser Tür erwartet dich der Carac Agaialor - und Mankar Camoran. Wenn du ihn tötest, wird diese Hölle hier verschwinden und mit ihm alle seine Bewohner."
    "Auch du wirst sterben!", erkannte Sarnek besorgt, doch der Altmer lächelte nur und antwortete: "Gestorben bin ich bereits in Kvatch. Alle hier sind bereits tot, doch den Frieden finden wir erst, wenn du deine Aufgabe erfüllt hast."

    Er umarmte Sarnek und sagte sanft: "Auf diesem Weg kann ich dich leider nicht begleiten, mein Freund. Aber ich wünsche dir viel Glück. Du wirst es brauche."
    "Da fällt mir ein", fügte er hinzu, als er sich gerade umdrehen wollte, "Deine Bande der Auserwählten - gib sie mir. Du kannst die Grotte nicht verlassen, solange du sie trägst.
    Sarnek überreichte Eldamil die Bande und öffnete die Tür nach draussen. Als er sich noch einmal umdrehte, um sich zu verabschieden, erkannte er, dass er allein in der Höhle war. So trat er wortlos ins Freie und erblickte aufs Neue dieses paradiesische Lügenbild, dass die Unsterblichen von der grausamen Wahrheit ablenken sollte.
    "Mankar Camoran, ich komme!"

    Ende Kapitel XXXII
    Hustend und keuchend erwachte sie aus einem Tiefschlaf, der eine kleine Ewigkeit zu dauern schien. Jeder einzelne Knochen schmerzte, doch sie war am Leben. Man hatte sie mit heilenden Tinkturen behandelt und in dicke Verbänder gewickelt, um die Blutungen zu stoppen. Sie fühlte sich wie von einer Herde Pferde überrannt, doch sie war am Leben.
    "Herrin, Ihr seid wach!", hörte sie eine aufgeregte und ihr bekannte Stimme rufen und sah aus den Augenwinkeln, wie die alte Argonierin auf sie zulief.
    Tar-Meena war wie die meisten anderen Magier ebenfalls an der Schlacht um Bruma beteiligt gewesen. Danach war sie geblieben, um Cascada und die anderen Überlebenden so gut sie konnte zu verarzten.

    "Tar-Meena!", sprach die Bosmerin schwach und mit dem Anschein eines Lächelns, "Schön, Euch zu sehen. Wie lange war ich weg?"
    "Zwei Tage!"
    "Nur zwei Tage? Fast hätte ich auf zwei Jahre spekuliert", entgegnete Cascada, "Was ist geschehen? Haben wir gewonnen?"
    "Bruma steht noch, wenn Ihr das meint, aber die Verluste waren immens."
    "Wie geht es den anderen?"

    In diesem Moment öffnete sich die Tür, und Telaendril stürzte in die Kammer. Sie strahlte im ganzen Gesicht, und am liebsten wäre sie ihrer Gefährtin um den Hals gefallen, doch zu Cascadas Glück unterließ sie es.

    "Wir haben Jauffre und viele der anderen Klingen in der Schlacht verloren", erklärte Martin betont sachlich, nachdem er sich ebenfalls zu den anderen gesellt hatte.
    "Auch unter den anderen Streitkräften gab es hohe Verluste. Doch, ihre Opfer waren nicht vergebens. Als sich die Tore schlossen, gelang es uns, die restlichen Aggressoren niederzustrecken oder zumindest zu vertreiben. Mit etwas Glück ist auch das Amulett der Könige bald wieder in unserem Besitz."

    "Wo wir gerade davon sprechen", unterbrach die Waldelfe, während sie sich mit Tar-Meenas Hilfe aufsetzte, "Wo steckt Sarnek eigentlich? Es gibt da etwas, worüber ich dringend mit euch geht. Mir ist da nämlich ..."

    Bei der Erwähnung Sarneks und des Portals hätte sich Telaendril fast an ihrem Tee verschluckt. Mit einem Schlag wurde sie leichenblass und stotterte verlegen.
    "Ich fürchte", half Martin der Waldelfe entschuldigend, "diese Entscheidung wurde bereits gefällt - Sarnek ist hindurch gegangen!"
    "Bitte,was??", rief Cascada entsetzt und wäre um ein Haar wieder ohnmächtig geworden, doch die Argonierin konnte sie wieder beruhigen.

    Schuldbewusst erklärte Telaendril: "Ich hab versucht, ihn davon abzubringen, aber letztendlich hatten wir keine andere Wahl. Die Zeit war knapp, und du lagst im Koma. Sarnek war die einzig logische Alternative, so ungern ich es auch zugebe."
    "Und wie lange ist er schon weg?"
    "Bereits einige Stunden."
    "Einige Stunden? Aber,dann müssen wir ihm doch nach!"
    "Das geht leider nicht!", erklärte nun wieder Martin, "Nur ein Einzelner kann durch das Portal gehen. Danach schließt es sich umgehend wieder. Allein Camorans Tod kann Sarnek zu uns zurückbringen."

    "Aber vielleicht gibt es einen anderen Weg!", hörten sie Lucien Lachance sprechen, der plötzlich in Cascadas Kammer aufgetaucht war.

    Ende Kapitel XXXIII (1/2)
    Lucien!", bemerkte Telaendril überraschte und nahm ihn freundscahftlich in den Arm, "Was macht Ihr denn hier? Ich dachte, Ihr wärt mit dem Wiederaufbau der Bruderschaft beschäftigt."
    "Die Bruderschaft ist zerschlagen, unsere letzten Kameraden sind in dieser Schlacht gefallen. Zudem haben wir derzeit ganz andere Sorgen. Just in diesem Moment riskiert unser Freund - unser Bruder - sein Leben, um das von Millionen zu retten. Wir müssen ihm helfen."
    "Aber wie?", entgegnete nun die noch immer ein wenig geschwächte Cascada, "Wie können wir ihm helfen?"

    Der ehemalige Sprecher zog sich einen Stuhl heran, der in der Ecke stand, und setzte sich.
    "Durch das Portal", begann Lucien zu erklären, "können wir Sarnek nicht folgen,das ist wahr. aber habe vielleicht eine andere Möglichkeit gefunden."
    "Sprecht weiter!", forderte der junge Thronfolger den Mann in der dunklen Robe ungeduldig auf.
    "Gemach,gemach!", erwiderte Lucien und setzte fort:
    "Vor einiger Zeit führten mich meine Geschäfte nach Bravil. Müde und hungrig kehrte ich im hiesigen Gasthaus ein. Dort traf ich einen jungen Magier namens Henantier, der mir eine ganz unglaubliche Geschichte erzählte. Er hätte ein Amulett entwickelt, mit deren Hilfe es möglich sei, in seine eigenen Träume zu reisen. Man müsse es nur anlegen und damit einschlafen."

    "Und das funktioniert?", harkte die alte Argonierin neugierig nach.
    "Teilweise zumindest!", antwortete Lucien, "Laut Henantier sei es ihm bei seinem letzten Versuch zwar gelungen, in seinen Traum hineinzukommen, aber allein kam er dann nicht wieder heraus. Zu seinem Glück sei ihm schließlich ein mutiger Abenteurer zuhilfe geeilt. Seitdem hatte er die Finger von solchen Experimenten gelassen."

    "Das ist ja alles schön und gut", bemerkte Cascada skeptisch, "Aber wie hilft uns das, zu Sarnek zu gelangen? In unseren Träumen finden wir ihn bestimmt nicht, zumindest in dieser Form."
    "Ach, du träumst von Sarnek?", bemerkte Telaendril gespielt schnippisch.
    "Du weißt schon, wie ich das meine."

    "Cascada hat Recht!", unterbrach die beiden Bosmerinnen, ehe diese sich in eine unnötige Diskussion verwickelten, "Mit einer Reise in unsere Träume ist niemandem geholfen, weder Sarnek, noch Tamriel."
    "Dieses Paradies", erklärte Lachance gelassen, "wurde von Mankar Camoran erschaffen, richtig? Es wurde nach seinen Vorstellungen geschaffen, nach seiner eigenen Phantasie. Was aber, so frage ich dich, sind unsere Träume anderes als Ausgeburten unserer Phantasie? Sicher in unseren eigenen Träumen können wir wohl kaum etwas ausrichten. Aber,wenn wir das Amulett ein wenig umjustieren ..."
    "... dann können wir in Camorans Träume gelangen und ihm so manch schlaflose Nacht bescheren.", setzte Telaendril für ihn fort und rieb sich dabei hämisch grinsend die Hände. Verständnisvoll lächelnd schüttelte Lucien den Kopf.
    "Nein, mein Kind. Nicht ganz! Eher habe ich die Hoffnung, uns aus diese Weise in dieses zweifelhafte Paradies zu gelangen."

    Unter seiner Robe holte der Sprecher einige beschriebene Pergamente und ein Silberamulett hervor. In seiner Fassung schimmerte ein azurblauer Diamant.

    "Das Schiksal wollte es", erklärte Luciend fast bedauernd, "dass Henantier am nächsten Morgen tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde. Vermutlich ist der Magier jemandem einmal zu oft auf die Füße getreten, was das Mitglied einer anderen Abteilung unserer Bruderschaft auf den Plan rief. Dieser überließ mir auf meinen Wunsch hin das Amulett und die Formeln.Martin, haltet Ihr Euch für dazu instande, anhand dieser Formeln und Camorans Buch eine Art Hintertür zum Paradies zu erschaffen?"
    "Ich könnte es zumindest versuchen", antwortete der Thronanwärter wenig überzeugt. Er nahm die Gegenstände entgegen und begab sich zurück in die Große Halle.
    "Ich werde am besten mal sehen, ob ich ihm irgendwie zur Hand gehen kann", sprach Tar-Meena mit einem angedeuteten Lächeln in ihrem reptilischen Gesicht. Offensichtlich kam sich die alte Bibliothekarin ein wenig überflüssig vor.

    "Während wir warten", begann Lucien Lachance,als er mit den beiden Waldelfen allein war, "sollten wir uns noch ein wenig unterhalten. Wenn ich mich nicht irre, wollte uns Cascada etwas erzählen. Etwas Wichtiges?"
    Seine Augen blitzten, als wüsste er längst, um was es ging, und dann war da noch sein berühmtes Grinsen.

    Ende Kapitel XXXIII
    Camorans Residenz, der Carac Agaialor, bot sich in so unglaublicher Schönheit da, wie man es nur von den berühmten Bauwerken der Ayleiden erwarten konnte. Unter einem imposanten Torbogen - geschaffen aus dem selben weißen Marmor wie der gesamte Palast, reckte sich eine breite Steintreppe den Hügel empor, auf dem der Prachtbau stand. Umgeben von der schönsten Blumenpracht und beschienen von der hellsten Frühlingssonne, die Sarnek je zu Gesicht bekam, glitzerte das Gestein wie einziger gewaltiger Diamant.

    Entschlossenen Herzens stieg der ehemalige Meuchelmörder die Stufen hinauf, vorbei an zahlreichen Statuen und Skulpturen - Abbilder der Ahnen Camorans, darunter auch sein Vater Haymon Camoran, der Thronräuber - näherte er sich Schritt dem mächtigen Portal - darüber das grauenvolle Gesicht Mehruns Dagons, der den ungebeten Gast mit seinem bedrohlichen Blick zu durchbohren schien.
    "Keine Sorge", zischte Sarnek dem steinernen Dämon entgegen, "Du kommst auch noch dran!"

    Wie von Geisterhand öffneten sich die mächtigen Flügeltüren vor seinen Augen. Mankar Camoran genoss es sichtlich, immer wieder aufs Neue seine 'Göttlichkeit' zur Schau zu stellen, doch der vom Kampf gezeichnete Mörder ließ sich schon lange nicht mehr beeindrucken. Trotz all seiner Macht war Camoran nach wie vor ein Sterblicher, und diese Schwäche würde ihm heute zum Verhängnis werden.

    Sarnek durchquerte das Portal und stand nun in einer weiten Halle. Links und rechts standen sich zwei Dagon-Statuen gegenüber - beide so hoch wie die Halle - und schienen die Decke des Tempels mit ihren furchterregenden Pranken an ihrem Platz zu halten. Ihr Blicke waren auf den breiten Teppich aus blutigrotenm Brokat unter sich sich gerichtet.
    Zwischen den beiden Statuen näherten sich zwei Gestalten in den Roben der Mythischen Morgenröte, die Kapuze übers Gesicht gezogen.
    Es war nicht schwer zu erraten, wer sie waren, Sarnek hatte geahnt, dass sie hier sein würden. Schließlich waren sie Camorans Kinder.

    Ruma und Rabe Camoran, die einstige Sektenführerin und ihre Rechte Hand. Beide hatten sie im Dienste ihres Vaters den Tod gefunden - Ruma durch Sarnek persönlich, als er sich von der Morgenröte abwandt, und Rabe durch die Bosmerin Cascada, Sarneks frühere Feindin und nun treue Kampfgefährtin - und waren kurz darauf hier im sogenannten 'Gaiar Alata' - im Wilden Garten - zu neuem Leben erwacht und somit unsterblich, solange das Paradies existierte, solange Mankar Camoran existierte.

    "So hast du es also tatsächlich geschafft!", bemerkte Ruma arrogant lächelnd, und ihr Bruder fügte ebenso lächelnd hinzu: "Du kannst dich geehrt fühlen, das Werk unseres Vaters nun doch noch mit eigenen Augen erleben zu dürfen. Er wartet bereits sehnsüchtig auf deine Ankunft. Komm, wir bringen dich zu ihm."

    Auf dem Weg zu Camorans Thronsaal passierten sie zwei weitere Dagon-Statuen. Imposante Ayleiden-Gemälde zierten die Wände dahinter, zahlreiche Welkynd-Kristalle tauchten die gesamte Halle in ein kühles Blau.

    Nicht weniger beeindruckend war der weite Thronsaal, in dem sich der Prophet der Morgenröte wie der Kaiser höchstselbst huldigen ließ. Sarnek zählte an die zehn Dremora-Wachen, die überall im Raum verteilt standen und ihren Anführer nicht aus den Augen ließen. Es würde nicht leicht werden, an Camoran heranzukommen, ohne vorher selbst dabei draufzugehen.

    In der Mitte des Saals erhob sich ein schwerer Steinthron ein paar Meter über den Boden und war nur über eine schmale mit feinen Teppichen gezierte Treppe zu erreichen. Links und rechts standen zwei der Wachen, und in ihrer Mitte saß Mankar Camoran.

    "Herzlich Willkommen, Sarnek vom Kaiserreich!", sprach der Anführer mit der dunklen Haarmähne, die einen starken Kontrast zu seinem blassen Altmer-Gesicht darstellte, in seiner überheblich freundlichen Art, als müsse es der ganzen Welt eine Gnade sein, dass Mankar Camoran auf ihr wandle.

    "So bist du also endlich gekommen, um dich hier vor mir niederzuwerfen und mich für deine Verfehlungen um Gnade anzuflehen?"
    Sarnek lachte bitter und antwortete verächtlich:
    "Ich bin hier, um dich für deine Untaten zur Rechenschaft zu ziehen, für all das Leid, dass du über Cyrodiil gebracht hast und für all deine Lügen. Ich bin gekommen, um das zurück zu fordern, was du gestohlen hast."
    "Ich nehme an, du meinst dies hier", entgegnete Camoran und verwies auf das Amulett um seinen Hals - das Amulett der Könige.
    "Es heißt", setzte der Altmer gelassen fort, "nur Abkömmlinge vom Blute der Septime können das Chim-el Adabal tragen. Nun, offensichtlich ist es mir gelungen, diesen Bann zu durchbrechen. Von ihm beziehe ich meine Mächte, und mit ihm werde ich Oblivion nach Tamriel holen. Ich habe nicht vor, mich davon zu trennen."
    "Das hab ich auch nicht erwartet!", antwortete Sarnek trocken und zog das Dremora-Langschwert hervor. Mit einer solchen Klinge hatte das Unheil begonnen, und mit einer solchen würde es nun auch enden.

    "Ach, der Tod ist es, den du hier suchst!", bemerkte Camoran sich von seinem Thron erhebend, "Nun, ich will ihn dir gewähren. Allerdings wirst du nicht die Ehre erhalten, danach mein Reich als Unsterblicher zu betreten."
    "Dein Paradies wird gleich nicht mehr sein!"

    Mit diesen Worten ging er auf Camoran los, doch dessen Leibwächter waren schneller. Sie stellten sich vor ihren Anführer und kreisten den Eindringl langsam ein.
    Sarnek war nicht soweit gekommen, um sich nun einfach so töten zu lassen. Mit flinken Paraden währte er die Hiebe der Dremora um ihn herum ab, versuchte sie mit Finten auf Abstand zu halten. Aber wie lange würde er das noch durchhalten? Sarnek war zwar ein geschickter Fechter, aber bei Weitem nicht so erfahren wie Cascada oder eine ihrer Klingenbrüder.
    Worauf hatte er sich da nur wieder eingelassen? Einmal mehr wünschte er sich, seine Freunde wären hier.

    Und dann geschah es ...

    Ende Kapitel XXXIV (1/2)
    "Was geht hier vor?" rief Mankar Camoran überrascht in die Runde, "Was für ein Zauber ist das?"

    Ein grell leuchtender weißer Strudel war mitten im Thronsaal entstanden und schien allmählich immer größer zu werden. Was war das?
    Offensichtlich waren auch die Dremora verwirrt und wussten nicht, was sie davon halten sollten. Selbst ihr großer Anführer war sichtlich ratlos.
    Die allgemeine Verwirrung ausnutzend verteilte Sarnek einige schnelle Schwerthiebe und befreite sich so aus aus seiner misslichen Lage.
    Plötzlich erwachte der Strudel zum Leben, beziehungsweise das, was sich in seinem Inneren befand. Ein Pfeilhagel ging auf die dämonischen Krieger und erledigte sie einen nach dem anderen. Gleichzeitig spukte der Wirbel drei Gestalten aus, die sich sofort in Kampfaufstelleung begaben. Sarnek traute seinen Augen nicht.

    "Wie kommt ihr denn hierher?" rief der Mörder seinen Freunden entgegen.
    "Das erklären wir dir später", antwortete Cascada, die sich von ihren schlimmen Verletzungen recht schnell erholt zu haben schien. Diese Waldelfe war wirklich unverwüstlich. Neben ihr stand Telaendril mit dem Bogen in Anschlag und lächelte Sarnek entgegen, sichtlich erleichtert, dass er noch lebte.
    Die größte Überraschung aber war die Anwesenheit von Lucien Lachance. Offensichtlich hatte er seine Pläne, die Bruderschaft wieder aufzubauen, kurzfristig nach hinten geschoben.
    Nachdem die drei den Strudel verlassen hatten, löste dieser sich in Wohlgefallen auf. Nun waren sie also zusammen mit Sarnek hier gefangen, bis der Schöpfer dieses trügerischen Paradieses zur Strecke gebracht wäre.

    "Ich hab zwar absolut keine Ahnung", sprach Camoran zu den Hinzugekommenen, "wie ihr es in meinen Palast geschaft habt, aber es wird euch nichts nützen. Hier bestimme ich über Leben und Tod, hier regiert die Unsterblichkeit! Zu schade, dass euch dieser Segen nicht zuteil werden wird."

    Mit diesen Worten tauchten drei weitere Gestalten auf und machten sich zum Kampf bereit. Rabe Camoran ging auf Lucien los, während seine Schwester Ruma sich mit Telaendril befasste.
    Selbst Tarok zählte nun zu den Unsterblichen. Nur zu gut erinnerte sich Cascada noch an seinen hinterhältigen Angriff, der sie um ein Haar das Leben gekostet hätte. Nun würde sie es ihm Schlag für Schlag vergelten, und wenn er hundertmal wieder zum Leben erwachte.

    "Dann wollen wir doch einmal sehen, wie unbesiegbar du und deine Freunde wirklich seid", sprach Mankar, nahm seinen Stab zur Hand und hetzte zehn weitere Dremora auf Sarnek. Der ließ sich nicht beirren und machte ein paar Saltos rückwärts, um nicht wieder eingekeilt zu werden. Sein Schwert wirbelte durch die Luft und erschlug die Krieger nacheinander.
    "Deine Dämonen lassen langsam nach", stellte Sarnek fest, "Anscheinend fordert die Untersterblichkeit einen gewissen Tribut. Vielleicht bist du für Dagon doch nicht so wichtig, wie du geglaubt hast."
    "Deine Überheblichkeit wird dir gleich vergehen, du Wurm!", entgegnete der Altmer verärgert und rief die dritte Welle herbei, doch Sarnek war flink.

    "Ich hätte nicht erwartet", bemerkte Tarok hämisch grinsend, "Dass du unseren letzten Kampf überlebt hast. Holger war wohl ein guter Lehrer. Zu schade, dass ihm sein Wissen nicht geholfen hat. Er war deutlich leichter zu töten." Mit diesen Worten ließ er seine Axt auf Cascada niederfahren.
    Die Bosmerin parierte und knirschte:
    "Jeden einzelnen Tropfen Blut, den du vergossen hast, werde ich dir heimzahlen, Tarok. Wenn diese Schlacht zuende geht, wirst du nicht wieder aufstehen, das verspreche ich dir."
    Ihre Schwerter sausten und prallten an der schweren Axt des Nords ab.

    Mit raschen Bewegungen sprang Telaendril von einer Ecke in die nächste, während Ruma ihr unablässig Feuerbälle hinterherjagte und die Bogenschützin so nicht zum Angriff kommen ließ.
    "Ich versteh gar nicht", sprach die Magierin trocken, "was Sarnek überhaupt an dir findet, "Ich dachte, er hasst Waldelfen."
    "Dich anscheinend noch viel weniger", gab die Angesprochene bissig zurück, "Sonst hätte er dir nicht sein Schwert ins Herz gejagt."
    "Ich hätte dich selbst erledigen sollen,anstatt mich auf diesen Verräter zu verlassen. Nun, diesen Fehler werde ich jetzt wieder gutmachen."
    "Dann solltest du dich aber ein bisschen mehr anstrengen", antwortete die Bosmerin und wich einem weiteren Feuerball aus.

    Auch Lucien Lachance hatte so seine Schwierigkeiten. Wie die ganze Familie war auch Rabe Camoran ein fähiger Magier und machte dem Sprecher mit Blitzen zu schaffen, doch auch Lachance hatte einge Tricks drauf, die man in der Magiergilde nicht lernte.
    "Dein kleiner Schutzzauber werden dir auch nichts bringen, Mörder!", giftete Rabe, während seine Blitze an Luciens magischer Barriere abprallten.
    "Ich mag ein Mörder sein,aber zumindest stürze ich nicht die ganze Welt ins Verderben.
    "Deine Blindheit ob unserer Macht wird deine Vernichtung sein, Unwürdiger."

    Inzwischen war es Sarnek gelungen, nah genug an Mankar ranzukommen, um ihn mit seinen Schwert zu erreichen. Doch so leicht ließ sich der Anführer der Morgenröte nicht töten. Mit einer raschen Bewegung zog er den Stab hoch und schlug seinem Gegner die Klinge aus der Hand. Der nächste Stoß schickte Sarnek vor Camoran zu Boden, während der ein drittes Mal ausholte.
    Sarnek reagierte und holte mit den Beinen aus. Ein Tritt in den Magen, und Camoran flog rückwärts, wobei seinen Stab verlor.
    Schnell rappelte sich Sarnek wieder auf, bekam aber keine Gelegenheit mehr nach seinem Schwert zu suchen, denn in dem Moment tauchten weitere Daedra auf.

    "Sarnek,fang!", rief Lucien und warf seinem Kameraden einen Dolch entgegen. Es war 'Todesstoß', Sarnkes Lieblingswaffe zu seiner Zeit bei der Bruderschaft. Mit ihm fühlte sich der berühmt-berüchtigte Meuchelmörder vergangener Tage endlich wieder komplett.
    "Im Namen Sithis'", brüllte er und erlegte ein weiteres Mal die von der stetigen Wiederbelebung geschwächten Dämonen.

    "Jetzt wirst du deine gerechte Strafe bekommen, Camoran", zischte Sarnek und lief auf den am Boden liegenden Hochelf zu, der voller Entsetzen rückwärts zu entkommen versuchte.
    "Dieses Paradies mag ein Hort der Unsterblichkeit sein", erkannte Sarnek grinsend, "nur seinem Schöpfer scheint er dieses Geschenk nicht zu gewähren, nicht wahr?"
    "Es ist nicht von Bedeutung, ob du mich nun tötest oder nicht. Ihr könnt den Prinz der Zerstörung nicht mehr aufhalten. Just in diesem Moment fällt er in die Kaiserstadt ein. Er wird sie vernichten und Tamriel endgültig von der Landkarte streichen. Der Sieg ist unser!"
    "Darauf würde ich mich nicht verlassen!", zischte Sarnek bedrohlich, und wollte gerade zustechen, als ein markerschütternder Schrei plötzlich die Halle erfüllte.
    Telaendril war von Camorans Geständnis einen kurzen Moment abgelenkt worden und übersah dabei, wie Ruma ihr einen größeren Feuerball entgegenschickte. Schwer verbrannt ging die Waldelfe zu Boden.

    Schockiert blickte Sarnek ihr nach, während Mankar die Gelegenheit nutzte, um sich zu erheben und zu flüchten.
    Zu seinem Bedauern mar Sarnek schneller. Zornig brüllend warf er dem Altmer seinen Dolch entgegen und traf ihn in den Rücken, wo die Klinge steckenblieb
    Die verhehrenden Blitze jagten nun durch Camorans Körper und schickten ihn erneut zu Boden, und diesmal stand er nicht wieder auf.

    Mit dem Großmeister des Mysthischen Morgenröte begann auch das Paradies zu sterben. Die Erde bebte, und von der Decke stürzende Gesteinsbrocken begruben alles unter sich, was nicht schnell genug ausweichen konnte.
    Ruma, Rabe und Tarok lösten sich in Luft auf, und mit ihnen auch alle anderen Unsterblichen.

    "Haltet euch aneinander fest und bleibt zusammen!", brüllte Sarnek dem ohrenbetäubenden Lärm entgegen, während er die bewusstlose Telaendril schützend unter sich nahm.
    Dann verschwand die Welt um sie herum. Sie wurde zu Schwärze - zu Nichts.

    Ende Kapitel XXXIV
    Als Camorans Paradies wie in einem Wirbelsturm in sich zusammenbrach, verschwanden auch all seine Bewohner. Für einen Moment sah es so aus, als würden auch Sarnek und seine Kameraden mitgezogen werden in diesen unsichtbaren Sog der Vernichtung, doch dann verschwanden sie und tauchten kurz darauf im Wokenherrscher-Tempel wieder auf - genau an der Stelle, an der Martin das Portal erschaffen hatte.

    "Der Feuerball hat sie ordentlich erwischt", erklärte Tar-Meena, nachdem sie Telaendril untersucht hatte, "aber sie wird durchkommen. Wann sie allerdings wieder aufwacht, vermag ich nicht zu sagen. Bei Cascada hat der Heilprozess zwei Tage gedauert. Beachtlich, wenn man bedenkt, wie sie zugerichtet war."
    "Lassen wir das Mädchen schlafen", entgegnete Lucien Lachance, "Vorerst haben wir Wichtigeres zu besprechen."

    "Die Dremora haben die Kaiserstadt besetzt!", erzählte Hauptmann Steffen, als sie sich kurz darauf in der Großen Halle zusammengefunden haben.
    "Die Stattore sind versperrt, es kommt keiner mehr rein und keiner mehr raus. Zum Glück konnten sich einige der Legionäre retten. Sie verstecken sich nun in der Nähe der Stadtmauer und behalten die Tore im Augen."
    "Sie haben Lordkanzler Ocato und die anderen Ratsmitglieder gefangengenommen", fügte Martin hinzu, "Vermutlich wird man sie Mehrunes Dagon als Opfer darbieten. Wir kommen zu spät"

    "Nicht geben, Euer Majestät!"
    Diese Worten stammen von Cascada. Sie setzte fort:
    "Wir können sie noch immer aufhalten."
    "Und wie? Wenn wir nicht in die Stadt kommen, kann ich das Drachenfeuer nicht entzünden."
    "Über die offiziellen Wege kommen wir nicht hinein,das ist wahr. Aber vielleicht, wenn wir sie freundlich darum bitten!"
    Sie konnte sich vorstellen, wie unglaublich verrückt das für ihre Freunde klingen musste. Es war tatsächlich verrückt, um nicht zu sagen wahnsinnig, aber dennoch konnte es funktionieren.

    "Du erwartest allen Ernstes", polterte Sarnek entsetzt, als er sich später mit Cascada im Warenlager des Tempels trafen, "dass ich mir eine Dremora-Rüstung überstreife?"
    "Jetzt stell dich mal nicht so an!", widersprach die Bosmerin gelassen, "Früher war es für dich doch auch kein Problem."
    "Früher war das auch etwas völlig Anderes. Wie bist du an das Ding überhaupt herangekommen?"
    "Die Agenten der Morgenröte rufen ihre Rüstungen magisch herbei," erklärte sie, "und nach ihrem Tod lösen sie sich wieder in Wohlgefallen auf. Die Dremora selbst jedoch legen ihre Rüstungen niemals ab."
    "Das heißt also, die Rüstung gehörte einem Daedra?"
    "Ich hab sie seinem toten Körper abgenommen. Ursprünglich wollten wir damit jemanden ihre Reihen schleusen und die Dremora ausspionieren, aber es hat sich nie ergeben. Aber möglicherweise kann sie uns jetzt von Nutzen sein."
    "Und warum soll ausgerechnet ich das Ding tragen?"
    "Bitte Sarnek. Du kennst die Gepflogenheiten der Dremora und ihrer Agenten. Du schleichst dich rein und versuchst uns irgendwie die Tore zu öffnen. Wenn alles gutgeht, wird Tamriel am Ende des Tages wieder frei sein."
    "Und wenn nicht?"
    "Keine Ahnung! Sag du es mir, Daedra-Experte!"

    Es klang etwas grober, als Cascada eigentlich wollte und schämte sich ein wenig dafür. Verlegen senkte Sarnek seinen Kopf.
    "Mach dir keine Sorgen!", fügte die Waldelfe entschuldigend hinzu, "Wir werden es schon schaffen."
    Sie nahm Sarneks Gesicht in ihre weichen Hände und hauchte ihm einen tröstenden Kuss auf die Stirn.
    "Lass dich bloss nicht von Telaendril erwischen", bemerkte der Kaiserliche verschmitzt lächelnd, doch Cascada kicherte nur.
    "Mach dir da mal keine Sorgen", antwortete sie heiter, "Du bist nicht ganz mein Typ." Sie zwinkerte ihm zu und ließ ihn dann in der Rüstkammer zurück.

    Sarnek war sich nicht sicher, ober er nun erleichtert oder beleidigt sein sollte. Vor allem aber fühlte er sich überrumpelt. Im fahlen Schein der Fackeln an den Wänden wirkte das blutige Rot des Daedra-Helms in seinen Händen noch bedrohlicher. Während er sie früher für die schönste Rüstung aller Zeiten hielt, erkannte er nun ihre Abscheulichkeit in vollem Ausmaß. Und doch würde er gezwungen sein, eben diese Rüstung wieder zu tragen, wenn auch nur kurzfristig und zur Tarnung. Aber war nicht bereits sein ganzes vergangenes Leben nichts weiter als reine Tarnung gewesen? Und wenn dem so war, wer war er eigentlich wirklich?

    Ende Kapitel XXXV (1/3)
    "Die Legionäre und einige andere wehrfähige Flüchtlinge haben sich hier in die Nikel-Festung zurückgezogen", erklärte Cascada am nächsten Morgen in der Großen Halle und verwies dabei auf eine Stelle der Landkarte auf dem Tisch zwischen sich und den anderen,
    "Dorthin werden wir ebenfalls aufbrechen.
    Dort werden wir dann die zweite Phase des Planes besprechen."

    Nach einem kurzen Frühstück brachen sie auf - Cascada und Hauptmann ritten an der Spitze, in der Mitte Martin Septim, links und rechts von ihm Lucien Lachance und Tar-Meena. Die Nachhut bildeten Sarnek und Telaendril, die dank einiger starker Heiltränke wieder auf dem Damm war und jetzt hinter Sarnek auf seinem Rappen Shadow saß - ein Geschenk von Lucien Lachance.

    Schon längst war der Himmel über ihnen nicht mehr von den Lavaseen Oblivions zu unterscheiden, rannten Skampe und Clannbanns wie selbstverständlich durch das Umland und griffen ahnungslose Reisende an.
    Wenn sie die Drachenfeuer nicht entzünden konnten, würde bald ganz Tamriel aussehen wie das tote Reiche der Daedra.
    Und ausgerechnet er, Sarnek vom Kaiservolk, hatte vor kaum mehr als einen Monat das Startsignal dazu gegeben, als er im Auftrag der Morgenröte Kaiser Uriel Septim ermordete. Damals war er davon überzeugt, dass er es genau so haben wollte, dass Tamriel in der Hand der Dremora ein weitaus besserer Ort werden würde. Er hatte all die Lügen Mankar Camorans geschluckt, ohne sie auch nur ein einziges Mal zu hinterfragen.

    "Wir sind gleich da!", rief Steffan den anderen zu, "Am Ende der Straße liegt Festeung Nikel."
    Es bereits früher Nachmittag, als sie die Ruine am Ostende der Schwarzen Straße endlich erreichten. Sie stand auf einem großen Hügel - umgeben von den Überresten des alten Burggemäuers. Einige brüchige Steintreppen führten hinauf in die obere Etage, die vor unendlich langer Zeit mal zu einem Turm gehört haben mochte, doch von dem stand nun nur noch ein Teil der Grundmauern.

    Der Innenbereich hingegen war deutlich besser erhalten. Die Wände waren feucht, Moos und Schimmel gedeihten hier wie Rosen und Narzissen im Kaiserlichen Garten, aber immerhin würden die Dremora hier einen nicht finden. Zumindest hofften sie das.
    "Dies hier war früher der Notbunker der Festung", erklärte Steffan, als er seine Begleiter durch den langen düsteren Korridor führte, "Die Legionäre erwarten uns unten in der Haupthalle. Passt aber auf, dass ihr auf den schlüpfrigen Treppen nicht ausrutscht und im Brackwasser landet, dass sich da unten im Laufe der Zeit angesammelt hat."

    Es waren etwa fünfzig Mann, die sich in der recht kleinen Halle um einen aus alten Kisten und Brettern gezimmerten Tisch geschart hatten und überrascht zu den sieben Neuankömmlingen starrten, die gerade die Treppe herabstiegen. Einer von ihnen - ein Mann in der Rüstung der Stadtwache - erhob sich und ging auf die Besucher zu.
    "Serverus Victrix, Leutnant der Kaiserlichen Stadtwache! Zu Ihren Diensten!", stellte der Gardist sich vor und salutierte pflichtbewusst, als er erkannte, dass zwei Klingen unter ihnen waren, "Ich nehme an, Ihr seid die Verstärkung, die man uns ankündigte?"
    "Hauptmann Steffan von den Klingen!", antwortete Steffan und fuhr fort, "Meine Begleiter werdet Ihr zu gegebener Zeit noch kennenlernen. Zunächst einmal sollten wir rasten und besprechen wie es nun weitergeht. Meine Klingenschwester Cascada hier hat einen Plan ausgearbeitet."

    "Unser Ziel ist der Tempel des Einen im Tempelbezirk der Kaiserstadt!", erklärte die junge Frau mit der Gestalt einer Bosmerin und der Tapferkeit einer Nord, "Nur, wenn der Kaiser die Drachenfeuer entzündet, hat der ganze Daedra-Spuk ein Ende.

    Diese wundervolle Idee scheitert allerdings bereits an den Stadttoren, die ja bekannterweise von den Dremora verriegelt wurden. Zunächst müssen wir also einen Weg in die Kaiserstadt selbst finden. Und an dieser Stelle kommt mein Freund hier" - sie wies nun auf Sarnek, der ein wenig unsicher neben ihr stand - "ins Spiel. Sarnek hat einige Erfahrung mit den Dämonen und ihren Agenten der Mythischen Morgenröte und ist von uns allen am besten geeignet für die zugegebenermaßen waghalsige Aufgabe, die ich ihm zugedacht habe. Als Dremora-Krieger verkleidet wird er sich Zutritt zur Kaiserstadt verschaffen und versuchen, uns das Haupttor zu öffnen. Sobald er uns das verabredete Signal gibt - stürmen wir rein und eskortieren den Kaiser zum Tempel, wo er das Krönungsritual vollziehen und die Feuer entzünden wird.
    Für die ganze Operation haben wir nicht sehr viel Zeit. Wenn Mehrunes Dagon erst einmal persönlich in Aktion tritt, dürfte es verdammt schwierig bis unmöglich sein, die Daedra noch aufzuhalten. Also müssen wir schnell sein."

    "Entschuldigt bitte die Unterbrechung!", sprach Leutnant Victrix bemüht gelassen, "Ihr erwähntet gerade das umfassende Wissen Eures Freundes um die Daedra. Darf ich fragen, woher er dieses Wissen nimmt?"
    "Das ist nicht von Belang, Leutnant!", gab Cascada entschieden zurück, "Wichtig ist nur, dass uns dieses Wissen bisher große Dienste erwiesen hat und uns mit etwas Glück sogar den endgültigen Sieg über Oblivion ermöglichen wird."
    "Also, ich finde schon, dass es von Belang ist, werte Cascada. Wer sagt uns, dass dieser Sarnek nicht selbst ein Spitzel der Dämonen ist und uns an seine Kameraden verrät, sobald er durch das Stadttor tritt?"
    "Mein gesunder Waldelfenverstand sagt uns das! Hätte Sarnek uns verraten wollen, hätte er bereits eine Menge Chancen gehabt. Wie bereits erwähnt, haben wir schon eine ganze Menge durchgemacht. Das sollte Beweis genug sein."
    Für mich nicht! Ihr kommt hier mit einer bunten Ansammlung von Mördern und Banditen an und erwartet allen Ernstes, dass ich bei so einer wichtigen Sache mit denen zusammenarbeite? Ehrlich gesagt zweifle ich doch sehr an Eurem viel gerühmten Elfenverstand!"

    "Ihr geht zu weit, Leutnant!", mischte sich nun Steffan ein, "Über meine Klingenschwester lass ich nichts kommen. Ihr Mut und Ihr Kampfgeschick stehen außer Frage, das hat sie bereits unzählige Male bewiesen. Und sie allein bestimmt Ihre Gefährten. Wenn sie Sarnek vertraut, so ist er über jeden Zweifel erhaben. Das Selbe gilt auch für ihre anderen Begleiter. Und Euch, Leutnant, würde ich raten, sich ihren Anordnungen zu fügen. Wie Ihr ja gerade selbst ganz klar erkannt habt, ist dies eine äußerst wichtige Angelegenheit. Und da ist kein Platz für Misstrauen. Habt Ihr mich verstanden?"
    "Jawohl, Herr Hauptmann!", gab der Leutnant der Stadtwache knirschend zurück. Sarnek war erleichtert, dass Steffan den Streit schlichten konnte. Er war schon fast soweit, selbst einzugreifen und damit womöglich die ganze Situation nur noch schlimmer zu machen.

    "Dies wird die wohl schwierigste Schlacht werden, die wir jemals geschlagen haben", setzte der junge Kaiser fort, "Ich rechne nicht damit, dass viele von uns überleben werden - wenn überhaupt. Dennoch ist dies unsere einzige Chance, wenn in Tamriel wieder Ruhe und Ordnung herrschen soll statt Tod und Verderben. Ob unter uns nun gedungene Mörder oder Taschendiebe weilen, sollte uns jetzt nicht kümmern, solange wir im Kampf um unser aller Existenz an einem Strang ziehen.
    Ich zu meinem Teil bin bereit, für mein Volk zu sterben, wie mein Vater für sein Volk gestorben ist. Lasst uns dafür sorgen, dass sein Tod nicht umsonst gewesen ist."

    Als die Nacht über Cyrodiil hereinbrach, stand Sarnek in einer Ecke der Haupthalle vor einem ramponierten Spiegel und ließ sich von Cascada und Telaendril mit der Rüstung helfen.

    "Meint ihr, ich hätte es ihm sagen sollen?" fragte er, um diese beunruhigende Stille zu brechen.
    "Was sagen?", harkte Cascada nach, während sie ihm die Schnüre am Harnisch zuzog.
    "Die Wahrheit! Über mich und meine Erfahrungen, mein ich."
    "Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich was geändert hätte, Sarnek. Victrix ist ein Gardist durch und durch. Wahrscheinlich ist er verbittert, dass die Daedra ausgerechnet die Stadt eingenommen haben, die er zu verteidigen heschworen hat. Tja,und jetzt sucht er eben einen Sündenbock für seinen Irrtum. Da kommst du ihm vermutlich gerade recht."

    "Klingt ja ermutigend!", entgegnete Sarnek sarkastisch, und Cascada antwortete schmunzelnd: "Mach dir keine Sorgen um ihn. Wenn er überleben will, wird er sich unterordnen müssen. Sobald wir die Stadt zurückerobert und die Daedra vertrieben haben, wird er seinen Sieg in irgend einer Taverne feiern und im Suff sein Misstrauen völlig vergessen. Und jetzt lass dich mal anschauen!"

    Die Rüstung passte ihm wie angegossen, und dennoch fühlte er sich nicht wirklich wohl. Sie kneifte überall und schien wie Feuer auf seiner Haut zu brennen. Kaum zu glauben, dass er sich in diesen Ding einmal wohlgefühlt hatte, nun fühlte sie sich wie etwas an, das nicht nicht für ihn bestimmt war - oder nicht mehr.

    "Wow!", machte Telaendril sichtlich erstaunt, "Jetzt noch den Topf drauf, und du bist von einem echten Dremora nicht mehr zu unterscheiden. Da bekommt man gute Lust, dich auf der Stelle zu erschlagen."
    "Dafür ist es nun leider schon ein wenig zu spät", erwiderte Sarnek seufzend, und Telaendril entgegnete:
    "Du hast jetzt die Gelegenheit, alles wieder gutzumachen. Du wirst es schaffen, und danach beginnt für uns alle ein neues Leben."

    Schließlich war es an der Zeit, sich zu verabschieden. Mit gemsichten Gefühlen ging er an seinen Freunden und den Flüchtlingen aus der Kaiserstadt vorbei. Bei jedem Schritt hallte das laute Klacken seiner schweren Stiefel bedrohlich von den Wänden wider.
    Oben angekommen setzte er den Topfhelm auf und trat ins Freie. Ein blutig roter Vollmond stand hoch oben über ihm war der einzige Zeuge seiner endgültigen Verwandlung - vom Rebellen zum Krieger der Daedra. Die Stunde der Wahrheit war gekommen.

    Ende Kapitel XXXV (2/3)
    Früher wäre er einfach in die Stadt hinein teleportiert - die Agenten der Mythischen Morgenröte erhielten diese Fähigkeiten von den Dremora selbst, um blitzschnell von einem Ort zum nächsten wechseln, zuschlagen und wieder verschwinden zu können. Sarnek hingegen hatten nicht einmal eine Spruchrolle für entsprechende Aktionen.
    Stattdessen überquerte er nun langsam die stabile Steinbrücke über den Rumaresee, der die Kaiserstadt ringförmig umgab. Sein Pferd hatte er in ihrem Versteck gelassen. Es hätte nur zuviel Aufmerksamkeit erregt. Sarnek ahnte, dass man ihn bereits beobachtete, und hoffte nur, dass Cascadas Plan nicht bereits an den Eingangstoren scheiterte. Die Dremora waren keine Idioten wie einige ihrer sterblichen Vertreter. Seine Tarnung würde sofort auffliegen, wenn Sarnek auch nur den kleinsten Fehler machen würde - wie etwa direkt vor ihren Augen zwei dämonische Torwachen zu töten und ihre Feinde in die Stadt zu lassen. Nein,so leicht würde es nicht werden. Sarnek musste es geschickter anstellen.

    "Halt, Kamerad!", wurde Sarnek von zwei Wachen auf dem Wehrgang über dem Stadttor aufgehalten,
    "Wer bist du, und warum läufst du außerhalb der Stadt herum? Unser Meister wird bald erscheinen."
    "Mein Name ist ... Kenra'as.", log Sarnek mit verstellter Stimme und leicht stotternd. Ihm war auf die Schnelle nichts Besseres eingefallen. Er hatte einfach seinen eigenen Namen umgedreht und ein wenig gedehnt in der Hoffnung, die Dremora würden es nicht bemerken. Er fügte hinzu:
    "Ich bin ein Agent der Mythischen Morgenröte und komme gerade von einer Operation aus Skingrad zurück. Dabei hat meine Teleportationskraft gelitten. Ich musste zu Fuß zurückkehren."

    "Ein Agent?", harkte eine der Wachen misstrauisch nach, "Ich dachte, diese Versager wären alle vernichtet worden, nachdem die Rebellen Camoran getötet hatten"
    "Nicht alle", entgegnete Kenra'as alias Sarnek, "Ein paar von uns konnten entkommen und verstecken sich jetzt in einem Erdloch. Mich hat man ausgesandt, euch davon in Kenntnis zu setzen.
    "Diese sterblichen Narren! Als würden uns diese Feiglinge noch irgendwas bedeuten. Sie haben ihren Nutzen für uns verloren und sind es nicht wert, am Leben zu bleiben. Schon sehr bald werden die Dremora Tamriel beherrschein."

    Fast hatte Sarnek damit gerechnet, dass man ihn nun auf der Stelle niederstrecken würde, doch zu seiner Erleichertung erwiderte die andere Wache amüsiert: "Lass ihn rein, Omphtet! Er soll der Zeremonie beiwohnen und die Ehre haben, als erster Sterblicher von Fürst Dagon persönlich getötet zu werden."

    Ohne Widerrede drehte die Wache die schwere Winde über dem Tor und ließ es ein kleines Stück aufgleiten, damit Sarnek sich gerade eben so hindurchquetschen konnte. Kurz darauf schlug das Tor hinter seinem Rücken wieder zu. Drinnen war er also schon einmal. Nun musste er nur noch eine Möglichkeit finden, seine Kameraden nachzuholen,ohne dass er dabei zu sehr auffiel. Doch wie sollte er das anstellen?

    Sarnek kannte die Kaiserstadt ziemlich genau. Zuletzt war er mit Cascada hier gewesen, um nach den vier Erläuterungen zum Mysterium Xarxes zu suchen, doch auch vorher war er schon öfter für irgendwelche Aufträge hier gewesen. In den Katakomben unter der Kaiserstadt hatte er Kaiser Uriel Septim VII ermordet - ebenfalls in daedrischer Rüstung. Und nun trug er sie wieder, und wieder in der Kaiserstadt, wo es diesmal darum ging, sein Verbrechen wieder gutzumachen. Der Kreis schloss sich.

    Der Talosplatz-Bezirk war kaum mehr wieder als solcher zu erkennen. Überall brannten Gebäude oder waren nur noch Ruinen. Auf den Straßen patrouillierten Dremora oder trieben die versklavten Bewohner der Kaiserstadt vor sich her. Wer sich widersetzte, wurde ohne Vorwarnung niedergestreckt.
    Das große Akatosh-Denkmal - ein imposanter Steinddrache - wurde zerstört und gegen eine lebensgroße Statue des Prinzen der Zerstörung ersetzt. Aber irgendwas sagte Sarnek, dass dies weit mehr war als nur eine Steinfigur. Womöglich war es sogar Mehrunes Dagon selbst, der nur darauf wartete, zum Leben zu erwachen und über Tamriel herzufallen wie ein tollwütiger Timperwolf über ein wehrloses Rehkitz.

    Das Tor zum Tempelbezirk lag im Süden des Talosplatzes, doch der war durch Steintrümmer blockiert. Möglicherweise kämen sie durch die Kanäle zum Tempel. Das wäre zumindest sicherer, als sich quer durch den schwer bewachten Palastgarten im Zentrum der Kaiserstadt kämpfen zu müssen. Zuvor jedoch musste er seine Kameraden in die Kaiserstadt bringen, ohne den Großalarm auszulösen. Dazu musste er die beiden Wachen über dem Eingangstor irgendwie ablenken.

    Als der nächste Sklavenzug an ihm vorbeitrottete, hatte Sarnek einen Plan. Er war verrückt! Er war selbstmörderisch! Er könnte funktionieren!

    Ende Kapitel XXXV
     
    Zuletzt bearbeitet: 30. März 2011
    White, Merin, Fargoth und 3 anderen gefällt das.
  4. Merin

    Merin Freund des Hauses

    Spannend erzählt, wie üblich :) Nur eine Sache ...

    M'raaj-Dar wird irgendwie teilweise ziemlich - wenn ich das so sagen darf - "verweichlicht" dargestellt. So wie ich ihn kenne, ist er ein immerzu schlecht gelaunter Khajiit, aber verhält er sich sehr ... freundlich.

    MfG,

    Merin

    EDIT: Oder soll das als Schock-Nachwirkung o.ä. gedacht sein?
     
    Wolfman23 gefällt das.
  5. Wolfman23

    Wolfman23 Abenteurer

    Genau genommen ist M'raaj-Dar nur zum Spieler wirklich unfreundlich. Er wird in nächster Zeit aber ohnehin ganz andere Sorgen haben. Selbst seinen Hass auf Sarnek wird er bis auf Weiteres verschieben müssen. Was letztendlich aber aus dem Khajiit werden wird, hab ich mir noch nicht überlegt, aber der Verlauf der nächsten Kapiteln wird es zeigen.
     
    Merin gefällt das.
  6. LiDui

    LiDui Freund des Hauses

    jupp da hat wolfman23 recht^^

    kurz bevor man die bruderschaft ausräuchern/reinigen muss hat er auch einen sinneswandel und will mit einem freundschaft schließen.
    ich glaube er mag halt nur keine neulinge(wer weiß was er da für miese erfahrungen schu gemacht)
     
  7. Fargoth

    Fargoth Reisender

    Es wird spannend :)
     
  8. Merin

    Merin Freund des Hauses

    Toll geschrieben und vor allem nur einen einzigen Rechtschreibfehler! :) (Du hast einmal "Sithis's" statt "Sithis'" geschrieben)

    Bin schon gespannt, wie es weitergeht :-D

    MfG,

    Merin
     
  9. Wolfman23

    Wolfman23 Abenteurer

    Glaub mir,das bin ich auch! :lol:
     
  10. roobsi

    roobsi Angehöriger

    Gefällt mir, wie deine Geschichte weitergeht. ;)
    Schreib schnell weiter, ich bin gespannt. :D

    Gruß
    roobsi
     
  11. Merin

    Merin Freund des Hauses

    Jetzt geht's ja richtig schnell weiter. :lol: Find ich aber gut ;)

    MfG,

    Merin
     
  12. Merin

    Merin Freund des Hauses

    Dürften die Geister nicht erst kommen,

    man eine Nacht bzw. eine Teilnacht in der Villa Benirus verbracht hat? Nur so Spieltechnisch ;) Die Geister müssen ausserdem ja auch erstmal "aufwachen" :lol:

    Ansonsten super wie immer! (Ich wiederhole mich eigentlich nur^^) :good:

    MfG,

    Merin
     
    Wolfman23 gefällt das.
  13. Wolfman23

    Wolfman23 Abenteurer

    Falls du es noch nicht gemerkt haben solltest:
    Die Geschichte hat mit dem Spielinhalt eigentlich nicht mehr so viel zu tun. Oder kannst du dich an eine Szene erinnern, dass die Mörgenröte die Bruderschaft niedermetzelt? ;)

    Ich schreib hier hier ja keine Komplettlösung! :-D
     
  14. Merin

    Merin Freund des Hauses

    Naja, klar ist mir das aufgefallen, war ja schwer zu übersehen :-D

    Hab' was überlesen sehe ich gerade, sorry. :oops: Das was ich jetzt eigentlich schreiben wollte, hat sich damit erledigt ...

    MfG,

    Merin
     
  15. Wolfman23

    Wolfman23 Abenteurer

    Hi Leute!
    Nein, dies ist nicht das nächste Kapitel, das kommt aber sehr bald,keine Sorge.

    Ich dachte mir, ich geb euch einmal ein paar Hintergrundinformationen.
    Wenn sie euch nicht interessieren, überspringt diesen Beitrag einfach ;-)

    Der ECHTE Sarnek:
    Einen echten Sarnek in dem Sine gibt es zwar jetzt nicht, aber es gibt einen anderen Roman-Sarnek, der unserem Helden recht ähnlich ist. Dieser Sarnek war einst ein Mitglied der "Gilde" - einer Mördersekte, die im Namen ihres Gottes grausame Ritualmorde begingen. Irgendwann floh Sarnek und verdingte sich seitdem als freischaffender Mörder, noch immer der Flucht vor seinen ehemaligen Kameraden. Auf seinen Reisen rettet er einem kleinen Mädchen das Leben und nimmt sie bei sich auf. Die Jahre vergehen, und Sarnek gewöhnt sich an Dubhe, die zur jungen Frau heranwächst. Auf ihren verzweifelten Wunsch hin bildet er sie sogar zur Mörerein aus, obwohl ihn dieser Gedanke absolut nicht behagte. Eines Tages spürt ein Gilden-Mörder die beiden auf und fordert von Sarnek das Mädchen, da diese ein Kind des Todes und somit eine Auserwählte ihres Gottes. Sarnek tötet seinen alten Freund und flüchtet mit Dubhe, doch nun gab es kein Zurück mehr. Er hat sich die Gilde zum Todfeind gemacht, und um Dubhe zu retten, gab es nur eine Lösung: Sarnek musste sterben. Er bat das Mädchen, ihm eine Heilsalbe für seine Wunde anzurühren, und mischte dieser heimlich ein Gift hinzu, dass ihn töten und Dubhe damit befreien würde. Zum Schluss rang er ihr die Bitte ab, nicht wie er zum Mörder zu werden, sondern einfach zu leben.
    Sarnek ist ein gutes Beispiel dafür, dass selbst Mörder ein gutes Herz haben können. Darum verehre ich diese Figur.

    Die ECHTE Cascada:
    Hier geht es nicht um die blonde Popsängerin mit gleichem Namen, von der ich erst vor kurzem gehört habe, sondern um eine weitere Romanfigur, die allerdings nicht Cascada heißt,sondern Nihal. Sie ist auch keine Bosmerin, sondern nur eine Halbelfe. Wie Cascada hat auch Nihal als letzte Vertreterin ihrer Art eben stahlblaues Haar, wenn auch nicht ganz so lang und schon gar nicht geflochten, zudem große violett schimmernde Augen.
    Vom Charakter her ist sie genauso kampflustig, was ihr später als Drachenritterin zugute kommt. Von ihrer Abstammung erfährt sie übrigens erst im Laufe der Geschichte.

    [​IMG]

    Die anderen Charaktere kennt ihr ja so weit, auch wenn ich ihnen ein wenig mehr Tiefe verliehen habe. Aber ich hoffe, sie sind noch zu erkennen.

    Weitere Informationen kommen bei Gelegenheit oder auf Anfrage. Bis denn. Euer Wolfi
     
    Zuletzt bearbeitet: 18. Juli 2009
    Merin gefällt das.
  16. Merin

    Merin Freund des Hauses

    Interessant ... ich dachte, Cascada wäre vielleicht dein Spielcharakter oder etwas in der Art ;)

    *Gespannt auf's nächste Kapitel wart*

    MfG,

    Merin
     
  17. Merin

    Merin Freund des Hauses

    Spannend, will mehr! :-D
     
  18. LiDui

    LiDui Freund des Hauses

    in dem wein war doch bestimmt nicht nur wein drinn oder?ich freu mich schon aufs nächste kapitel^^
     
  19. Merin

    Merin Freund des Hauses

    Hmm, und ich dachte, Sarnek wäre von Rabe entführt worden ... :-D

    Ach ja, woher wissen sie, dass der Altmer Rabe Carmoran ist? Hat er es auf seiner Robe stehen? :lol:

    MfG,

    Merin
     
  20. LiDui

    LiDui Freund des Hauses

    ich würde mal sagen die beiden wussten nicht das er rabe heist.ich würde meinen den name hat wolfman nur für den leser genannt(zbsp damit man weiß wer die ermordete schwester ist);)
     
  21. Merin

    Merin Freund des Hauses

    Stimmt, das könnte sein...

    Ach ja, ein Fehler: So weit ich weiss können Treppen nicht klitschig sein nur glitschig. :-D

    MfG,

    Merin
     
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