Du fällst hier auf einen Etikettenschwindel rein, ähnlich DDR, DRK. Diese Leute sind das Gegenteil einer Bewegung, die sich als woke bezeichnen würde: Sie sind anti-woke.
Wie konnten ein paar Schreihälse aus Australien die drei stärksten amerikanischen Zahlungsdienstleister, die ein fast weltweites quasi-Monopol besitzen, dazu bewegen, Firmen die Pistole auf die Brust zu setzen, auf Gewinne zu verzichten? Gar nicht. Erklärbar ist das nur aus amerikanischer Innenpolitik heraus. Evangelikale Prüderie und Anti-Diversität ist in den USA gesellschaftlich stark und politisch an der Macht. Da ist es opportun, diesen Schritt zu gehen. Dafür schieben sie als Buhmann die Aktivistengruppe vor, die ihrerseits Feminismus vorschiebt. Und so schimpfst du jetzt über Feministen, obschon die Urheber politisch rechte Christen sind, die nur äußerst selten mit ehrlichem Feminismus auffallen.
In dem
offenen Brief, der hier anlässlich ist, finden wir Unterzeichner nicht nur von Collective Shout. An zweiter Stelle steht das National Center on Sexual Exploitation (NCOSE, ehem. "Morality in Media"), das
historisch und
personell für Inhalte steht wie Kampf gegen sexuelle Aufklärung, Ablehnung gleichgeschlechtlicher Ehen, anti-LSBT+. Darunter Blüten wie die Ansicht, dass Massenmorde auf
die schwule Ehe zurückzuführen sind [2]. Rechtsreligiöse Christengruppen operieren hier unter dem Deckmantel des Feminismus.
Angefangen wird hier mit Inhalten, denen vernünftigerweise keiner nachweint. Aber die sind nicht das eigentliche Ziel. Ziel sind letztlich alle nicht näher definierten NSFW-Inhalte. Auf itch.io hatte das bereits in diesem ersten Schritt zur Folge, dass tausende Spiele (vorerst?) nicht mehr erhältlich sind. Und die Forderung musste derart
plötzlich erfüllt werden, dass kurzerhand tausende von Titeln aus dem Katalog geflogen sind.
Our ability to process payments is critical for every creator on our platform. To ensure that we can continue to operate and provide a marketplace for all developers, we must prioritize our relationship with our payment partners and take immediate steps towards compliance.
This is a time critical moment for itch.io. The situation developed rapidly, and we had to act urgently to protect the platform’s core payment infrastructure. Unfortunately, this meant it was not realistic to provide creators with advance notice before making this change.
Und zwar alles mit dem tag "adult". Betroffen sind also vielfach einfach Titel, die anspruchsvollere Inhalte behandeln...
Dass die Ziele viel weitreichender sind, sieht man an den Unterzeichnern (s.o.) und daran, was für Titel von dieser Gruppe bereits unter Beschuss genommen worden sind. Es ist nicht nur mehr als verzichtbarer Nischenmist, sondern der absolute Mainstream.
Einen kleinen Etappensieg haben sie jetzt verzeichnet. Natürlich werden sie jetzt nicht aufhören, sondern mit ihren bekannten Aktionen weitermachen. Die Kampfansage gilt letztlich allem, was sich christlicher Prüderie und Heteronormativität nicht fügt.
Wobei zu sagen ist, dass Games nicht dasselbe wie ein künstlerisch wertvoller Film sind, in dem etwa eine Vergewaltigung vorkommt. Es ist nicht dasselbe, wenn man in einem minderwertigen Software-Produkt selbst Aktionen machen kann, die in Real-Life illegal sind.
Du vergleichst auf der einen Seite "künstlerisch wertvoll" mit auf der anderen Seite "minderwertiges Produkt". Fairerweise müsstest du auf beide Seiten Produkte ähnlicher Wertigkeit setzen.
- Filme und Spiele, die Themen wie Vergewaltigung ernsthaft thematisieren, sind doch sehr vergleichbar sind: Ggf. künstlerisch wertvoll, ggf. ein Beitrag zur gesellschaftlichen Meinungsbildung, ggf. ein Beitrag zur persönlichen tiefergehenden Auseinandersetzung mit dem Thema. Nehmen wir etwa eine Produktion, die das Thema männliche Opfer sexueller Gewalt und den gesellschaftlichen Umgang damit beleuchtet. Oder überhaupt die verheerende Wirkung, die dieses menschenverachtende Verbrechen auf seine Opfer hat.
- Auf der anderen, Schrottseite sind vergleichbar Vergewaltigungs-Pornos und Vergewaltigungs-Spiele. Ich denke, eine Diskussion erübrigt sich hier, weil wir keine unterschiedlichen Ansichten haben.
Die Legalität oder Anrüchigkeit echter Handlungen sollte im Übrigen kein Maßstab dafür sein, was in Kunstprodukten erlaubt ist. Ich möchte, dass ein Film Steuerhinterziehung zeigen darf und ich möchte nicht, dass ein Spiel verboten wird, weil ich dort über rote Ampeln gehen oder Müll auf den Boden werfen kann. Viele Spiele drehen sich ganz zentral um illegale und hoch verwerfliche Handlungen, die einen im echten Leben geistig völlig ruinieren würden. Beispiele? Tomb Raider. Elder Scrolls. Uncharted. Assassin's Creed. Trotzdem sehen wir, dass es völlig idiotisch wäre, diese Spiele deswegen zu verbieten. Die nichtrealen Handlungen innerhalb des Spiels sind mit den realen eben nicht vergleichbar und nach der X-ten Killerspieldebatte sollte inzwischen bei jedem außer Axel Voss angekommen sein, dass Gewalthandlungen in Spielen nicht zu Gewalthandlungen außerhalb von Spielen führen.
Trotzdem: Der Gesetzgeber ist in einer Position, in der er sich überlegen muss, welche Inhalte von Filmen, Spielen etc. trotz der nicht direkten Übertragbarkeit entweder gesellschaftlich unerträglich sind oder aus psychologischer Sicht eine schädliche Wirkung mit Einfluss auf Handlungen im echten Leben haben und deshalb reguliert bis hin verboten werden müssen. So wie man bspw. bei Kindersexpuppen zum Schluss gekommen ist, dass es zwar kein direktes Opfer gibt, aber dadurch übergriffige Handlungen eher begünstigt als abgewendet werden, weshalb sie nicht erlaubt sind. (So Erinnerungsfetzen in meinem Hinterkopf. Seht mir nach, dass ich da jetzt nicht extra Belege raussuchen möchte.) Solche Zusammenhänge sind bei Vergewaltigungsspielen, Folterspielen und Ähnlichem vorstellbar und die Politik kann und sollte entsprechend einen Rahmen setzen, sodass alles, was sich außerhalb des Rahmens bewegt, kein legales Produkt mehr ist.
Also: No Mercy entfernen ja, im Rahmen des Gesetzes, nein, nicht nach dem politischen Gutdünken von privaten Zahlungsdienstleistern.
Zahlungsdienstleister sind Teil der Infrastruktur geworden und haben neutral zu sein. Dass hier Privatunternehmen Politik machen und weltweit Unternehmen vorschreiben, welche Kulturprodukte auf dem Markt sein können und welche nicht, ist ein Unding. Zensurmaßnahmen und inhaltliche Rahmensetzung haben von staatlicher Seite stattzufinden: Welche Inhalte verboten sind, hat der Gesetzgeber festzulegen, nicht Privatunternehmen nach Gutdünken oder Opportunität. Ich wünsche mir ganz leise dass die EU sich mit dem Thema befasst. Aber bitte nicht du, Axel Voss.
Übrigens: Wenn Plattformen wie Steam, GOG, itch.io etc. sich
von sich aus in ihrem mal mehr, mal weniger vorhandenen Kuratierungsprozess dagegen entscheiden, Spiele in ihren Katalog aufzunehmen, habe ich damit kein Problem, solange diese Auswahl nicht übermäßig politisch erfolgt. Hier sehe ich gewissermaßen das Hausrecht greifen. Dass sie von Zahlungsdienstleistern unter Druck gesetzt werden und wegen deren Monopolstellung zum Einknicken gezwungen werden ist wo ich auch "marktwirtschaftlich" das Problem sehe.
Was hindert eigentlich religiöse Sektierer daran, jetzt ebenfalls Kreditkartenunternehmen einzuschüchtern und das Gaming zum noch ärmeren Ort zu machen, als es schon ist?
Genau das ist hier gerade passiert, und es passiert schon seit Jahren in anderen Bereichen.
Addendum 2025-07-31: Einige Leute entscheiden sich, der "Graswurzelbewegung" mit gespiegeltem Protest einen Konter zu geben, indem sie sich bei den Zahlungsdienstleistern beschweren. Dafür gibt es Ressourcen wie
hier und
hier.
Ich selbst denke ja nicht, dass das etwas bringen wird, weil ich wie oben geschrieben denke, dass Collective Shout von den Zahlungsdienstleistern nur vorgeschoben ist und die Agenda in der Sache anders begründet ist. Vielleicht für ein paar stille Leser trotzdem eine interessante Bonusinfo.